(19)
(11) EP 0 110 223 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.06.1984  Patentblatt  1984/24

(21) Anmeldenummer: 83111351.9

(22) Anmeldetag:  14.11.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3D01F 6/18, D01F 1/07
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR IT NL

(30) Priorität: 27.11.1982 DE 3244028
15.06.1983 DE 3321528

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Süling, Carlhans, Dr.
    D-5068 Odenthal (DE)
  • Willenberg, Bernd, Dr.
    D-5060 Bergisch-Gladbach 2 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Füllstoffhaltige Acrylfasern, ihre Herstellung und Verwendung


    (57) Zur Herstellung schwer entflammbarer, textiler Materialien eignen sich füllstoffhaltige, trockengesponnene Acrylfasern aus Acrylnitrilpolymerisaten mit mindestens 50 Gew.-% Acrylnitril und bis zu 50 Gew.-% halogenfreier Comonomerer, die als Füllstoff ein wasserunlösliches Metalloxid, -hydroxid, -carbonat, -silikat oder -sulfat mit einem Teilchendurchmesser von 1 bis 1000 nm, in einer Menge von 15 bis 50 Gew.-%, bezogen auf Gesamtfeststoff, enthalten.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft halogenfreie, trockengesponnene Acrylfasern, die hohe Anteile an mineralischen Füllstoffen enthalten, ein Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung.

    [0002] Es ist bekannt, schwer entflammbare Acrylfasern aus 90 bis 65 Gew.-% eines Acrylpolymers und 10 bis 35 Gew.-% Aluminiumhydroxyd mit kleinem Teilchendurchmesser herzustellen, wobei das Acrylpolymer aus 40 bis 90 Gew.-% Acrylnitril, 10 bis 60 Gew.-% eines Halogen enthaltenden Monomers und weniger als 50 % anderer ungesättigter Monomerer besteht (Japanische Patentpublikation 53 052 733). Nachteilig für diese Produkte wie für alle Halogen enthaltenden Acrylfasern ist, daß im Brandfalle, der auch bei Schwerentflammbarkeit nicht ausgeschlossen werden kann, Halogenwasserstoff entsteht, der zwar den Zutritt von Sauerstoff an den Brandherd verhindert oder vermindert, durch dessen Einwirkung aber ein dem eigentlichen Brandschaden vergleichbarer Schaden entstehen kann.

    [0003] Halogenfreie, naßgesponnene Acrylnitrilfasern haben nicht die Eigenschaft der Schwerentflammbarkeit (Beispiel der japanischen Patentpublikation 53 052 733 mit LOI-Werten von 13,0 und 14,6).

    [0004] Weiterhin ist aus der Japanischen Patent-Publikation 55-99383 bekannt, daß naßgesponnene, füllstoffhaltige Polyacrylnitrilfasern aus 70 bis 99 Gew.-% Acrylnitril und üblichen Comonomeren, wie (tsethtacrylsäureester oder (Meth)allylsulfonat, die 1 bis 30 Gew.-%, bezogen auf Gesamtfeststoff, an anorganischen Materialien aus der Reihe der Oxide, Silikate, Carbide, Sulfate, Chloride und Fluoride enthalten, geringere Neigung zum Pilling zeigen.

    [0005] Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß trockengesponnene, halogenfreie Acrylfasern, gefüllt mit bestimmten anorganischen Füllstoffen von bestimmter Teilchengröße und in bestimmter Konzentration, deutlich schwerer entflammbar sind als entsprechende naßgesponnene Fasern.

    [0006] Gegenstand der Erfindung sind daher füllstoffhaltige, halogenfreie Acrylfasern aus Acrylnitrilpolymerisaten mit mindestens 50 Gew.-% Acrylnitril, vorzugsweise mindestens 85 Gew.-% Acrylnitril, die als Füllstoff ein wasserunlösliches Metalloxid, -hydroxid, -carbonat, -silikat oder -sulfat mit einem mittleren Teilchendurchmesser von 1 bis 1000 nm, vorzugsweise 5 bis 500 nm, in einer Menge von 15 bis 50 Gew.-%, bezogen auf Gesamtfeststoff, enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß sie trockengesponnen sind.

    [0007] Bevorzugte Acrylnitrilpolymerisate sind Acrylnitrilhomopolymerisat und Copolymerisate mit (Meth)acrylsäure, (Meth)acrylsäureester, Itaconsäure, (Meth) acryl amide, (Meth)allylsulfonat, Styrolsulfonat oder N,N-Dialkylaminoalkyl(meth)-acrylamid.

    [0008] Bevorzugte Füllstoffe sind Siliciumdioxid, Aluminiumhydroxid und Aluminiumoxid, insbesondere Aluminiumhydroxid.

    [0009] Die erfindungsgemäßen Fasern weisen LOI-Werte von 21 bis 24 auf.

    [0010] Als Prüfmethode für die Entflammbarkeit und das Brennverhalten von textilen Flächengebilden wurde die Messung nach dem Limiting Oxygen Index (LOI) durchgeführt. Hierbei wird das Volumenverhältnis von Sauerstoff zur Summe aus Sauerstoff und Stickstoff in jenem Gemisch bestimmt, bei dem das Textil nach der Entzündung gerade noch von oben nach unten weiter brennt. Es gilt:



    [0011] Da Probenanordnung und Flächengewicht die Ergebnisse beeinflussen, wurden nur Vliese von ca. 200 g/m2 Flächengewicht getestet, die in eine Probenhalterung geklemmt wurden. Die LOI-Wert gibt demnach die zur Verbrennung notwendige Sauerstoffkonzentration an. Je höher diese Konzentration ist, um so schwerer brennbar sind die Fäden.

    [0012] Vorzugsweise verwendet man Acrylnitrilcopolymerisate, die 5 * 10-4 bis 2 · 10-2 val saure Gruppen/g Polymer enthalten.

    [0013] Die füllstoffhaltigen Fasern werden erhalten, indem man den Füllstoff und den Faserrohstoff in das Spinnlösungsmittel einträgt, vorzugsweise einen Emulgator zur besseren Dispergierung des Füllstoffes zusetzt, die Reaktionsmischung auf Temperaturen zwischen 70 und 150°C, vorzugsweise zwischen 70 und 130°C, erwärmt, wobei sich der Faserrohstoff löst, und die Spinnlösung unter den üblichen Bedingungen des Trockenspinnens zu Fäden verspinnt.

    [0014] Bevorzugte Comonomere sind (Meth)acrylsäure, (Meth)acrylsäure-methyl- und -ethyl-ester und Methallylsulfonat. Bevorzugt sind auch comonomerfreie Polymerisate, sogenannte Acrylnitrilunipolymerisate.

    [0015] Lösungsmittel für das Spinnverfahren sind vorzugsweise Dimethylformamid und Dimethylacetamid.

    [0016] Als Emulgier- und Dispergiermittel kommen anionische Emulgatoren, wie Laurylsulfat oder Sulfobernsteinsäureester, kationische Emulgatoren, wie quartäre Ammoniumverbindungen oder nichtionische Emulgatoren, wie oxalkylierte Alkylphenole sowie entsprechende Blockcopolymerisate in Betracht.

    [0017] Die füllstoffhaltigen Fasern sind schwer entflammbar und lassen sich zur Herstellung textiler Materialien, wie Gewebe, Gewirke, Gestricke oder Vliese verwenden. Sie eignen sich ferner als Verstärkungsfasern in Reibmitteln, Friktionsmaterialien und Baustoffen.

    Beispiel 1



    [0018] In 30,00 kg Dimethylformamid (DMF) wurden 2,11 kg Aluminiumhydroxid einem mittleren Teilchendurchmesser $400 nm und 10,54 kg eines Acrylnitril-Copolymerisates, enthaltend 93,6 Gew.-% Acrylnitril, 5,7 Gew.-% Acrylsäuremethylester und 0,7 Gew.-% Natriummethallylsulfonat unter Rühren bei Raumtemperatur eingetragen, bei 80°C gelöst und filtriert. Die so erhaltene Spinnlösung hatte eine Viskosität von 111 Pa.s. Die Spinnlösung wurde trockenversponnen, dabei betrug die Schachttemperatur 160°C die Temperatur der Spinnluft 180°C. Bei einer Abzugsgeschwindigkeit von 250 m/min ergab sich ein Einzeltiter von 10 dtex. Das Spinnband wurde vierfach verstreckt, unter Schrumpfzulassung gewaschen, präpariert und getrocknet.

    [0019] Der Einzeltiter betrug jetzt 3,3 dtex, die feinheitsbezogene Festigkeit und die Bruchdehnung sind in Tabelle 1 aufgeführt.

    [0020] Aus dem so erhaltenen Filamentgarn wurde ein Vlies mit einem Flächengewicht von 200 g/m2 hergestellt, an dem der LOI-Wert bestimmt wurde.

    [0021] Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 aufgeführt.

    Beispiele 2 - 5



    [0022] Bei sonst identischer Verfahrensweise wie in Beispiel 1 wurden lediglich die eingesetzten Mengen an Aluminiumhydroxid auf 3,16, 4,22, 5,27 bzw. 10,54 kg erhöht entsprechend einem Füllstoffgehalt von 23,1, 28,6, 33,6 bzw. 50,0 Gew.-% bezogen auf die gesamte Faser. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 aufgeführt.

    Beispiel 6



    [0023] Es wurde wie in Beispiel 4 verfahren, als Acrylnitrilcopolymerisat wurde jedoch ein Copolymerisat bestehend aus 94 Gew.-% Acrylnitril und 6 Gew.-% Methacrylsäure eingesetzt.

    [0024] Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 aufgeführt.

    Beispiel 7



    [0025] Es wurde wie in Beispiel 4 verfahren, als Füllstoff wurde jedoch Siliziumdioxid mit einem mittleren Teilchendurchmesser von ≤50 nm eingesetzt.

    [0026] Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 aufgeführt.

    Beispiel 8



    [0027] Es wurde wie in Beispiel 4 verfahren, als Füllstoff wurde jedoch Aluminiumoxid mit einem mittleren Teilchendurchmesser ≤20 nm eingesetzt.

    [0028] Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 aufgeführt.




    Ansprüche

    1. Füllstoffhaltige Acrylfasern aus Acrylnitrilpolymerisaten mit mindestens 50 Gew.-% Acrylnitril, die als Füllstoff ein wasserunlösliches Metalloxid, -hydroxid, -carbonat, -silikat oder -sulfat mit einem mittleren Teilchendurchmesser von 1 bis 1000 nm in einer Menge von 15 bis 50 Gew.-%, bezogen auf Gesamtfeststoff, enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß sie trockengesponnen sind.
     
    2. Füllstoffhaltige Acrylfasern nach Anspruch 1 aus Acrylnitrilpolymerisaten mit.mindestens 85 Gew.-% Acrylnitril und bis zu 15 Gew.-% (Meth) acrylsäure, (Meth)acrylsäurealkylester, Itaconsäure, (Meth)-acrylamid, (Meth)allylsulfonat, Styrolsulfonat oder N,N-Dialkylamino-alkyl-(meth)-acrylamid als Comonomere und Aluminiumhydroxid als Füllstoff.
     
    3. Fasern nach Anspruch 1, wobei der mittlere Teilchendurchmesser des Füllstoffes 5 bis 500 nm beträgt.
     
    4. Fasern nach Anspruch 1, wobei der Faserrohstoff 5 10-4 bis 2 · 10 -2 val saure Gruppen/g Polymer aufweist.
     
    5. Verfahren zur Herstellung von füllstoffhaltigen Fasern gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man Füllstoff und Faserrohstoff in das Spinnlösungsmittel einträgt, die Reaktionsmischung auf Temperaturen zwischen 70 und 150°C erwärmt, wobei sich der Faserrohstoff löst, und die Spinnlösung trocken verspinnt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß man der Spinnlösung einen Emulgator zusetzt.
     
    7. Verwendung von Fasern gemäß Anspruch 1 zur Herstellung textiler Materialien und als Verstärkungsfasern.