(57) Vorrichtung zur Gewinnung von Zellmaterial aus Körperflüssigkeiten, bestehend aus
einem Filter mit einem in einer Schicht oder in mehreren Schichten angeordneten, in
zellfixierenden Flüssigkeiten wie Isopropanol nicht löslichen Filtermaterial. Das
Filtermaterial besteht aus einem einzigen texturierten oder gekräuselten Filamentgarn.
Vorzugsweise bestehen die Filamente des Filamentgarns aus synthetischen Polymeren.
Im Gegensatz zu einer bekannten Vorrichtung, im wesentlichen bestehend aus einer Filterpatrone,
die als Filtermaterial synthetische, in Alkohol oder in einem Alkohol-Wasser-Gemisch
auflösbare Fasern enthält, wird beim Einsatz der erfindungsgemäßen Vorrichtung die
gewonnene Zellprobe nicht mit Partikeln des Filtermaterials durchsetzt. Außerdem erreicht
man mit der Erfindung sehr niedrige Zellverluste, und es treten keine Zellschädigungen
auf.
Körperflüssigkeiten, aus denen mit der Vorrichtung gemäß der Erfindung Zellmaterials
gewonnen werden kann, sind z.B. Urin, Liquor, Pleuraergüsse oder Ascites.
[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Gewinnung von Zellmaterial aus Körperflüssigkeiten,
bestehend aus einem Filter mit einem in einer Schicht oder in mehreren Schichten angeordneten,
in zellfixierenden Flüssigkeiten nicht löslichen Filtermaterial.
[0002] Um im menschlichen Organismus Krankheiten und insbesondere maligne Entartungen im
Frühatadium erkennen zu können, nimmt die Diagnostik zellulärer Bestandteile aus Organen
einen hohen Stellenwert ein.
[0003] Die Zellgewinnung dafür erfolgt
- von Organoberflächen mittels Abstrichverfahren,
- aus tieferen Organregionen mittels Biopsie- und Punktionsverfahren,
- aus Körperflüsaigkeiten, nämlich physiologisch vorhandenen Körperflüssigkeiten,
wie Urin oder Liquor, oder durch pathologische Prozesse gebildeten Körperflüssigkeiten,
wie Pleuraergüssen und Ascites, durch Zentrifugation oder durch Filtration mit Hilfe
von Membranfiltern.
[0004] Die bekannten Verfahren und Vorrichtungen zur Gewinnung von Zellen aus Körperflüssigkeiten
haben den Nachteil, daß entweder eine Fixierung der Zellen in der entnommenen oder
abgeschiedenen Körperflüssigkeit nicht sofort, sondern erst nach der Aufarbeitung
erfolgt oder beim Aufbereitungs- oder Viedergewinnungsppozeß zusätzliche Zellschädigungen
erzeugt werden.
[0005] Ganz gravierend ist die hohe Verlustrate bei der Zentrifugation, da bei ihr bis zu
40 % des in der Körperflüssigkeit vorhandenen Zellmaterials durch Adhäsion an Wandungen
von Zentrifugiergläsern etc. verloren gehen können. Beim Filtrieren mit Hilfe von
Membranfiltern sind in der Regel Saug- oder Druckprozosse erforderlich, die an empfindlichen
oder vorgeschädigten Zellen zusätzliche Artefakte erzeugen können. Ein weiterer Nachteil
ist dabei, daß z.B. bei Urinproben praktisch nie die Gesamtflüssigkeit (Gesamtmiktion)
wegen zu hohem Aufwand aufgearbeitet werden kann. Das bedeutet, daß nur ein Teil der
Flüssigkeit, in der Regel bis zu 20 ml, filtriert wird, was bei zellarmen Proben stets
zu einer Unterbelegung auf dem Objektträger führt.
[0006] Aus der deutschen Offenlegungsschrift Nr. 31 08 133 sind ein Verfahren und eine Vorrichtung
bekannt, mit dem solche Nachteile vermieden werden sollen.
[0007] Das bekannte Verfahren zur Untersuchung von Urin auf partikuläre Bestandteile, insbesondere
auf Zellen, besteht darin, daß der Urin unmittelbar nach der Abscheidung oder Entnahme
durch ein Filter aus synthetischen, in Alkohol oder in einem Alkohol-Wasser-Gemisch
auflösbaren Fasern geleitet wird, daß anschließend die Fasern in einem zellfixierenden
Lösungsmittel aufgelöst werden und daß die Probe, d.h. die beim Filtrieren aufgefangenen
Zellen, in diesem Lösungsmittel bis zur Untersuchung aufbewahrt wird.
[0008] Die bekannte Vorrichtung besteht im wesentlichen aus einer Filterpatrone, die als
Filtermaterial synthetische, in Alkohol oder in einem Alkohol-Wasser-Gemisch auflösbare
Fasern enthält.
[0009] Zwar hat eine solche mit Fasern gestopfte Filterpatrone eine gute Filterwirkung,
nachteilig ist jedoch, daß beim Einsatz von beispielsweise Äthylcelluloaefasern als
Filtermaterial für die Filterpatrone diese Fasern nicht vollständig gelöst werden,
so daß die Zellprobe mit einem erheblichen Anteil an nicht gelösten Äthylcellulosepartikeln
durchsetzt ist, die sich im Objektträgerpräparat nach der für die.-mikroskopische
Untersuchung erforderlichen Anfärbung der Zellen als homogener diffuser Untergrund
darstellen.
[0010] Eine Reduzierung der nicht gelösten Äthylcellulosepartikel in der Zellprobe ist nur
durch wiederholte Waschungen in einer großen Menge hochprozentigen Alkohols möglich,
wobei zusätzlich noch Zentrifugationsschritte erforderlich sind.
[0011] Ferner ist es bekannt, Zellmaterial aus Körperflüssigkeiten durch Filtration mit
Hilfe von Vliesfiltern zu gewinnen.
[0012] Solche Vliesfilter haben zwar auch eine gute Filterwirkung, jedoch ist bei ihnen
die Wiedergewinnung des Zellmaterials aus dem Vlies sehr schwierig, so daß große Zellverluste
auftreten.
[0013] Filtergewebe haben wiederum für die Gewinnung von Zellmaterial aus Körperflüssigkeiten
den Nachteil, daß sie eine schlechte Filtrationswirksamkeit haben, so daß zuviel Zellmaterial
durch das Filtergewebe hindurchläuft.
[0014] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zur Gewinnung von Zellmaterial
aus Körperflüssigkeiten zur Verfügung zu stellen, mit welcher Vorrichtung die beschriebenen
Nachteile der bekannten Vorrichtungen vermieden werden.
[0015] Diese Aufgabe wird bei einer Vorrichtung der eingangs genannten Art zur Gewinnung
von Zellmaterial aus Körperflüssigkeiten durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1
angegebenen Merkmale gelöst.
[0016] Eine vorteilhafte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist im Anspruch
2 angegeben.
[0017] Für die Zwecke der Erfindung eignen sich als Filamente für das Filamentgarn beispielsweise
solche aus
- Polyolefin, wie Polypropylen,
- Polyester, wie Polyäthylenterephthalat und/oder
- Polyamid, wie Polyamid -6,6.
[0018] Für die erfindungsgemäße Vorrichtung kommen als Filamentgarne solche in Betracht,
die durch Texturieren oder Kräuseln, beispielsweise durch Falschdralltexturieren,
Blasdüsenkräuseln oder Stauchkammerkräuseln hergestellt worden sind.
[0019] Die Erfindung wird nachstehend anhand eines Beispiels näher erläutert.
Beispiel
[0020] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Vorrichtung wurde von einem zylindrischen Röhrchen
aus Polypropylen ausgegangen. Das Röhrchen hatte eine Länge von 40 mm und einen Innendurchmesser
von 7 mm.
[0021] Auf der einen Seite war das Röhrchen mit einem festsitzenden zylindrischen Innenring
von 5 mm Länge und einem Innendurchmesser von 4,5 mm versehen.
[0022] Das Röhrchen wurde auf der anderen Seite innen mit einem Stöpsel aus einem Metallgewebe
mit 0,35 mm Maschenweite versehen. Der Stöpsel ragte 10 mm in das Röhrchen hinein
und hatte einen festen Sitz im Röhrchen. Das Röhrchen wurde sodann von der mit dem
Stöpsel versehenen Seite her 5 mm tief in einen Vakuumschlauch, der mit einer Vakuumpumpe
verbunden war, wandbUndig festsitzend eingeschoben. Auf der mit dem zylindrischen
Innenring versehenen Seite des Röhrchens wurde eine Einsaugdüae, bestehend aus einem
zylindrischen Metallrohr mit einer Länge von 100 mm und einem Innendurchmesser von
1,5 mm, aufgesetzt. Das Röhrchen und die Einsaugdüse waren durch eine sowohl Röhrchen
als auch Einsaugdüse teilweise überlappende Kunststoffmuffe dicht miteinander verbunden.
Durch die Vakuumpumpewurde dann ein Unterdruck im Röhrchen von 0,82 bar (= 8200 N/m
2) erzeugt. An die freie Öffnung der Einsaugdüse wurde danach der Anfang eines von
einer Spule abgezogenen und über eine regelbare Dosiervorrichtung geleiteten Filamentgarns
angelegt. Durch den Unterdruck wurde das Filamentgarn in einer Dosierung von 50 mg
durch die Einsaugdüse in das Röhrchen hineingesaugt und auf den Stöpsel aus Metallgewebe
in mehreren Schichten abgelegt. Danach wurde das Röhrchen vom Vakuumschlauch und von
der Einsaugdüse getrennt und der Stöpsel aus Metallgewebe aus dem Röhrchen entfernt.
Anstelle des Stöpsels aus Metallgewebe wurde dann eine zylindrische Hülse aus Polypropylen
mit einer Länge von 27 mm, einem Innendurchmesser von 6 mm und einem solchen Außendurchmesser,
daß diese Hülse in das Röhrchen hineingeschoben werden konnte und einen festen Sitz
im Röhrchen hatte, über eine Länge von 27 mm in das Röhrchen hineingeschoben. Die
zylindrische Hülse hatte einen außen geriffelten hohlzylindrischen Aufsatz mit einem
Außendurchmesser von 10 mm, so daß die eine Kante dieses Aufsatzes auf der Kante des
Röhrchens auflag. Der Innendurchmesser des Aufsatzes entsprach dem der Hülse.
[0023] Durch den Innenring und die zylindrische Hülse wurde das im Röhrchen angelagerte
Filamentgarn auf eine Länge von 8 mm zusammengedrückt.
[0024] Das Filamentgarn war über diese Länge von 8 mm im Röhrchen homogen verteilt.
[0025] Als Filamentgarn wurde ein falschdralltexturiertes Poly- äthylenterephthalatfilamentgarn
50 dtex f 22 x 1 S,dessen Filamente einen trilobalen Querschnitt aufwiesen, eingesetzt.
Das Filamentgarn wies folgende Kräuselwerte nach DIN 53840 auf:
Kräuselelastizität 36 %
Kräuselbeständigkeit:1 77 %
[0026] Das Röhrchen wurde über ein Schlauchzwischenstück mit einem Laborglastrichter verbunden.
[0027] Danach wurde eine Zellen enthaltende Urinprobe einer Gesamtmiktion über den Trichter
durch das Röhrchen geleitet. Nachdem der Urin vollständig durch das Röhrchen gelaufen
war, wurde das Röhrchen vom Schlauchzwischenstück abgekoppelt und die zylindrische
Hülse aus dem Röhrchen entfernt. Danach wurde das Röhrchen auf der mit dem zylindrischen
Innenring versehenen Seite mit einer Verschlußkappe verschlossen. Das Röhrchen wurde
mit seiner offenen Seite paßdicht mit einem zylindrischen rohrförmigen Behälter mit
einem Innendurchmesser von 12 mm und einer Länge von 80 mm verbunden. Der Behälter
war auf der gegenüberliegenden Seite mit einem Stopfen verschlossen und enthielt 5
ml 30 % - iges Isopropanol. Behälter und mit ihm verbundenes Röhrchen wurden sodann
10 Sekunden lang geschüttelt. Bei diesem Vorgang wurde das Filamentgarn mit Isopropanol
durchtränkt. Durch den Einsluß des Isopropanols auf das Filamentgarn sowie durch den
Schüttelvorgang bogen sich die Kräuselbögen der Filamente des Filamentgarns auf, wodurch
sich das Filamentgarn aufbauschte und sich aus seiner zusammengepreßten Lage löste.
Das Filamentgarn verteilte sich deshalb über das gesamte Volumen des Behälters. Dabei
ging das dem Filamentgarn durch den Filtriervorgang anhaftende Zellmaterial in das
Isopropanol über und wurde dabei gleichzeitig fixiert. Um das Filamentgarn von der
Zellsuspension zu trennen, wurde zunächst das Röhrchen vom Behälter abgekoppelt, wobei
der Behälter mit dem Stopfen nach unten senkrecht gehalten wurde. Danach wurde mittels
einer anatomischen Pinzette oder mit Hilfe eines an seinem Ende angerauhten Stäbchens
das Filamentgarn erfaßt und mittels Drehbewegungen und gleichzeitigen Andrückens gegen
die Behälterinnenwand oberhalb der Flüssigkeitsoberfläche ausgepreßt, wodurch das
restliche Isopropanol und auch noch anhaftende Zellen weitgehend vom Filamentgarn
getrennt wurden. Sodann wurde der Behälter in Ruhelage senkrecht mit dem Stopfen nach
unten aufgestellt, wodurch das in dem Isopropanol vorhandene Zellmaterial zum Sedimentieren
gebracht wurde. Nach dem abgeschlossenen Sedimentationsvorgang wurde das überstehende
Isopropanol abdekantiert. Das Zellsediment wurde entweder mittels einer Pipette oder
einer Record-Injektionsspritze aufgenommen und auf Objektträger übertragen. Es wurde
festgestellt, daß aus der Urinprobe auf diese Weise 95 % der in ihr vorhandenen Zellen
mit einem Durchmesser ab 7 µm unbeschädigt gewonnen werden konnten. Mit einem entsprechenden,
zum Vergleich herangezogenen Vliesfilter aus gekräuselten Cellulose-2,5-Acetatfasern
konnten aus der gleichen Urinprobe lediglich 60 % der Zellen mit einem Durchmesser
ab 7 µm gewonnen werden.
[0028] Die Erfindung weist folgende Vorteile auf
[0029] Beim Einsatz der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind keine aufwendigen Zentrifugationsschritte
notwendig.
[0030] Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung treten keine Zellschädigungen auf; außerdem
vermeidet man größere Zellverluste.
[0031] Beim Einsatz der Vorrichtung gemäß der Erfindung wird die gewonnene Zellprobe nicht
mit Bruchstücken oder Rückständen des Filtermaterials durchsetzt.
[0032] Die erfindungsgemäße Vorrichtung erlaubt die Fixierung der gewonnenen Zellen sofort
nach der Filtration.
[0033] Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird eine gleich gute Filterwirkung wie mit
einem Vliesfilter erreicht, jedoch wesentlich mehr Zellmaterial gewonnen, und zwar
durch das Aufbauschen des Filamentgarns in der zellfixierenden Flüssigkeit.