(19)
(11) EP 0 115 312 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.08.1984  Patentblatt  1984/32

(21) Anmeldenummer: 84100643.0

(22) Anmeldetag:  21.01.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3B22D 13/02, B22D 13/12, G05D 17/00, G05B 19/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB

(30) Priorität: 28.01.1983 SE 8300436

(71) Anmelder: ASEA AB
S-721 83 Västeras (SE)

(72) Erfinder:
  • Sundberg, Yngve, Dr. techn.
    S-723 48 Västeras (SE)

(74) Vertreter: Boecker, Joachim, Dr.-Ing. 
Adelonstrasse 58
65929 Frankfurt am Main
65929 Frankfurt am Main (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Schleudergiessen


    (57) Verfahren z m Schleudergießen mit einer zylindrischen Kokille oder einer Gießform, bei dem die Schmelze an dem einen Ende der Kokille (3) in diese eingegossen wird. Gemäß dem Verfahren wird die Durchschnittsrotationsgeschwindigkeit der Kokille während des Einfüllvorganges als Funktion der Zeit oder eines anderen Parameters vom Beginn des Eingießens an auf einen solchen Wert gesteuert, daß sich die Schmelze in der Kokille mit einer Front ausbreitet, die sich im wesentlichen gleichmäßig über den gesamten Umfang erstreckt. Zweckmäßigerweise wird dieser so gesteuerten Durchschnittsrotationsgeschwindigkeit noch eine periodisch variierende Rotationsgeschwindigkeit überlagert, durch die eine Umrührung erzielt wird, die das Auftreten von Mängeln im fertigen Gußstück verhindert.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Schleudergießen gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1.

    [0002] Bei den bekannten Verfahren zum Schleudergießen mit einer zylindrischen Kokille zeigt die Schmelze zu Beginn des Gießverlaufes die Neigung, sich in der Kokille in Form einer "Schlange" oder Spirale vom Eingießende zum anderen Ende der Kokille auszubreiten. Diese Spirale hinterläßt in der Gußstruktur des fertigen Rohres Spuren, die man vermeiden möchte.

    [0003] Ein anderes Problem bei dem vorgenannten Schleudergießen besteht darin, daß das Erstarren der Schmelze in der Gießform nicht nur von außen her erfolgt, sondern aufgrund einer im Rohr stattfindenden axialen Konvektion die Erstarrung auch von der Innenseite her einsetzt. Diese von innen einsetzende Erstarrung wirkt sich ungünstig auf die Gußstruktur aus.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das bekannte Verfahren zum Schleudergießen in der Weise weiterzuentwickeln, daß die spiralförmige Ausbreitung der Schmelze in der Kokille sowie das Erstarren der Schmelze von innen her vermieden werden.

    [0005] Zur Lösung des erstgenannten Zieles wird gemäß der Erfindung ein Verfahren zum Schleudergießen nach dem Oberbegriff des Anspruches 1 vorgeschlagen, welches erfindungsgemäß die im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 genannten Merkmale hat.

    [0006] Zur Verhinderung der Erstarrung der Schmelze von innen her wird in Weiterentwicklung der Erfindung ein Verfahren vorgeschlagen, welches die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruches 2 enthält.

    [0007] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den weiteren Ansprüchen genannt.

    [0008] Durch die genannte Steuerung der Durchschnittsrotationsgeschwindigkeit wird erreicht, daß die sich ausbreitende Schmelze eine im wesentlichen gleichmäßige und ungebrochene Front während der ganzen Umdrehung bekommt. Es ist zu beachten, daß die Schmelze nicht gleich nach dem Eingießen die Rotationsgeschwindigkeit der Kokille annimmt. Die Rotationsgeschwindigkeit wird auf einen solchen Durchschnittswert gesteuert, daß die Frontgeschwindigkeit der sich ausbreitenden Schmelze in einem solchen Verhältnis zur Gießgeschwindigkeit steht, daß das gegossene Rohr über die ganze Umdrehung die genannte gleichmäßige und ungebrochene Front annimmt. Auf diese Weise wird verhindert, daß sich die Schmelze ganz oder teilweise in Gestalt einer Spirale vom Eingießende zum anderen Ende der Kokille ausbreitet.

    [0009] Dadurch, daß nach der genannten Weiterentwicklung der Erfindung der Durchschnittsgeschwindigkeit, die vorzugsweise von Mull bis auf den vollen Wert_steuerbar ist,eine periodisch variierende Rotationsgeschwindigkeit überlagert wird in der flüssigen Schicht der Schmelze eine Turbulenz erzeugt, die einen Temperaturausgleich in der Schmelze herbeiführt, so daß ein Erstarren der Schmelze von innen her verhindert wird. Auf diese Weise wird die unerwünschte Bildung von Blasen im fertigen Gußstück vermieden.

    [0010] Normalerweise rotiert die Kokille mit horizontaler Drehachse. Die Kokille kann im Sonderfall beim Eingießen jedoch auch mit einer schräg nach oben verlaufenden Drehachse (einstellbarer Winkel zur Horizontalebene) rotiert werden, wobei die Schwerkraft dazu beiträgt, die Schmelze während ihrer Ausbreitung zusammenzuhalten. Wichtig für ein gutes Gußprodukt ist natürlich, daß das Eingießen auf kontrollierte Art geschieht. Zu diesem Zweck kann beispielsweise die bekannte. Technik des Gießens aus einem Druckofen angewendet werden, bei der das Niveau der Schmelze gesteuert oder geregelt wird.

    [0011] Anhand der Figuren soll die Erfindung näher erläutert werden. Es zeigen

    Fig. 1 schematisch eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens gemäß der Erfindung,

    Fig. 2 und 3 Darstelllungen zur Erläuterung der Wirkungsweise der Erfindung.



    [0012] Figur 1 zeigt, wie Schmelze (Stahl, Eisen, ein anderes Metall oder eine Metallegierung) aus einer Gießpfanne 1 über eine Gießschnauze 2 an dem einen Ende einer rotierenden Kokille 3 (zylinderförmiges Rohr oder Gießform) abgegossen, wird. Die Kokille 3 rotiert mit einer Durchschnittsrotationsgeschwindigkeit, die während des Gießverlaufs auf einen geeigneten Wert als Funktion der Zeit oder eines anderen Para- meters vom Beginn des Abgießens gesteuert wird. Durch zweckmäßige Wahl der Durchschnittsrotationsgeschwindigkeit vermeidet man, daß sich die Schmelze in Form einer "Schlange" ausbreitet.

    [0013] Der Durchschnittsrotationsgeschwindigkeit wird eine periodisch variierende Rotationsgeschwindigkeit überlagert, deren Frequenz und/oder Amplitude vorzugsweise als Funktion der Zeit oder eines anderen Parameters steuerbar ist.

    [0014] Durch diese überlagerte, periodische Variation der Rotationsgeschwindigkeit erhält man in der Schmelze 4 eine Turbulenz und damit einen Temperaturausgleich, so daß eine Erstarrung der Schmelze von innen her vermieden wird.

    [0015] Das Verfahren zur Lösung des ersten Problemes kann mathematisch wie folgt erklärt werden:

    Man geht von Joukowsky's Theorie für eine fortschreitende Welle in einem offenen Kanal aus (siehe Figur 2).



    [0016] Wenn man plötzlich eine Klappe 5 heruntersetzt, tritt eine fortschreitende Welle längs des Kanals auf.

    [0017] Wenn p die Dichte der Schmelze, b die Breite des Kanals, h die Höhe des Kanals, c die Strömungsgeschwindigkeit der Schmelze, g die Erdbeschleunigung, t die Zeit und u die Geschwindigkeit der Wellenfront ist, so kann nach dem Kraftgesetz geschrieben werden:

    g p b h Δh = p(u + c) Δt bh

    wobei



    [0018] Die Kontinuitätsgleichung wird



    [0019] Die Gleichungen (1) und (2) ergeben zusammen



    [0020] Wenn c = 0 ist, beträgt die Geschwindigkeit der Wellenfront



    [0021] Aus Gleichung (4) geht hervor, daß die Geschwindigkeit u von der Erdbeschleunigung abhängt.

    [0022] Bei einer rotierenden, zylindrischen Kokille wird die E2d-beschleunigung durch die Zentrifugalbeschleunigung a =

    ersetzt, wobei v die Umfangsgeschwindigkeit und r der Innenradius der Kokille ist. Durch Veränderung der Rotationsgeschwindigkeit kann somit die Geschwindigkeit der Wellenfront beeinflußt werden.

    [0023] Zahlenbeispiel: Kokille mit dem Innenradius r = 0,1 m, rotierend mit n = 1000 r/m. Für die Umfangsgeschwindigkeit ergibt sich:



    [0024] Die Zentrifugalbeschleunigung beträgt



    [0025] Ferner wird angenommen (siehe Fig. 3), daß h = 0,02 m

    [0026] Damit ergibt Gleichung (3) :



    [0027] Diese Geschwindigkeit ist hoch und erklärt, weshalb am Anfang des Gießverlaufes eine "Schlange" gebildet wird. Die Geschwindigkeit wird durch Verringerung der Rotationsgeschwindigkeit herabgesetzt.

    [0028] Wenn das Anfangsstadium zu Ende ist, kann es zweckmäßig sein, die Rotationsgeschwindigkeit zu erhöhen, damit die Wanddicke gleichmäßig genug wird.

    [0029] Bezüglich des Problems der Erstarrung von innen, kann die nachstehende Studie einen Begriff bezüglich der erforderlichen Amplitude der überlagerten, periodischen Variation der Rotationsgeschwindigkeit vermitteln. In dem vorstehenden Zahlenbeispiel beträgt die Umfangsgeschwindigkeit 10,5 m/s. Wenn die Rotationsgeschwindigkeit um 10 % mit einer genügend hohen Frequenz variiert wird, dann vermag die Schmelze am Innenradius den Variationen nicht zu folgen; man erhält also eine Relativgeschwindigkeit von ca. 1 m/s zwischen der Schmelze am Innenradius und der Schmelze an der Erstarrungsfront. Diese Relativgeschwindigkeit soll hoch genug sein, um eine Turbulenz zu bewirken.

    [0030] Das vorstehend beschriebene Verfahren kann im Rahmen des offenbarten allgemeinen Erfindungsgedankens in vielfacher Weise variiert werden.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Schleudergießen mit einer zylindrischen Kokille oder einer Gießform, bei dem die Schmelze an dem einen Ende der Kokille (3) in diese eingegossen wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Rotationsgeschwindigkeit der Kokille (3) steuerbar ist und vom Beginn des Abgießens an während des Gießverlaufs auf einen solchen Durchschnittswert pro Umdrehung als Funktion der Zeit gesteuert wird, daß die Front, mit der sich die Schmelze vom Eingußende bis zum anderen Ende der Kokille ausbreitet, sich im wesentlichen gleichmäßig und ungebrochen über den ganzen Umfang der Kokille erstreckt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Durchschnittsrotationsgeschwindigkeit, die vorzugsweise von Null bis auf den vollen Wert steuerbar ist, eine periodisch variierende Rotationsgeschwindigkeit überlagert wird.
     
    3. 3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Frequenz und/oder Amplitude der überlagerten Rotationsgeschwindigkeit auf geeignete Werte als Funktion der Zeit oder eines anderen Parameters vom Beginn des Abgießens an gesteuert wird.
     
    4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Rotationsachse der Kokille horizontal oder annähernd horizontal verläuft.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Rotationsachse der Kokille gegenüber der Horizontalen geneigt ist, eventuell bis zu 90°.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Kokille zumindest während eines Teils des Verfahrensablaufes mit einem nach oben gerichteten Winkel, gesehen von der Eingießstelle, rotiert.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Eingießen der Schmelze unter selbständiger Regelung oder Steuerung des Flusses als Funktion der Zeit oder eines anderen Parameters vom Beginn des Eingießens an erfolgt.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht