(19)
(11) EP 0 116 887 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.08.1984  Patentblatt  1984/35

(21) Anmeldenummer: 84101151.3

(22) Anmeldetag:  04.02.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C11D 3/39
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 12.02.1983 DE 3304848

(71) Anmelder: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
40191 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Hase, Christian, Dr.
    D-4006 Erkrath 1 (DE)
  • Köppelmann, Edgar, Dr.
    D-4010 Hilden (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Organische Cyanamidverbindungen als Aktivatoren für anorganische Perverbindungen


    (57) Cyanamidverbindungen der Formel

    in der R und R1 jeweils C, - C6 Alkyl, Cyclohexyl und Benzyl bedeuten, eignen sich als Aktivatoren anorganischer Perverbindungen. Sie werden bevorzugt im schwach alkalischen Bereich bei Temperaturen unterhalb 45 °C verwendet. Mögliche Einsatzgebiete sind die Bleiche von Textilien und harten Oberflächen, die Oxidation organischer und anorganischer Zwischenprodukte und die Desinfektion.


    Beschreibung


    [0001] Anorganische Perverbindungen, insbesondere Wasserstoffperoxid und feste Perverbindungen, die sich in Wasser unter Freisetzung von Wasserstoffperoxid lösen, wie Natriumperborat und Natriumcarbonat-Perhydrat, werden seit langem als Oxidationsmittel zu Desinfektions- und Bleichzwecken verwendet. Die Oxidationswirkung dieser Substanzen hängt in verdünnten Lösungen stark von der Temperatur ab; so erzielt man beispielsweise mit H202 oder Perborat in alkalischen Bleichflotten erst bei Temperaturen oberhalb von ca. 80 °C eine ausreichend schnelle Bleiche verschmutzter Textilien. Bei niedrigeren Temperaturen kann die Oxidationswirkung der anorganischen Perverbindungen durch Zusatz sogenannter Aktivatoren verbessert werden, für die zahlreiche Vorschläge in der Literatur bekannt geworden sind. So haben das in der deutschen Patentschrift 1 695 219 beschriebene Tetraacetylglykoluril und in jüngerer Zeit das in der deutschen Patentschrift 1 162 967 beschriebene Tetraacetylethylendiamin Eingang in die Praxis gefunden. Durch Zusatz dieser Substanzen kann die Bleichwirkung wäßriger Peroxidflotten so weit gesteigert werden, daß bereits bei 60 °C die gleichen Wirkungen wie mit der Peroxidflotte allein bei 95 °C eintreten.

    [0002] Im Bemühenumenergiesparende Wasch- und Bleichverfahren gewinnen in den letzten Jahren Anwendungstemperaturen deutlich unterhalb 60 °C, insbesondere unterhalb 45 °C bis herunter zur Kaltwassertemperatur an Bedeutung.

    [0003] Bei diesen Temperaturen läßt die Wirkung der bekannten Aktivatoren aber bereits deutlich nach. Es hat deshalb nicht an Bestrebungen gefehlt, für diesen Temperaturbereich wirksamere Aktivatoren zu entwickeln, ohne daß bis heute ein überzeugender Erfolg zu verzeichnen gewesen wäre. Auch die vorliegende Erfindung hat die Verbesserung der Oxidations- und Bleichwirkung anorganischer Perverbindung bei niedrigen Temperaturen, insbesondere im Temperaturbereich von ca. 15 bis 45 °C zum Ziel.

    [0004] Es wurde gefunden, daß bei Verwendung bestimmter organischer Cyanamidverbindungen als Aktivatoren in diesem Temperaturbereich eine ausgezeichnete Steigerung der Oxidations- und Bleichwirkung anorganischer Perverbindungen in Oxidations-, Bleich- und Waschflotten erreicht wird. Es handelt sich bei diesen Aktivatoren um Verbindungen der Formel

    in der R und Rt jeweils C1 - C6 - Alkyl, Cyclohexyl und Benzyl bedeuten können. Diese Verbindungen sind an sich bekannt. Sie können beispielsweise nach dem in der deutschen Patentschrift 1 257 768 genannten Verfahren hergestellt werden. Besonders bevorzugt werden die Dimethyl- und die Dibenzylverbindung verwendet die einen verhältnismäßig hohen Schmelzpunkt aufweisen.

    [0005] Die Cyanamidverbindungen der Formel I können als Aktivatoren überall dort eingesetzt werden, wo es auf eine besondere Steigerung der Oxidationswirkung anorganischer Perverbindungen bei niedrigen Temperaturen ankommt, z.B. bei der Bleiche von Textilien, Haaren oder harten Oberflächen, bei der Oxidation organischer oder anorganischer Zwischenprodukte und bei der Desinfektion.

    [0006] Die erfindungsgemäße Verwendung besteht darin, Bedingungen zu schaffen, unter denen Wasserstoffperoxid und die oben definierten Cyanamidverbindungen miteinander reagieren können, mit dem Ziel, stärker oxidierend wirkende Folgeprodukte zu erhalten. Solche Bedingungen liegen insbesondere dann vor, wenn beide Reaktionspartner in wäßriger alkalischer Lösung aufeinander treffen.

    [0007] Je nach Verwendungszweck können die Bedingungen weit variiert werden. So kommen neben rein wäßrigen Lösungen auch Mischungen aus Wasser und geeigneten organischen Lösungsmitteln, z.B. für die Anwendung in der Desinfektion oder bei der Oxidation von Zwischenprodukten, als Reaktionsmedium in Frage. Der pH-Wert des Reaktionsmediums kann in weiten Grenzen, vom schwach sauren Bereich (pH 4) bis in den stark alkalischen Bereich (pH 13), je nach Anwendungszweck gewählt werden. Bevorzugt wird der alkalische Bereich von pH 8 bis pH 11, da er für die Aktivierungsreaktion und die Stabilität der gebildeten Perverbindung besonders vorteilhaft ist. Aus diesem Grunde werden die erfindungsgemäßen Aktivatoren auch bevorzugt zusammen mit Natriumperborat und Natriumcarbonat-Perhydrat verwendet, die in ihren Lösungen bereits pH-Werte dieses Bereichs aufweisen. Auch die verwendete Menge an Aktivator hängt vom Anwendungszweck ab. Je nach gewünschtem Aktivierungsgrad werden 0,05 - 1 Mol, vorzugsweise 0,2 - 1 Mol Aktivator pro Mol anorganischer Perverbindung verwendet, doch können in besonderen Fällen diese Grenzen auch über- oder unterschritten werden.

    [0008] Die erfindungsgemäßen Cyanamidderivate können zur Aktivierung in reiner Form oder, wenn dies, beispielsweise zur Erhöhung der Lagerstabilität, zweckmäßig ist, in speziellen Anbietungsformen, wie Tabletten, Granulaten oder in feinteiliger umhüllter Form (sogenannte Prills), eingesetzt werden. Für die maschinelle Dosierung eignen sich flüssige Aktivatoren oder Lösungen in organischen Lösungsmitteln.

    [0009] Bevorzugt erfolgt der Einsatz im Gemisch mit den zu aktivierenden Perverbindungen und gegebenenfalls weiteren, für den gewünschten Bleich- oder Oxidationsprozeß erforderlichen Komponenten, wie pH-regulierenden Mitteln und Stabilisatoren für Perverbindungen. Durch die Abmischung mit ausgesuchten Mengen an Perverbindungen und weiteren Zusatzstoffen wird die Anwendung erleichtert und der Anwender erzielt sicherer das gewünschte Ergebnis, doch ist die erfindungsgemäße Verwendung nicht auf diese Anwendungsform beschränkt.

    [0010] Auf dem Gebiet der Textilwäsche können die erfindungsgemäßen Aktivatoren mit nahezu allen üblichen Bestandteilen von Wasch-und Bleichmitteln kombiniert werden. Man kann auf diese Weise Mittel aufbauen, die sich speziell zur Textilbehandlung bei niedrigen Temperaturen eignen und auch solche, die in mehreren Temperaturbereichen bis hinauf zum traditionellen Bereich der Kochwäsche geeignet sind.

    [0011] Hauptbestandteile solcher Wasch- und Bleichmittel sind, neben Perverbindungen und Aktivatoren, Gerüstsubstanzen (Builders) und Tenside. Daneben können andere übliche Hilfsstoffe, wie Vergrauungsinhibitoren, Peroxidstabilisatoren, Elektrolyte, optische Aufheller, Enzyme, Parfumöle, Schaumregulatoren und avivierende Substanzen in diesen Mitteln vorliegen, wenn dies zweckmäßig ist.

    [0012] Beispiele üblicher Gerüstsubstanzen sind polymere Phosphate, Salze von Aminocarbonsäuren, wie Nitrilotriessigsäure, Salze von Polyphosphonsäuren, wie Hydroxyethandiphosphonsäure, Salze von Polycarbonsäuren, wie Citronensäure oder Polyacrylsäure und unlösliche Natriumaluminiumsilikate vom Typ Zeolith NaA und NaX.

    [0013] Als Tenside kommen insbesondere solche vom Typ der nichtionischen und synthetischen anionischen Tenside in Frage. Beispiele für nichtionische Tenside sind die aus langkettigen Alkoholen oder Alkylphenolen und Ethylenoxid hergestellten Polyethylenglykolmonoalkyl-und Polyethylenglykolmonophenylether.

    [0014] Bei den anionischen Tensiden handelt es sich in erster Linie um Sulfate und Sulfonate langkettiger Verbindungen, beispielsweise Alkylbenzolsulfonate, Fettsäureestersulfonate, Alkansulfonate, Olefinsulfonate, Fettalkoholsulfate und Sulfate von Polyethylenglykolmonoethern.

    [0015] Neben kombinierten Wasch- und Bleichmitteln kommen als Konfektionierungsformder erfindungsgemäßen Aktivatoren für die Textilwäsche auch Mittel in Betracht, die als Zusätze zu peroxidhaltigen oder peroxidfreien Waschmitteln angewendet werden. Sie enthalten im wesentlichen den Aktivator bzw. ein Gemisch aus Aktivator und Perverbindung sowie gegebenenfalls weitere Hilfs- und Zusatzstoffe, insbesondere Stabilisatoren, pH-regulierende Mittel und Tenside.

    [0016] Zur Reinigung harter Oberflächen bestimmte Mittel enthalten neben Perverbindung und Aktivator insbesondere Tenside, Gerüstsubstanzen und, im Falle von Polier- und Scheuermitteln, abrasiv wirkende Bestandteile. Da diese Mittel häufig bei Raumtemperatur angewendet werden, wirkt sich hier die Verwendung der erfindungsgemäßen Aktivatoren besonders vorteilhaft auf die bleichende und keimtötende Wirkung aus.

    [0017] Besondere Bedeutung besitzen konfektionierte Mittel bei der Anwendung in der Desinfektion, da hier im allgemeinen erhöhte Anforderungen an die Anwendungssicherheit gestellt werden. Desinfektionsmittel auf Basis der erfindungsgemäßen Aktivatoren enthalten neben diesen und anorganischen Perverbindungen im allgemeinen noch weitere Hilfs- und Zusatzstoffe, wie pH-regulierende Substanzen, Stabilisatoren und Tenside. In besonderen Fällen können sie spezielle Mikrobizide zusätzlich enthalten, die die an sich sehr breite abtötende Wirkung der aktivierten Perverbindung gegenüber bestimmten Keimen verstärken.

    [0018] Die erfindungsgemäße Verwendung der Aktivatoren ist aber keinesfalls auf die Anwendung in konfektionierter Form dieser geschilderten oder anderer Arten beschränkt. So steht beispielsweise im gewerblichen Bereich im allgemeinen die Einzeldosierung von Reagenzien im Vordergrund, da sie oft das kostengünstigere Verfahren darstellt.

    Beispiele



    [0019] Im folgenden werden ein analytisches Verfahren zur Peroxidaktivierung und als Beispiel für die gesteigerte Oxidationswirkung der erfindungsgemäß aktivierten Peroxide Praxisversuche zur Textilbleiche in einem Waschprozeß beschrieben.

    Beispiel 1


    Bestimmung der Peroxidaktivierung



    [0020] Die bekannten Aktivatoren aus der Gruppe der N-Acetylamide aktivieren anorganische Perverbindungen in der Weise, daß sie das in Lösung aus den Perverbindungen frei werdende Wasserstoffperoxid zu Peressigsäure acetylieren.



    [0021] Die entstehende Peressigsäure kann durch iodometrische Titration neben H202 bestimmt werden.

    [0022] Eine ähnliche Reaktion wird für die erfindungsgemäß verwendeten Aktivatoren vermutet, da sie im selben iodometrischen Testverfahren ansprechen. Dieses nachstehend beschriebene Verfahren liefert Aussagen darüber, wie schnell sich aus H202 und den Aktivatoren oxidationsfähigere Folgeprodukte bilden. Ein Vergleich verschiedener Aktivatoren mit diesem Verfahren ist allerdings = nur sinnvoll, wenn die Aktivatoren in Mengen eingesetzt werden, die in bezug auf die reagierenden Gruppen äquivalent sind. Zu den Untersuchungen wurden deshalb jeweils 4 mmol/1 der erfindungsgemäßen Aktivatoren und 2 mmol/1 von Tetraacetylethylendiamin (TAED) eingesetzt.

    Testverfahren:



    [0023] In 1 1 Wasser werden 2,5 g Na2P2O7 × 10 H20 und 630 mg Natriumperborat-Tetrahydrat (4 mmol/l) gelöst. Zu dieser Lösung gibt man nach dem Temperieren 4. bzw. 2 mmol des jeweiligen Aktivators auf einmal hinzu; die Lösung wird dann 30 Minuten gerührt. Nach bestimmten Zeiten werden Proben von 100 ml entnommen, auf 250 g Eis und 15 ml Eisessig pipettiert, mit 5 ml 10 %iger KJ-Lösung versetzt und sofort mit 0,1 n Na2S203 - Lösung bis zum Umschlag titriert. Kurz vor dem Ende der Titration wird ca. 1 ml einer 1 %igen Stärkelösung zugesetzt. Aus dem Titrationsergebnis läßt sich der Anteil Perborat errechnen, der zum jeweiligen Zeitpunkt in aktivierter Form vorliegt: 8 ml 0,1 n Na2S2O3 entsprechen 100 %.

    [0024] Die folgende Tabelle 1 enthält die Ergebnisse, die in diesem Test mit erfindungsgemäßen Aktivatoren und dem bekannten Aktivator Tetraacetylethylendiamin (TAED) bei 30 °C erhalten wurden, ausgedrückt in Prozent abktiviertes Perborat.

    Aus den Werten geht hervor, daß diese erfindungsgemäßen Aktivatoren ähnlich schnell wie TEAD oder schneller als dieses ein oxidationsfähiges Folgeprodukt liefern.

    Beispiel 2


    Ermittlung der Bleichwirkung



    [0025] Um die Effekte der Aktivatoren unter praxisnahen Bleichbedingungen kennenzulernen, wurden künstlich angeschmutzte Baumwolläppchen mit einem perborathaltigen Waschmittel und verschiedenen Aktivatoren in einem Launderometer, Typ Atlas Standard, gewaschen.

    [0026] Folgende Testbedingungen wurden eingehalten:

    Flottenvolumen: 250 ml

    Gewebe: 6,3 g Füllgewebe Baumwolle weiß 2,1 g Bleichtestgewebe

    Wasserhärte: 17 °d.H.

    Temperatur: 20 bzw. 40 °C

    Waschzeit: 30 Minuten einschließlich Aufheizzeit (3 °C/min)

    Spülen: 3 x 30 sec.



    [0027] Waschmittelzusammensetzung:

    7 % Alkylbenzolsulfonat 2 % Talgalkohol + 5 EO 2 % Talgseife 25 % Na5P3O10 17 % Zeolith NaA (SASIL®) 3,5 % Wasserglas (Na2O · 3,3 SiO2) 0,15 % EDTA Rest: Na2 S04



    [0028] Dosierung: 6 g/1 Waschmittel 1 g/1 Perborat-Tetrahydrat (= 100ppm Aktivsauerstoff) Aktivator Die Auswertung der Versuche wurde durch Remissionsmessungen an den getrockneten Geweben vorgenommen. Die Ergebnisse, die in den folgenden Tabellen 2 und 3 zusammengefaßt sind, stellen die Remissionswerte dar, die bei der Wellenlänge von 460 nm gemessen wurden. Höhere Werte zeigen helleres Gewebe an.





    [0029] Aus den Remissionswerten wird deutlich, daß mit den erfindungsgemäßen Aktivatoren sowohl bei 20 als auch bei 40 °C eine stärkere Bleichung als mit Aktivatoren der heute üblichen Technik, wie TAED erreicht wird.

    [0030] Ähnliche Steigerungen der Oxidationswirkung anorganischer Perverbindungen erzielt man auch auf anderen Anwendungsgebieten.


    Ansprüche

    1. Verwendung von Cyanamidverbindungen der Formel

    in der R und R1 jeweils C1 - C6 - Alkyl, Cyclohexyl und Benzyl bedeuten, als Aktivatoren für anorganische Perverbindungen in Oxidations-, Bleich- und Waschflotten.
     
    2. Verwendung von Cyanamidverbindungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in Formel I R und R1 beide Methyl oder beide Benzyl bedeuten.
     
    3. Verwendung nach Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Aktivierung in überwiegend wäßriger Lösung bei einem pH-Wert zwischen 8 und 11 erfolgt.
     
    4. Verwendung nach Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß als anorganische Perverbindungen Natriumperborat oder Natriumpercarbonat vorliegen.
     
    5. Verwendung nach Ansprüchen 1 - 4, dadurch gekennzeichnet, daß zur Aktivierung von 1 Mol Aktivsauerstoff aus der anorganischen Perverbindung 1 -0,05 Mol vorzugsweise 1 - 0,2 Mol Aktivator eingesetzt werden.