(19)
(11) EP 0 119 504 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.09.1984  Patentblatt  1984/39

(21) Anmeldenummer: 84101795.7

(22) Anmeldetag:  21.02.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3B65B 55/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI SE

(30) Priorität: 15.03.1983 DE 3309139
16.07.1983 DE 3325786

(71) Anmelder: ROBERT BOSCH GMBH
70442 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Buchner, Norbert, Prof. Dr.-Ing.
    D-7057 Winnenden 6 (DE)
  • Vögele, Günter
    D-7036 Schönaich (DE)
  • Wilke, Bernd, Dipl.-Ing.
    D-7000 Stuttgart 70 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Sterilisieren von Verpackungsmaterial und/oder Verpackungsvorrichtungen


    (57) Es wird ein Verfahren zum Sterilisieren von Verpackungsmaterial aus Kunststoff, Karton oder Kombinationen davon, insbesondere von vorgeformten zur Aufnahme von saurem Füllgut bestimmten Verpackungsbehältern und von Verpakkungsvorrichtungen vorgeschlagen. Bei dem Verfahren soll durch milde thermische Behandlung eine Schädigung des Verpackungsmaterials bzw. der Verpackungseinrichtungen vermieden werden. Durch Beströmen der zu behandelnden Flächen mit einem feuchten Wasserdampf/Luft-Gemisch mit einer Temperatur von 80° bis 140°C und einem Feuchtigkeitsgehalt von 5 bis 50% lassen sich hinreichende Sterilitätsgrade bei relativ kurzen Behandlungsdauern für das sterile Verpakken von sauren Lebensmitteln erreichen.


    Beschreibung

    Stand der Technik



    [0001] Die Erfindung geht aus von einem Sterilisierverfahren für Verpackungsmaterial oder Verpackungsvorrichtungen nach der Gattung des Hauptanspruchs. Bei einem solchen beispielsweise durch die DE-A-2 839 543 und die DE-A-2 919 015 bekannt gewordenen Verfahren werden aus thermoplastischem Kunststoff geformte Verpackungsbehälter, wie Joghurt-Becher, mit einem Wasserdampf/Luftgemisch behandelt. Um einen ausreichenden Grad an Keimfreiheit zu erzielen, sollen die Becher auf eine Temperatur von mindestens 140° C erhitzt werden. Dazu wird das Gemisch aus Sattdampf mit einer Temperatur von 138° C und Luft gebildet und vor der Anwendung auf eine Temperatur von 250° bis 275° C aufgeheizt.

    [0002] Durch die zusätzliche Aufheizung des Gemisches ist das bekannte Verfahren weitgehend ein trockenthermisch wirkendes Sterilisierverfahren und wirkt ähnlich wie die bekannten Verfahren, die mit überhitztem Wasserdampf, Heißgas oder Heißluft arbeiten. Bei diesen bekannten Sterilisierverfahren bleibt die lange bekannte Tatsache unberücksichtigt, daß Mikroorganismen und Sporen in feuchter Hitze weniger widerstandsfähig sind als in trockener Hitze. Es sind daher auch schon Sterilisierverfahren entwickelt worden, die mit Sattdampf im Überdruckbereich arbeiten (DE-A-2 519 329 und DE-A-3 031 084). Bei diesen bekannten Verfahren ist jedoch nachteilig, daß die zu sterilisierenden Verpackungsbehälter oder -materialien in druckfesten Behältern behandelt werden müssen, die relativ aufwendig und umständlich zu bedienen sind.

    [0003] Ferner ist ein Sterilisierverfahren bekannt geworden, bei dem die Behälter mit strömendem Wasserdampf bei Atmosphärendruck behandelt werden (DE-A-3 044 061). Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß bei Verpakkungsmaterialien mit einer Kartonschicht Feuchtigkeit in den als Schwamm wirkenden Karton an den Schnittkanten eindringen kann, was zum Erweichen des Packstoffes und zu Schwierigkeiten beim anschließenden Heißsiegeln führen kann.

    [0004] Um zu verhindern, daß von Einrichtungen und Zubehör von Verpackungsmaschinen auf das Füllgut oder das Verpackungsmaterial Infektionen übertragen werden, ist es schließlich durch die DE-A-1 642 069 bekannt, Abfüll- und Dosierräume, Leitungen, Ventile, Filter und dgl. Teile einer Verpackungsmaschine, mit denen das Füllgut oder die dieses umgebende Luft in Berührung kommen, mit Hilfe von Sattdampf von 125° C und 2,5 bar Überdrück vorgängig der Inbetriebnahme der Verpackungsmaschine zu sterilisieren. Zum Erzielen eines hinreichenden Sterilitätsgrades wird die Behandlung über eine Zeitdauer von mehreren Minuten durchgeführt. Nachteilig dabei ist, daß dazu die Einrichtungen zur Aufnahme des Überdrucks ausgestaltet sein müssen. Bei alternativer Anwendung von Heißdampf mit atmosphärischem Druck sind sehr viel höhere Temperaturen und/oder längere Behandlungszeiten erforderlich.

    [0005] Bereits in Verpackungsmaschinen eingeführte Verpakkungsmaterialien aus Kunststoff vertragen derart hohe Temperaturbelastungen über längere Zeit nicht. Sie erweichen und verkleben mit Maschinenteilen, so daß ein Anlaufen der Maschine verhindert wird. Ferner verstopft Dampfkondensat die zur Aufrechterhaltung einer sterilen Atmosphäre in Verpackungsmaschinen angeordneten Luftentkeimungsfilter (HOSCH-Filter).

    [0006] Es ist daher ein thermisches Sterilisierverfahren erstrebenswert, bei dem die thermische Belastung der zu sterilisierenden Teile, wie insbesondere Verpakkungsmaterial und Hochleistungs-Filter gering ist und in kurzer Zeitdauer durchgeführt werden kann.

    Vorteile der Erfindung



    [0007] Das erfindungsgemäße Entkeimungsverfahren mit den kennzeichnenden Merkmalen des Hauptanspruchs hat überraschend erwiesen, daß eine Abtötung der für Lebensmittel mit einem pH-Wert unter 4,6 relevanten Flora bei geringer Wärmebelastung und in relativ kurzer Zeit bei atmosphärischem Druck möglich ist. Dieses relativ milde thermische Entkeimungsverfahren setzt außerdem nur einen geringen Energieaufwand voraus. Es ist besonders geeignet zum Behandeln von Verpackungsbehältern aus thermoplastischem Kunststoff oder mit solchem beschichteten Material zum Sterilverpacken saurer Lebensmittel, deren pH-Wert unter 4,6 liegt, wie beispielsweise Fruchtsäfte, Gemüsesäfte, Wein und Sauermilchprodukte. In solchen sauren Gütern kann nur eine eingeschränkte Auswahl von Mikroorganismen wachsen, nämlich Schimmelpilze, Hefen, und säurebildende Bakterien. Diese Mikroorganismen sind thermisch relativ empfindlicher als übliche Bakterien. Ferner lassen sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren auch Einrichtungen und Zubehör von Verpackungsmaschinen unter schonenden Bedingungen sterilisieren.

    [0008] Durch die in den Unteransprüchen aufgeführten Maßnahmen ist eine vorteilhafte Weiterbildung des im Hauptanspruch angegebenen Entkeimungsverfahrens möglich. Wenn nach der eigentlichen Entkeimungsphase mit einem Wasserdampf/Luft-Gemisch die behandelten Oberflächen des Verpackungsmaterials, der Verpakkungsbehälter oder der Maschinenteile mit Heißluft mit einer Temperatur von 80° bis 120° C nachgetrocknet werden, ist es besonders vorteilhaft, das Wasserdampf/Luft-Gemisch aus Heißluft mit der Temperatur der Trocknungsluft und mit Sattdampf zu bilden.

    Beschreibung der Erfindung



    [0009] Zum keimfreien Verpacken saurer Lebensmittel sollen Verpackungsbehälter vor dem Befüllen und Verschließen keimfrei gemacht werden. Die Behälter bestehen vorzugsweise aus einem thermoplastischen Kunststoff oder aus einem Mehrschichtpackstoff, der beispielweise aus einem Polyäthylen/Karton/Aluminium/Polyäthylenverbund besteht. In jeweils einen offenen Behälter wird eine Düse eingeführt, die den größten Teil des Innenraums des Behälters ausfüllt und seitlich zur Wand des Behälters hin einen Ringraum freiläßt. Vorausgehend wird zum Vorwärmen während einer Zeitdauer von 1,2 Sekunden Heißluft mit einer Temperatur von 800 bis 100° C in den Behälter eingeblasen.

    [0010] In der anschließenden Entkeimungsphase wird durch die Düse ein Wasserdampf/Luft-Gemisch unter atmosphärischem Druck zugeführt. Das Gemisch wird gebildet durch Vermischen von Heißluft mit einer Temperatur von 800 bis 120 C und Sattdampf, der sich beim Mischen entspannt. Der Gewichtsanteil des Sattdampfes an dem Gemisch beträgt 10 bis 50 %. Die Temperatur des Gemischs beträgt 85o bis 140° C, vorzugsweise 85° bis 120o C. Das Wasserdampf/Luft-Gemisch wird während einer Zeitdauer von 1,2 Sekunden aus der Düse gegen den Boden des Behälters und anschließend durch den Ringraum zwischen der Düse und der Innenseite des Behälters geleitet. Zum Entfernen von Feuchtigkeitsresten nach der Entkeimungsphase wird anschließend sterile Heißluft mit einer Temperatur von 80° bis 120° C eingeführt, die ebenfalls durch den Ringraum strömt und trocknend wirkt. Anstelle des Zuführens von Heißluft und Wasserdampf/Luft-Gemisch durch dieselbe Düse, können auch mehrere Düsen nebeneinander angeordnet sein, durch die jeweils nur Heißluft oder das Gemisch geleitet wird, und denen Verpackungsbehälter nacheinander zugeführt werden. Um eine Reinfektion der Behälter zu verhindern, sind die Düsen in einer Kammer angeordnet, in der eine sterile Atmosphäre aufgebaut ist.

    [0011] Zum Testen des beschriebenen Entkeimungsverfahrens wurden mit Schimmelpilzsporen beladene Versuchsplättchen in Behälter eingeklebt und diese dann mit einem Wasserdampf/Luft-Gemisc beströmt. Die an die Taktzeit von Verpackungsmaschinen angepaßte Behandlungsdauer wurde auf 1,2 Sekunden eingestellt. Die Plättchen hatten einen Durchmesser von 50 Millimeter und waren unterschied- lich mit etwa 103, 105, 107 und 109 Keimen der Arten Aspergillus niger, Lactobacillus lactis, Leuconostcc mesenteroides und Saccaromyces cerevisiae beladen.

    [0012] Es zeigte sich, daß bereits bei einer Beströmung der Plättchen bzw. der Behälterinnenwand mit dem Wasserdampf/Luft-Gemisch mit einer Temperatur von 80° bis 85° C ein deutlicher Entkeimungseffekt erzielt wurde. Bei einer Temperatur von 90° bis 100° C wurde eine vollständige Abtötung der Keime festgestellt.

    [0013] Bei einer ersten Versuchsreihe mit einem Wasserdamp/Luft-Gemisch mit einer Temperatur von 95° C und einem WasserGemisch mit einer Temperatur von 95° C und einem Wassergehalt von 15 Gewichtsprozent ergaben sich folgende Abtötungsraten:

    2 bis 3 Zehnerpotenzen bei Aspergillus niger und Lactobacillus lactis

    4 bis 5 Zehnerpotenzen bei Leuconostoc mesenteroides und

    6 bis 7 Zehnerpotenzen bei Saccharomyces cerevisiae.



    [0014] Bei ebenfalls 95° C des Wasserdampf/Luft-Gemischs jedoch einem Wassergehalt vcn 33 % waren die Abtötungsraten bei Aspergillus niger etwa 5 Zehnerpotenzen, und bei den übrigen, oben genannten Keimarten höher als 7 Zehnerpotenzen. Bei einer Temperatur von 100° C des Wasserdampf/Luft-Gemischs und einem 37 %-igen 1,Wasserdampfgehalt lagen die Abtötungsraten bei Aspergillus niger höher als 7 Zehnerpotenzen und bei den übrigen drei Arten sogar höher als 9 Zehnerpotenzen.

    [0015] Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß durch Vorwärmen der Packungen vor der Sterilisierungsphase der Kondensatanfall während der Sterilisierphase vermindert werden kann. Durch die nachträgliche Trocknung mit Heißluft wird angefallenes Kondensat vollständig beseitigt. In Fällen, wo auf eine völlig trockene Packung verzichtet werden kann, da die geringen Kondensatmengen nur zu einer vernachlässigbar kleinen Konzentrationsänderung des Füllguts führen, kann sowohl die Vorwärmung als auch die Nachtrocknung unterbleiben, wobei innerhalb der angegebenen Grenzen noch ein gutes mikrobiologisches Ergebnis erzielbar ist.

    [0016] Als besonders vorteilhaft hinsichtlich der zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens zu verwendenden .Einrichtung hat sich gezeigt, daß der zum Vorwärmen und/oder Nachtrocknen verwendeten Heißluft zum Durchführen der Sterilisierphase kurzzeitig, beispielsweise während 1,2 Sekunden, Sattdampf zugemischt wird.

    [0017] Schließlich ist noch zu erwähnen, daß das oben beschriebene Verfahren auch zum Entkeimen von Packstoffbahnen oder -zuschnitten, aus denen anschließend Verpackungen geformt werden, in gleicher Weise durchgeführt werden kann, wobei beispielsweise eine Breitschlitzdüse verwendet wird.

    [0018] Das erfindungsgemäße Verfahren ist nicht nur zum Sterilisieren von Packstoffen und Verpackungsbehältern durchführbar, sondern mit gleichem Erfolg auch zum Vorsterilisieren von Verpackungsvorrichtungen und deren Zubehör, wie Kammern, Füll- und Schließeinrichtungen, Leitungen, Filter und dgl. Da diese Teile weniger wärmeempfindlich sind und eine größere zu erhitzende Masse aufweisen, ist die Zeitdauer länger einzustellen, während der die Teile mit einem Wasserdampf/Luft-Gemisch beaufschlagt und beströmt werden. Wesentlich hierbei ist, daß die Oberflächen der Vorrichtungsteile auf eine Temperatur von 70° bis Vorrichtungsteile auf eine Temperatur von 70 bis 100 C, insbesondere 85° bis 90° C, aufgeheizt werden.

    [0019] Zum Testen der Brauchbarkeit des oben zum Sterilisieren von Verpackungsbehältern beschriebenen Verfahrens zum Sterilisieren von Verpackungsvorrichtungen wurde ein Versuch an einem thermisch- und feuchtigkeitsempfindlichen Hochleistungs-Schwebstofffilter (HOSCH-Filter) durchgeführt, da solche Filter zum Entkeimen von Luft oder Gasen verwendet werden, die zum Erhalten einer keimfreien Atmosphäre in die Abpackkammer eingeleitet werden. Während einer Zeitdauer von zwei Minuten wurde ein Wasserdampf/Luft-Gemisch mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 35 % und einer Temperatur von 98° C durch ein HOSCH-Filter geleitet. Die Abtötung der zuvor aufgebrachten Schimmelpilze Aspergillus niger war größer als 7 Zehnerpotenzen. Ähnliche Versuche ergaben, daß Wasserdampf/Luft-Gemische mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 20 bis 40 und einer Temperatur von 80° bis 100° C zum Sterilisieren von Maschinenteilen einen hinreichend hohen Sterilitätsgrad erbringen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Sterilisieren von Verpackungsmaterial, insbesondere von vorgeformten, zur Aufnahme von saurem Füllgut bestimmten Verpackungsbehältern,oder Verpakkungsvorrichtungen und deren Zubehör durch Behandeln deren Oberflächen mit einem Wasserdampf/Luft-Gemisch, dadurch gekennzeichnet, daß die Oberflächen mit einem strömenden, feuchten Wasserdampf/Luft-Gemisch mit einer Temperatur von 80° Bis 140° C, vorzugsweise 80° bis 120° C, und einem Feuchtigkeitsgehalt von 5 bis 50 %, vorzugsweise 20 bis 40%, behandelt werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,daß das Wasserdampf/Luft-Gemisch aus Heißluft mit einer Temperatur von 80° bis 120° C und mit Sattdampf gebildet wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß vor dem Behandeln des Verpackungsmaterials mit Wasserdampf/Luft-Gemisch das Material mit Heißluft vorgewärmt und nach dem Behandeln mit Heißluft nachgetrocknet wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Verpackungsmaterial während einer bestimmten Zeitdauer mit Heißluft behandelt wird und daß während dieser Zeitdauer der Heißluft kurzzeitig Sattdampf zugemisch wird.