[0001] Die Erfindung geht aus von einem Material mit lichtbogenlöschenden Eigenschaften
gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Ein solches Material ist aus der US-PS
4 011 426 bekannt. Das bekannte Material kennzeichnet sich im Gegensatz zu anderen
lichtbogenlöschenden Materialien wesentlich dadurch, daß es neben lichtbogenlöschenden
Bestandteilen auch Bestandteile besitzt, die ihm elektrische Leitfähigkeit verleihen.
Dadurch wird erreicht, daß der zu löschende Lichtbogen unmittelbar zwischen Elektroden,
die aus solchem Material mit lichtbogenlöschenden Eigenschaften bestehen oder damit
bestückt oder beschichtet sind, brennen kann. Die vorzügliche Löschwirkung dieser
Materialien beruht darauf, daß die Lichtbogenlöschung hauptsächlich durch die in den
Lichtbogenfußpunkten ablaufenden Vorgänge erfolgt.
[0002] An ein solches Material werden einander widersprechende Anforderungen gestellt:
Einerseits soll es lichtbogenlöschend wirken, wozu es elektronegative Gase freisetzende
Bestandteile enthält wie z.B. Schwefel, Bariumsulfat, Eisenammonsulfat, Kalziumfluorid,
Polytetrafluoräthylen, CF3SF5, Schwefelhexafluorid oder Selenhexafluorid, wobei letztere z.B. an Molekularsiebe
oder andere Adsorptionssubstanzen gebunden oder durch Lichtbogeneinwirkung auf Schwefel,
[0003] Fluor usw. enthaltende chemische Verbindungen wie Polytetrafluoräthylen erzeugt werden
können; andererseits soll es elektrisch leitend sein, wozu es Pulver aus Silber oder
Kupfer oder Nickel oder Eisen oder aus deren Legierungen enthält, und soll einen möglichst
geringen Abbrand (hohe Lichtbogenbeständigkeit) aufweisen.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Material der eingangs genannten Art
dahingehend zu verbessern, daß unter Beibehaltung einer hinreichenden elektrischen
Leitfähigkeit der Anteil des elektrisch leitfähigen Metalls verringert und der Anteil
der die Lichtbogenlöschung begünstigenden Bestandteile erhöht werden kann.
[0005] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Material mit den im Patentanspruch 1 angegebenen
Merkmalen. Dadurch, daß das elektrisch leitende Metall als Beschichtung eines der
Lichtbogenlöschung dienenden Pulvers in das Material eingelagert wird, wird die elektrische
Leitfähigkeit des Materials im Vergleich zu dem Fall, daß statt dessen gleich große
und gleich viele massiv aus dem elektrisch leitenden Metall bestehende Körner in dem
Material vorhanden sind, praktisch nicht gemindert, denn die Zahl der Strompfade,
die durch die Zahl der einander berührenden elektrisch leitenden Partikel bestimmt
ist, bleibt unverändert. Durch die erfindungsgemäße Maßnahme kann daher bei gleichbleibender
Leitfähigkeit der Gewichtsanteil des elektrisch leitenden Metalls verringert (und
dadurch z.B. teures Edelmetall eingespart werden) bzw. bei gleichbleibendem Gewichtsanteil
des elektrisch leitenden Metalls die Leitfähigkeit des lichtbogenlöschenden Materials
erhöht werden. Das eingesparte elektrisch leitende Metall kann ersetzt werden durch
eine lichtbogenlöschende Substanz , wodurch die lichtbogenlöschende Wirkung und Lebensdauer
einer aus dem erfindungsgemäßen Material gefertigten Elektrode unmittelbar erhöht
werden. Günstig auf den Abbrand und damit auf die Lebensdauer wirkt es sich auch aus,
daß mit dem elektrisch leitenden Metall ein oder mehrere der lichtbogenlöschenden
Bestandteile des Materials beschichtet werden, z.B. Quarzsand, Glaspulver oder Kalziumfluoridpulver.
Quarzsand bzw. Glaspulver sind Beispiele für die höher als die elektronegative Gase
freisetzende Substanzen schmelzenden anorganischen Bestandteile des Materials; diese
setzen unter Lichtbogeneinwirkung keine löschenden Gase frei, bewirken aber eine gewisse
Strombegrenzung im Lichtbogen und eine Kühlung des Lichtbogens. Andere Beispiele für
solche Substanzen sind Siliziumpulver, Aluminiumoxidpulver und Dolomitpulver.
[0006] Als Bindemittel für die erfindungsgemäßen Materialien kommen in erster Linie Kunststoffe
in Betracht, vor allem härtbare Ein- und Zweikomponentenharze (Duroplaste) wie Epoxidharze,
Phenolharze, Harnstoffharze, Melaminharze, und Silikonharze. Harze als Bindemittel
haben den Vorteil, daß die erfindungsgemäßen Materialien als streichfähige, flüssige
bis pastöse Zubereitungen hergestellt werden können, welche der Anwender nach Bedarf
weiterverarbeitet, indem er aus diesen Zubereitungen durch Gießen und Aushärten lichtbogenlöschende
Formkörper herstellt oder durch Aufstreichen auf Träger (z.B. auf metallische Löschbleche
in Unterbrecherschaltern oder Sicherungen oder auf Gehäusewände von Löschkammern für
Leistungsschalter) Bauteile mit lichtbogenlöschender Beschichtung herstellt.
[0007] Als Bindemittel eignen sich auch thermoplastische Kunststoffe, soweit sie Füllstoffe
aufnehmen können. Beispiele dafür sind Polyamide, Polypropylen, Polyäthylenterephthalat
und Polybutylenterephthalat. Diese Bindemittel haben den Vorteil, daß sie die rationelle
Herstellung von lichtbogenlöschenden Formkörpern durch Spritzgießen ermöglichen.
[0008] Es ist anzustreben, den Gehalt der kohlenstoffhaltigen organischen Bindemittel so
niedrig wie möglich zu halten, um unter Lichtbogeneinwirkung möglichst wenig kohlenstoffreiche
Zersetzungsprodukte und Ruß zu erhalten. Außerdem sollten möglichst solche Bindemittel
gewählt werden, welche eine besonders hohe Lichtbogenfestigkeit aufweisen.
[0009] Außer organischen Bindemitteln kommen auch anorganische Bindemittel in Betracht,
z.B. Wasserglas (Kaliumsilikat und/oder Natriumsilikat) oder niedrig schmelzende Emails.
[0010] Eine andere Lösung der gestellten Aufgabe ist Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs
5. Hinsichtlich der chemischen Natur der Bestandteile dieses Materials gilt das zum
ersten Lösungsvorschlag gesagte in entsprechender Weise. Das Material gemäß Anspruch
5 unterscheidet sich vom Material gemäß Anspruch 1 darin, daß seine elektrische Leitfähigkeit
infolge der anisotropen Verteilung der metallischen Bestandteile ebenfalls anisotrop
ist. Durch anisotrope Verteilung des elektrisch leitenden Metalls ist es möglich,
die Strompfade in einem aus dem Material hergestellten Formteil (Elektrode) gezielt
so zu führen, daß die Strompfade von einer Stromanschlußstelle des Formteils bevorzugt
zu jenem Oberflächenbereich des Formteils führen - und dort vorzugsweise senkrecht
zur Oberfläche des Formteils orientiert sind - auf welchem die Lichtbogenfußpunkte
liegen oder - besser gesagt - wandern sollen. Strompfade zu anderen Oberflächenbereichen
des Formteils sind überflüssig oder gar unerwünscht. Sie lassen sich durch eine gezielte
anisotrope Verteilung des elektrisch leitenden Metalls verringern oder vermeiden und
das führt wie auch im Falle der Lösung gemäß Anspruch 1 zu einer Einsparung an elektrisch
leitendem Metall zugunsten des Anteils der lichtbogenlöschenden Bestandteile des Materials.
Besonders günstig erreicht man eine gezielt anisotrope Leitfähigkeit, wenn man das
elektrisch leitende Metall in Gestalt von Fasern in das Material einbettet (Anspruch
6). Die dazu benötigten Techniken sind dem Fachmann aus dem Fachgebiet der Herstellung
von Faserverbundwerkstoffen bekannt.
[0011] Eine andere Möglichkeit der Einsparung an elektrisch leitendem Metall durch dessen
anisotrope Verteilung besteht darin, das elektrisch leitende Metall in Gestalt eines
überwiegend schuppenförmigen Pulvers vorzusehen (Anspruch 7). Diese Möglichkeit ist
vor allem dann von Bedeutung, wenn als Bindemittel ein härtbares Kunstharz verwendet
wird. Trägt man das noch nicht ausgehärtete, noch flüssige oder pastöse Material als
Beschichtung auf einen Träger auf oder füllt man es zur Bildung von Formkörpern in
eine Form ein, dann bildet sich eine bevorzugte Orientierung der schuppenförmigen
Metallpulverteilchen aus dergestalt, daß die Schuppen bevorzugt parallel zueinander
liegen. Dadurch wird die Überlappung benachbarter Schuppen und mit ihr die Ausbildung
von Strompfaden in eben dieser Vorzugsrichtung begünstigt.
[0012] Eine weiteremöglichkeit, eine Anisotropie der Verteilung des elektrisch leitenden
Metalls zu erreichen, besteht darin, dieses in Gestalt eines Gewebes in das Material
einzubetten, welches den Durchtritt der freigesetzten lichtbogenlöschenden Gase erlaubt
und die mechanische Festigkeit des Materials erhöht (Anspruch 8).
[0013] Nachfolgend werden noch einige Ausführungsbeispiele angegeben:
Die in den Beispielen verwendeten pulverigen Substanzen weisen Korngrößen zwischen
ca. 1 um und ca. 100 umivorzugsweise 5 um bis 30 um auf.
Beispiel 1
[0014] Das Material mit lichtbogenlöschenden Eigenschaften enthält 30 Gew.-% fein gemahlenen
Quarzsand, 20 Gew-% Silber, 25 Gew.-% Polytetrafluoräthylenpulver, 5 Gew.-% Schwefelpulver
und 20 Gew.-% eines Zweikomponenten-Epoxidharzes. Der Quarzsand wird mit dem Silber
nach einem chemischen Beschichtungsverfahren (also stromlos) beschichtet. Der beschichtete
Quarzsand, das PTFE
-Pulver und das Schwefelpulver werden in die noch flüssige Epoxidharzzubereitung eingerührt,
die Mischung in Formen gegossen und bei erhöhter Temperatur ausgehärtet. Die so entstandenen
Formkörper eignen sich als lichtbogenlöschende Elektroden in Schaltgeräten und Sicherungen.
Beispiel 2
[0015] Das Material mit der im Beispiel 1 genannten Zusammensetzung wird dadurch hergestellt,
daß die Füllstoffe in eine noch keine härtende Komponente beinhaltende Epoxidharzgrundlage
eingerührt werden. Die entstehende streichfähige Paste und der Härter werden getrennt
abgefüllt dem Anwender geliefert und erst von diesem vor Gebrauch gemischt. Das Material
eignet sich zum Beschichten von Löschkammerbauteilen und von Lichtbogenhörnern in
Überspannungsschutzvorrichtungen, Blitzschutzvorrichtungen oder in Bahnstrom-Phasentrennern,
welche man zur Lichtbogenlöschung zwischen benachbarten Fahrdrahtenden für elektrische
Schienenfahrzeuge verwendet.
Beispiel 3
[0016] Das Material besteht aus 25 Gew.-% Nickelfasern von ca. 10 um Durchmesser, 20 Gew.-%
Kalziumfluoridpulver, 20 Gew.-% Bariumsulfatpulver, 10 Gew.-% Dolomitpulver und 10
Gew.-% fein gemahlenem Quarzsand sowie 15 Gew.-% eines härtbaren Melaminharzes. Zunächst
werden in die noch flüssige Harzgrundlage die pulverigen Füllstoffe eingerührt und
anschließend die gebündelten Nickelfasern in eine langgestreckte Form eingelegt und
mit der die pulverigen Füllstoffe enthaltenden Harzmischung übergossen. Nach dem Aushärten
des Harzes werden die Formkörper beschnitten. Sie eignen sich als lichtbogenlöschende
Elektroden in Schaltgeräten.
Beispiele 4. und 5
[0017] Die Beispiele 1 und 2 werden dahingehend abgewandelt, daß mit dem Silber nicht der
Quarzsand beschichtet wird, sondern stattdessen der Quarzsand und das Silber getrennt
in das Material eingebracht werden , und zwar das Silber als Pulver von überwiegend
plättchenförmiger Struktur, welches aus dendritischem Silberpulver durch Mahlen in
einer Kugelmühle gewonnen wurde.
Beispiel 6
[0018] Das Material enthält 30 Gew.-% Polytetrafluoräthylenpulver,20 Gew.-% fein gemahlenen
Quarzsand, 20 Gew.-% Kupfer, 5 Gew.-% Schwefelpulver und 25 Gew.-% Polyäthylenterephthalat
als Bindemittel. Der Quarzsand wird stromlos mit dem Kupfer beschichtet und anschließend
trocken zusammen mit dem PTFE-Pulver und dem Schwefelpulver mit einem feinkörnigen
Polyäthylenterephthalatgranulat gemischt und auf einer Spritzgießmaschine zu Formkörpern
verarbeitet. Die Formkörper eignen sich als lichtbogenlöschende Bauteile, insbesondere
Elektroden und Löschplatten oder Löschringe in Schaltgeräten und Sicherungen.
1. Zusammengesetztes Material mit lichtbogenlöschenden
Eigenschaften, welches in ein Bindemittel eingelagert
- ein elektrisch leitendes Metall, insbesondere Silber,
- ein unter Lichtbogeneinwirkung elektronegative Gase freisetzendes Pulver,
- und ein anorganisches, höher als das elektronegative Gase freisetzende Pulver schmelzendes
Pulver, insbesondere Siliziumoxid
enthält, dadurch gekennzeichnet, daß die Partikel von wenigstens einem Teil des unter
Lichtbogeneinwirkung elektronegative Gase freisetzenden Pulvers und/oder von wenigstens
einem Teil des anorganischen, höher als das elektronegative Gase freisetzende Pulver
schmelzenden Pulvers zumindest mit einem Teil des elektrisch leitenden Metalls beschichtet
sind.
2. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß das anorganische Pulver, welches mit einem elektrisch leitenden Metall beschichtet
ist, Quarzsand ist.
3. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß das anorganische Pulver, welches mit elektrisch leitendem Metall beschichtet ist,
ein Glaspulver, insbesondere ein kugeliges Glaspulver ist.
4. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß das anorganische Pulver, welches mit elektrisch leitendem Metall beschichtet ist,
Kalziumfluoridpulver ist.
5. Zusammengesetztes Material mit lichtbogenlöschenden
Eigenschaften, welches in ein Bindemittel eingelagert
- ein elektrisch leitendes Metall, insbesondere Silber,
- ein unter Lichtbogeneinwirkung elektronegative Gase freisetzendes Pulver,
- und ein anorganisches, höher als das elektronegative Gase freisetzende Pulver schmelzendes
Pulver, insbesondere Siliziumdioxid
enthält, dadurch gekennzeichnet, daß das elektrisch leitende Metall anisotrop in dem
Material verteilt ist.
6. Material nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet,
daß in ihm das elektrisch leitende Metall in Gestalt von Fasern vorliegt, welche eine
Vorzugsrichtung der Orientierung aufweisen.
7. Material nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet,
daß in ihm das elektrisch leitende Metall in Gestalt eines überwiegend schuppenförmigen
Pulvers vorliegt.
8. Material nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß in ihm das elektrisch leitende
Metall in Gestalt eines Gewebes vorliegt.