(19)
(11) EP 0 124 827 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.11.1984  Patentblatt  1984/46

(21) Anmeldenummer: 84104645.1

(22) Anmeldetag:  25.04.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3F23G 5/02, C10L 9/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 04.05.1983 DE 3316299

(71) Anmelder: Emmerichs, Gerhard, Dipl.-Ing.
D-82110 Germering (DE)

(72) Erfinder:
  • Emmerichs, Gerhard, Dipl.-Ing.
    D-82110 Germering (DE)

(74) Vertreter: Brauns, Hans-Adolf, Dr. rer. nat. et al
Hoffmann, Eitle & Partner Patentanwälte Postfach 81 04 20
81904 München
81904 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Verbrennen von Müll


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verbrennen von Müll, bei dem man durch Zumischung bestimmter Zuschlagsstoffe die Schademissionen, insbesondere SO2 und Cl2, ganz erheblich senken kann. Erfindungsgemäß wird dem Müll als Zuschlagsstoff

    a) Spezialkalk T, enthaltend Calciumcarbonat und hexagonalen Kohlenstoff sowie

    b) Rückstandsprodukte aus der Zuckerindustrie, ausgewählt aus

    i) sirupartiger Melasse.

    ii) Festsubstanz aus der Rübenreinigung sowie

    iii) Carboschlamm aus der Zuckerfertigung


    zugegeben und die Temperatur im Verbrennungsraum wird auf 850 bis 950°C eingestellt.
    Die Emissionswerte lassen sich um 80 bis 90 % verringern.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verbrennen von Müll. Sie betrifft insbesondere ein Verfahren zum Verbrennen von Müll, bei dem man durch geeignete Auswahl von bestimmten Zuschlagsstoffen eine Umweltverschmutzung durch chlorhaltige und schwefelsaure Abgase weitgehend vermeiden kann, ohne daß teure und aufwendige Vorrichtungen für eine Gaswäsche oder Abgasfilteranlagen erforderlich sind.

    [0002] Müll, d.h. sowohl Hausmüll als auch Industriemüll wird in großem Maße verbrannt. Dabei wird die Wärmeenergie des Mülls genutzt und es bleibt im wesentlichen eine Schlacke übrig, die man in geeigneten Deponien unterbringt.

    [0003] Von ausschlaggebender Bedeutung beim Betrieb einer Müllverbrennungsanlage sind die mit den Verbrennungsgasen an die Umwelt abgegebenen Emissionswerte..Die Verbrennungsgase enthalten in der Regel aus dem Müll und den die Verbrennung fördernden Brennstoffen, wie Kohle oder Schweröl stammende Verunreinigungen, insbesondere schädliches S02. Das in die Atmosphäre abgegebene Verbrennungsabgas verteilt sich in der Atmosphäre und wird durch Regen aufgenommen und kommt als sogenannter "Saurer Regen" auf die Erdoberfläche zurück.

    [0004] Der Schaden, der durch den sogenannten "Sauren Regen" erfolgt, insbesondere das allmähliche Absterben der Wälder, ist unermeßlich. Deshalb bestehen gesetzliche Vorschriften, durch welche die zulässigen Schadstoffemissionen von Müllverbrennungsanlagen festgelegt sind.

    [0005] Für Müllverbrennungsanlagen ist es ebenso bekannt wie für Großfeuerungsanlagen, daß man die Verbrennungsabgase, bevor sie an die Atmosphäre abgegeben werden, reinigt. Diese Abgase, die neben SO2, Chlor- und Fluorwasserstoffemissionen als Hauptbestandteile enthalten, müssen,bevor sie an die Atmosphäre abgegeben werden, durch entsprechende Einrichtungen gereinigt werden. Während ältere Müllverbrennungsanlagen keinerlei Vorkehr für die Reinigung der Abgase enthielten, sind in jüngerer Zeit erstellte Müllverbrennungsanlagen mit entsprechenden Gaswäschern und Staubfiltern ausgerüstet. Die Wirksamkeit einer Gaswäsche ist jedoch noch nicht voll befriedigende und um den gesetzlichen Anforderungen entsprechend niedrige Schadstoffemissionswerte zu erzielen, müssen gewaltige Investitionen vorgenommen werden. Ältere Müllverbrennungsanlagen müssen nachträgtlich mit entsprechenden Reinigungsvorrichtungen ausgerüstet werden.

    [0006] Es wäre sehr vorteilhaft, wenn man die Schadstoffemissionen von Müllverbrennungsanlagen durch geeignete Maßnahmen von vornherein so niedrig halten könnte, daß aufwendige Gaswaschanlagen vermieden werden können.

    [0007] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Müllverbrennung aufzuzeigen, bei dem man schon das Entstehen der gasförmigen Schadstoffe während der Verbrennung weitgehend unterdrückt. Verbunden mit dieser Aufgabe ist es, den zu verbrennenden Müll durch geeignete Zuschläge so zu modifizieren, daß bei Einhaltung gewisser Verbrennungsbedingungen die Entwicklung von gasförmigen Schadstoffen im Verbrennungsraum und die Abgabe von schadstoffhaltigen Emissionen an die Atmosphäre unterbunden wird.

    [0008] Diese Aufgabe wird durch das Verfahren der Erfindung gelöst.

    [0009] Der Erfindung liegt die Überlegung zugrunde, daß die Entwicklung der in Müllverbrennungsanlagen zwangsläufig entstehenden Schadstoffe schon im statu nascendi unterdrückt. Dadurch, daß man durch die Zusatzstoffe unter den Bedingungen, die im Verbrennungsraum vorherrschen, das Entstehen der Schadstoffe verhindert und diese in unschädlicher Form in der Schlacke gebunden anfallen, können aufwendige Gaswasch- und auch Entstaubungsanlagen entfallen.

    [0010] Als Zuschlagsstoffe werden gemäß der Erfindung folgende Komponenten verwendet:

    l. Spezialkalk T aus der chemischen Industrie. Dieser Spezialkalk enthält im wesentlichen Calciumcarbonat (etwa 85 %) sowie 9 bis 11 % hexagonalen Kohlenstoff. Ein solcher Graphit- und kalkhaltiger Spezialkalk fällt z. B. bei der Kalkstickstoffherstellung in großen Mengen an und mußte bisher auf die Halde geworfen werden (Komponente a)).

    2. Als zweite Komponente (Komponente b)) kommen Rückstandsprodukte aus der Zuckerindustrie zur Verwendung, nämlich

    i) sirupartige Melasse,

    ii) Festsubstanz aus der Rübenreinigung sowie

    iii) Carboschlamm aus der Zuckerfertigung.



    [0011] Die aus der Zuckerindustrie stammenden Rückstandsprodukte können einzeln oder in Kombination eingesetzt werden. Die Komponente ii) erhöht die Kristallisation der Schlacke und die Komponente iii) trägt zur Verbrennung bei.

    [0012] Auch diese Stoffe, die in der Zuckerindustrie anfallen, galten bisher als Abfallstoffe, die nicht oder nur schlecht verwertbar waren.

    [0013] Es ist es möglich den kalkhaltigen Bestandteil des Zuschlagsstoffs und den Rückstand aus der Zuckerindustrie vorzumischen und dann in geeigneten Mengen dem Verbrennungsmüll zuzuführen, oder aber die Komponenten werden einzeln dem Verbrennungsmüll zugegeben.

    [0014] Das Verhältnis von kalkhaltigem Zuschlagsstoff (Komponente a)) zu dem Rückstandsprodukt aus der Zuckerindustrie (Komponente b)) kann - je nach der Art der Müllzusammensetzung - in verhältnismäßig breitem Umfang variieren. Es liegt im allgemeinen bei etwa 30 bis 70 Gew.% der Komponente a) und 70 bis 30 Gew.% der Komponente b) und vorzugsweise bei etwa 45 Gew.% der Komponente a) und etwa 55 Gew.% der Komponente b).

    [0015] Je nach der Müllbeschaffenheit und auch in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Zuschlagsstoffe werden diese in Mengen von 5 bis 15, vorzugsweise etwa 6 bis 8 %, bezogen auf das Gewicht des Mülls, zugegeben.

    [0016] Die Zuführung der Zuschlagsstoffe erfolgt zweckmäßiger Weise bei der Müllaufgabe in den Mülltrichter. Der rieselförmige Zuschlagsstoff wird durch Aufblasen auf den Müll aufgebracht, wobei eine gute und gründliche und gleichmäßige Vermischung bzw. Benetzung der Mülloberfläche mit dem Zuschlag wichtig ist.

    [0017] Werden die Zuschlagsstoffe vorher schon miteinander vermischt, so kann das Vermischen in üblichen Mischanlagen, z. B. in Taumelmischern erfolgen. Übliche Betonmischer sind hierfür durchaus geeignet.

    [0018] Die Zuführung kann auch direkt durch eine Betonpumpe in den Müllaufgabetrichter der Verbrennungsanlage erfolgen. Dabei erfolgt durch die Förderbewegung im Mulltrichter eine in den meisten Fällen ausreichende Vermischung mit dem Verbrennungsmüll.

    [0019] Um das Entstehen der schädlichen Abgase schon im Verbrennungsraum zu unterbinden ist es erforderlich, die Temperatur im Verbrennungs- bzw. Feuerungsraum genau zu überwachen. Diese Temperatur muß zwischen 850 und 950°C liegen, um nach der chemischen Abbindung keine thermische Dissoziation zu bekommen. Vorzugsweise wird die Verbrennung bei etwa 900°C durchgeführt.

    [0020] Durch das erfindungsgemäße Verfahren, das einerseits in der Auswahl der dem Verbrennungsmüll zuzusetzenden Zuschläge und andererseits in der genauen Einhaltung der genauen Temperatur im Verbrennungsraum besteht, wird nicht nur wirksam die Schadstoffemission erheblich vermindert, sondern man erhält auch eine Schlakke, die abwassertechnisch problemlos ist. Durch den Zuschlag fällt die Schlacke kristallisiert an. Sie enthält eingeschlossen chemische Verbindungen des Schwefels sowie auch die Schwermetalle in gebundener Form. Die Schlacke kann problemlos deponiert werden. Sie ist aber auch bei entsprechender Aufarbeitung im Straßenbau oder in der Bauindustrie verwertbar.

    [0021] Erfindungsgemäß werden u. a. die folgenden Vorteile erzielt:

    1. Die Schadstoffemission von Müllverbrennungsanlagen kann erheblich vermindert werden.

    2. Die als Zuschläge verwendeten Komponenten sind Abfallprodukte der Industrie und können einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden.

    3. Die Korrosion in der Verbrennungsanlagen kann erheblich vermindert werden.

    4. Teure Gaswaschanlagen und andere Gasreinigungsvorrichtungen können vermieden werden oder deren Einsatz kann zusätzlich für eine weitere Verminderung der Schadstoffe erfolgen.

    5. Die Verbrennungsschlacke läßt sich gefahrlos deponieren oder kann nach entsprechender Verarbeitung im Straßenbau oder in der Bauindustrie verwendet werden.


    Beispiel:



    [0022] Ein Gemisch aus 90 Gew.% Hausmüll und 10 Gew.% Industriemüll (wobei der Industriemüll einen Anteil von 30 Gew.% Kunststoffen, einschließlich PVC enthielt) wurde kontinuierlich im Einfülltrichter vor dem Feuerraum mit

    10 Gew.% Zuschlagsstoffen aus

    45 Gew.% Spezialkalk T (85 % Calciumcar- bonat und 10 % hexagonaler Kohlenstoff)

    35 Gew.% Carboschlamm

    15 Gew.% Festsubstanz aus der Rübenreinigung

    5 Gew.% Melasse


    vermischt. Zusammen mit einem Schweröl wurde das Gemisch im Feuerraum der Verbrennungsanlage verbrannt, wobei die Temperatur auf 850°C eingestellt wurde. Ohne Zugabe der Zuschlagsstoffe ergab sich beim Verbrennen des Mülls eine Anfangsemission of 1.700 mg Cl/m und 400 mg SO2/m3. Nach mehrstündigem konstantem Betrieb ergab sich bereits nach ca. einer Stunde eine Verringerung der Emissionswerte um 80 bis 90 %. Die Emissionswerte stellten sich auf 180 bis 230 mg Cl/m3 und 75 mg SO2/m3 ein. Die Schlacke zeigte beim Abkühlen eine kristalline Struktur. Alle Schwermetalle sind der Schlacke eingebaut und die Eluate sind abwassertechnisch problemlos.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Verbrennen von Mull, bei dem man Haus- und/oder Industriemüll unter Zusatz von die Verbrennung fördernden Brennstoffen verbrennt, dadurch gekennzeichnet , daß man zusützlich vor dem Einführen des zu verbrennenden Mülls und der die Verbrennung fördernden Brennstoffe dem Müll

    a) Spezialkalk T, enthaltend Calciumcarbonat und hexagonalen Kohlenstoff sowie

    b) Rückstandsprodukte aus der Zuckerindustrie, ausgewählt aus

    i) sirupartiger Melasse,

    ii) Festsubstanz aus der Rübenreinigung sowie

    iii) Carboschlamm aus der Zuckerfertigung


    zusetzt, und daß man die Temperatur im Verbrennungsraum auf 850 bis 950°C hält.
     
    2. Verfahren gemäß Anspruch l, dadurch gekennzeichnet , daß das Verhältnis der Komponente a) zur Komponente b) 30:70 bis 70:3o beträgt.
     
    3. Verfahren gemäß den vorhergehenden Ansprüchen, dadurch gekennzeichnet , daß die Kom- ponenten a) und b) insgesamt in Mengen von 5 bis 15, vorzugsweise 6 bis 8 %, bezogen auf das Gewicht des Mülls, zugegeben werden.
     
    4. Verfahren gemäß den vorhergehenden Ansprüchen, dadurch gekennzeichnet, daß die Komponenten a) und b) in vorgemischter Form dem Verbrennungsmüll zugegeben werden.
     
    5. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß man die Komponenten a) und b) getrennt in den Verbrennungsmüll einmischt.