(19)
(11) EP 0 128 383 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.12.1984  Patentblatt  1984/51

(21) Anmeldenummer: 84105503.1

(22) Anmeldetag:  15.05.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C23C 10/02, C23C 10/28, C23C 10/60
(84) Benannte Vertragsstaaten:
FR GB IT SE

(30) Priorität: 11.06.1983 DE 3321231

(71) Anmelder: MTU MOTOREN- UND TURBINEN-UNION MÜNCHEN GMBH
D-80976 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Thoma, Martin, Dr. rer. nat.
    D-8000 München 40 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Verschleissschutzschichten auf Oberflächen von Bauteilen aus Titan oder Titanbasislegierungen


    (57) Verfahren zur Herstellung von Verschleißschutzschichten auf Oberflächen von Bauteilen aus Titan oder Titanbasislegierungen durch Bildung einer Diffusionszone aus intermetallischen Ti-Ni-Phasen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von Verschleißschutzschichten auf Oberflächen von Bauteilen aus Titan oder Titanbasislegierungen.

    [0002] Aufgrund der relativ geringen Verschleißbeständigkeit von Titanwerkstoffen ist es seit geraumer Zeit bekannt, diese mit Oberflächenschutzschichten zu versehen. Es sind chemische und elektrochemische Verfahren zur Beschichtung von Titanwerkstoffen bekannt geworden. So ist es z. B. aus der Druckschrift MTU-Berichte 83/37 der MTU MOTOREN- UND TURBINEN-UNION MÜNCHEN GMBH durch einen Aufsatz von M. Thoma mit dem Titel "Oberflächentechnik von Titan" bekannt, Beschichtungswerkstoffe aus galvanischen Bädern auf der Oberfläche von Titanwerkstoffen abzuscheiden. Es hat sich gezeigt, daß mit diesen Verfahren im allgemeinen haftfeste Schutzschichten erzielt werden können, daß aber bei erhöhter mechanischer oder thermischer Beanspruchung der so beschichteten Bauteile noch größere Haftfestigkeit der Verschleißschutzschichten wünschenswert wäre.

    [0003] Aus der Zeitschrift "12th Annual Airlines Plating Forum* 1976, Seite 5, wird in einem Beitrag von dem Autor Jennings ein Verfahren beschrieben, bei dem eine Nickelbeschichtung auf einem Titanbauteil aufgebracht wird und die Haftfestigkeit dieser Nickelbeschichtung durch eine Diffusionswärmebehandlung bei 480 °C erhöht wird. Abgesehen davon, daß Nickel als Verschleißschutzschicht weniger geeignet ist, zeigt sich, daß die Haftfestigkeit unter manchen Betriebsbedingungen noch nicht ausreichend ist und die Nickelschicht sich ganz oder teilweise löst.

    [0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren anzugeben, mit dem eine Verschleißschutzschicht erzeugbar ist, die besonders hohe Widerstandsfähigkeit gegen Reibung und Erosion aufweist und die auch unter extremen Betriebsbedingungen ihre innige Verbindung mit dem Titanwerkstoff beibehält.

    [0005] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß auf der Bauteiloberfläche haftfest eine metallische Nickelschicht aufgebracht wird, danach das Bauteil in Luft oder im Vakuum einer solchen Wärmebehandlung unterzogen wird, daß sich zwischen dem Titangrundwerkstoff einerseits und der Nickelschicht andererseits Diffusionsschichten aus Ti2Ni und TiNi 3 ausbilden und danach die noch vorhandene Nickelschicht entfernt wird. Der wesentliche Gedanke der Erfindung besteht also darin, daß die Nickelbeschichtung nur dazu benutzt wird, Diffusionsschichten mit dem Titangrundwerkstoff zu bilden und danach selbst wieder abgearbeitet wird, so daß das Problem der Haftfestigkeit der Nickelschicht keine Rolle mehr spielt. Hierin liegt ein erheblicher Vorteil des Verfahrens gegenüber herkömmlichen Beschichtungsverfahren, da die Verschleißschutzschichten, nämlich die intermetallischen Phasen Ti2Ni und TiNi3 homogen mit dem Titangrundwerkstoff verbunden sind. Die TiNi3 -Schicht, die nach Abtragen der Nickelrestschicht die Deckschicht bildet, weist dabei extrem hohe Verschleißfestigkeit auf, da sie Härtegrade im Bereich von 1000 HV erreicht. Wegen der damit verbundenen Sprödigkeit eignet sich ein Bauteil mit einer TiNi3-Deckschicht besonders bei statischer Betriebsweise.

    [0006] Sollen Bauteile mit Verschleißschutzschichten versehen werden, die rotierend und/oder schwingend belastet sind, so soll gemäß weiterer Ausbildung der Erfindung zusätzlich zur Nickelrestschicht auch die TiNi3-Sehicht abgetragen werden, so daß als Deckschicht die Ti2Ni-Schicht verbleibt. Auch die Härte dieser Schicht ist noch beachtlich und beträgt etwa 600 HV; sie ist jedoch in höherem Maß duktil als die TiNi3-Schicht.

    [0007] Weitere verfahrenstechnische Vorteile der Erfindung sind darin zu sehen, daß die Diffusionsgeschwindigkeit des Nickels in Titan außergewöhnlich hoch ist und demzufolge die Wärmebehandlung bei geringen Schichtdicken nur kurze Zeit in Anspruch nimmt. Ein weiterer Vorteil des erfindungs- gemäßen Verfahrens besteht schließlich darin, daß sich die Diffusionsschichten sehr einheitlich über die gesamte Oberfläche des Titanbauteils ausbilden und zwar sowohl bezüglich der Dickenverteilung als auch bezüglich der Zusammensetzung. Insoweit ist das erfindungsgemäße Verfahren für Serienproduktion geeignet, da in hohem Maß Reproduzierbarkeit gegeben ist.

    [0008] Vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Ver- fahren nach den Patentansprüchen 1 und 2 und besonders günstige Verfahrensparameter sind in den Patentansprüchen 3 bis 9 aufgezeigt.

    [0009] So ist es vorteilhaft, zur Erzielung der gewünschten Haftfestigkeit der metallischen Nickelschicht auf den Titangrundwerkstoff nach den Patentansprüchen 3 und 4 zu verfahren bzw. das in der DE-OS 31 33 189 beschriebene Aktivierungsverfahren anzuwenden. Je nach gewünschter Dicke der sich ausbildenden Verschleißschutzschichten auf der Oberfläche des Titanbauteils ist das metallische Nickel in einer Schichtdicke von 5 bis 50 µm aufzutragen. Die Nickelschicht kann elektrolytisch oder chemisch auf dem Titanbauteil abgeschieden werden. Die elektrolytische Abscheidung erfolgt dabei vorzugsweise aus einem galvanischen Bad mit Nickelsulfamat.

    [0010] Eine chemische Abscheidung der Nickelschicht erfolgt vorzugsweise durch Reaktion der Titanoberfläche mit einem Bad aus Nickelsalz, einem Komplexbildner und einem chemisch reduktiven Mittel, wie Hypophosphit.

    [0011] Die Wärmebehandlung zur Herbeiführung der Diffusionsschichten erfolgt vorzugsweise bei Temperaturen von 400 bis 950 °C und einer Dauer von 30 Minuten bis 300 Stunden, wobei hohe Temperaturen bei geringer Dauer und umgekehrt angewendet werden. Temperatur und Zeit bestimmen die Schichtdicke der sich ausbildenden Diffusionszonen.

    [0012] Die Schichtenfolge von außen nach innen ist dabei:

    Nickel, TiNi3, Ti2Ni, Titan bzw. Titanwerkstoff. Bei einer Wärmebehandlung von 600 °C und 8 Stunden Dauer bilden sich z. B. beide Diffusionszonen TiNi3 und Ti2Ni in einer Schichtdicke von je ca. 4 um aus. Die Härte der so erzeugten Diffusionsschichten unterscheidet sich sehr wesentlich von den Ausgangswerkstoffen Nickel einerseits und Titan andererseits, was sich aus folgender Härtetabelle ergibt: Nickel 140 HV TiNi3 1000 HV Ti2Ni 600 HV TiA16V4 240 HV.



    [0013] Vorteilhaft ist es, wenn das Entfernen der Nickeldeckschicht oder der Nickeldeckschicht und der TiNi3-Schicht chemisch durch Einwirkung von HNO3 oder durch eine Nitroaromatlösung (cyanidisch) bei Temperaturen zwischen 10 und 60 °C erfolgt. Dabei liegen die Abziehzeiten je nach der Restschichtdicke des Nickels der Konzentration des Abziehbades und der Badtemperatur zwischen 15 Minuten und 2 Stunden.


    Ansprüche

    Verfahren zur Herstellung von Verschleißschutzschichten auf Oberflächen von Bauteilen aus Titan oder Titanbasislegierungen, durch Aufbringen einer auf der Bauteiloberfläche haftenden metallischen Nickelschicht und anschließende Wärmebehandlung, dadurch gekennzeichnet, daß das beschichtete Bauteil in Luft oder im Vakuum einer solchen Wärmebehandlung unterzogen wird, daß sich zwischen dem Titangrundwerkstoff einerseits und der Nickelschicht andererseits Diffusionsschichten aus Ti2Ni und TiNi3 ausbilden und danach die noch vorhandene Nickelschicht entfernt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich zur Nickelschicht die TiNi3-Schicht entfernt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß zur Erzielung der gewünschten Haftfestigkeit zwischen der metallischen Nickelschicht und dem Grundwerkstoff vor dem Aufbringen der Nickelschicht die Oberfläche durch abtragende Verfahren, wie Ätzen und Aktivieren behandelt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Ätzen, wie an sich bekannt, in einer Salpetersäure-Flußsäure-Lösung, das Aktivieren in einem Bad aus Chromsäure, Flußsäure und Hexafluor-Kieselsäure erfolgt.
     
    5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das metallische Nickel in einer Schichtdicke von 5 bis 50 µm aufgetragen wird.
     
    6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Nickelschicht elektrolytisch, z. B. aus einem galvanischen Bad mit Nickel-Sulfamat abgeschieden wird.
     
    7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Nickelschicht chemisch abgeschieden wird, z. B. durch Reaktion der Titanoberfläche mit einem Bad aus Ni-Salz, einem Komplexbildner und einem chemisch reduktivem Mittel wie Hypophosphit.
     
    8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bi 7, dadurch gekennzeichnet,. daß die Wärmebehandlung bei Temperaturen von 400 bis 950 °C und einer Dauer von 30 Minuten bis 300 Stunden erfolgt, wobei hohe Temperaturen bei geringer Dauer und umgekehrt angewendet werden.
     
    9. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Entfernen der Nickeldeckschicht oder der Nickeldeckschicht und der TiNi3-Schicht chemisch durch Einwirkung von HN03 oder einer cyanidischen Nitroaromatlösung bei Temperaturen zwischen 10 und 60 °C erfolgt.
     





    Recherchenbericht