[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ausbringen und Verteilen
elektrisch leitfähiger Flüssigkeiten mit einem spezifischen Widerstand <10
4Ω.m, insbesondere von wäßrigen Pflanzenschutzmittellösungen.
[0002] Das Versprühen von Flüssigkeiten, insbesondere von Lösungen oder Dispersionen unter
Einwirkung elektrischer Felder ist aus verschiedenen Gebieten der Technik bekannt.
Als Beispiele seien die Beschichtung mit Lacken in der Autoindustrie und die großflächige
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft genannt. Pflanzenschutzpräparate
werden in bekannter Weise als Dispersionen in Wasser in Form von Suspensionen oder
Emulsionen unter Anwendung von Düsen oder Rotationszerstäubern über den zu behandelnden
Pflanzenbeständen versprüht und mit mehr oder weniger gutem Erfolg auf den Blättern
der Pflanzen, hauptsächlich an der Oberseite der freistehenden Blätter niedergeschlagen.
[0003] Damit die Pflanzenschutzmittel optimal wirksam werden können, ist es jedoch notwendig,
daß auch die Unterseite der Blätter und die Stengel von dem versprühten Präparat getroffen
werden. Beim Versprühen im Freien wird häufig ein Teil des Sprühnebels durch den Wind
abgetrieben und zu anderen Pflanzen getragen, die nicht behandelt werden sollen. Ferner
geht ein großer Teil durch Absinken zum Erdboden oder durch Abtrift verloren. Aus
diesem Grund wurde ein Verfahren angegeben, bei dem das gelöste Präparat an einer
hochspannungführenden Elektrode elektrostatisch zerstäubt wird, wobei die entstehenden,
sehr feinen Aerosoltröpfchen unipolar hoch aufgeladen sind. Mit diesem Verfahren kann
die Flüssigkeit auf geerdeten Objekten wirkungsvoller abgeschieden werden, da die
Pflanzen als Gegenelektrode zur Zerstäubungselektrode die geladenen Tröpfchen anziehen.
Das Verfahren hat jedoch den Nachteil, daß nur organische Flüssigkeiten, deren spezifischer
elektrischer Widerstand in einem bestimmten Bereich liegt (ca. 10
4Ω.m bis 10
7Ω.m), elektrostatisch zerstäubt und abgeschieden werden können. Insbesondere können
wäßrige Lösungen wegen der zu hohen Oberflächenspannung und wegen des zu niedrigen
spezifischen Widerstandes (g~ = 5,73i.m) nicht verarbeitet werden.
[0004] Ein weiterer Nachteil besteht darin, daß die hochgeladenen, sehr feinen Tröpfchen
vor allem bei dichten Pflanzenbeständen nur an den außenliegenden Teilen der Pflanzen
abgeschieden werden, nicht aber in die elektrisch abgeschirmten inneren Teile der
Bestände eindringen. Ferner läßt sich die Aufladungshöhe der Tropfen nicht auf einfache
Weise steuern, da nur eine hohe Aufladung der Flüssigkeit am Rande der Sprühelektrode
den Zerstäubungseffekt einleitet. Bei der Reduzierung der Elektrodenspannung geht
lediglich der Zerstäubungsvorgang in ein Abtropfen der Flüssigkeit über.
[0005] Aus praktischen Erfahrungen beim Aufbringen von Pflanzenschutzmitteln ergeben sich
folgende Anforderungen:
1. Wäßrige, nicht brennbare Formulierungen sind organischen Flüssigkeiten vorzuziehen.
2. Die Tropfengrößen sollen im Bereich von 100 - 250 µm liegen.
3. Die Eindringtiefe der Flüssigkeitstropfen in den Pflanzenbestand soll einstellbar
sein. Unter der "Eindringtiefe" wird dabei der Bereich verstanden, der beim Sprühvorgang
von oben her gesehen; d.h. von der Spitze der Pflanze aus, erfaßt wird. Die Eindringtiefe
könnte z.B. durch Veränderung der Tropfengröße oder durch Veränderung der Tropfenladung
variiert werden. Schwere, ungeladene Tropfen fallen auf dem kürzesten Wege zu Boden.
Dagegen werden leichte, hochgeladende Tröpfchen aus der Flugbahn des freien Falles
am stärksten abgelenkt und von den am weitesten hervorstehenden Teilen der Pflanzen
angezogen. Beide Extremfälle sind unerwünscht. Angestrebt wird vielmehr ein Verfahren,
daß die gezielte Einstellung des Verhältnisses von Tropfenladung zu Tropfenmasse ermöglicht,
da auf diese Weise die Zonen zwischen den obersten und den untersten Schichten der
Bestände erfaßt werden können.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur großflächigen Verteilung
von wäßrigen Flüssigkeiten und die dazu notwendige Vorrichtung zu entwickeln, wobei
die obengenannten Bedingungen erfüllt werden.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man die Flüssigkeit mit einer
so geringen Strömungsgeschwindigkeit aus einer Düse oder Kapillare austreten läßt,
daß sie unmittelbar hinter der Düse bzw. Kapillare einen zusammenhängenden Flüssigkeitsfaden
bildet, der anschließend in einzelne Tropfen zerfällt und daß durch Anlegen einer
elektrischen Spannung an den Flüssigkeitsfaden, mindestens 500 V gegenüber Erde, die
Tropfengröße stabilisiert und ein Sprüh- bzw. Regenkegel erzeugt wird, dessen öffnungswinkel
von der Höhe der Spannung abhängt.
[0008] Vorzugsweise stellt man die Strömungsgeschwindigkeit unter Berücksichtigung der Abmessungen
der Düse bzw. der Kapillare über den Betriebsdruck so ein, daß die Länge des zusammenhängenden
Flüssigkeitsfadens hinter der Austrittsöffnung 2 bis 100 mm, vorzugsweise 5-20 mm,
beträgt. Praktisch erreicht man dies für eine wenige Millimeter lange Kapillare bei
einem Flüssigkeitsdruck von 0,1 bis 10 bar, vorzugsweise 1 bis 3 bar.
[0009] Es wurde gefunden, daß man die Eindringtiefe der Tröpfchen bei dichten Pflanzenbeständen
durch Veränderung des Flüssigkeitsdruckes steuern kann.
[0010] Die Vorrichtung zur Durchführung des Sprühverfahrens ist gekennzeichnet durch eine
Vielzahl von strömungstechnisch parallel geschalteten Düsenelementen, die aus Kapillaren
bestehen, wobei jede der Kapillaren von einem konzentrischen Schutzmantel umgeben
ist, der sich auf dem gleichen elektrischen Potential befindet wie die Kapillaren,
sowie durch einen Hochspannungsgenerator, dessen hochspannungsseitiger Ausgang mit
der durch die Kapillaren strömenden Flüssigkeit leitend verbunden ist. Dabei ist der
Schutzmantel einseitig durch eine Bodenplatte abgeschlossen und bildet einen Topf,
dessen Boden von der Kapillare durchbrochen wird. Die zu verteilende Flüssigkeit wird
von einem mit der Kapillare verbundenen Vorratsbehälter geliefert. Die Sprühstelle,
d.h. das Ende der Kapillare befindet sich innerhalb des Topfes. Der zur Aufrechterhaltung
der Strömung notwendige Vordruck wird mit einer Pumpe erzeugt, die den Vorratsbehälter
auf überdruck hält.
[0011] Die gesamte Vorrichtung läßt sich raumsparend aufbauen. Insbesondere kann ein tragbares
Sprühgerät realisiert werden, das nach diesem Prinzip arbeitet. Dementsprechend besteht
eine Weiterentwicklung der Erfindung darin, daß ein Träger vorgesehen ist, an dem
die Düsenelemente angeordnet sind und der Träger an einer stabförmigen Halterung angebracht
ist, die einen batteriebetriebenen Hochspannungsgenerator, eine Luftpumpe zur Erzeugung
des Vordruckes an den Kapillaren und einen Vorratsbehälter für die zu verteilende
Flüssigkeit enthält.
[0012] Spezielle Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen
beschrieben.
[0013] Mit der Erfindung werden folgende Vorteile erzielt:
a) Es wurde gefunden, daß sich mit dem neuen Verfahren wäßrige Lösungen, ebenso wie
Salzlösungen sowie wäßrige Suspensionen und Emulsionen problemlos versprühen und auf
Zielobjekten niederschlagen. Derartige Flüssigkeiten können bekanntlich auf rein elektrostatischem
Wege nicht zerstäubt werden.
b) Die Tropfenaufladung oder das Ladung/Masseverhältnis der Tropfen ist durch die
Höhe der angelegten Spannung bestimmt und kann in weiten Grenzen eingestellt werden.
Damit ergibt sich die Möglichkeit, die Sprühcharakteristik über die elektrische Spannung
zu steuern. Dieser Vorteil, der für die Anwendung von Pflanzenschutzformulierungen
von großer Wichtigkeit ist, kann bei den bekannten rein elektrostatischen Verfahren
für die Zerstäubung von Flüssigkeiten ebenfalls nicht erreicht werden.
c) Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß nur relativ niedrige Flüssigkeitsdrucke
erforderlich sind. Der notwendige Vordruck kann mit Hilfe von Pumpen einfacher Bauart
erzeugt werden.
d) Das erfindungsgemäße Verfahren kann mit geringem apparativem Aufwand verwirklicht
werden. Insbesondere kann die Vorrichtung so kompakt und raumsparend aufgebaut werden,
daß nunmehr tragbare, leicht zu bedienende Sprühgeräte für wäßrige Pflanzentschutzformulierungen
zur Verfügung stehen.
e) Da bei dem Verfahren nur relativ große Tropfen mit einem engen Tropfengrößenspektrum
entstehen, werden gesundheitsschädliche Aerosole bzw. Nebel (Personengefährdung durch
Einatmen) vermieden.
[0014] Bevor die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und. Zeichnungen näher beschrieben
wird, soll im folgenden das Prinzip und die physikalischen Grundbedingungen des neuen
Verfahrens genauer erläutert werden. Es zeigen
Fig. 1 den Zerfall eines Flüssigkeitsfadens in Tropfen nach dem Austritt aus einer
Kapillare;
Fig. 2 die Erzeugung eines Regenkegels durch Anlegen einer elektrischen Spannung an
den Flüssigkeitsfaden;
Fig. 3a,b die Steuerung der Eindringtiefe des Regenkegels bei der Behandlung von Pflanzenbeständen;
Fig. 4a,b die Steuerung der Eindringtiefe des Regenkegels durch Änderung der Richtung;
Fig. 5a,b eine Möglichkeit zur Erhöhung der Raumladungsdichte am Zielort durch mehrere
gerichtete Regenkegel;
Fig. 6 schematisch ein komplettes tragbares Verteilgerät;
Fig. 7 den bei der Vorrichtung gemäß Fig. 6 verwendeten Träger mit Düsenelementen
und
Fig. 8 ein einzelnes Düsenelement.
[0015] Bekanntlich zerfällt ein mit geringer Geschwindigkeit aus einer einfachen Lochdüse
oder Kapillare austretender Wasserstrahl in definierter Weise in Tropfen bestimmter
Größe. Der an der Austrittsstelle noch zusammenhängende glatte Strahlteil bzw. Flüssigkeitsfaden
zeigt nach einer kurzen Anfangsstrecke periodisch wiederkehrende Einschnürungen, die
sich mit größer werdendem Abstand von der Austrittsöffnung vertiefen, bis es schließlich
zur Abtrennung einzelner Tropfen kommt, deren Durchmesser in direktem Zusammenhang
mit dem Durchmesser des zusammenhängenden Strahlteils steht. Dieser Vorgang ist in
Fig. 1 dargestellt. Aus der Kapillare 1 mit dem Durchmesser 100 µm wird ein Flüssigkeitsstrahl
2 (z.B. Wasser) mit einer Geschwindigkeit V = 6 m/Sek. ausgestoßen, dessen Form zunächst
auf einer Strecke von einigen cm Länge zylindrisch bleibt, danach aber an der Oberfläche
Einschnürungen 3 zeigt, die sich in gleichen Abständen wiederholen und dabei weiter
vertiefen, bis sich schließlich einzelne Tropfen 4 von dem Strahl ablösen.
[0016] Die untere Bereichsgrenze für die Geschwindigkeit der ausströmenden Flüssigkeit ist
dann erreicht, wenn sich an der Austrittsöffnung kein zusammenhängender Flüssigkeitsfaden
mehr ausbildet, sondern die Flüssigkeit abtropft. Die obere Grenze für die Austrittsgeschwindigkeit
der Flüssigkeit ist dann gegeben, wenn die Laminarströmung in eine turbulente übergeht
und der Zerfall in Tropfen gleicher Größe durch einen Zerstäubungsvorgang ersetzt
wird, wobei eine breite Streuung der Tropfengrößen eintritt. Der hier beschriebene
Zerfall eines Flüssigkeitsfadens in Tropfen wird als "natürlicher Strahlzerfall" bezeichnet.
[0017] Der Durchmesser d der Tropfen 4 beim natürlichen Strahlzerfall läßt sich aus dem
Strahldurchmesser D und dem Abstand der Einschnürungen bzw. der Zerfallswellenlänge
λ nach folgender Formel berechnen:

In der Praxis kann für die Wellenlänge λ = 4,5
D gesetzt werden. Neben den Tropfen 4 mit dem rechnerisch zu ermittelnden Durchmesser
d entstehen zusätzlich mit einem sehr kleinen Volumenanteil sekundäre Satellitentröpfchen
5, deren Durchmesser d
s z..B. bei d
s = 0,2 d liegt. Verfolgt man die so erzeugten Tropfen auf ihrer Flugbahn, z.B. über
die Flugstrecke von 1 m, so stellt man fest, daß ein großer Teil der Tropfen durch
Rekombination in größere Tropfen 6 und 7 umgewandelt wird. Anstelle der erwarteten
Tropfengrößen d = 189 µm, ergeben sich Tropfen, deren Größe im Bereich von 190 bis
800 µm, d.h. weit außerhalb des gewünschten Bereiches liegt. Der Vorgang der Rekombination
der Tropfen auf dem Flugwege kann photographisch nachgewiesen werden.
[0018] überraschenderweise wurde gefunden, daß man die Rekombination zu größeren Tropfen
verhindern kann, wenn an den zusammenhängenden Teil des elektrisch leitfähigen Flüssigkeitsfadens
eine elektrische Spannung gegenüber Erde angelegt wird. Die Tropfen bleiben dann in
ihrer Originalgröße erhalten und erreichen unverändert den Auffänger, auch wenn dieser
weit entfernt ist. Darüber hinaus entsteht ein weit geöffneter Kegel (Regenkegel)
aus elektrisch geladenen Tröpfchen besteht, die sich gezielt auf geerdeten Objekten
abscheiden lassen. Dieser Vorgang ist in Fig. 2 dargestellt. Die Strömungsbedingungen
sind die gleichen wie bei dem Strahlzerfall gemäß Fig. 1, jedoch mit einer elektrischen
Spannung von 10 kV gegenüber Erde, die an den zusammenhängenden Flüssigkeitsfaden
2 angelegt wird. Die Kapillare 1 besteht aus elektrisch leitfähigem Material, z.B.
Metall, und hat ein Verhältnis von Länge zu Durchmesser von ca. 50 : 1. Der Flüssigkeitsdruck
an der Kapillare wird auf Werte von 0,1 bis 10 bar, vorzugsweise im Bereich von 1
bis 3 bar eingestellt. Unter diesen Bedingungen ergibt sich an der Kapillare ein zusammenhängender
Flüssigkeitsfaden mit einer Länge von 2 bis 100 mm, vorzugsweise 5 bis 20 mm. Anstelle
von Kapillaren können für die Strahlerzeugung auch einfache Lochdüsen verwendet werden,
deren Lochdurchmesser im Bereich von 50 um bis 500 µm, vorzugsweise zwischen 100 µm
und 200 µm, liegt. Das Verhältnis zwischen Länge und Weite der Lochdüse beträgt dabei
z.B. 3:1.
[0019] Die Hochspannung im Bereich von 10 bis 50 kV, die von dem Hochspannungsgerät 8 geliefert
wird, wird über die Kapillare 1 an den zusammenhängenden Flüssigkeitsfaden 2 angelegt.
Durch die Spannung und das dadurch hervorgerufene elektrische Feld wird an der Oberfläche
des leitfähigen Flüssigkeitsfadens eine elektrische Ladung hoher Dichte influenziert,
wobei die höchste Dichte der Oberflächenladung am Ende des Flüssigkeitsfadens, etwa
an der Stelle 9 auftritt. Die sich ablösenden Tropfen 4 und 5 übernehmen dabei einen
Teil dieser Oberflächenladung. Eine wesentliche Rolle spielt dabei, daß es sich um
eine leitfähige Flüssigkeit handelt, deren spezifischer Widerstand <10
4Ω.m ist. Nach unten ist dem Widerstand keine Grenze gesetzt. Die Flüssigkeit kann
beliebig gut leitfähig sein.
[0020] Zum Unterschied von der Flugbahn der ungeladenen Tropfen im ersten Abschnitt nach
Fig. 1, die nur wenig von der ursprünglichen Strahlrichtung abweicht, zeigen die elektrisch
geladenen Tropfen gemäß Fig. 2 deutlich auseinanderstrebende Flugbahnen. Die leichten
Satellitentropfen 5 verlassen unmittelbar nach der Entstehung die Hauptflugbahn und
bewegen sich dann auf den nächsten, geerdeten Körper in der Umgebung hin. Die aus
der Hauptmenge der ausströmenden Flüssigkeit gebildeten normalen Tropfen lösen sich
später aus der Reihe und vergrößern ihren gegenseitigen Abstand. Dies führt zur Ausbildung
des oben erwähnten Regenkegels 10 mit dem öffnungswinkel cG. Die Tropfen bleiben auch
über Flugstrecken von 1 m Länge und mehr in ihrer Originalgröße erhalten. Die Wirkung
des elektrischen Feldes beruht also auf zwei Effekten, nämlich der Verhinderung der
Rekombination zu größeren Tropfen und die Ausbildung eines Kegels aufgrund der elektrostatischen
Abstoßung. Die Änderung der Polarität der Ladung ist ohne Auswirkung auf diese Effekte.
Je nach der Höhe der im zugelassenen Bereich möglichen Ausstoßgeschwindigkeit an der
Kapillare (Flüssigkeitsdruck), nach der Strahldicke und der elektrischen Spannung
läßt sich der öffnungswinkel des Regenkegels klein oder groß einstellen. Damit ist
die Möglichkeit für eine zielgerichtete Abscheidung der Tröpfchen gegeben. Durch die
Einstellung der Richtung kann beispielsweise ein Pflanzenbestand entweder flach angesprüht
werden, wobei die geladenen Tröpfchen bevorzugt die oberen Pflanzenteile erreichen,
oder er wird steil angesprüht; dann werden die Tröpfchen erst in den tiefer liegenden
Teilen des Bestandes zur Abscheidung gebracht. Die Eindringtiefe der Tröpfchen kann
also den jeweiligen Anforderungen der Pflanzenbestände angepaßt werden.
[0021] In Fig. 3a,b wird gezeigt, wie durch Veränderung des Flüssigkeitsdruckes in der Düse
und der damit verbundenen Strahlaustrittsgeschwindigkeit die Eindringtiefe der Tropfen
in dichte Pflanzenbestände gesteuert werden kann. Im Teilbild a wird Wasser aus einer
Düse 9 mit der lichten Weite d = 100 µm bei einem Druck von P
1 = 0,6 bar mit einer mittleren Ausspritzgeschwindigkeit V
1 = 5,6 m/s ausgestoßen. Der Strahl liegt an einer Spannung von -15 kV, die durch das
Hochspannungsgerät 10 aufrechterhalten wird. Unterhalb der Düse befinden sich zwei
Pflanzen 11 und 12 eines größeren Pflanzenbestandes. Die Höhe der Pflanzen beträgt
0,5 m. Der Abstand von der Pflanzenspitze bis zur Düse beträgt 0,3 m. Der Regenkegel
13 öffnet sich oberhalb der Pflanzen 11 und 12. Die Tropfen werden bei der geringen
kinetischen Energie des Flüssigkeitsfadens durch die Luftreibung schnell abgebremst
und durch Coulomb'sche Kräfte in den oberen Teilen der Pflanzen 11 und 12 quantitativ
zur Abscheidung gebracht. Im Teilbild b wird bei gleicher Spannung, jedoch mit dem
Druck von 3 bar und der Austrittsgeschwindigkeit V
2 K 16,8 m/s aus der Düse 14 gesprüht. Die wirksame Abbremsung der Tropfenbewegung erfolgt
hier erst im unteren Teil der Pflanzen 15 und 16, wonach die elektrostatischen Anziehungskräfte
überwiegen und die Tropfen in diesem Bereich zur Abscheidung bringen. Der Kegel 17
ist weniger weit geöffnet als der Kegel 13. In beiden Fällen (a und b) bleibt die
Tropfengröße und die Aufladung nahezu gleich, so daß die Tendenz zur gezielten Abscheidung
nach dem Abbremsen der Fallgeschwindigkeit erhalten bleibt.
[0022] Gemäß Fig. 4a ist die Düse bzw. die Kapillare 18 über dem Pflanzenbestand 19 so angeordnet,
daß der austretende Flüssigkeitsfaden zunächst horizontal verläuft. Der Hochspannungsgenerator
ist hier weggelassen. Der erzeugte Regenkegel wird durch den Luftwiderstand abgebremst
und schlägt sich dann mit geringerer Geschwindigkeit in den oberen Teilen der Pflanzen
des Bestandes 19 nieder, so daß nur eine geringe Eindringtiefe erzielt wird. Gemäß
Fig. 4b ist die Strahlrichtung um 90° gegen die erste Stellung gedreht; d.h. die Kapillare
21 ist hier vertikal angeordnet. Die Hochspannungsquelle ist, wie in Fig. 4a, nicht
eingezeichnet. Der Regenkegel fällt aus der Kapillare 21 in den Pflanzenbestand 22
mit höherer Geschwindigkeit als wie bei der Anordnung nach Fig. 4a, da die Schwerkraft
in der gleichen Richtung wirkt. Daraus resultiert eine größere Eindringtiefe. Der
Niederschlag erfolgt dann bevorzugt in den unteren Teilen der einzelnen Pflanzen.
Es leuchtet ein, daß man mit anderen Stellungen der Düsen zwischen diesen beiden Extremlagen
18 und 21 die Eindringtiefe beliebig variieren kann. Man hat es also in der Hand,
die Eindringtiefe des
Regenkegels in dichte Pflanzenbestände durch Änderung der Ausstoßrichtung der Flüssigkeit
zu steuern. Bewegt man eine Reihenordnung solcher Düsen parallel zum Boden über ein
Feld (gezeichnete Pfeile), so können großflächige Pflanzungen besprüht werden.
[0023] Durch gleichzeitige Anwendung einer Vielzahl von Düsenelementen kann die durch die
Tropfen erzeugte Raumladung in der nächsten Umgebung des Zielobjektes konzentriert
werden. So wird nach Fig. 5a durch eine Vielzahl parallel orientierter Düsen 25 eine
Raumladungswolke 23 mit hoher Ladungsdichte vor dem Zielobjekt 24 aufgebaut. Fig.
5b zeigt eine andere Möglichkeit zum Aufbau einer hohen Raumladun
gsdichte mittels einer Vielzahl von Düsen 26. Die Düsen sind hier so orientiert, daß
sich die Verlängerung der Flüssigkeitsfäden, d.h. die Anfangsrichtungen der Strahlen
am Ort der Raumladung 27 kreuzen, wodurch ein starkes Niederschlagsfeld am Zielobjekt
28 entsteht. Die Düsen sind hier in größerem Abstand voneinander aufgestellt und die
Strahlrichtungen in einen Punkt des Raumes konzentriert.
[0024] Die Fig. 6 zeigt ein komplettes Flüssigkeits-Verteilgerät, das so kompakt und handlich
aufgebaut ist, daß es als tragbares Gerät von einer Person bedient werden kann. Es
besteht aus einem Kopf 29, dem Flüssigkeitsfilter 30, dem Flüssigkeitsventil 31, dem
Vorratsbehälter 32 für die zu verteilende Flüssigkeit, einem Hochspannungsgenerator
33, einem Batteriegehäuse 34 und einer Luftpumpe 35. Alle Teile werden von einer stabförmigen
Halterung 36 aus isolierendem Material aufgenommen. Die Erdung des elektrischen Systems
ist durch ein Erdungskabel 37 gegeben, dessen freies Ende auf dem Erdboden liegt oder
mit dem zu behandelnden Objekt in elektrischer Verbindung steht.
[0025] Um das Gerät in Betrieb zu setzen, pumpt'man mit der Luftpumpe 35 Luft in den Behälter
32, der teilweise mit der Flüssigkeit gefüllt ist. Dabei bleibt ein Teil des Volumens
z.B. 30 % für die komprimierte Luft (Luftkissen) frei. Der Druck in diesem Volumen
wird auf 2 bis 3 bar erhöht. Das Ventil 38 verhindert dabei das Zurückströmen der
Flüssigkeit. Der Verteilerkopf 29 wird durch Einschalten des Hochspannungsgenerators
33 über den Schalter 39, der den Primärstromkreis schließt, unter Hochspannung von
z.B. 50 kV gesetzt. Beim öffnen des Ventils 31 strömt die Flüssigkeit durch den Verteilerkopf
29 aus und wird in der oben angegebenen Weise großflächig ausgebracht.
[0026] Der Verteilerkopf 29 ist in Fig. 7 dargestellt. Er besteht im Prinzip aus einer Vielzahl
von strömungstechnisch parallel geschalteten Düsenelementen, die über die Leitung
44 mit dem Flüssigkeitsbehälter 32 verbunden sind. Zur Erzeugung dünner Flüssigkeitsstrahlen
eignen sich sehr gut kurze Kapillarröhrchen, die jedoch sehr empfindlich gegen Verschmutzung
und Beschädigung bei direkter Berührung mit anderen Gegenständen, z.B. Pflanzen, sind.
Aus diesem Grund wird hier die Kapillare durch einen konzentrischen Mantel geschützt.
Obwohl bei gleichem Potential des Schutzmantels die Ausbildung eines elektrischen
Feldes durch die abschirmende Wirkung des Mantels unterdrückt wird, findet keine Beeinträchtigung
des Sprühvorgangs statt. Der zusammenhängende erste Abschnitt des Flüssigkeitsfadens,
der den Rand des Schutzmantels überragt, stellt nämlich wegen der Leitfähigkeit der
Flüssigkeit den Ersatz für eine Spitzenelektrode dar, an der sich außerhalb des Zylinders
das Feld aufbaut, das für die Aufladung der Tropfen erforderlich ist.
[0027] Gemäß Fig. 7 wird die Kapillare 47 in die Bodenplatte eines Topfes 48 eingesetzt
und bildet so ein Düsenelement 40, das in entsprechende Bohrungen des Verteilerkopfes
29 eingepreßt ist. Durch den überstehenden Rand 42 (Kragen des Topfes 48) wird die
Eintauchtiefe begrenzt. Das freie Ende der Kapillaren 47 taucht in den Flüssigkeitskanal
43 ein, der seinerseits mit dem Zuleitungsrohr 44 verbunden ist.
[0028] Da die Kapillaren 47 bei längerem Einsatz durch Ablagerungen leicht verschmutzen
können (Verkrustungen) ist eine Einrichtung für den einfachen schnellen Wechsel der
Düsenelemente 40 erforderlich. Zu diesem Zweck ist jedes Düsenelement 40 von einem
Ring 45 aus elastischem Material umschlungen, dessen Umfang größer ist als der Umfang
des Trägers 41 für die Düsenelemente. Der Ring 46 ist an seiner Oberseite (Fig. 7)
durchbohrt und an der gegenüberliegenden Seite mit dem Träger 41 verschraubt (46).
Durch die Bohrung im elastischen Ring ist nun das Düsenelement 40 derart in den Träger
41 eingesetzt, daß der Kragen 42 des Schutzmantels 48 über die Bohrung hinausragt
und so einen Anschlag bildet (siehe Fig. 8). Zum Auswechseln eines Düsenelementes
40 drückt man den Ring 45 zusammen (Pfeile Fig. 8). Dadurch wird der Ring 45 deformiert
und übt auf das Düsenelement 40 eine Kraft aus, die groß genug ist, um ihn aus der
Verankerung im Träger 41 herauszuziehen. Anschließend kann ein neues Düsenelement
durch die Bohrung im Ring 45 hindurchgesteckt und in die entsprechende öffnung des
Trägers 41 eingesetzt werden. Der Austausch kann ohne Anwendung von Werkzeugen von
Hand vorgenommen werden.
[0029] Der Durchmesser des elastischen Ringes 45 beträgt 5 bis 50 mm, vorzugsweise 10 bis
30 mm. Die Länge des Trägers 41 sowie die Packungsdichte der Düsenelemente 40 kann
dem Bedarf angepaßt werden. Letztere ist nur durch die gegenseitige Berührung der
Bauelemente begrenzt.
[0030] Für die Höhe der elektrischen Aufladung der Tropfen gibt es ein Maximum, das dann
erreicht wird, wenn die elektrische Feldstärke in der Umgebung der Strahlansätze einen
Wert annimmt, bei dessen überschreitung eine KoronaEntladung einsetzt. Die Höhe der
optimalen Betriebsspannung hängt von den Abmessungen der Apparatur ab. Sie muß deshalb
experimentell ermittelt werden. Für ein einzelnes Düsenelement mit 100 µm Kapillarweite
und weit entfernter Gegenelektrode (mindest 0,5 m) liegt die optimale Betriebsspannung
bei ca. 10 kV. Die obere Grenze für die Betriebsspannung liegt bei ca. 50 kV.
[0031] Ein großer Vorteil der beschriebenen Vorrichtung, verglichen mit bekannten Vorrichtungen
zur Erzeugung elektrisch geladener Sprühnebel, liegt darin, daß in unmittelbarer Nähe
der hochspannungsführenden Düseneinheit keine Gegenelektrode mit Erdpotential erforderlich
ist. Dieser Umstand ermöglicht die Verwendung sehr langer Isolierstrecken zwischen
den spannungsführenden Teilen der Anordnung. Betriebs'störungen durch feuchte Luft
oder Verschmutzung der Isolatoren können damit weitgehend ausgeschlossen werden. Ferner
ist von Bedeutung, daß nur sehr geringe Ströme fließen (Größenordnung pA), so daß
die zur Spannungsversorgung verwendete Batterie eine lange Lebensdauer hat und der
Hochspannungsgenerator einen hohen Innenwiderstand haben kann. Auf diese Weise wird
eine Gefährdung von Personen durch Hochspannung vermieden.
1. Verfahren zun großflächigen Ausbringen und Verteilen elektrisch-leitfähiger Flüssigkeiten
mit einem spezifischen Widerstand <104Ωm, insbesondere von wäßrigen Pflanzenschutzmittellösungen oder Dispersionen, dadurch
gekennzeichnet, daß man die Flüssigkeit mit einer so geringen Strömungsgeschwindigkeit
aus einer Düse oder Kapillare austreten läßt, daß sie unmittelbar hinter der Düse
bzw. Kapillare einen zusammenhängenden Flüssigkeitsfaden bildet, der anschließend
in einzelne Tropfen zerfällt und daß durch Anlegen einer elektrischen Spannung an
den Flüssigkeitsfaden, mindestens 500 V gegenüber Erde, die Tropfengröße stabilisiert
und eine kegelförmige Tropfenverteilung (Regenkegel) erzeugt wird, deren öffnungswinkel
von der Höhe der Spannung abhängt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Strömungsgeschwindigkeit
aufgrund der Dimensionierung der Düse bzw. Kapillare und des gewählten Betriebsdruckes
so eingestellt wird, daß die Länge des zusammenhängenden Flüssigkeitsfadens hinter
der Austrittsöffnung 2 bis 100 mm, vorzugsweise 5 - 20 mm beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Flüssigkeitsdruck
vor der Düse bzw. Kapillare auf Werte von 0,1 bis 10 bar, vorzugsweise 1 bis 3 bar,
eingestellt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Eindringtiefe des Regenkegels
in dichte Pflanzenbestände durch Veränderung des Flüssigkeitsdruckes gesteuert wird.
5. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 bis 4, gekennzeichnet
durch eine Vielzahl von strömungstechnisch parallel geschalteten Düsenelementen (40),
die aus Kapillaren (47) bestehen, wobei jede Kapillare (47) von einem konzentrischen
Schutzmantel (48) umgeben ist, der sich auf dem gleichen elektrischen Potential befindet
wie die Kapillaren (47) und durch einen Hochspannungsgenerator, dessen hochspannungsseitiger
Ausgang mit der durch die Kapillaren (47) strömenden Flüssigkeit leitend verbunden
ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Schutzmantel einseitig
durch eine Bodenplatte abgeschlossen ist und einen Topf bildet, dessen Boden von der
Kapillare (47) durchbrochen wird, die einerseits mit einem Vorratsbehälter (32) für
die Flüssigkeit verbunden ist und andererseits innerhalb des Topfes endet.
7. Vorrichtung nach Anspruch 5 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die lichte Weite
der Kapillaren (47) im Bereich von 50 bis 500 µm liegt.
8. Vorrichtung nach Anspruch 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Düsenelemente
(40) austauschbar in einem Träger (41) eingesetzt sind und jedes Düsenelement (40)
von einem Ring (45) aus elastischem Material umschlungen ist, der auf der einen Seite
an dem Träger (41) befestigt ist und auf der gegenüberliegenden Seite eine Bohrung
aufweist, durch welche der mit einem die Bohrung überragenden Kragen (42) versehene
Schutzmantel (48) hindurchgeführt ist.
9. Vorrichtung nach Anspruch 5 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Träger (41)
mit den Düsenelementen (40) an einer stabförmigen Halterung (36) angebracht ist, die
einen batteriebetriebenen Hochspannungsgenerator (33), eine Luftpumpe (35) zur Erzeugung
des Vordruckes an den Kapillaren (47) und einen Vorratsbehälter (32) für die zu verteilende
Flüssigkeit enthält.