[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kernreaktors mit einer Abgasquelle,
insbesondere einer Kühlmittelreinigung, und einem an diese angeschlossenen Abgassystem,
das mindestens einen Kompressor, einen Gaskühler, ein Reduzierventil, einen Feuchteadsorber,
eine Verzögerungsstrecke und einen Kaminanschluß umfaßt.
[0002] Aus der DE-PS 23 02 905 ist ein Druckwasserreaktor bekannt, der ein Kühlwasserreinigungssystem
mit einer Entgasungseinrichtung umfaßt. Die aus dem Kühlwasser abgeschiedenen Gase
werden zunächst durch eine Verbrennung von Wasserstoff befreit. Sie gelangen dann
in eine Trocknungsanlage, in der Wasser ausgefällt wird. Danach werden sie in einer
Gaszerlegungsanlage durch fraktionierte Verflüssigung zerlegt, damit die Edelgase,
insbesondere Krypton und Xenon, in einem kleinen Speicher gelagert werden können,
während die verbleibenden Gase in das System zurückgeführt werden, wenn sie nicht
über einen Kaminanschluß abgelassen werden.
[0003] Bei anderen bekannten Kernreaktoren werden die Gase über eine Verzögerungsstrecke
geführt, so daß sie in ihrer Aktivität abklingen können. Die Verzögerungsstrecke wird
entweder in einem Kreis durchfahren oder sie ist dem Kamin vorgeschaltet, wie in dem
Buch "VGB-Kernkraftwerks-Seminar 1970" auf den Seiten 43, 44 und 45 ausgeführt ist.
[0004] Die Erfindung geht von der Aufgabe aus, den durch die Abgasbehandlung bedingten Aufwand
zu verringern. Dies gelingt erstaunlicherweise dadurch, daß der Feuchteadsorber und
die Verzögerungsstrecke im Normalbetrieb parallel betrieben werden, wobei die Verzögerungsstrecke
mit dem Kaminanschluß in Verbindung steht, während der Feuchteadsorber in einem Gaskreis
zum Kompressor betrieben wird, und daß bei erhöhtem Abgasanfall, insbes. bei Kühlmittelverlagerung
beim An- und Abfahren des Reaktors,der Feuchteadsorber und die Verzögerungsstrecke
in Reihe geschaltet und über ein Reduzierventil mit dem Kaminanschluß verbunden sind,
das auf einen mindestens doppelt so hohen Druck wie im Normalbetrieb eingestellt ist.
[0005] Mit dem neuen Verfahren ergibt sich ohne apparativen Mehraufwand eine erhebliche
Verkleinerung der für die Abgasbehandlung erforderlichen Komponenten und eine einfachere
Systemgestaltung. Dabei werden die Vorteile des bei Überdruck günstigeren Retentionsverhaltens
für den kurzzeitig vorliegenden Betrieb großen Gasanfalls mit den zeitlich überwiegenden
Betriebsphasen mit geringem Gasanfall kombiniert, in denen durch Betriebsdruckreduzierung
die Möglichkeiten der Entspannungstrocknung zur Aufwandsminimierung der bisher üblichen
Trocknungseinrichtungen genutzt werden.
[0006] Das Verfahren nach der Erfindung kann vorteilhaft dadurch weitergebildet werden,
daß die Gasstrecke vom Gaskühler bis zum Feuchteadsorber einschließlich thermisch
isoliert und/oder gekühlt bzw. geheizt wird.
[0007] Für den Übergang von dem einen Betrieb (erhöhter Abgasanfall) auf den anderen (Normalbetrieb)
hat es sich als vorteilhaft herausgestellt, daß die Verringerung des Druckes nach
einem erhöhten Anfall von Abgasen über einen Zeitraum von mehreren Stunden vorgenommen
wird. Dabei sollte zweckmäßigerweise die Umschaltung des Feuchteadsorbers in den Gaskreis
zum Kompressor nach Erreichen des niedrigen Betriebsdruckes vorgenommen werden.
[0008] Zur näheren Erläuterung der Erfindung wird anhand der beiliegenden Zeichnung ein
Ausführungsbeispiel beschrieben. Dabei zeigt die Fig. 1 stark vereinfacht die Abgasanlage
eines Druckwasserreaktors mit zwei durch unterschiedliche Pfeile (durchgezogen und
gestrichelt) dargestellten Betriebszuständen. Die Fig. 2 zeigt in einem Schaubild
den charakteristischen Abgasanfall in Nm3/h über der Zeit, wobei ein Betriebszyklus
mit einer Betriebszeit von mindestens 10 Monaten mit 100% bezeichnet ist.
[0009] Die Abgasquellen sind Behälter 1 und 2 mit einer Flüssigkeit mit einem veränderlichen
Flüssigkeitsspiegel 4 bzw. 5 und einer Gasatmosphäre 6 bzw. 7 über dem Flüssigkeitsspiegel,
sowie Entgasungseinrichtung 8. In der Gasatmosphäre 6 bzw. 7 und der Entgasungseinrichtung
8 sind Spaltgase enthalten. Deshalb sind die Oberseiten der Behälter 1, 2 und die
Entgasungseinrichtung 8 an einer Abzugsleitung 10 angeschlossen. Sie führt über einen
Rekombinator 11 für H
2/0
2. Hinter diesem sind zwei Kompressoren 12 und 13 redundant angeordnet. Ihre Druckseite
führt zu einem Gaskühler 15 mit einem Flüssigkeitsauslaß 16, der durch einen Kondensatableiter
17 geregelt werden kann.
[0010] Dem Gaskühler 15 ist ein Reduzierventil 20 nachgeschaltet, dessen Stellglied 21 über
Leitungen 22 betätigt werden kann. Die Niederdruckseite führt über eine Leitung 23
zu einem Umschaltventil 24. Von dem Umschaltventil 24 führt eine erste Leitung 26
zu einem weiteren Reduzierventil 27, das für die Gasrückführung vorgesehen ist. Sein
Niederdruckausgang ist über eine Leitung 28 mit den Gasatmosphären 6, 7 der Abgasbehälter
1, 2 verbunden. Das Stellglied 30 des Reduzierventils 27 kann über Steuerleitungen
31 betätigt werden.
[0011] Der andere Auslaß des Umschaltventils 24 ist über eine Leitung 33 mit einer Verzweigung
34 verbunden, die zu einem Feuchteadsorber 35 einerseits und einer Verzögerungsstrecke
36 andererseits führt. Der Feuchteadsorber 35 ist als Behälter mit einem Adsorptionsmittel
37, wie zum Beispiel Gel oder Aktivkohle, gefüllt. Sein Auslaß 38 führt zu der Leitung
26 und damit zum Reduzierventil 27.
[0012] Die Verzögerungsstrecke 36 ist als Aktivkohlebehälter ausgeführt, der von unten nach
oben durchströmt wird. An den Auslaß 40 ist über ein Reduzierventil 41 ein Kamin 42
angeschlossen. Das Stellglied 43 des Reduzierventils 41 kann über Steuerleitungen
44 betätigt werden.
[0013] In der Fig. 1 ist noch hervorgehoben, daß die Leitungen zwischen dem Gaskühler 15
und dem Umschaltventil 24 sowie dessen Leitungszweig 26 und die Leitung 38 vom Auslaß
des Adsorbers 35 mit einer Isolierung 46 versehen sind, die auch eine Kühlmöglichkeit,
zum Beispiel mit Kühlwasser, umschließt. Der Adsorber 35 kann einen Kühlmantel 47
tragen, zum Beispiel in Form von Pelltier-Elementen, deren Stromkreis die Anschlußklemmen
48 hat. Ferner ist es günstig, wenn zur Verbesserung der Regeneration dem Feuchteadsorber
35 eine Rohrbereichsheizung 49 vorgeschaltet ist. Sie erfaßt den Rohrbereich zwischen
der Oberseite des Feuchteadsorbers 35 und der Verzweigung 34
[0014] Der Abgasanfall im Druckwasserreaktor ist, wie die Fig. 2 zeigt, sehr unterschiedlich.
Über mehr als 95% der Betriebszeit liegt nur ein geringer Abfall von durchschnittlich
weniger als 0,5 Nm
3/h vor, wie in Fig. 2 in den Bereichen 50, 51, 52, 53 und 54 angedeutet ist. In den
bei 55, 56, 57 und 58 angedeuteten Zeitabschnitten ist der Abgasanfall praktisch Null.
Nur in den restlichen 5% der Betriebszeit tritt ein erhöhter Abgasanfall ein, der
dann allerdings für mehrere Stunden zum Beispiel das 100-fache beträgt. In der Fig.
2 ist dies durch den Bereich 60 für den Fall der Inbetriebsetzung und der damit verbundenen
Expansionen des Kühlwassers beim Aufheizen angedeutet, die die Gasatmosphärevolumina
6, 7 in den Abgasquellen 1 und 2 verringern. Bei 61 ist eine Spülung der Abgasquellen
zum Beispiel vor einer Behälteröffnung dargestellt. Der Bereich 63 umfaßt das Absenken
des Füllstandes im Reaktordruckbehälter mit einer denkbaren Spülung am Ende des Betriebszyklus,
d.h. vor dem Öffnen des Reaktordruckbehälters.
[0015] Bei dem neuen Verfahren lassen sich die folgenden drei Betriebszyklen unterscheiden:
1) Kontinuerlichem Dauerbetrieb (>95% der Betriebszeit eines DWR's). Hier liegt ständig
ein relativ geringer Abgasanfall von durchschnittlich z.B.<: 0,5 Nm3/h vor. Diese Abgasmenge sowie eine Spülgasmenge, die sich aus der Förderleistung
des Kompressors 12, 13 ergibt, wird durch die Kompressionseinheit kontinuierlich oder
diskontinuierlich komprimiert (z.B.: pe= 8 - 25 bar). Im nachfolgenden Gaskühler 15, der zum Beispiel mit Kaltwasser gekühlt
wird, erfolgt die Kühlung und Reduzierung der absoluten Gasfeuchte. Im sich anschließenden
Reduzierventil 20 erfolgt die Gasentspannung mit entsprechender Reduktion der relativen
Gasfeuchte (z.B.: pe= 1-4 bar).
[0016] Das aufgrund der Expansion sowie Gaskühlung leicht abgekühlte Gas wird dann durch
entsprechende Führung der Rohrleitung durch die Raumluft oder andere Hilfseinrichtungen
auf Raumtemperatur aufgewärmt.
[0017] Nach Passieren des Umschaltventils 24 wird das Abgas in der Verzweigung 34 in zwei
Gasströme aufgeteilt. Über die Verzögerungsstrecke 36 wird lediglich das überschüssige
Abgas (z.B.<. 0,5 Nm
3/h) geführt, der Rest wird über den Feuchteadsorber 35 zwecks dessen Regeneration
auf die Kompressorsaugseite zurückgeleitet. Die in der Verzögerungsstrecke 36 bei
erniedrigtem Betriebsdruck ablaufende Gasadsorption bringt trotz der geringeren Adsorptionswirkung,
aufgrund des geringen Abgasanfalles, z.B. im ersten Viertel des Adsorbers, bereits
die geforderte Verzögerungszeit, so daß der restliche Teil für andere Betriebsfälle
zur Verfügung steht.
?) Der Schiebegasfall tritt zum Beispiel bei DWR-Anlagen praktisch nur während des
Anfahrens und Absenkens des Reaktordruckbehälter-Füllstandes sowie evtl. nachfolgender
Spülvorgänge des Primärkreises auf.
[0018] Während dieses Betriebsfalles erfolgt der Betrieb der Verzögerungsstrecke 36 unter
erhöhtem Betriebsdruck. Der Abgasanfall übersteigt nun für mehrere Stunden den vorgenannten
kontinuierlichen Abgasanfall um das z.B. 100-fache.
[0019] Durch die Betriebsdruckerhöhung wird aufgrund der Gaskompression das effektive Retentionsvermögen
der Verzögerungsstrecke 36 neben der zusätzlichen Gasspeicherung durch die Druckerhöhung,
deutlich verbessert.
[0020] In Abhängigkeit von den exakten Betriebsbedingungen werden z.B. bei
Pe - 8 - 25 bar für Xe-Isotope eine ca. 2-3 fache und für die in diesem Betriebsfall
relevanten (wegen kürzerer Adsorberdurchbruchszeit) Kr-Isotope eine ca. 3-5 fache
verbesserte Verzögerungswirkung erreicht.
[0021] Die Abgasentfeuchtung wird hierbei mittels des bei diesem Betriebsfall der Verzögerungsstrecke
durch Umschalten des Ventils 24 vorgeschalteten Feuchteadsorbers 35 durchgeführt.
Für diesen auslegungsbestimmenden Betriebsfall wird der bisher praktisch nicht zur
Aktivitätsreduktion wirksame Teil der Verzögerungsstrecke 36 nun unter optimalen Bedingungen
genutzt.
3) Betrieb direkt anschließend an Schiebegasfall.
[0022] Die anfallende Abgasmenge sinkt wieder auf Werte z.B. < 0,5 Nm
3/h ab. Für eine kurze Zeit wird der erhöhte Betriebsdruck beibehalten, um auch die
sich bereits kurz vor Austritt aus der Verzögerungsstrecke 36 befindlichen Edelgasisotope
mit relevanter Aktivität noch ausreichend zu verzögern (z.B. Kr 85 m bei 5-10 HWZ
d 21,5 - 43 h).
[0023] Konservativ erfolgt dann nach z.B. 40 h die langsame Betriebsdruckerniedrigung durch
Abgabemengenerhöhung auf einen fixierten Wert auf den Auslegungswert, so daß wegen
des geringen Abgasanfalls sich z.B. über ca. 10 h eine entsprechende Betriebsdruckreduzierung
ergibt.
[0024] Die Umschaltung des zuvor als Gastrockner arbeitenden Feuchteadsorbers 35 zwecks
Regeneration erfolgt ab Erreichen des erniedrigten Betriebsdrucks. Dann kann die Heizung
49 eingeschaltet und die Kühlung der Isolierung 46 im Bereich der Leitung 38 eingestellt
werden.
1. Verfahren zum Betreiben eines Kernreaktors mit einer Abgasquelle, insbes. einer
Kühlmittelreinigung, und einem an diese angeschlossenen Abgassystem, das mindestens
einen Kompressor, einen Gaskühler, ein Reduzierventil, einen Feuchteadsorber, eine
Verzögerungsstrecke und einen Kaminanschluß umfaßt, dadurch gekennzeichnet, daß der
Feuchteadsorber und die Verzögerungsstrecke im Normalbetrieb parallel betrieben werden,
wobei die Verzögerungsstrecke mit dem Kaminanschluß in Verbindung steht, während der
Feuchteadsorber in einem Gaskreis zum Kompressor betrieben wird, und daß bei erhöhtem
Abgasanfall, insbes. bei Kühlmittelverlagerung beim An- und Abfahren des Reaktors,
der Feuchteadsorber und die Verzögerungsstrecke in Reihe geschaltet und über ein Reduzierventil
mit dem Kaminanschluß verbunden sind, das auf einen mindestens doppelt so hohen Druck
wie im Normalbetrieb eingestellt ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Gasstrecke vom Gaskühler
bis zum Feuchteadsorber einschließlich thermisch isoliert und/oder gekühlt bzw. geheizt
wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Verringerung
des Druckes nach einem erhöhten Anfall von Abgasen über einen Zeitraum von mehreren
Stunden vorgenommen wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Umschaltung des Feuchteadsorbers
in den Gaskreis zum Kompressor nach Erreichen des niedrigen Betriebsdruckes vorgenommen
wird.