[0001] Die Erfindung betrifft einen Stuhl mit einem Lagerteil, an dem ein Sitzteil und ein
eine Lehne und einen Lehnenhebel aufweisender Lehnenteil abgestützt sind, welche Teile
durch ein Drehgelenk miteinander gekuppelt sind, unter der Wirkung mindestens eines
Federelementes stehen und in verschiedene Stellungen neigbar sind, wobei die Teile
beim Uebergang in eine andere Stellung eine ihrer Schwenkbewegung überlagerte Relativbewegung
zueinander ausführen.
[0002] Stühle, bei denen sowohl der Sitzteil als auch der Lehnenteil neigbar sind, sind
in verschiedenen Ausführungen bekannt. Diese erlauben dem Benützer, einerseits eine
Arbeitsstellung, bei der die Lehne annähernd senkrecht steht und den Benützer im Rücken
stützt, und andererseits eine Ruhestellung einzunehmen. Der Stuhl weist hierbei einen
Sitzteil und einen Lehnenteil auf, die miteinander gekuppelt und gegenüber einem Lagerteil
neigbar sind. Der Lagerteil ist gewöhnlich als Fussgestell ausgebildet, an dem der
Sitzteil und der Lehnenteil schwenkbar gelagert sind.
[0003] Der mit solchen Stühlen gewährte Komfort wird dadurch beeinträchtigt, dass beim Uebergang
in eine andere Sitzstellung, vor allem beim Uebergang von der Arbeits- in die Ruhestellung,
ein unerwünschter "Auszieheffekt" auftritt, der nur durch Nichtbenützung der Lehne
während der Stellungsänderung vermieden werden kann.
[0004] Um den "Auszieheffekt" zu vermeiden, sind verschiedene Vorschläge bekannt geworden.
Unter diesen befindet sich eine bekannte Ausführung (DE-OS 3 152 945), bei der von
der bekannten Ausführungsform mit einem neigbaren Sitzteil und einem neigbaren, mit
dem Sitzteil gekuppelten Lehnenteil ausgegangen wird. Um den "Auszieheffekt" zu vermeiden,
ist ein Zusatzgestänge vorgesehen, das mit einem zum Lehnenteil senkrecht verschiebbaren
Rückenteil gekuppelt ist. Wird die Stellung des Stuhls verändert, führt der Rückenteil
gegenüber dem Lehnenteil eine Zusatzbewegung aus. Ist nun das Rückenpolster an der
Rückenlehne befestigt, wird dadurch die gewünschte Vermeidung des "Auszieheffektes"
erreicht.
[0005] Es kann jedoch nicht übersehen werden, dass diese bekannte Ausführungsform eine recht
aufwendige Lösung darstellt. Insbesondere ist die gegenüber dem Lehnenteil verschiebbare
und durch das Zusatzgestänge gesteuerte Rückenlehne eine Konstruktion, die aus einer
grösseren Anzahl Teile hergestellt ist, die entsprechend exakt bearbeitet sein müssen.
[0006] Hier setzt die Erfindung ein, der die Aufgabe zugrundeliegt, einen Stuhl der eingangs
beschriebenen Art so auszugestalten, dass der "Auszieheffekt" vermieden wird, ohne
dass mehr Teile benötigt werden, als dies für die vorstehend beschriebene bekannte
einfache, jedoch unbefriedigende Ausführung erforderlich ist. Diese Aufgabe wird gemäss
der Erfindung dadurch gelöst, dass der Sitzteil einen sich über das Drehgelenk hinaus
gegen die Lehne erstreckenden Verlängerungsteil und der Lehnenhebel einen die Lehne
mit dem Drehgelenk verbindenden Verlängerungsarm aufweist.
[0007] Die Erfindung ist in der Zeichnung in einem Ausführungsbeispiel dargestellt und nachfolgend
beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1 ein kinematisches Ersatzbild eines Stuhls gemäss der Erfindung,
Fig. 2 eine schematisch dargestellte konstruktive Lösung für einen Stuhl mit der Kinematik
gemäss Fig. 1,
Fig. 3 einen Schnitt längs der Linie III - III in Fig. 2 und
Fig. 4 einen Grundriss, teilweise im Schnitt, des Stuhls nach Fig. 2.
[0008] Fig. 1 stellt das kinematische Ersatzbild eines Stuhls ohne Fussgestell dar, welch
letzteres durch zwei ortsfeste Lagerstellen 1, 2 ersetzt ist. In der Lagerstelle 1
ist ein Sitzteil 3 mittels eines Schub-Drehgelenkes 4 gelagert. In der Lagerstelle
2 ist mittels eines Drehgelenkes 5 ein Lehnenteil 6 gelagert. Der Lehnenteil 6 setzt
sich aus einer Lehne 7 und einem Lehnenhebel 8 zusammen, wobei der Lehnenhebel 8 mit
dem Sitzteil 3 mittels eines Drehgelenkes 9 gekuppelt ist. Wesentlich ist, dass der
Sitzteil 3 einen Verlängerungsteil 10 aufweist, der sich von dem Gelenk 9 bis in den
Bereich der Lehne 7 erstreckt. Der Lehnenhebel 8 weist einen Verlängerungsarm 11 auf,
der sich in analoger Weise wie der Verlängerungsteil 10 von dem Gelenk 9 gegen die
Lehne 7 erstreckt und diese trägt. Die in Fig. 1 dargestellte ausgezogene Stellung
der einzelnen Teile entspricht der Arbeitsstellung, d.h. die Lehne 7 nimmt eine angenähert
senkrechte Stellung zur Unterstützung des Rückens des Benützers ein. Damit diese Stellung
selbsttätig eingenommen wird, ist das freie Ende 12 des Verlängerungsteils 10 mit
der Lehne 7 durch ein Federelement 13, z.B. ein mechanisches Druckfederelement oder
eine Gasdruckfeder, verbunden. Die Anordnung eines oder mehrerer Federelemente 13
braucht jedoch nicht ausschliesslich im Bereich der Lehne 7 zu liegen. Der Sitzteil
3 und der Lehnenteil 6 können auch in anderer Weise durch das Federelement bzw. die
Federelemente 13 abgestützt sein, z.B. dadurch, dass das eine Ende der Federung sich
am Fussgestell abstützt und das andere Ende entweder auf den Lehnenteil 6 oder den
Sitzteil 3 wirkt. Diese Anordnung wird zweckmässig so getroffen, dass dadurch das
Aussehen des Stuhls nicht ungünstig beeinflusst wird.
[0009] Die Ruhestellung des Stuhls ist in Fig. 1 gestrichelt angegeben, wobei ersichtlich
ist, dass z.B. der Lehnenteil 6 am Uebergang des Verlängerungsarmes 11 auf die Lehne
7 eine grössere Absenkung A erfährt, als dies bei der Absenkung a des freien Endes
12 des Sitzteils 3 der Fall ist. Beide Teile 3, 6 führen somit beim Uebergang von
der Arbeitsstellung in die Ruhestellung eine Schwenkbewegung aus, der jedoch noch
eine Relativbewegung überlagert ist, die zu unterschiedlichen Absenkungen A, a der
Teile 3, 6 führt. Durch entsprechende Wahl der Länge des Verlängerungsteils 10 und
des Verlängerungsarmes 11 kann diese überlagerte Relativbewegung so ausgelegt werden,
dass der eingangs erwähnte "Auszieheffekt" praktisch vermieden wird.
[0010] In Fig. 2 - 4 ist die konstruktive Lösung des kinematischen Ersatzbildes nach Fig.
1 dargestellt, wobei für gleiche Teile dieselben Bezugszahlen wie in Fig. 1 verwendet
werden. In Fig. 2 sind die beiden ortsfesten Lagerstellen 1, 2 durch einen Lagerteil
20 ersetzt, der je einen beidseits der Symmetrieebene 21 des Stuhls angeordneten Lagerschenkel
22 aufweist, der durch eine Querstrebe 23 an einem Lagerkopf 24 abgestützt ist, der
mit einer senkrecht liegenden Schwenkwelle 25 verbunden ist. Der Lagerteil 20 kann
beispielsweise ein Teil eines Fussgestells (nicht dargestellt) sein, dessen auf einem
Fuss abgestützte Mittelsäule die Lagerung für die Schwenkwelle 25 ist. In Fig. 2 ist
strichpunktiert eine auf dem Sitzteil 3 liegende Sitzpartie 26, z.B. ein Sitzpolster,
dargestellt. In gleicher Weise ist an der Lehne 7 eine Rückenpartie 27, z.B. ein Rückenpolster,
strichpunktiert dargestellt. Die Partien 26, 27 machen die Bewegungen der entsprechenden
Teile 3, 6 mit. Die Teile 3, 6 führen, wie dies in Fig. l bereits gezeigt wurde, unterschiedliche
Absenkungswege A, a aus.
[0011] Der Sitzteil 3 ist ein Rahmen, siehe Fig. 4, der sich aus zwei symmetrisch zur Symmetrieebene
21 des Stuhls angeordneten Hohlprofilschenkeln 30 zusammensetzt, die durch eine Traverse
31 miteinander verbunden sind. Die Hohlprofilschenkel 30 sind aus zwei ineinandergesteckten
U-Profilen 32, 33, siehe Fig. 3, gebildet, wobei das untere Profil 33 eine Ausnehmung
34 bildet, in die je ein Lehnenhebel 8 passt. An die beiden Lehnenhebel 8 schliessen
zwei Lehnenstreben 35 an, die zusammen mit einer die beiden Lehnenstreben 35 verbindenden
Lehnentraverse 36 und den Lehnenhebeln 8 die rahmenförmige Lehne 7 bilden. Auf der
Traverse 31 und der Lehnentraverse 36 ist je ein Stegpaar 37, 38 befestigt, deren
Stege Bohrungen zur Aufnahme von Bolzen aufweisen, mit denen das Federelement 13 an
seinen Enden gehalten ist.
[0012] In der Arbeitsstellung nach Fig. 1 und 2 liegen nicht nur die Lehnenhebel 8 in den
Ausnehmungen 34 der Hohlprofilschenkel 30, sondern die beiden Lehnenstreben 35 ragen
im Bereich ihres Ueberganges auf die Lehnenhebel 8 in eine Ausnehmung 39 an dem lehnenseitigen
Ende der Hohlprofilschenkel 30. Je nach der Ausbildung der Ausnehmungen 34, 39 stellen
diese einen Anschlag für die Arbeitsstellung des Lehnenteils 6 dar.
[0013] Die in Fig. 2 - 4 gezeigte Ausbildung des Stuhls stellt nicht nur eine einfache,
sondern auch eine platzsparende Lösung dar, da die Lehnenhebel 8 mindestens teilweise
innerhalb der Hohlprofilschenkel 30 des Sitzteils 3 liegen. In Fig. 2 ist auch die
Ruhestellung des Stuhl gestrichelt dargestellt, wobei die ungleichen Absenkungslängen
A, a der Hohlprofilschenkel 30 und der Lehnenhebel 8 ebenfalls erkennbar sind.
[0014] Die in Fig. 2 - 4 dargestellte Ausführungsform des Stuhls weist mit Abstand angeordnete
Hohlprofilschenkel 30 und Lehnenhebel 8 auf. Wird nun dieser Abstand immer kleiner
und kleiner gemacht, ist auch eine Ausführung denkbar, bei der die Hohlprofilschenkel
30 und die Lehnenhebel 8 in je einen einzigen Teil übergehen; es müssten gegebenenfalls
Ausnehmungen für den Lagerkopf 24 im Sitzteilschenkel und für das Federelement 13
im Lehnenteil 6 vorgesehen werden. Auf diese Einschenkel-Konstruktion kann die Sitzpartie
26 und die Rückenpartie 27 ohne Schwierigkeit abgestützt werden.
[0015] Für die beschriebene Stuhlausführung werden vor allem geschlossene Stahlrohre in
Ovalform verwendet, siehe z.B. die Lehnenhebel 8, die Lehnenstreben 35, die Traversen
31, 36 und die Lagerschenkel und Querstreben 22, 23 des Lagerteils 20. Es können jedoch
auch andere Profile aus Stahl verwendet werden. Insbesondere bei der erwähnten Einschenkel-Konstruktion
könnten gegossene oder geschmiedete Stahlteile angewendet werden. Eine andere Abwandlung
des beschriebenen Stuhls besteht darin, dass als Federelement eine Torsionsfeder verwendet
wird, die in eines der Gelenke 4, 5 eingebaut werden kann. Schliesslich könnte auch
das Gelenk 5 als Schub-Drehgelenk ausgebildet sein, während das Gelenk 4 ein Drehgelenk
ist. Die Schubwege sind in jedem Fall verhältnismässig klein, d.h. nur einige Millimeter,
da sich das Drehgelenk 9 im Scheitelbereich des durch den Sitzteil 3 und den Lehnenhebel
8 gebildeten Schenkels befindet.
1. Stuhl mit einem Lagerteil (1, 2, 20), an dem ein Sitzteil (3) und ein eine Lehne
(7) und einen Lehnenhebel (8) aufweisender Lehnenteil (6) abgestützt sind, welche
Teile durch ein Drehgelenk (9) miteinander gekuppelt sind, unter der Wirkung mindestens
eines Federelementes (13) stehen und in verschiedene Stellungen neigbar sind, wobei
die Teile beim Uebergang in eine andere Stellung eine ihrer Schwenkbewegung überlagerte
Relativbewegung zueinander ausführen, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitzteil (3)
einen sich über das Drehgelenk (9) hinaus gegen die Lehne (7) erstreckenden Verlängerungsteil
(10) und der Lehnenhebel (8) einen die Lehne (7) mit dem Drehgelenk (9) verbindenden
Verlängerungsarm (11) aufweist.
2. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Federelement (13), z.B.
eine Gasdruckfeder, mit seinen Enden an der Lehne (7) und an dem freien Ende (12)
des Verlängerungsteils (10) des Sitzteils (3) abgestützt ist.
3. Stuhl nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Federelement (13)
mit dem einen Ende an dem Sitzteil (3) oder an dem Lehnenteil (6) und mit dem anderen
Ende an dem Lagerteil (1, 2, 20) abgestützt ist.
4. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Federelement (13) ein in
die Gelenke (4, 5) eingebauter Torsionsstab ist.
5. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitzteil (3) mindestens
einen Hohlprofilschenkel (30) mit je einer lagerteilseitigen und einer lehnenseitigen
Ausnehmung (34, 39) aufweist.
6. Stuhl nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitzteil (3) ein Rahmen
ist, der aus zwei mit Abstand angeordneten, an dem lehnenseitigen Ende durch eine
Traverse (31) verbundenen Hohlprofilschenkeln (30) gebildet ist, während der Lehnenteil
(6) ein entsprechender Rahmen ist, der zwei in die Ausnehmungen (34, 39) der Hohlprofilschenkel
(30) passende Lehnenhebel (8) und Lehnenstreben (35) sowie eine über der Traverse
(31) angeordnete Lehnentraverse (36) aufweist.
' 7. Stuhl nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass an der Traverse (31) und
an der Lehnentraverse (36) das Federelement bzw. die Federelemente (13) abgestützt
ist bzw. sind.
8. Stuhl nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Lagerteil (20) beidseits
der Symmetrieebene (21) des Stuhls je einen Lagerschenkel (22) zur Lagerung des Sitzteils
(3) und des Lehnenteils (6) aufweist, wobei die Lagerschenkel durch je eine Querstrebe
(23) an einem drehbar gelagerten Lagerkopf (24) heb- und senkbar abgestützt sind.
9. Stuhl nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Lager zwischen dem Sitzteil
(3) und dem Lagerschenkel (22) ein Schub-Drehgelenk (4) ist.