(19)
(11) EP 0 138 159 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.04.1985  Patentblatt  1985/17

(21) Anmeldenummer: 84111852.4

(22) Anmeldetag:  04.10.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B41M 5/26
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 13.10.1983 DE 3337296

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Psaar, Hubertus, Dr.
    D-5090 Leverkusen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial, seine Herstellung und die Verwendung von sauermodifizierten Polymerisaten als Akzeptoren in diesem Aufzeichnungsmaterial


    (57) Das thermoreaktive Aufzeichnungsmaterial enthält neben einem Farbstoffvorläufer ein sauermodifiziertes Polymerisat des Acrylnitrils als Akzeptor.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial, das einen Farbstoffvorläufer und ein sauermodifiziertes Polymerisat des Acrylnitrils als Akzeptor enthält.

    [0002] Es sind bereits wärmeempfindliche Aufzeichnungsmaterialien bekannt, bei denen ein farbloses Farbstoffvorprodukt mit einem Akzeptor in einer Schicht auf ein Trägermaterial aufgebracht werden, wobei beide Komponenten mit anderen Materialien getrennt umhüllt werden, um eine vorzeitige Farbreaktion zu verhindern. Bei der Wärmebehandlung werden durch Schmelzen der Umhüllungen und gegebenenfalls des Akzeptormaterials beide Komponenten in Kontakt gebracht und eine Farbreaktion ausgelöst. Als Farbbildner sind Farbstoffvorläufer aus verschiedenen Farbstoffklassen bekannt. Als Materialien, die die Farbreaktion auslösen können, sind bisher hauptsächlich phenolische Gruppen enthaltende organische Verbindungen bekannt geworden, z.B. Bisphenol A, die aber wegen ihrer hohen Wanderungsgeschwindigkeit und Flüchtigkeit mit Absorbentien wie Kaolin, vermischt werden müssen. Die Flüchtigkeit der Phenole ist ein großer Nachteil dieser Materialien, da es oft zu Geruchsbelästigungen kommt. Ein weiterer Nachteil dieser Akzeptoren ist ihre Empfindlichkeit gegen Druck. Durch stärkeren Druck auf die Materialien können schon Farbreaktionen ausgelöst werden. Außerdem kann der Einfluß von Feuchtigkeit zum Verschwinden des aufgezeichneten Bildes führen. Es sind auch verschiedene andere Akzeptoren wie Säuren, Metallsalze oder säureabspaltende Verbindungen, beschrieben worden, die alle aber den Nachteil haben, daß die gebildeten Farbstoffe auf ihnen meist nur ungenügende Lichtbeständigkeit besitzen.

    [0003] Es wurde nun gefunden, daß sauermodifiziertes Polyacrylnitril, wie es auch für die Faserherstellung benutzt wird, ein Akzeptormaterial ist, welches die obengenannten Nachteile nicht aufweist. Neben den Polymeren des Acrylnitrils kommen auch Mischpolymerisate des Acrylnitrils mit anderen Vinylverbindungen wie Vinylidencyanid, Vinylfluorid, Vinylacetat, Vinylpropionat, Vinylpyridin, Vinylimidazol, Vinylpyrrolidon, Vinylethanol, Acryl- oder Methacrylsäureester sowie deren Hydroxyalkylester, Acryl- oder Methacrylsäureamide oder deren Dialkylamide in Betracht, wobei diese Mischpolymerisate mindestens 50 Gew.-%, vorzugsweise mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten aufweisen. Die Polymerisate enthalten als Säuregruppe vorzugsweise eine Sulfo- oder Sulfatogruppe. Durch Verwendung bestimmter Comonomerer läßt sich die Glastemperatur der Polymeren in weiten Bereichen variieren und dem gewünschten Effekt anpassen. Als Comonomere sind hierzu vorzugsweise Acrylate wie Acrylsäuremethylester, -ethylester, -n-propylester, -n-, -iso-und -tert.-butylester, -hexylester, -2-ethylhexylester und -laurylester geeignet. Die Herstellung der sauermodifizierten Acrylnitrilpolymerisate erfolgt nach bekannten Methoden, wobei die Säuregruppe entweder durch einen sauren Katalysator in das Ende der Polymerisationskette eingeführt wird oder durch Säuregruppen enthaltende Comonomere, z.B. Vinylsulfonsäure, Styrolsulfonsäure, Allylsulfonsäure, Methallylsulfonsäure, Vinyloxyarensulfonsäure, Allyloxyarensulfonsäure, Methallyloxyarensulfonsäure, Acryloxyalkoxyarensulfonsäure, einpolymerisiert wird. Diese Herstellungen werden beispielsweise in DT-C-654 989, US-A- 2 601 256 und US-A- 2 913 438 sowie in F. Krczil "Kurzes Handbuch der Polymerisationstechnik" (1940) Bd. I, S. 722-725, und in Houben-Weyl, "Methoden der organischen Chemie" (1961), Bd. XIV/1 S. 998 bis 1009 beschrieben.

    [0004] Prinzipiell sind alle Acrylpolymerisate geeignet, die zur Entwicklung der Farbstoffvorläufer befähigte saure Gruppen enthalten. Der Anteil der sauren Gruppen im Acrylpolymerisat beträgt vorzugsweise 0,5 bis 2 Gew.-%. Als Farbstoffvorläufer sind die üblicherweise für Druck-und Thermokopierzwecke verwendbaren Farbstoffbildner zu verwenden mit Ausnahme derjenigen, die nur durch Luftoxidation in Farbstoffe überführt werden können. Geeignete Farbbildner werden z.B. in den folgenden Publikationen beschrieben:



    [0005] Besonders geeignet sind Carbinolbasen oder deren Derivate, speziell Carbinolbasen oder Carbinolbasenether kleiner Farbstoffmoleküle, die aufgrund ihres niederen Molekulargewichtes leicht in die Polymerisate eindringen und dort salzartig gebunden werden können.

    [0006] Beispiele für solche Verbindungen sind Carbinolbasen bzw. Carbinolbasenderivate von Diaryl- und Triarylmethanfarbstoffen, die z.B. in der US-A- 4 211 436 beschrieben werden und Fluorane.

    [0007] Zur Herstellung der wärmeempfindlichen Materialien, z.B. Papier, werden die sauer modifizierten Acrylnitrilpolymerisate als Pulver mit Bindemitteln, z.B. Polyvinylalkohol, Hydroxyethylcellulose, Gummiarabicum, Polyvinylpyrrolidon, Casein oder ähnlichen Substanzen, vermahlen.

    [0008] Zur besseren Farbstoffbildung ist es zweckmäßig, den Polymerisaten Fettsäuren oder Fettsäureamide, langkettige Alkylsulfate oder Ester von langkettigen Alkoholen z.B. Phosphorsäureester langkettiger Alkohole wie Mono- und Di-phosphorsäureester von C8- bis C22-Alkoholen, in Mengen von 0,1 bis 10 %, bezogen auf das Polymerisat, zuzusetzen. Das Polymerisat kann auch vorher mit den Zusätzen behandelt, z.B. vermahlen werden. Die Farbgeber werden getrennt mit den Bindemitteln vermahlen. Die Dispersionen des Akzeptors werden mit den Dispersionen des Farbgebers vermischt und mittels einer Rakel auf das Trägermaterial, vorzugsweise Cellulosepapier, so aufgetragen und getrocknet, daß dabei ein Auftragsgewicht von 5 bis 8 g pro m2 resultiert. Je nach Reaktivität des Farbgebers ist es auch möglich, Polymerisat und Farbgeber zusammen mit dem Bindemittel zu vermahlen und wie beschrieben aufzutragen. Außerdem können zur Stabilisierung der Farbbildner Basen, beispielsweise aliphatische Amine oder Carbonate, z.B. Schlämmkreide, zugesetzt werden.

    [0009] In einer anderen Verfahrensweise ist es auch möglich das Akzeptorpapier aus einer Mischung eines Acrylnitrilpolymerisat mit dem oben beschriebenen Zusätzen mit Zellstoff, Leimungsmittel und Aluminiumsulfat in einem Blattbildner zu erzeugen und mit dem Farbbildner zu beschichten.

    Beispiel 1



    [0010] In einer Kugelmühle werden 40 g eines feinpulvrigen Polyacrylnitrilpolymerisats, hergestellt aus 94 % Acrylnitril, 0,5 % Methallylsulfonsäure und 5,5 % Acrylsäuremethylester, mit 225 g einer 8 %igen wäßrigen Polyvinylalkohollösung und unter Zusatz von 1,3 g Distearylphosphorsäureester vermahlen. Eine zweite Dispersion wird aus 1 g Octyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benzhydryl- sulfon und 55 g einer 8 %igen wäßrigen Polyvinylalkohollösung hergestellt. Man mischt die Dispersion des Farbbildners mit der des Akzeptors im Verhältnis 1/10 und trägt die Mischung auf Cellulosepapier mittels einer Rakel auf und trocknet sie, so daß man ein Auftragsgewicht von 6 bis 7 g/m2 erhält. Das Papier ist mit Schreibmitteln, wie z.B. einem Kugelschreiber, beschriftbar. Es ist gegen starken Druck unempfindlich. Bei Berührung des Papiers mit einem beheizten Stift erhält man eine klare, scharfe, schattenfreie, blaue Schrift. Die Lichtechtheit der Färbung ist ausgezeichnet.

    [0011] Anstelle des obengenannten Farbbildners kann man auch folgende Farbbildner einsetzen:

    Phenyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benzhydryl-sulfon, Phenyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benzhydryl-sulfonamid, p-Tolyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benzhydryl-sulfonamid, p-Tolyl-3,3'-bismethyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benz- hydryl-sulfon, p-Tolyl-4,4'-bis-(diethylamino)-benz- hydryl-sulfon, Dodecyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benz- hydryl-sulfon, p-Dodecyl-phenyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benzhydryl-sulfon.



    [0012] Man erhält beim Berühren des so behandelten Papieres mit einem beheizten Stift ebenfalls eine lichtechte blaue Schrift.

    Beispiel 2



    [0013] 40 g eines Polyacrylpolymerisats, hergestellt aus 86,5 % Acrylnitril, 0,5 % Methallylsulfonsäure, 13 % Acrylsäuremethylester werden mit 1,3 g Monostearylphosphorsäureester und 425 g Wasser vermahlen, abgesaugt und getrocknet. Das trockene Polymerisat wird mit 112 g einer 4 %igen wäßrigen Polyvinylalkohollösung vermahlen. Eine zweite Dispersion wird aus 2 g eines Farbbildners der Formel

    und 55 g einer 8 %igen wäßrigen Polyvinylalkohollösung hergestellt. Man mischt beide Dispersionen gemäß Beispiel 1 im Verhältnis 1/10 und trägt sie auf Cellulosepapier auf. Mit einem beheizten Stift erhält man auf dem getrockneten Papierblatt eine schwarze lichtechte Schrift.

    [0014] Setzt man anstelle des obengenannten Farbbildners eine Verbindung der Formel



    [0015] (Beispiel 2 der US-A- 4 211 436) ein, so erhält man bei der Berührung mit einem beheizten Stift eine lichtechte schwarzblaue Schrift.

    Beispiel 3



    [0016] 40 g eines Acrylnitrilpolymerisats, hergestellt aus 92,2 % Acrylnitril, 2 % Methallylsulfonsäure, 5,8 % Acrylsäuremethylester, werden mit 1,3 g des Ethanolaminsalzes vom Distearylphosphorsäureester wie im Beispiel 2 behandelt und in einer Polyvinylalkohollösung dispergiert. Die Dispersion wird mit einer zweiten Dispersion aus 2 g des Farbbildners der Formel



    [0017] (Beispiel 3 der US-A- 4 211 436) und 55 g einer wäßrigen 8 %igen Polyvinylalkohollösung im Verhältnis 1/10 gemischt und auf Cellulosepapier gemäß Beispiel 1 aufgetragen. Bei der Beschriftung mit einem beheizten Stift erhält man eine rote lichtechte Schrift.

    [0018] Ersetzt man das Polymerisat durch ein Polyacrylnitrilpolymerisat mit einem Gehalt von 22 % Acrylsäuremethylester und den Farbbildner durch einen der Formel

    so erhält man bei der Hitzebeschriftung ein lichtechtes schwarzblaues Schriftbild.

    [0019] Ersetzt man den Farbbildner durch einen Farbbildner der US-A-4 211 436, Tabelle der Spalten 9 - 16, so erhält man bei der Hitzebeschriftung Schriftbilder mit den in der Tabelle angegebenen Farbtönen.

    Beispiel 4



    [0020] 40 g eines Acrylnitrilpolymerisates aus 89 % Acrylnitril, 1,9 % Styrolsulfonsäure, 9 % Acrylsäuremethylester werden mit 3 g des Ethanolaminsalzes vom Distearylphosphorsäureester und 225 g einer 2 %igen wäßrigen Polyvinylalkohollösung vermahlen. Eine 2. Dispersion wird aus 2 g p-To- lyl-4,4'-bis-(dimethylamino)-benzhydryl-sulfon und 55 g einer 8 %igen wäßrigen Polyvinylalkohollösung hergestellt. Beide Dispersionen werden vermischt und gemäß Beispiel 1 im Verhältnis 1/10 auf Papier aufgetragen. Mit einem beheizten Stift erhält man eine lichtechte blaue Schrift.

    [0021] Man erhält ebenfalls blaue lichtechte Drucke, wenn man anstelle des obengenannten Polymerisates Acrylpolymere folgender Zusammensetzung verwendet:

    80 % Acrylnitril, 4,5 % Styrolsulfonsäure, 14,5 % Acrylsäurebutylester;

    78,5 % Acrylnitril, 1,5 % Methallylsulfonsäure, 20 % Acrylsäureethylester;

    54 % Acrylnitril, 1 % Methallylsulfonsäure, 45 % Acrylsäuremethylester;

    78,5 % Acrylnitril, 14 % Styrolsulfonsäure, 7 % Acrylsäuremethylester;

    89,5 % Acrylnitril, 0,8 % Methallylsulfonsäure, 9,5 % N-Phenyl-maleinimid;

    73 % Acrylnitril, 2,5 % 2-Acrylamido-2-methylpropansul- fonsäure, 24,5 % Acrylsäurebutylester;

    84 % Acrylnitril, 1,7 % 2-Acrylamido-2-methylpropansul- fonsäure, 14 % Ethylhexylacrylat;

    88 % Acrylnitril, 1,8 % 2-Acrylamido-2-methyl-propan- sulfonsäure, 13,5 % Stearylmethacrylat.




    Ansprüche

    1. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial, enthaltend einen Farbstoffvorläufer und ein Akzeptormaterial, dadurch gekennzeichnet, daß das Akzeptormaterial ein sauer modifiziertes Polymerisat des Acrylnitrils darstellt.
     
    2. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Acrylpolymerisat 0,5 bis 2 Gew.-% einer sauren Gruppe enthält.
     
    3. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Polymerisat mindestens 50 Gew.-% Acrylnitrileinheiten aufweist und als saure Gruppe eine Sulfo-oder Sulfatogruppe enthält.
     
    4. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Acrylpolymerisat als weitere Comonomere Acryl- oder Methacrylsäureester enthält.
     
    5. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es als Farbstoffvorläufer Carbinolbasen oder Carbinolbasenderivate von Di- und Triarylmethanfarbstoffen oder Fluorane enthält.
     
    6. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es als Farbvorläufer 4,4'-Tetraalkyl-diaminodiarylmethanalkylsulfinate enthält.
     
    7. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial gemäß Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Material Phosphorsäureester langkettiger Alkohole enthält.
     
    8. Thermoreaktives Aufzeichnungsmaterial gemäß Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Material bevorzugt Mono- und Diphosphorsäureester von C8 bis C22-Alkoholen enthält.
     
    9. Verfahren zur Herstellung des thermoreaktiven Aufzeichnungsmaterials des Anspruchs 1 durch Beschichten von Trägermaterialien mit Farbstoffvorläufern und Akzeptoren enthaltenden Zubereitungen.
     
    10. Verwendung von sauermodifizierten Polymerisaten des Acrylnitrils als Akzeptoren in thermoreaktiven Aufzeichnungsmaterialien.