(19)
(11) EP 0 141 097 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.05.1985  Patentblatt  1985/20

(21) Anmeldenummer: 84109788.4

(22) Anmeldetag:  16.08.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4A24B 15/24
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 26.09.1983 DE 3334736

(71) Anmelder:
  • MESSER GRIESHEIM GMBH
    D-60314 Frankfurt (DE)
  • Kohlensäure-Werke Rud. Buse GmbH & Co.
    D-5462 Bad Hönningen (DE)

(72) Erfinder:
  • Gährs, Hans Jasper, Dr.
    D-4000 Düsseldorf (DE)

(74) Vertreter: Roesner, Werner 
MESSER GRIESHEIM GmbH Patentabteilung Lärchenstrasse 137 Postfach 83 00 48
D-6230 Frankfurt/Main 83
D-6230 Frankfurt/Main 83 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von nikotinarmem Tabak durch Hochdruckextraktion


    (57) @ Der Nikotingehalt von Tabak kann verringert werden durchteitweisen Entzug des Nikotins und durch Erhöhung der Fültfähigkeit, d.h. des spezifischen Volumens des Tabaks. Die Nikotinentfernung wird durch Hochdruckextraktion mit Hilfe komprimierter gasförmiger Lösungsmittel bewerkstelligt. Zur Erhöhung der Füllfähigkeit wird der Tabak mit flüssigen bzw. überkritischen Gasen imprägniert, danach entspannt und thermisch nachbehandelt. Nachteilig bei den bisherigen Verfahren zur Nikotinentfernung mittels Hochdruckextraktion ist, daß Aromastoffe mitextrahiert werden. Um die Aromastoffe zumindest weitgehend im Tabak zu belassen wird Lösungsmittel, ein Gemisch aus Stickstoff und Kohlendioxid mit 50 bis 80% Stickstoffanteil verwendet. Die für die selektive Nikotinextraktion geeigneten optimalen Drücke von 250 bis 600 bar sind gleichzeitig optimal geeignet zur Erhöhung der Füllfähigkeit des Tabaks, indem dieser unmittelbar nach der Extraktion entspannt und einer thermischen Nachbehandlung unterzogen wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von nikotinarmem Tabak durch Hochdruckextraktion des Nikotins mit Hilfe eines komprimierten gasförmigen Lösungsmittels, sowie gegenbenenfalls anschließender Erhöhung der Füllfähigkeit des Tabaks.

    [0002] Mit Hilfe verschiedener gasförmiger Lösungsmittel unter hohem Druck kann Nikotin zu einem erheblichen Teil aus Tabak entfernt werden. Die angewendeten Drücke können so hoch sein, daß sich die Lösungsmittel im flüssigen Zustand oder im überkritischen Zustand befinden. Als geeignete gasförmige Lösungsmittel werden in der DE-OS 2 043 537 beispielsweise CO2,Nz O und Ar genannt. Nachteilig bei diesem Verfahren ist, daß neben dem Nikotin auch andere, z. B. aromabildende Inhaltsstoffe teilweise mitextrahiert werden. Nach einem aus der DE-OS 2 142 205 bekannten Verfahren wird dieser Nachteil dadurch vermieden, daß man vor der Entnikotisierung die Aromastoffe separat extrahiert und nach der Nikotinextraktion dem Tabak die Aromastoffe wieder zusetzt. Diese Verfahrensweise ist verhältnismäßig aufwendig und es ist nicht auszuschließen, daß die teilweise komplizierten und empfindlichen Aromastoffe durch derartige Manipulationen nachteilig beeinflußt werden.

    [0003] Eine weitere Möglichkeit, den Nikotingehalt in Tabakwaren zu reduzieren, besteht darin, die Füllfähigkeit des verwendeten Tabaks zu verbessern, d. h. dessen spezifisches Volumen (cm3/g) zu vergrößern. Hierzu wird der Tabak mit flüssigen oder überkritischen Gasen unter Druck imprägniert, anschließend entspannt und durch Temperaturerhöhung thermisch nachbehandelt. Als hierfür geeignete Imprägnierungsgase werden in der DE-OS 2 903 300 N2 oder Ar genannt, in der US-PS 4,258,729 flüssiges C02.

    [0004] Diese Verfahren des Tabak-blähens führen aber nur zu etwa einer Verdoppelung des spezifischen Volumens bzw. der Füllfähigkeit. Der Nikotingehalt in derartig vorbehandelten Tabakwaren kann daher nur bis zu etwa 50 % reduziert werden.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von nikotinarmem Tabak durch Hochdruckextraktion zu schaffen, das eine weitgehend isolierte Entfernung des Nikotins gestattet, ohne dassandere Inhaltsstoffe, insbesondere Aromakomponenten, mit herausgelöst werden. In vorteilhafter Weiterbildung soll es die Erfindung gestatten,unmittelbar im Anschluß an die Nikotinextraktion durch eine Druckabsenkung und thermische Behandlung die Füllfähigkeit des Tabakszu vergrößern und damit den spezifischen Nikotingehalt weiter zu verringern.

    [0006] Ausgehend von dem im Oberbegriff des Anspruches 1 berücksichtigten Stand der Technik ist diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst mit den im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen Merkmalen.

    [0007] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

    [0008] Die Erfindung beruht im wesentlichen auf der Erkenntis, daß überraschenderweise Gemische aus Stickstoff und Kohlendioxid bestimmter Zusammensetzung ein nahezu selektives Lösungsvermögen gegenüber Nikotin besitzen, obwohl Stickstoff allein kein oder nur ein äußerst kleines Lösungsvermögen besitzt, jedenfalls im Druckbereich bis 500 bar. Für alle anderen Inhaltsstoffe des Tabaks verhalten sich die Stickstoff-Kohlendioxidgemische jedoch wie reiner Stickstoff, stellen also ein äußerst schlechtes Lösungsmittel dar. Damit heben sich die Gemische aus Stickstoff und Kohlendioxid äußerst vorteilhaft gegenüber reinem Kohlendioxid ab, dessen Lösungsvermögen für Nikotin zwar schon bei niedrigen Drücken ausgezeichnet ist, welches aber auch zahlreiche Inhaltsstoffe des Tabaks, wie Wachse und Aromastoffe, herauslöst.

    [0009] Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß der Druck und die Zusammensetzung des Stickstoff-Kohlendioxidgemisches so gewählt werden kann, daß unmittelbar an die selektive Extraktion des Nikotins eine Entspannung und thermische Nachbehandlung des Tabaks von einem Druck aus durchgeführt werden kann, der optimal für dieses Verfahren zur Erhöhung der Füllfähigkeit des Tabaks ist. Es ist also nach der selektiven Nikotin- extraktion keinerlei Druckveränderung mehr nötig, vielmehr kann von dem vorhandenen Druck ausgehend unmittelbar das an sich bekannte Blähverfahren durchgeführt werden. Hierdurch ergibt sich ein wirtschaftlich überaus günstiges Gesamtverfahren.

    [0010] Die Wahl des für das erfindungsgemäße Verfahren optimalen Druckes richtet sich vor allem nach dem Feuchtigkeitsgehalt des Tabaks und des Lösungsmittels. In der Regel sind Arbeitstemperaturen oberhalb 50 °C erforderlich, jedoch können in Sonderfällen auch Temperaturen bis herab zu 40 °C bereits ausreichend sein.

    [0011] Die Abscheidung des extrahierten Nikotins kann durch Druck-und/oder Temperaturänderung des Lösungsmittels erfolgen. Besonders vorteilhaft kann die Abscheidung des Nikotins bewirkt werden, durch Zumischung einer weiteren Komponente zum Lösungsmittel oder durch Veränderung der Zusammensetzung des Lösungsmittels durch Zumischen einer der beiden Komponenten Stickstoff oder Kohlendioxid.

    [0012] Das erfindungsgemäße Verfahren wird durchgeführt mit Lösungsmitteldurchsätzen von mindestens 5 kg Lösungsmittel pro Kilogramm Rohstoff, vorzugsweise mit Durchsetzen von 15 bis 25 kg Lösungsmittel pro Kilogramm Rohstoff. Dies führt zu einer Reduzierung des Nikotingehaltes im Rohstoff von mindestens 80 bis über 90 %. Eine weitere Reduzierung des Nikotingehaltes kann erreicht werden, wenn der Rohstoff unmittelbar nach der Extraktion vom Extraktionsdruck entspannt wird und danach einer thermischen Nachbehandlung unterzogen wird. Hierfür genügt eine kurzfristige Temperaturerhöhung auf mindestens 100 °C, vorzugsweise auf 150 bis 350 °C. Durch das schnelle Ausgasen der im Rohstoff gelösten Gaskomponenten wird eine Vergrößerung des spezifischen Volumens von mindestens 20 %, gewöhnlich von 40 bis 70 %, erreicht. Die Erfindung wird anhand der Zeichnungen näher erläutert.

    [0013] Es zeigen:

    Fig. 1 den Druck maximaler Nikotinlöslichkeit als Funktion der Lösungsmittel-Zusammensetzung;

    Fig. 2 die Nikotinlöslichkeit als Funktion des Druckes für reines Kohlendioxid, reinen Stickstoff und ein Gemisch aus 75 % Stickstoff und 25 % Kohlendioxid;

    Fig. 3 zeigt die Abhängigkeit der relativen Extraktausbeuten und die der relativen maximalen Nikotin-Konzentrationen als Funktion der Lösungsmittelzusammensetzung;

    Fig. 4 zeigt ein Verfahrensschema des erfindungsgemäßen Verfahrens.



    [0014] Fig. 1 zeigt die für die Nikotinextraktion mit trockenem Kohlendioxid optimalen Drücke p m in bar als Funktion der Zusammensetzung des Stickstoff-Kohlendioxidgemisches. Es sind jeweils die Drücke maximaler Nikotinlöslichkeit angegeben, und zwar bei einer Temperatur von 50 °C. Fig. 2 zeigt die Nikotinlöslichkeit als Funktion des Druckes bei 50 °C für die verschiedenen Lösungsmittel. Kurve 1 gibt die Löslichkeit von Kohlendioxid an, Kurve 2 die von Stickstoff und Kurve 3 die eines Gemisches gemäß der Erfindung aus 75 % Stickstoff und 25 % Kohlendioxid. Wie die Darstellung zeigt,ist reiner Stickstoff als Lösungsmittel praktisch unbrauchbar, während reines Kohlendioxid schon bei niedrigen Drücken an sich ein hervorragendes Lösungsmittel darstellt. Reines Kohlendioxid extrahiert aber neben Nikotin auch weitere Inhaltsstoffe. Überraschenderweise ist dies bei einem Lösungsmittelgemisch aus 75 % und 25 % Kohlendioxid gemäß der Erfindung nicht der Fall. Zwar ist die Löslichkeit insgesamt niedriger als die von reinem Kohlendioxid und es sind auch höhere Extraktionsdrücke erforderlich, dafür ist aber eine praktisch selektive Extraktion des Nikotins möglich. Die erforderlichen hohen Drücke können darüber hinaus unmittelbar zur Erhöhung der Füllfähigkeit des Rohstoffes ausgenutzt werden.

    [0015] Für die Abhängigkeit des optimalen Druckes von der Zusammensetzung des Lösungsmittels läßt sich als Näherungsformel bei 50 °C angeben:

    wobei in etwa p0 = (150 - 50) bar und pg,T = (400 ± 50) bar gilt. Die genauen Werte hängen von der Feuchtigkeit des Rohstoffes und des Lösungsmittels ab sowie von der Art und Vorbehandlung des Tabaks.

    [0016] Fig. 3 zeigt die Abhängigkeit der relativen Extraktausbeuten und die der relativen maximalen Nikotinkonzentrationen als Funktion der Lösungsmittelzusammensetzung bei 50 °C. Kurve 4 gibt die relative Extraktausbeute E(N2/CO2)/E(CO2) an. Dabei ist E(C02) die Gesamtextraktausbeute bei Durchsatz von 10 kg Kohlendioxid pro Kilogramm Rohstoff, E(N2/CO2), die bei Durchsatz von 10 kg Stickstoff-Kohlendioxidgemisch bei dem für die jeweilige Zusammensetzung optimalen Druck gewonnene Extraktmenge.Kurve 5 gibt die relative Nikotinsättigungskonzentration cN(N2/CO2)/CN(CO2), als Funktion der Lösungsmittelzusammenstzung bei 50 °C an. Während die Extraktausbeute schnell und kontinuierlich mit zunehmenden Stickstoffgehalt im Lösungsmittelgemisch fällt, liegt die Nikotinlöslichkeit selbst bei 75 % Stickstoffgehalt noch bei gut 40 % des Wertes für reines Kohlendioxid, obwohl Stickstoff bei 450 bar praktisch keine Nikotinlöslichkeit aufweist und selbst bei 520 bar kaum meßbare Werte zeigt.

    [0017] Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens werden aus den Figuren unmittelbar ersichtlich. Die Zusammensetzung des Lösungsmittelgemisches aus Stickstoff und Kohlendioxid beeinflußt extrem die Selektivität des Extraktionsprozesses zugunsten des Nikotins und verschiebt den für die Extraktion von Nikotin optimalen Druck auf Werte, die eine anschließende Verbesserung der Füllfähigkeit durch thermisches Nachbehandeln sehr effektiv machen.

    [0018] Fig. 4 zeigt ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens anhand eines Verfahrensschemas. Ausgangsmaterial für die Nikotin-Extraktion war handelsüblicher Pfeifentabak.

    [0019] Analysedaten:

    Trockensubstanzgehalt: TS = 85,6 %

    TS-Nikotingehalt bez. auf C Nik. = 0,94 %



    [0020] Der Tabak wird auf ca. 25 % TS angefeuchtet und im Extraktor vom Lösungsmittel, das dem Lagertank 6 entnommen wird, durchströmt. Der Druck des Lösungsmittels wurde im Kompressor 4 entsprechend erhöht und im Wärmetaucher 5 wurde die entsprechende Temperaturerhöhung vorgenommen. Die Abscheidung wird über Entspannung bewirkt (Ventil 3), das Extrakt aus dem Abscheider 2 entnommen. Die Extraktions- und Abscheide-Bedingungen sind in Tabelle 1 angegeben, das Extraktionsergebnis in Tabelle 2.





    [0021] Bei ähnlicher Nikotin-Reduktion ergab sich ein erheblicher Unterschied in der qualitativen und sensorischen Bewertung des Rohstoffes nach der Extraktion: Der mit CO2 behandelte Tabak war wesentlich trockener (TS 92 %) und nahezu aromalos. Dagegen zeichnete sich der mit N2/CO2 behandelte Tabak durch nahezu unveränderten Aromagehalt aus und der Feuchtgehalt war unwesentlich verringert. Bei beiden Versuchen war der behandelte Tabak etwas aufgebläht. Deutlich wird die Vergrößerung des spezifischen Volumens allerdings erst nach einer der Extraktion und Entspannung folgenden thermischen Nachbehandlung.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von nikotinarmem Tabak durch Hochdruckextraktion des Nikotins mit Hilfe eines komprimierten gasförmigen Lösungsmittels,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Lösungsmittel ein Gemisch aus Stickstoff und Kohlendioxid mit 50 bis 80 % Stickstoffanteil verwendet wird und die Extraktion bei Drücken zwischen 250 und 600 bar und Temperaturen oberhalb 50 °C dur chgeführt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Stickstoffgehalt des Lösungsmittels 70 bis 80 % beträgt und die Extraktion bei Drücken von 300 bis 600 bar durchgeführt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Abscheidung des Nikotins aus dem Lösungsmittel durch Änderung der Lösungsmittelzusammensetzung nach Verlassen des Extraktionsbehälters bewirkt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß zur Erhöhung der Füllfähigkeit des Tabaks dieser nach der Extraktion des Nikotins entspannt und einer thermischen Nachbehandlung bei Temperaturen zwischen 100 und 300 °C unterzogen wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die thermische Nachbehandlung bei Temperaturen zwischen 150 und 300 °C durchgeführt wird.
     




    Zeichnung