(19)
(11) EP 0 142 668 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.05.1985  Patentblatt  1985/22

(21) Anmeldenummer: 84111204.8

(22) Anmeldetag:  20.09.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22F 1/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB LI

(30) Priorität: 28.09.1983 CH 5252/83

(71) Anmelder: BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie.
CH-5401 Baden (CH)

(72) Erfinder:
  • Nazmy, Mohamed Yousef, Dr.
    CH-5412 Gebenstorf (CH)
  • Rydstad, Hans, Dr.
    CH-5413 Birmenstorf (CH)
  • Schroeder, Günther, Dr.
    CH-5413 Birmenstorf (CH)
  • Singer, Robert, Dr.
    CH-5400 Baden (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung eines feinkörnigen Werkstücks aus einer Nickelbasis-Superlegierung


    (57) Ein feinkörniges Werkstück mit verbesserten mechanischen Eigenschaften aus einer Nickelbasis-Superlegierung wird durch ein zweiteiliges Schmieden hergestellt, indem ein Rohling in einem ersten isothermen Warmverformungsschritt (Kurve b) oberhalb der Lösungsglühtemperatur für die y'-Phase (Linie a) in eine Zwischenform übergeführt und diese anschliessend in einem zweiten isothermen Warmverformungsschritt (Kurve c) knapp unterhalb der Lösungsglühtemperatur für die γ'-Phase bis zur Endform fertiggeschmiedet wird. Dabei ist für den ersten Schritt ein Verformungsgrad ε von mindestens 0,7 bei einer mittleren Verformungsgeschwindigkeit ε von ca. 10 . 10-3S- erforderlich. Der zweite Schritt wird bei Verformungsgeschwindigkeiten E durchgeführt, die um ein bis zwei Zehnerpotenzen tiefer liegen als diejenigen des ersten Schrittes.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Herstellung eines Werkstücks nach der Gattung des Oberbegriffs des Anspruchs 1.

    [0002] Aus der Literatur sind Verfahren bekannt, nach denen ein feinkörniges Endprodukt, ausgehend von einem Rohling aus einer warmfesten Legierung (z.B. Nickelsuperlegierung) in mehreren Arbeitsgängen hergestellt werden kann. Insbesondere trifft dies auf ein Verfahren zu, bei welchem in einem ersten Schritt das Ausgangsmaterial dicht unterhalb seiner Rekristallisationstemperatur nach herkömmlicher Art verformt wird, so dass sich das gewünschte feinkörnige Gefüge in einem Zwischenprodukt einstellt. In einem zweiten Schritt wird dann dieses Zwischenprodukt durch quasiisothermes Schmieden unter Verwendung von beheizten Gesenken in das Endprodukt übergeführt (GB-PS 1 253 861).

    [0003] Bei der Durchführung dieser Verfahren zeigt es sich, dass es ausserordentlich schwierig ist, durch Verformen unterhalb der Rekristallisationstemperatur ein für das Endprodukt optimales Gefüge mit besten mechanischen Eigenschaften zu erhalten. Ausserdem sind diese Verfahren ausserordentlich langsam, was sich ungünstig auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Es besteht daher das Bedürfnis, die bekannten Verfahren zu verbessern.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Umformverfahren anzugeben, welches die Herstellung eines Werkstücks aus einer Nickelbasis-Superlegierung, ausgehend von einem lösungsgeglühten grobkörnigen Rohling ermöglicht, wobei das Endprodukt gleichzeitig die definitive Schmiedeform, ein feinkörniges Gefüge und bestmögliche mechanische Eigenschaften aufweist.

    [0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.

    [0006] Die Erfindung wird anhand des nachfolgenden, durch Figuren erläuterten Ausführungsbeispiels beschrieben.

    [0007] Dabei zeigt:

    Fig. 1 ein Diagramm des Temperaturverlaufs des Verfahrens in Funktion der Zeit,

    Fig. 2 ein Diagramm der Korngrösse und des Grobkornanteils in Funktion der Umformtemperatur.



    [0008] In Fig. 1 ist der Temperaturverlauf des Verfahrens in Funktion der Zeit (willkürlicher, unterbrochener Massstab) in den verschiedenen Verfahrensschritten dargestellt. a ist die für ein gegebenes Material vorliegende Lösungsglühtemperatur für die γ-Phase, die für die untersuchte Superlegierung (Handelsname "Waspaloy") zwischen 1020 und 10400C (im Mittel bei 1030°C) liegt. Der Verlauf b entsprechend Phase I bezieht sich auf einen ersten, im wesentlichen der Kornverfeinerung dienenden und in einem isothermen Schmieden (Stauchen) bestehenden Warmverformungsschritt. Der Verlauf c entsprechend Phase II stellt den wesentlich langsamer durchgeführten und sowohl zur Endform (Fertigteil) wie zur Steigerung der mechanischen Festigkeit führenden zweiten Verformungsschritt dar.

    [0009] Im unteren Teil der Figur ist die weitere für diese Klasse von Superlegierungen übliche, aus Lösungsglühen, Abschrekken und mehrfachem Aushärten bestehende, an den Umformprozess anschliessende Wärmebehandlung in einem anderen Zeitmassstab dargestellt.

    [0010] Fig. 2 zeigt grundsätzlich die Zusammenhänge zwischen Gefügeausbildung und Umformtemperatur. d stellt die mittlere Korngrösse, x den Anteil an groben Einzelkörnern in Funktion der Umformtemperatur für konstante Verformung und Verformungsgeschwindigkeit dar.

    Ausführungsbeispiel:



    [0011] Siehe Fig. l:

    Zur Herstellung eines doppelkegelförmigen rotationssymmetrischen Hohlkörpers mit Zwischenflansch wurde ein Rohling aus einer lösungsgeglühten Nickelbasis-Superlegierung verwendet. Die Legierung mit dem Handelsnamen "Waspaloy" hatte die nachfolgende Zusammensetzung:





    [0012] Der. Rohling hatte zylindrische Form und besass folgende Abmessungen:



    [0013] Er wurde in einem ersten Verfahrensschritt (Phase I) in einer Schmiedepresse in axialer Richtung durch isothermes Schmieden bei einer Temperatur von 1100°C, welche oberhalb der Lösungsglühtemperatur für die γ '-Phase des Werkstoffes lag, derart gestaucht, dass er danach die folgenden Abmessungen aufwies:



    [0014] Dies entsprach einem Verformungsgrad ε von 0,7. Die mittlere Verformungsgeschwindigkeit betrug E = 12,5 . 10 -3s -1. Dabei war

    wie folgt definiert:

    A = Querschnittsfläche des Werkstücks vor der Umformung, je pro Schritt,

    Af = Querschnittsfläche des Werkstücks nach der Umformung,

    ln = natürlicher Logarithmus

    t = Zeit in Sekunden



    [0015] Nach dem gemäss Phase I ca. 1 min dauernden Stauchvorgang wurde das Werkstück an Luft auf Raumtemperatur abgekühlt.

    [0016] In einem zweiten Verfahrensschritt (Phase II) wurde das vorgeformte Werkstück in einem Schmiedegesenk bei einer niedrigeren Temperatur, welche knapp unterhalb der Lösungsglühtemperatur für die γ '-Phase lag, bis zur Fertigform isotherm geschmiedet. Im vorliegenden Fall betrug diese Schmiedetemperatur 1010°C. Während der Phase II wurde die Verformungsgeschwindigkeit stufenweise entsprechend dem bereits erreichten Verformungsgrad erniedrigt. Der der ersten ca. 8 min dauernden Stufe entsprechende Verformungsgrad ε betrug 1,3. Die mittlere Verformungsgeschwindigkeitwar

    = 1,5 . 10-3s- 1, was einer durchschnittlichen Stempelgeschwindigkeit von ca. 0,1 mm/s entsprach. Die maximal erreichte Presskraft war 1800 kN. Die ca. 5 min dauernde zweite Stufe entsprach einem Verformungsgrad ε von 0,5 bei einer Verformungsgeschwindigkeit vonε = 0,9 . 10-3s-1. Die dritte, ca. 7 min dauernde Stufe erreichte noch ein ε von 0,2 bei einem

    = 0,1 10- 3s- 1. Die maximal erreichte Presskraft betrug hierbei 2000 kN. Alle ε und

    auf Ao des zweiten Verfahrensschritts bezogen!

    [0017] Nach dem Fertigschmieden gemäss Phase II wurde das Werkstück der üblichen konventionellen Wärmebehandlung unterzogen: Lösungsglühen bei 1020°C während 4 h, Abschrecken in Oel, Glühen bei 850°C während 4 h, Abkühlen in Luft, Aushärten bei 750°C während 16 h, Abkühlen in Luft.

    [0018] Das fertig geschmiedete und wärmebehandelte Werkstück wies bei Raumtemperatur eine Streckgrenze von 938 MPa auf, während die Dehnung 22 % betrug.

    [0019] Das Verfahren ist nicht auf das Ausführungsbeispiel beschränkt. Es kann z.B. auf die Luftabkühlung nach der Phase I unter gewissen Umständen verzichtet werden. Das Schmieden würde also in einer Hitze erfolgen, wie dies durch die gestrichelte Kurve zwischen den Aesten b und c in Fig. 1 angedeutet ist. Das Verfahren kann dann auch so gestaltet werden, dass der erste Schritt im wesentlichen in einem Stauchen des Schmiederohlings im Gesenk mit nachfolgender Abkühlung im Gesenk auf die Schmiedetemperatur des zweiten Schrittes besteht. Eine weitere mögliche Variante beruht darauf, däss der erste Schritt in einem Vorstauchen des Schmiederohlings mit anschliessendem Formschmieden im Gesenk bei einer Temperatur oberhalb der Lösungsglühtemperatur für die γ'-Phase des Werkstoffs besteht. Ferner kann das Abkühlen des Werkstücks beim Uebergang vom ersten zum zweiten Schritt (zwischen Phase I und Phase II) unter gleichzeitigem Aufbringen einer Last erfolgen.

    [0020] Ausser "Waspaloy" eignet sich noch eine ganze Anzahl anderer Superlegierungen für das Verfahren, worunter Handelsnamen wie Astroloy, Alloy' 901, IN 718, IN 100, Rene 95 etc. figurieren. Im allgemeinen können die Legierungsgrenzen ungefähr wie folgt angegeben werden:





    [0021] Während des ersten Verfahrensschrittes (Phase I) soll der Verformungsgrad ε mindestens den Wert 0,7 erreichen, bei Verformungsgeschwindigkeiten

    , die vorteilhafterweise zwischen 5 . 10-3s-1 und 15. 10 3s-1 (im Durchschnitt um 10 10-3s-1) liegen. Beim zweiten Verfahrensschritt (Phase II) muss der Verformungsgrad ein Mass erreichen, das ausreicht, um die gewünschten guten mechanischen Eigenschaften zu erzielen. Dieses Mass hängt von der Form und Grösse des Werkstücks ab. Die entsprechenden Verformungsgeschwindigkeiten

    bewegen sich dabei etwa zwischen 2 10-3s-1 und 0,1 . 10 -3 s-1 Sie nehmen mit fortschreitendem Verformungsgrad E ab, in dem Masse wie sich das Werkstück der Endform nähert.

    [0022] Wesentlich ist, dass der erste Schritt oberhalb und der zweite Schritt knapp unterhalb der Lösungsglühtemperatur für die γ'-Phase des Werkstoffs durchgeführt wird, so dass für die Endform eine mittlere Korngrösse von 4 bis 40 µm, eine Warmstreckgrenze bei 540°C von mindestens 780 MPa und eine Standzeit unter einer Belastung von 510 MPa bei 670°C von mindestens 100 h (Zeitstandfestig- keit) erzielt wird.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung eines feinkörnigen Werkstücks mit verbesserten mechanischen Eigenschaften aus einer Nickelbasis-Superlegierung, dadurch gekennzeichnet, dass in einem ersten Schritt ein Schmiederohling durch isothermes Schmieden oberhalb der Lösungsglühtemperatur für die γ'-Phase in eine Zwischenform übergeführt wird, wobei ein Verformungsgrad E von mindestens 0,7 und eine Verformungsgeschwindigkeit

    von 5 . 10-3s-1 bis 15 . 10-3s-1 eingehalten wird, und dass die Zwischenform in einem zweiten Schritt durch isothermes Schmieden dicht unterhalb der Lösungsglühtemperatur für die γ '-Phase unter Anwendung einer Verformungsgeschwindigkeit

    von
     
    2 . 10-3s-1 bis 0,1 . 10-3 s-1 in die Endform übergeführt wird, wobei

    wie folgt definiert ist:

    A = Querschnittsfläche des Werkstücks vor der Umformung, je pro Schritt,

    Af = Querschnittsfläche des Werkstücks nach der Umformung,

    ln = natürlicher Logarithmus

    t = Zeit in Sekunden .


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück bis zur Endform auf eine mittlere Korngrösse von 4 bis 40 µm, eine Warmstreckgrenze bei 540°C von mindestens 780 MPa und eine Standzeit unter einer Belastung von 510 MPa bei 6700C von mindestens 100 h geschmiedet wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Nickelbasis-Superlegierung die nachfolgenden Grenzwerte der Zusammensetzung aufweist:


     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Schritt im wesentlichen in einem Stauchen des Schmiedrohlings im Gesenk mit nachfolgender Abkühlung im Gesenk auf die Schmiedetemperatur des zweiten Schrittes besteht.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Schritt in einem Vorstauchen des Schmiederohlings mit anschliessendem Formschmieden im Gesenk bei einer Temperatur oberhalb der Lösungsglühtemperatur des Werkstoffs besteht.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Abkühlen des Werkstücks beim Uebergang vom ersten zum zweiten Schritt unter gleichzeitigem Aufbringen einer Last erfolgt.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht