(19)
(11) EP 0 144 846 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.06.1985  Patentblatt  1985/25

(21) Anmeldenummer: 84113919.9

(22) Anmeldetag:  16.11.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4H01H 1/02, H01H 11/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB LI NL SE

(30) Priorität: 12.12.1983 DD 257796

(71) Anmelder: VEB "Otto Buchwitz" Starkstrom-Anlagenbau Dresden
DDR-8060 Dresden (DD)

(72) Erfinder:
  • Kalning, Ilgmar, Dr.-Ing.
    DDR-8101 Pappritz (DD)
  • Bahder, Hans-Peter, Dipl.-Ing.
    DDR-1130 Berlin (DD)
  • Deja, Bernd, Dipl.-Ing.
    DDR-1034 Berlin (DD)

(74) Vertreter: Beetz & Partner Patentanwälte 
Steinsdorfstrasse 10
80538 München
80538 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Sinterformkörper für Vakuumschalterkontaktstücke und Verfahren zu ihrer Herstellung


    (57) Die Erfindung betrifft Sinterformkörper für Vakuumschalterkontaktstücke, die eine schnelle, verlustlose Übertragung hoher Ströme gewährleisten, sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung. Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird die Pulvermenge des Matrixwerkstoffs mit 30 bis 70 % der Pulvermenge des Tränkwerkstoffs und mit 1 bis 5 % eines Zusatzwerkstoffs, bezogen auf die Endzusammensetzung, gemischt. Nach der Formgebung wird eine Auflage aus mindestens der Restmenge des Tränkwerkstoffs aufgebracht. Die Sinterung erfolgt bei einer Temperatur unterhalb der Schmelztemperatur des Tränkwerkstoffs, mindestens jedoch bei der eutektischen Temperatur des Zusatzwerkstoffs mit dem Tränkwerkstoff während einer Sinterdauer 2: 1 h; danach wird die Temperatur auf mindestens die Schmelztemperatur des Tränkwerkstoffs erhöht und ≥ 30 min auf diesem Wert gehalten, wonach sich eine Wärmebehandlung von mindestens 1 h Dauer bei einer Temperatur anschließt, die 100 bis 250 K unterhalb der Sintertemperatur liegt.
    Durch diese Verfahrensweise wird ein Lösen des hochschmelzenden Matrixwerkstoffs im niedriger schmelzenden Tränkwerkstoff unterbunden.
    Die Erfindung ist insbesondere zur Herstellung von Kontaktstücken von Vakuumschaltern für Mittelspannungsschaltanlagen mit hohen Abschaltleistungen geeignet.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft Sinterformkörper für Vakuumschalterkontakte sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung, bei dem der Sinterwerkstoff zunächst aus einem die Matrix bildenden Metallpulver hohen Schmelzpunkts durch Mischen, Verpressen und Sintern sowie anschließendes Tränken der Matrix mit einem Tränkwerkstoff niedrigeren Schmelzpunkts hergestellt wird. Solche Schalterkontakte sind besonders für Vakuumschalter in Mittelspannungsnetzen mit hohen Abschaltleistungen geeignet.

    [0002] Es ist bereits ein Verfahren zur Herstellung von Kontakten für Vakuumschalter oder Vakuumfunkenstrecken bekannt, bei dem durch Verpressen und Sintern eines hochschmelzenden Metallpulvers ein Skelettkörper hergestellt wird, auf dessen Oberfläche dann eine Platte aus einem Tränkwerkstoff mit niedrigerem Schmelzpunkt aufgelegt wird, worauf diese Einheit unter Vakuum so lange auf einer Temperatur unterhalb der Schmelztemperatur des zuerst schmelzenden Metalls gehalten wird, bis die Sauerstoffspuren aus der Oberfläche der Metalle entfernt sind. Danach wird die Temperatur auf die Schmelztemperatur des Metalls mit der niedrigeren Schmelztemperatur erhöht, wobei die Poren mit dem Tränkwerkstoff gefüllt werden. Der Skelettkörper besteht dabei aus Chrom, der Tränkwerkstoff aus Kupfer, Silber oder aus einer Kupferlegierung, die < 0,3 % Zirkonium, Tantal oder Titan enthält (DE-A1 2521 504).Der Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, daß das Sintern der Matrix und das Tränken als getrennte Prozeßstufen durchgeführt werden müssen, und die volle Leitfähigkeit des Kupfers oder der Kupferlegierung in solchen Kontakten nicht voll ausgenutzt werden kann, da durch das Lösen der beiden Hauptkomponenten ineinander die Leitfähigkeit herabgesetzt wird. Ein weiterer Nachteil besteht darin, daß die Verschweißtendenz der Kontakte bei der Verwendung der angegebenen Werkstoffe nicht ausgeschlossen werden kann.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Sinterformkörper für Vakuumschalterkontakte sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung anzugeben, wobei die obigen Nachteile nicht auftreten und Schalterkontaktstücke hoher Leitfähigkeit durch eine einfachere Verfahrensweise erhältlich sind, bei der ein Lösen des hochschmelzenden Matrixwerkstoffs in dem niedriger schmelzenden Tränkwerkstoff unterbunden ist.

    [0004] Die Aufgabe wird anspruchsgemäß gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der Unteransprüche.

    [0005] Die durch die Erfindung erzielten Vorteile bestehen besonders in der höheren Leitfähigkeit der Kontaktstücke und insbesondere darin, daß das gesamte Verfahren in einem einzigen Zyklus durchführbar ist.

    [0006] Im folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung beschrieben.

    [0007] Zunächst wird ein Gemenge aus 50 Gew.-% technisch reinem Chrompulver (Chromgehalt 98 %, Teilchengröße 0,1 bis 0,16 mm), 47,5 Gew.-% reduziertem Kupferpulver (Kupfergehalt - 99,8 %, Teilchengröße 0,06 mm) und 2,5 Gew.-% Bor (amorphes Bor 95 %) hergestellt, das dann unter einem Druck von 250 MPa zu Formkörpern verpreßt wird, deren Dichte 75 1 der theoretischen Dichte beträgt. Eine 110 % des Porenvolumens der Formkörper, also einem Überschuß von 10 %, entsprechende Menge Kupferpulver wird ebenfalls unter einem Druck von 250 MPa zu Formkörpern gleicher Grundfläche gepreßt, die auf die aus der Pulvermischung hergestellten Formkörpern aufgelegt werden. Die paarweise aufeinandergelegten Formkörper werden in einem Vakuumofen eingebracht und nach dem Evakuieren auf einen Druck von 10-2 Pa bei 1050 °C 2 h unter Bildung einer durch das niedrigschmelzende Eutektikum Cu-B bedingten flüssigen Phase bei gleichzeitiger Entgasung gesintert. Während der Sinterung führt eine metallurgische Reaktion zur Bildung von Chromborid. Danach wird die Temperatur auf 1150 °C erhöht und 1 h auf diesem Wert gehalten. Dabei schmilzt die Auflage und dringt mit fortschreitender weiterer Entgasung in den Sinterkörper ein. Der Vakuumofen wird anschließend auf 900 °C abgekühlt und 2 h auf dieser Temperatur gehalten. Während dieser Wärmebehandlung scheidet sich das Bor aus der eutektischen Legierung Cu-B in Form eines feindispers verteilten Gefügebestandteils aus. Der durch das gebildete Chromborid stark eingeschränkte Anteil von gelöstem Chrom wird aus der Tränklegierung ebenfalls feindispers ausgeschieden, so daß das gut leitende Kupfer im Kontakt für die Stromleitung uneingeschränkt zur Verfügung steht. Die Restmenge des verwendeten Tränkwerkstoffs, die mindestens dem ermittelten Porenvolumen äquivalent ist, kann als Auflage dem Preßling in Form einer kompakten Platte aufgelegt werden. Der Sinterprozeß wird bei einer Temperatur durchgeführt, die unter der Aufschmelztemperatur des Tränkwerkstoffs liegt, jedoch mindestens bei einer Temperatur, bei welcher der Zusatzwerkstoff und der Tränkwerkstoff ein Eutektikum bilden. Dabei findet unter Einwirkung von Vakuum bei einem Druck < 102 Pa gleichzeitig eine Entgasung des Sinterkörpers statt. Durch die Bildung einer flüssigen Phase wird außerdem eine sinterfördernde Wirkung erzielt. Die durch den Zusatzwerkstoff herabgesetzte Oberflächenspannung des Tränkwerkstoffs bewirkt, daß dieser bereits in feine Poren eingesogen und dadurch die nachfolgende Tränkung positiv beeinflußt wird. Weiterhin geht der Zusatzwerkstoff mit dem höher schmelzenden Matrixwerkstoff eine metallurgische Reaktion ein, wobei eine kohärente, zusammenhängende Oberflächenschicht den Matrixwerkstoff umgibt, wodurch wiederum Lösungsvorgänge zwischen dem Matrixwerkstoff und dem beim nachfolgenden Tränkvorgang nachfließenden Tränkwerkstoff gehemmt werden. Nach der Sinterung wird die Temperatur mindestens auf die Schmelztemperatur des Tränkwerkstoffs erhöht und die angegebene Zeit auf dieser Temperatur gehalten, wodurch die Füllung der Poren bis auf einen Restporengehalt von 1 1 bei gleichzeitiger weiterer Entgasung des Sinterkörpers stattfindet. Nach der anschließenden Senkung der Temperatur und aufgrund der Wärmebehandlung scheiden sich der Zusatzwerkstoff aus der eutektischen Legierung und der möglicherweise vorliegende geringe Anteil von gelöstem Matrixwerkstoff infolge der mit sinkender Temperatur abnehmenden Löslichkeit im Tränkwerkstoff feindispers verteilt aus. Diese Ausscheidungen bewirken eine Versprödung der Phasengrenze Matrixwerkstoff - Tränkwerkstoff und hemmen damit die Verschweißneigung.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Sinterformkörpern für Vakuumschalterkontaktstücke, bei dem der Sinterwerkstoff zunächst aus einem die Matrix bildenden Metallpulver hohen Schmelzpunkts durch Mischen, Verpressen zu einem Formkörper und Sintern sowie anschließendes Tränken der Matrix mit einem Tränkwerkstoff niedrigeren Schmelzpunkts hergestellt wird, gekennzeichnet durch folgende Verfahrensschritte:

    (a) Einsatz eines zu verpressenden Pulvers aus einem Pulvergemisch aus

    -der Gesamtmenge des pulverförmigen hochschmelzenden Matrixwerkstoffs,

    - einem Teil des Tränkwerkstoffs in einer Menge von 30 bis 70 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmasse des Tränkwerkstoffs, sowie

    - einem Zusatzwerkstoff, der mit dem Tränkwerkstoff bei der Sintertemperatur ein Eutektikum bildet und mit dem Matrixwerkstoff eine Reaktion eingeht, wobei eine kohärente Oberflächenschicht gebildet wird, die den Matrixwerkstoff umgibt, und der bei Wärmebehandlung dispers aus dem Tränkwerkstoff ausgeschieden wird, in einer Menge von 1 bis 5 Gew.-%, bezogen auf die Masse des Gesamtkontakts;

    (b) Aufbringen der Restmenge des Tränkwerkstoffs als Auflage auf den zuvor gepreßten Formkörper;

    (c) Sinterung bei einer Temperatur, die unter der Aufschmelztemperatur des Tränkwerkstoffs, jedoch mindestens bei der Temperatur des Eutektikums, das sich aus dem Tränkwerkstoff und dem Zusatzwerkstoff bildet, und mindestens 1 h Halten dieser Temperatur;

    (d) Vornahme der Tränkung bei einer Temperatur über der Schmelztemperatur des Tränkwerkstoffs während mindestens 30 min sowie

    (e) Wärmebehandlung des Formkörpers bei einer Temperatur, die 100.bis 250 K unterhalb der Sintertemperatur liegt, während einer Behandlungsdauer > 1 h.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Zusatzwerkstoff Bor eingesetzt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß Sinterung, Tränkung und Wärmebehandlung in einem einzigen, nicht unterbrochenen Zyklus durchgeführt werden.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß Metallpulver einer Teilchengröße von 0,1 bis 0,16 mm verwendet werden.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Auflage aus Tränkwerkstoff bei der Formgebung aufgepreßt wird.
     
    6. Sinterformkörper für Vakuumschalterkontakte auf der Basis eines gesinterten hochschmelzenden Matrixwerkstoffs und eines niedriger schmelzenden Tränkwerkstoffs, der die Kristallite des Matrixwerkstoffs umgibt,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Kristallite des Matrixwerkstoffs von einer Schicht umgeben sind, die mindestens teilweise aus einem binären Eutektikum besteht, dessen eine Komponente aus dem Tränkwerkstoff und dessen andere Komponente aus einem Zusatzwerkstoff bestehen.
     
    7. Sinterformkörper nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die die Kristallite des Matrixwerkstoffs umgebende Schicht überwiegend aus dem Eutektikum besteht.
     
    8. Sinterformkörper nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Kristallite des Matrixwerkstoffs umgebende Schicht ausschließlich aus dem Eutektikum besteht.
     
    9. Sinterformkörper für Vakuumschalterkontakte auf der Basis eines gesinterten hochschmelzenden Matrixwerkstoffs und eines niedriger schmelzenden Tränkwerkstoffs, der die Kristallite bzw Partikel des Matrixwerkstoffs umgibt,
    erhältlich durch folgende Verfahrensschritte:

    (a) Einsatz eines zu verpressenden Pulvers aus einem Pulvergemisch aus

    - der Gesamtmenge des pulverförmigen hochschmelzenden Matrixwerkstoffs,

    - einem Teil des Tränkwerkstoffs in einer Menge von 30 bis 70 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmasse des Tränkwerkstoffs, sowie

    - einem Zusatzwerkstoff, der mit dem Tränkwerkstoff bei der Sintertemperatur ein Eutektikum bildet und mit dem Matrixwerkstoff eine Reaktion eingeht, wobei eine kohärente Oberflächenschicht gebildet wird, die den Matrixwerkstoff umgibt, und der bei Wärmebehandlung dispers aus dem Tränkwerkstoff ausgeschieden wird, in einer Menge von 1 bis 5 Gew.-%, bezogen auf die Masse des Gesamtkontakts;

    (b) Aufbringen der Restmenge des Tränkwerkstoffs als Auflage auf den zuvor gepreßten Formkörper;

    (c) Sinterung bei einer Temperatur, die unter der Aufschmelztemperatur des Tränkwerkstoffs, jedoch mindestens bei der Temperatur des Eutektikums, das sich aus dem Tränkwerkstoff und dem Zusatzwerkstoff bildet, und mindestens 1 h Halten dieser Temperatur;

    (d) Vornahme der Tränkung bei einer Temperatur über der Schmelztemperatur des Tränkwerkstoffs während mindestens 30 min sowie

    (e) Wärmebehandlung des Formkörpers bei einer Temperatur, die 100 bis 250 K unterhalb der Sintertemperatur liegt, während einer Behandlungsdauer > 1 h.


     
    10. Sinterformkörper nach einem der Ansprüche 6 bis 9, erhältlich nach dem Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5.