[0001] Acrylfasern, d.h. Fasern aus Acrylnitril-Homopolymerisaten oder Acrylnitril-Copolymerisaten
mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten, haben üblicherweise eine Dichte von
1,17 bis 1,19 g/cm
3.
[0002] Es ist bekannt, die Dichte von Acrylfasern zu erhöhen ("Stabilisierung"), um die
Acrylfasern mit erhöhter Dichte in Kohlenstoff-Fasern überführen zu können. So wurde
z.B. vorgeschlagen (Indian Journal of Technology, Vol. 13, Juni 1975, Seiten 277-280),
Polyacrylnitrilfilamente einige Minuten in verdünnter KMn0
4-Lösung zu kochen und anschließend 2 bis 8 Stunden bei 150 - 220°C zu oxidieren.
[0003] In der US-PS 4 364 916 wird beschrieben, Polyacrylnitrilfasern dadurch zu stabiliseren,
daß man die Fasern einer Hydroxylamin-Behandlung unterwirft, sie wäscht, um sie anschließend
durch ein heißes Bad einer Ammonium-, Calcium- oder Magnesiumpermanganat-Lösung zu
führen. Es folgt ein weiterer Waschschritt und danach die eigentliche Stabilisierung
durch Erhitzen in sauerstoffhaltiger Atmosphäre auf etwa 240 bis 310°C. Diese Stabiliserung
nimmt etwa 35 Minuten in Anspruch.
[0004] Nachteilig bei diesem Verfahren ist neben der langen Stabilisierungszeit die mehrstufige
Prozeßführung. Dazu kommt, daß Ammonium-, Calcium- und Magnesiumpermanganat-Lösungen
schwer zugänglich sind. Bei Verwendung von Kaliumpermanganat wird eine teilweise Zersetzung
der Fasern beobachtet.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein einfaches Verfahren zur Verfügung zu stellen,
durch das eine Polyacrylnitrilfaser mit einer Dichte ≥1,220 g/cm
3 erzeugt werden kann.
[0006] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß man der Spinnlösung Hydroxylamin zusetzt,
die Spinnlösung trocken verspinnt, die ersponnenen Fäden verstreckt und einer thermischen
Behandlung unterwirft.
[0007] Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfäden
mit einer Dichte ? 1,220 g/cm
3 aus Polymeren mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten durch Trockenspinnen
einer Spinnlösung, gegebenenfalls Waschen, Verstrecken und Erhitzen der ersponnenen
Fäden, dadurch gekennzeichnet, daß man
a) der Spinnlösung Hydroxylamin zusetzt,
b) die Verstreckung im Verhältnis 1:4 bis 1:12 durchführt und
c) das verstreckte Material wenigstens 100 Sekunden einer Kontakthitze von 150 bis
300°C, vorzugsweise 160 bis 220°C, aussetzt.
[0008] Eine Behandlung mit Oxidationsmitteln, wie Permanganat, ist nicht erforderlich.
[0009] Der Zusatz von Hydroxylamin zu Polyacrylnitril-Spinnlösungen ist aus DE-OS 27 24
952 bekannt. Die daraus ersponnenen Fäden werden nicht der erfindungsgemäßen Hitzebehandlung
unterworfen, ihre Dichte erreicht nicht den geforderten Mindestwert von 1,220 g/cm
3, und der Hydroxylaminzusatz erfolgt nicht, um die Dichte zu erhöhen, sondern um die
Fäden schwerer entflammbar zu machen.
[0010] Die Menge des erfindungsgemäß zuzusetzenden Hydroxylamins richtet sich nach dem Gehalt
an Nitrilgruppen. Vorzugsweise wird Hydroxylamin in einer Menge von 0,1 bis 3 Mol-%,
bezogen auf Nitrilgruppen, zugesetzt. Hydroxylamin kann entweder direkt oder in Form
eines Hydroxylaminsalzes zugesetzt werden, wobei es im zweiten Fall erforderlich ist,
das Hydroxylamin in der Spinnlösung durch den Zusatz eines Amins, beispielsweise durch
Zusatz von Ethylendiamin, Triethylamin, Anilin, Morpholin, Pyridin, Piperidin, Dimethylpiperazin,
Diethylentriamin oder Triethylentetramin freizusetzen. Nach dem Zusatz des Hydroxylamins
soll die Spinnlösung vor dem Verspinnen wenigstens 10 Minuten auf einer Temperatur
zwischen 50 und 150°C gehalten werden. Geeignete Hydroxylaminsalze sind Hydroxylaminhydrochlorid
und Hydroxylaminsulfat.
[0011] Die den Acrylfasern zugrunde liegenden Acrylnitril-Polymere mit mindestens 85 Gew.-%
an Acrylnitrileinheiten sind dem Fachmann bekannt. Vorzugsweise werden Acrylnitril-Polymerisate
mit mindestens 98 Gew.-% Acrylnitrileinheiten, insbesondere Acrylnitril-Homopolymerisate,
verwendet, deren K-Werte (Cellulosechemie 13 (1932), 58) zwischen 60 und 120, vorzugsweise
80 und 110, liegen. Die Polymerisate werden in üblicher Weise, d.h. aus etwa 25 bis
35 gew.-%igen Spinnlösungen in Dimethylformamid, Dimethylacetamid oder N-Methylpyrrolidon
versponnen, verstreckt, gewaschen und präpariert.
[0012] Die Festigkeiten der erhaltenden Filamente liegen zwischen 4 und 8 cN/dtex, der Einzelfilamenttiter
beträgt 0,5 bis 20 dtex. Die thermische Behandlung der Filamente erfolgt auf heißen
Kontaktflächen, vorzugsweise auf Galetten, Kalandern oder Heizschienen, unter Spannungen
von 0,1 bis 0,2 cN/dtex und ist nach spätestens 20 Minuten abgeschlossen. Vorzugsweise
dauert die Kontakthitzebehandlung 2 bis 10 Minuten.
[0013] Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltenen Filamente haben Festigkeiten
von 1,5 bis 3,0 cN/dtex und sind dunkelbraun bis schwarz. Sie können zu Filter-, Dichtungs-
und Verstärkungsmaterialien verarbeitet oder nach bekannten Methoden in Kohlenstoff-Fasern
umgewandelt werden.
[0014] Die Dichtebestimmung erfolgt nach der Methode von H. de Vries, H.G.Weijland, Research
Journ. 28, Nr. 2 (1958), Seiten 183-184.
Beispiel 1
[0015] In 37,5 kg Dimethylformamid wurden 12,25 kg eines Acrylnitrilhomopolymerisates vom
K-Wert 90, 0,16 kg Hydroxylaminhydrochlorid und 0,13 kg Triethylendiamin (entsprechend
1 Mol-% bezogen auf Nitrilgruppen) bei Raumtemperatur eingetragen und bei 80°C eine
Stunde gerührt. Die so erhaltene Spinnlösung wurde trocken bei einer Schachttemperatur
von 160°C und einer Lufttemperatur von 280°C versponnen. Bei einer Abzugsgeschwindigkeit
von 200 m/min resultierte ein Spinneinzeltiter von 9,1 dtex. Das Spinnband wurde in
Wasser bei 98°C 7-fach verstreckt, gewaschen, präpariert, unter Spannung bei 180°C
getrocknet und auf Spulen aufgenommen.
[0016] Faserdaten der Filamante:

[0017] Anschließend wurden die Filamente unter einer Vorspannung von 0,1 cN/dtex über 13
heiße Galetten geleitet. Die Temperatur auf den Galetten 1 bis 4 betrug 180°C, auf
den Glatten 5 bis 8 200°C und auf den Galetten 9 bis 13 220°C. Das Ergebnis ist in
nachstehender Tabelle aufgeführt.

Ein Vergleichsversuch, ausgeführt unter obigen analogen Bedingungen mit einer hydroxylaminfreien
Polyacrylnitril-Homopolymerisat-Faser führte in dem untersuchten Zeitraum zu keinem
Dichteanstieg.
Beispiel 2
[0018] Analog Beispiel 1 wurde eine Spinnlösung hergestellt, versponnen und nachbehandelt.
Der Zusatz an Hydroxylaminhydrochlorid und Triethylendiamin betrug jedoch 0,48 kg
bzw. 0,39 kg entsprechend 3 Mol-% bezogen auf Nitrilgruppen.
[0019] Faserdaten der Filamente:

[0020] Die Filamente wurden unter einer Vorspannung von 0,2 cN/dtex über 13 heiße Galetten
geleitet. Die Temperaturen auf den Galetten 1 bis 4 betrug 170°C, auf den Galetten
5 bis 8 190°C und auf den Galetten 9 bis 13 210°C.
[0021] Das Ergebnis zeigt nachstehende Tabelle.

Die erhöhte Hydroxylaminmenge führte im Vergleich zu Beispiel 1 zu einer weiteren
Beschleunigung des Dichteanstiegs.
1. Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfäden mit einer Dichte
% 1,220 g/cm
3 aus Polymeren mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten durch Trockenspinnen
einer Spinnlösung, gegebenenfalls Waschen, Verstrecken und Erhitzen der ersponnenen
Fäden, dadurch gekennzeichnet, daß man
a) der Spinnlösung Hydroxylamin zusetzt,
b) die Verstreckung im Verhältnis 1:4 bis 1:12 durchführt und
c) das verstreckte Material mindestens 100 Sekunden einer Kontakthitze von 150 bis
300°C, vorzugsweise 160 bis 220°C, aussetzt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Menge an Hydroxylamin
0,1 bis 3 Mol-%, bezogen auf Nitrilgruppen, beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Kontakthitzebehandlung
2 bis 10 Minuten beträgt und die Filamente dabei unter Fadenspannungen von 0,1 bis
0,2 cN/dtex gehalten werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Spinnlösung nach dem
Zusatz des Hydroxylamins wenigstens 10 Minuten auf einer Temperatur zwischen 50 und
150°C gehalten wird.