(19)
(11) EP 0 145 917 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.06.1985  Patentblatt  1985/26

(21) Anmeldenummer: 84113236.8

(22) Anmeldetag:  03.11.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D01F 6/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT

(30) Priorität: 15.11.1983 DE 3341277

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Neukam, Theo, Dr.
    D-4047 Dormagen (DE)
  • Türck, Günter, Dr.
    D-4047 Dormagen (DE)
  • Reinehr, Ulrich, Dr.
    D-4047 Dormagen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfasern erhöhter Dichte


    (57) Polyacrylnitrilfäden mit einer Dichte > 1,220 g/cm3 aus Polymeren mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten werden durch Trockenspinnen, gegebenenfalls Waschen, Verstreckung und Erhitzen der ersponnenen Fäden dadurch erhalten, daß man (a) der Spinnlösung Hydroxylamin zusetzt, (b) die Verstreckung im Verhältnis 1:4 bis 1 : 12 durchführt und (c) das verstreckte Material wenigstens 100 Sekunden einer Kontakthitze von 150 bis 300°C aussetzt.


    Beschreibung


    [0001] Acrylfasern, d.h. Fasern aus Acrylnitril-Homopolymerisaten oder Acrylnitril-Copolymerisaten mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten, haben üblicherweise eine Dichte von 1,17 bis 1,19 g/cm3.

    [0002] Es ist bekannt, die Dichte von Acrylfasern zu erhöhen ("Stabilisierung"), um die Acrylfasern mit erhöhter Dichte in Kohlenstoff-Fasern überführen zu können. So wurde z.B. vorgeschlagen (Indian Journal of Technology, Vol. 13, Juni 1975, Seiten 277-280), Polyacrylnitrilfilamente einige Minuten in verdünnter KMn04-Lösung zu kochen und anschließend 2 bis 8 Stunden bei 150 - 220°C zu oxidieren.

    [0003] In der US-PS 4 364 916 wird beschrieben, Polyacrylnitrilfasern dadurch zu stabiliseren, daß man die Fasern einer Hydroxylamin-Behandlung unterwirft, sie wäscht, um sie anschließend durch ein heißes Bad einer Ammonium-, Calcium- oder Magnesiumpermanganat-Lösung zu führen. Es folgt ein weiterer Waschschritt und danach die eigentliche Stabilisierung durch Erhitzen in sauerstoffhaltiger Atmosphäre auf etwa 240 bis 310°C. Diese Stabiliserung nimmt etwa 35 Minuten in Anspruch.

    [0004] Nachteilig bei diesem Verfahren ist neben der langen Stabilisierungszeit die mehrstufige Prozeßführung. Dazu kommt, daß Ammonium-, Calcium- und Magnesiumpermanganat-Lösungen schwer zugänglich sind. Bei Verwendung von Kaliumpermanganat wird eine teilweise Zersetzung der Fasern beobachtet.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein einfaches Verfahren zur Verfügung zu stellen, durch das eine Polyacrylnitrilfaser mit einer Dichte ≥1,220 g/cm3 erzeugt werden kann.

    [0006] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß man der Spinnlösung Hydroxylamin zusetzt, die Spinnlösung trocken verspinnt, die ersponnenen Fäden verstreckt und einer thermischen Behandlung unterwirft.

    [0007] Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfäden mit einer Dichte ? 1,220 g/cm3 aus Polymeren mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten durch Trockenspinnen einer Spinnlösung, gegebenenfalls Waschen, Verstrecken und Erhitzen der ersponnenen Fäden, dadurch gekennzeichnet, daß man

    a) der Spinnlösung Hydroxylamin zusetzt,

    b) die Verstreckung im Verhältnis 1:4 bis 1:12 durchführt und

    c) das verstreckte Material wenigstens 100 Sekunden einer Kontakthitze von 150 bis 300°C, vorzugsweise 160 bis 220°C, aussetzt.



    [0008] Eine Behandlung mit Oxidationsmitteln, wie Permanganat, ist nicht erforderlich.

    [0009] Der Zusatz von Hydroxylamin zu Polyacrylnitril-Spinnlösungen ist aus DE-OS 27 24 952 bekannt. Die daraus ersponnenen Fäden werden nicht der erfindungsgemäßen Hitzebehandlung unterworfen, ihre Dichte erreicht nicht den geforderten Mindestwert von 1,220 g/cm3, und der Hydroxylaminzusatz erfolgt nicht, um die Dichte zu erhöhen, sondern um die Fäden schwerer entflammbar zu machen.

    [0010] Die Menge des erfindungsgemäß zuzusetzenden Hydroxylamins richtet sich nach dem Gehalt an Nitrilgruppen. Vorzugsweise wird Hydroxylamin in einer Menge von 0,1 bis 3 Mol-%, bezogen auf Nitrilgruppen, zugesetzt. Hydroxylamin kann entweder direkt oder in Form eines Hydroxylaminsalzes zugesetzt werden, wobei es im zweiten Fall erforderlich ist, das Hydroxylamin in der Spinnlösung durch den Zusatz eines Amins, beispielsweise durch Zusatz von Ethylendiamin, Triethylamin, Anilin, Morpholin, Pyridin, Piperidin, Dimethylpiperazin, Diethylentriamin oder Triethylentetramin freizusetzen. Nach dem Zusatz des Hydroxylamins soll die Spinnlösung vor dem Verspinnen wenigstens 10 Minuten auf einer Temperatur zwischen 50 und 150°C gehalten werden. Geeignete Hydroxylaminsalze sind Hydroxylaminhydrochlorid und Hydroxylaminsulfat.

    [0011] Die den Acrylfasern zugrunde liegenden Acrylnitril-Polymere mit mindestens 85 Gew.-% an Acrylnitrileinheiten sind dem Fachmann bekannt. Vorzugsweise werden Acrylnitril-Polymerisate mit mindestens 98 Gew.-% Acrylnitrileinheiten, insbesondere Acrylnitril-Homopolymerisate, verwendet, deren K-Werte (Cellulosechemie 13 (1932), 58) zwischen 60 und 120, vorzugsweise 80 und 110, liegen. Die Polymerisate werden in üblicher Weise, d.h. aus etwa 25 bis 35 gew.-%igen Spinnlösungen in Dimethylformamid, Dimethylacetamid oder N-Methylpyrrolidon versponnen, verstreckt, gewaschen und präpariert.

    [0012] Die Festigkeiten der erhaltenden Filamente liegen zwischen 4 und 8 cN/dtex, der Einzelfilamenttiter beträgt 0,5 bis 20 dtex. Die thermische Behandlung der Filamente erfolgt auf heißen Kontaktflächen, vorzugsweise auf Galetten, Kalandern oder Heizschienen, unter Spannungen von 0,1 bis 0,2 cN/dtex und ist nach spätestens 20 Minuten abgeschlossen. Vorzugsweise dauert die Kontakthitzebehandlung 2 bis 10 Minuten.

    [0013] Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltenen Filamente haben Festigkeiten von 1,5 bis 3,0 cN/dtex und sind dunkelbraun bis schwarz. Sie können zu Filter-, Dichtungs- und Verstärkungsmaterialien verarbeitet oder nach bekannten Methoden in Kohlenstoff-Fasern umgewandelt werden.

    [0014] Die Dichtebestimmung erfolgt nach der Methode von H. de Vries, H.G.Weijland, Research Journ. 28, Nr. 2 (1958), Seiten 183-184.

    Beispiel 1



    [0015] In 37,5 kg Dimethylformamid wurden 12,25 kg eines Acrylnitrilhomopolymerisates vom K-Wert 90, 0,16 kg Hydroxylaminhydrochlorid und 0,13 kg Triethylendiamin (entsprechend 1 Mol-% bezogen auf Nitrilgruppen) bei Raumtemperatur eingetragen und bei 80°C eine Stunde gerührt. Die so erhaltene Spinnlösung wurde trocken bei einer Schachttemperatur von 160°C und einer Lufttemperatur von 280°C versponnen. Bei einer Abzugsgeschwindigkeit von 200 m/min resultierte ein Spinneinzeltiter von 9,1 dtex. Das Spinnband wurde in Wasser bei 98°C 7-fach verstreckt, gewaschen, präpariert, unter Spannung bei 180°C getrocknet und auf Spulen aufgenommen.

    [0016] Faserdaten der Filamante:



    [0017] Anschließend wurden die Filamente unter einer Vorspannung von 0,1 cN/dtex über 13 heiße Galetten geleitet. Die Temperatur auf den Galetten 1 bis 4 betrug 180°C, auf den Glatten 5 bis 8 200°C und auf den Galetten 9 bis 13 220°C. Das Ergebnis ist in nachstehender Tabelle aufgeführt.

    Ein Vergleichsversuch, ausgeführt unter obigen analogen Bedingungen mit einer hydroxylaminfreien Polyacrylnitril-Homopolymerisat-Faser führte in dem untersuchten Zeitraum zu keinem Dichteanstieg.

    Beispiel 2



    [0018] Analog Beispiel 1 wurde eine Spinnlösung hergestellt, versponnen und nachbehandelt. Der Zusatz an Hydroxylaminhydrochlorid und Triethylendiamin betrug jedoch 0,48 kg bzw. 0,39 kg entsprechend 3 Mol-% bezogen auf Nitrilgruppen.

    [0019] Faserdaten der Filamente:



    [0020] Die Filamente wurden unter einer Vorspannung von 0,2 cN/dtex über 13 heiße Galetten geleitet. Die Temperaturen auf den Galetten 1 bis 4 betrug 170°C, auf den Galetten 5 bis 8 190°C und auf den Galetten 9 bis 13 210°C.

    [0021] Das Ergebnis zeigt nachstehende Tabelle.

    Die erhöhte Hydroxylaminmenge führte im Vergleich zu Beispiel 1 zu einer weiteren Beschleunigung des Dichteanstiegs.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfäden mit einer Dichte % 1,220 g/cm3 aus Polymeren mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten durch Trockenspinnen einer Spinnlösung, gegebenenfalls Waschen, Verstrecken und Erhitzen der ersponnenen Fäden, dadurch gekennzeichnet, daß man

    a) der Spinnlösung Hydroxylamin zusetzt,

    b) die Verstreckung im Verhältnis 1:4 bis 1:12 durchführt und

    c) das verstreckte Material mindestens 100 Sekunden einer Kontakthitze von 150 bis 300°C, vorzugsweise 160 bis 220°C, aussetzt.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Menge an Hydroxylamin 0,1 bis 3 Mol-%, bezogen auf Nitrilgruppen, beträgt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Kontakthitzebehandlung 2 bis 10 Minuten beträgt und die Filamente dabei unter Fadenspannungen von 0,1 bis 0,2 cN/dtex gehalten werden.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Spinnlösung nach dem Zusatz des Hydroxylamins wenigstens 10 Minuten auf einer Temperatur zwischen 50 und 150°C gehalten wird.