[0001] Die Erfindung betrifft ein unterkalibriges, stabilisiertes Mehrzweckgeschoss, enthaltend:
- einen Geschosskörper mit einer Bruchdehnung von kleiner als 15% und mit einem spezifischen
Gewicht von grösser als 14 gr/cm3,
- einen gefüllten, axialen, annähernd zylindrischen Kanal,
- eine ballistische Haube, welche den Kanal vorne verschliesst.
[0002] Bei einem Treibspiegelgeschoss dieser Art (siehe schweiz. Patentschrift Nr. 627 550),
ist ein axialer Kanal vorhanden um eine kleine radiale Wirkung zu erreichen. Mit dieser
Ausbildung des Geschosskörpers wird während des Eindringens ins Ziel ein kontinuierliches
Abbröckeln des Geschosskörpers erreicht, wodurch das Verhältnis zwischen Radialeffekt
und Eindringtiefe verbessert wird. Es soll einerseits vermieden werden, dass der Geschosskörper
an der Oberfläche des Zieles zersplittert, ohne ins Ziel einzudringen, anderseits
soll vermieden werden, dass der Geschosskörper durch das Ziel hindurchdringt, ohne
zu zersplittern und daher keinen Radialeffekt bewirkt.
[0003] Bei einem anderen bekannten, panzerbrechenden Geschoss dieser Art (siehe deutsche
Offenlegungsschrift Nr.3240310 Al) ist ebenfalls ein innerer Hohlraum mit einer einzigen,
in die Bewegungsrichtung des Geschosses gerichteten Oeffnung vorhanden, wobei der
Geschosskörper zu Beginn des Eindringens in eine Panzerung im wesentlichen seine Ausgangsform
behält, um beim Aufschlagen auf den Panzer einen vollständig geschlossenen Hohlraum
so zu schaffen, dass eine adiabate Kompression innerhalb des Hohlraumes möglich ist.
Dieser Hohlraum enthält einen Brandsatz, der mindestens teilweise den Hohlraum ausfüllt
und der durch die adiabate Kompression ausgelöst verbrennt. Ferner ist bei diesem
bekannten Geschoss die Oeffnung des Hohlraumes durch ein schützendes Windschild oder
eine ballistische Haube verschlossen, welche die Nase des Geschosses bildet.
[0004] Bei einem weiteren bekannten Geschoss dieser Art, (siehe europäische Patentanmeldung
Nr.0051375), das keine Sprengladung enthält, wird eine vollständige oder teilweise
Zersplitterung des Geschosskörpers durch den Aufprallimpuls im Ziel erreicht, wobei
die gebündelte Splittergruppe sich mit der restlichen Energie nach vorne ausbreitet
und einen kleinen radialen Effekt bewirkt. Um jedoch mit einem solchen Geschoss Ziele
von kleinem Widerstand, wie Flugzeuge, bekämpfen zu können, muss das Geschoss zuverlässig
durch den Aufschlag-Schock zersplittern.
[0005] Diese bekannten Geschosse eignen sich nur für ganz bestimmte Zwecke, sie sind aber
als Mehrzweckgeschosse nicht verwendbar.
[0006] Die vorliegende Erfindung bezweckt nun die Schaffung eines Mehrzweck-Geschosses,
das zur Bekämpfung verschiedenartiger Ziele verwendbar ist und bei dem Eindringtiefe
und radialer Effekt aufeinander abgestimmt sind.
[0007] Das erfindungsgemässe Mehrzweckgeschoss, mit dem diese Aufgabe gelöst wird, ist dadurch
gekennzeichnet, dass sich hinter der ballistischen Haube ein Kolben befindet, der
axial verschiebbar im Kanal des Geschosskörpers geführt ist und dass der Kanal hinten
geschlossen ist.
[0008] Es ist zwar bereits ein Geschoss bekannt (siehe US-PS 2446082), das einen hülsenförmigen
Geschosskörper besitzt, der hinten durch einen Bolzen verschlossen ist, der mit einer
Brandmasse gefüllt ist, und der eine ballistische Haube aufweist, hinter der sich
ein beweglicher, kegelförmiger Körper, sowie dahinter eine Kugel befindet. Beim Aufschlag
des Geschosses im Ziel prallt der kegelförmige Körper auf die Kugel, welche in die
Brandmasse eingebettet ist und durch diesen Aufschlag gezündet wird.
[0009] Verschiedene Ausführungsbeispiele des-erfindungsgemässen Mehrzweckgeschosses sind
im folgenden anhand der beigefügten Zeichnungen ausführlich beschrieben. Es zeigt:
Fig.1 einen axialen Schnitt durch ein Mehrzweckgeschoss
Fig.2-7 verschiedene Ausführungsformen der Geschossspitze des in Fig.l dargestellten
Geschosses.
[0010] Gemäss Fig.l weist das drallstabilisierte Mehrzweck-Geschoss einen dreiteiligen Treibspiegel
auf, der aus einem Heckteil 10, einem zylindrischen Mantel 11 und einer konischen
Haube 12 besteht. Dieser Treibspiegel 10, 11 und 12 enthält einen Geschosskörper'1,
der einen axialen Kanal 2 aufweist, der am vorderen Ende des Geschosskörpers 1 durch
eine Geschossspitze in Form einer ballistischen Haube 3 verschlossen ist. Das hintere
Ende des Kanales 2 ist durch den kompakten Heckteil 5 des Geschosskörpers 1 verschlossen.
Der Kanal 2 ist mit einer Wirkmasse 4 gefüllt.
[0011] Der Treibspiegel ist nicht Gegenstand der Erfindung und für das Verständnis der Erfindung
nicht von Bedeutung, er ist daher hier nicht näher beschrieben. Eine ausführliche
Beschreibung des Treibspiegels ist in der Schweiz. Patentschrift Nr. 536 481 enthalten.
[0012] Für den Geschosskörper 1 wird vorzugsweise Schwermetall z.B. eine Uran-Legierung
oder eine Wolframlegierung verwendet. Das verwendete Material muss eine Bruchdehnung
von kleiner als 15% besitzen; bis zum Bruch des Materials sollte es sich höchstens
bis 15% dehnen lassen. Ferner sollte das verwendete Material ein hohes spezifisches
Gewicht besitzen, z.B. grösser als 14gr/cm3.
[0013] Die ballistische Haube 3 sollte möglichst leicht deformierbar sein. Vorzugsweise
wird für die Haube 3 Leichtmetall oder Kunststoff verwendet.
[0014] Die Füll- oder Wirkmasse 4 kann verschiedene Eigenschaften besitzen.
a) Sie kann inert oder reaktiv sein.
b) Sie kann flüssig, zähflüssig oder fest sein.
c) Sie sollte in jedem Fall möglichst inkompressibel und gut deformierbar sein.
[0015] Für die Wirkmasse 4 eignen sich somit verschiedene Materialien, so kann z.B. Kunststoff
oder eine Brandmasse oder ein Sprengstoff verwendet werden, falls entsprechende zusätzliche
Effekte dieser Art erwünscht sind. Diese Effekte sind aber für das Funktionieren der
erfindungsgemässen Zerlegung in radialer Richtung nicht wesentlich.
[0016] Hinter der ballistischen Haube 3 befindet sich ein Kolben 6. Dieser Kolben 6 ist
erfindungsgemäss axial verschiebbar im Kanal 2 des Geschosskörpers 1 geführt. Beim
Aufschlag des Geschosses im Ziel hat der Kolben 6 folgende Aufgaben:
a) Er soll die Füll- oder Wirkmasse 4 unter Druck setzen.
b) Er soll die Fragmentierung des Geschosskörpers 1 über die Füllmasse bewirken oder
zumindest fördern.
c) Er soll die Zündung der Füllmasse bewirken, sofern sie reaktiv ist.
[0017] Wie aus Fig.2-7 ersichtlich ist, kann der Kolben 6 zur Lösung dieser Aufgaben verschiedene-Formen
aufweisen. Die hintere Stirnfläche 7 und auch die vordere Stirnfläche 8 des Kolbens
6 können entweder konkav, eben oder konvex sein.
[0018] Um die Füllmasse 4 unter Druck setzen zu können, muss der Kolben 6 den Aufschlagschock
möglichst verlustlos auf diese Masse 4 übertragen. Da das Geschoss unter einem beliebigen
Winkel auf das Ziel auftreffen kann, muss die Richtung des Aufschlagschocks umgelenkt
werden können. Zu diesem Zweck kann zwischen die ballistische Haube 3 und den Kolben
6 ein Zwischenglied 9 eingefügt werden, wie aus
[0019] Fig.3 bis 5 ersichtlich ist. Gemäss Fig.6 und 7 können zwischen die Haube 3 und den
Kolben 6 auch zwei Zwischenglieder 9 und 13 eingesetzt werden. Dieses Zwischenglied
9,13 hat beim Aufprall im Ziel folgende Aufgaben:
a) Der Aufschlagschock soll vom Zwischenglied 9,13 möglichst ungedämpft über den Kolben
6 auf die Füllung 4 übertragen werden.
b) Bei schrägem Aufschlag, d.h. bei flachem Auftreffwinkel des Geschosses im Ziel
soll der Schock möglichst verlustlos in die Achsrichtung des Geschosses umgelenkt
werden.
c) Eine Verkantung des Kolbens 6 soll vermieden werden.
[0020] Zur Lösung dieser Aufgaben muss das Zwischenglied 9,13 folgende Eigenschaften besitzen:
a) Es soll schwer deformierbar sein, d.h. es soll eine hohe Strukturfestigkeit besitzen.
b) Es soll trotz hoher Strukturfestigkeit leicht sein. Für dieses Zwischenglied 9,13
werden vorzugsweise Kugeln verwendet.
[0021] Für den Kolben 6 sind je nach Aufgabe ganz verschiedene Formen vorteilhaft:
Gemäss Fig.2 ist die hintere Stirnfläche 7 flach und die vordere Stirnfläche 8 halbkugelförmig
konvex.
Gemäss Fig.3 bildet die hintere Stirnfläche 7 eine konkave Spitze und die vordere
Stirnfläche 8 ist kalottenförmig konkav.
Gemäss Fig.4 ist der Kolben 6 kugelförmig,
Gemäss Fig.5 ist die hintere Stirnfläche 7 konkav und die vordere Stirnfläche 8 ist
kalottenförmig konvex.
Gemäss Fig.6 bildet die hintere Stirnfläche 7 ebenfalls eine konkave spitze, nur ist
die Spitze kleiner als die Spitze gemäss Fig.3.
Vorzugsweise ist der Kolben 6 tonnenförmig ausgebildet und berührt den Kanal nur entlang
einer ringförmigen Linie, wodurch ein Verkanten des Kolbens 6 vermieden wird.
[0022] Stellt man sich die als Fokussierfläche ausgebildete hintere Stirnfläche 7 als eine
spiegelnde Fläche vor, auf die zueinander parallele Lichtstrahlen parallel zur Zylinderachse
des Kolbens 6 auftreffen, so werden diese Lichtstrahlen durch diese spiegelnde Fläche
umgelenkt. Diese umgelenkten Lichtstrahlen treffen sich entweder in einem Punkt 15
(Fig.5) oder in einem Ring 14 (Fig. 3,6 und 7). Der Durchmesser dieses Ringes14 kann
verschieden gross sein, wie aus Fig.3,6 und 7 ersichtlich ist. Der Durchmesser desselben
kann grösser, gleich oder kleiner sein als der Durchmesser des Kolbens 6.
[0023] Wenn beim Aufprall des Geschosses im Ziel der Kolben 6 einen Impuls in Richtung des
Pfeiles A (Fig.l) erhält, dann wird der Kolben 6 gegen die Wirkmasse 4 gedrückt. Je
nach der Form der Stirnfläche 7 ergeben sich verschiedenartige Fokussierungen der
Druckstosswellen in der Wirkmasse 4.
Bezugsziffernliste
[0024]
1 Geschosskörper
2 Kanal
3 ballistische Haube
4 Wirkmasse
5 Heckteil Geschosskörper
6 Kolben
7 Stirnfläche des Kolbens hinten
8 Stirnfläche des Kolbens vorne
9 Zwischenglied
10 Heckteil Treibspiegel
11 Mantel
12 Haube
13 Zwischenglied
14 Fokussierungsring
15 Fokussierungspunkt.
1. Unterkalibriges, stabilisiertes Mehrzweckgeschoss, enthaltend:
- einen Geschosskörper (1) mit einer Bruchdehnung kleiner als 15% und mit einem spezifischen
Gewicht grösser als 14 gr/cm3,
- einen gefüllten, axialen, annähernd zylindrischen Kanal (2),
- eine ballistische Haube (3), welche den Kanal (2) vorne verschliesst, dadurch gekennzeichnet,
dass sich hinter der ballistischen Haube (3) ein Kolben (6) befindet, der axial verschiebbar
im Kanal (2) des Geschosskörpers (1) geführt ist, und dass der Kanal (2) hinten geschlossen
ist.
2. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben (6)
tonnenförmig ausgebildet ist und den Kanal (2) entlang einer Linie berührt.
3. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben (6)
hinten eine ebene Stirnfläche (7) und vorne eine halbkugelförmige Stirnfläche (8)
aufweist.
4. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben (6)
hinten eine fokussierende Stirnfläche (7) aufweist.
5. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der ballistischen
Haube (3) und dem Kolben (6) ein Zwischenglied (9,13) angeordnet ist, das zur Uebertragung
des Aufschlagschockes bestimmt ist.
6. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zylindrische
Kanal (2) mit einer inerten, inkompressiblen, gut deformierbaren Wirkmasse (4) gefüllt
ist.
7. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die hintere fokussierende
Fläche (7) eine konkave, parabolförmige Spitze besitzt.
8. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die-fokussierende
Fläche einen Fokussierungspunkt (15) besitzt.
9. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die fokussierende
Fläche einen Fokussierungsring (14) besitzt.
10. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der axiale Kanal
(2) mit einer Brandmasse oder mit einem Sprengstoff gefüllt ist.
11. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4 und 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Durchmesser
des fokussierenden Ringes entweder grösser, gleich gross oder kleiner ist als der
Durchmesser des Kolbens (6).