(19)
(11) EP 0 146 745 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.07.1985  Patentblatt  1985/27

(21) Anmeldenummer: 84113395.2

(22) Anmeldetag:  07.11.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4F42B 13/02, F42B 13/12, F42C 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 22.12.1983 CH 6842/83

(71) Anmelder: Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon-Bührle AG
CH-8050 Zürich (CH)

(72) Erfinder:
  • Freymond, Pierre, Dipl.-Ing.
    CH-8307 Effretikon (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Unterkalibriges, stabilisiertes Mehrzweckgeschoss


    (57) Es wird die Schaffung eines Mehrzweckgeschosses bezweckt, das ohne einen komplizierten Zünder nach dem Aufprall, während des Eindringens ins Ziel fragmentiert und einen grossen Radialeffekt besitzt. Zu diesem Zweck weist das Mehrzweckgeschoss einen Geschosskörper (1) mit einem axialen Kanal (2) auf, der vorne durch eine ballistische Haube (3) verschlossen ist. Hinter der ballistischen Haube (3) befindet sich ein Kolben (6) der axial verschiebbar im Kanal (2) des Geschosskörper (1) geführt ist.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein unterkalibriges, stabilisiertes Mehrzweckgeschoss, enthaltend:

    - einen Geschosskörper mit einer Bruchdehnung von kleiner als 15% und mit einem spezifischen Gewicht von grösser als 14 gr/cm3,

    - einen gefüllten, axialen, annähernd zylindrischen Kanal,

    - eine ballistische Haube, welche den Kanal vorne verschliesst.



    [0002] Bei einem Treibspiegelgeschoss dieser Art (siehe schweiz. Patentschrift Nr. 627 550), ist ein axialer Kanal vorhanden um eine kleine radiale Wirkung zu erreichen. Mit dieser Ausbildung des Geschosskörpers wird während des Eindringens ins Ziel ein kontinuierliches Abbröckeln des Geschosskörpers erreicht, wodurch das Verhältnis zwischen Radialeffekt und Eindringtiefe verbessert wird. Es soll einerseits vermieden werden, dass der Geschosskörper an der Oberfläche des Zieles zersplittert, ohne ins Ziel einzudringen, anderseits soll vermieden werden, dass der Geschosskörper durch das Ziel hindurchdringt, ohne zu zersplittern und daher keinen Radialeffekt bewirkt.

    [0003] Bei einem anderen bekannten, panzerbrechenden Geschoss dieser Art (siehe deutsche Offenlegungsschrift Nr.3240310 Al) ist ebenfalls ein innerer Hohlraum mit einer einzigen, in die Bewegungsrichtung des Geschosses gerichteten Oeffnung vorhanden, wobei der Geschosskörper zu Beginn des Eindringens in eine Panzerung im wesentlichen seine Ausgangsform behält, um beim Aufschlagen auf den Panzer einen vollständig geschlossenen Hohlraum so zu schaffen, dass eine adiabate Kompression innerhalb des Hohlraumes möglich ist. Dieser Hohlraum enthält einen Brandsatz, der mindestens teilweise den Hohlraum ausfüllt und der durch die adiabate Kompression ausgelöst verbrennt. Ferner ist bei diesem bekannten Geschoss die Oeffnung des Hohlraumes durch ein schützendes Windschild oder eine ballistische Haube verschlossen, welche die Nase des Geschosses bildet.

    [0004] Bei einem weiteren bekannten Geschoss dieser Art, (siehe europäische Patentanmeldung Nr.0051375), das keine Sprengladung enthält, wird eine vollständige oder teilweise Zersplitterung des Geschosskörpers durch den Aufprallimpuls im Ziel erreicht, wobei die gebündelte Splittergruppe sich mit der restlichen Energie nach vorne ausbreitet und einen kleinen radialen Effekt bewirkt. Um jedoch mit einem solchen Geschoss Ziele von kleinem Widerstand, wie Flugzeuge, bekämpfen zu können, muss das Geschoss zuverlässig durch den Aufschlag-Schock zersplittern.

    [0005] Diese bekannten Geschosse eignen sich nur für ganz bestimmte Zwecke, sie sind aber als Mehrzweckgeschosse nicht verwendbar.

    [0006] Die vorliegende Erfindung bezweckt nun die Schaffung eines Mehrzweck-Geschosses, das zur Bekämpfung verschiedenartiger Ziele verwendbar ist und bei dem Eindringtiefe und radialer Effekt aufeinander abgestimmt sind.

    [0007] Das erfindungsgemässe Mehrzweckgeschoss, mit dem diese Aufgabe gelöst wird, ist dadurch gekennzeichnet, dass sich hinter der ballistischen Haube ein Kolben befindet, der axial verschiebbar im Kanal des Geschosskörpers geführt ist und dass der Kanal hinten geschlossen ist.

    [0008] Es ist zwar bereits ein Geschoss bekannt (siehe US-PS 2446082), das einen hülsenförmigen Geschosskörper besitzt, der hinten durch einen Bolzen verschlossen ist, der mit einer Brandmasse gefüllt ist, und der eine ballistische Haube aufweist, hinter der sich ein beweglicher, kegelförmiger Körper, sowie dahinter eine Kugel befindet. Beim Aufschlag des Geschosses im Ziel prallt der kegelförmige Körper auf die Kugel, welche in die Brandmasse eingebettet ist und durch diesen Aufschlag gezündet wird.

    [0009] Verschiedene Ausführungsbeispiele des-erfindungsgemässen Mehrzweckgeschosses sind im folgenden anhand der beigefügten Zeichnungen ausführlich beschrieben. Es zeigt:

    Fig.1 einen axialen Schnitt durch ein Mehrzweckgeschoss

    Fig.2-7 verschiedene Ausführungsformen der Geschossspitze des in Fig.l dargestellten Geschosses.



    [0010] Gemäss Fig.l weist das drallstabilisierte Mehrzweck-Geschoss einen dreiteiligen Treibspiegel auf, der aus einem Heckteil 10, einem zylindrischen Mantel 11 und einer konischen Haube 12 besteht. Dieser Treibspiegel 10, 11 und 12 enthält einen Geschosskörper'1, der einen axialen Kanal 2 aufweist, der am vorderen Ende des Geschosskörpers 1 durch eine Geschossspitze in Form einer ballistischen Haube 3 verschlossen ist. Das hintere Ende des Kanales 2 ist durch den kompakten Heckteil 5 des Geschosskörpers 1 verschlossen. Der Kanal 2 ist mit einer Wirkmasse 4 gefüllt.

    [0011] Der Treibspiegel ist nicht Gegenstand der Erfindung und für das Verständnis der Erfindung nicht von Bedeutung, er ist daher hier nicht näher beschrieben. Eine ausführliche Beschreibung des Treibspiegels ist in der Schweiz. Patentschrift Nr. 536 481 enthalten.

    [0012] Für den Geschosskörper 1 wird vorzugsweise Schwermetall z.B. eine Uran-Legierung oder eine Wolframlegierung verwendet. Das verwendete Material muss eine Bruchdehnung von kleiner als 15% besitzen; bis zum Bruch des Materials sollte es sich höchstens bis 15% dehnen lassen. Ferner sollte das verwendete Material ein hohes spezifisches Gewicht besitzen, z.B. grösser als 14gr/cm3.

    [0013] Die ballistische Haube 3 sollte möglichst leicht deformierbar sein. Vorzugsweise wird für die Haube 3 Leichtmetall oder Kunststoff verwendet.

    [0014] Die Füll- oder Wirkmasse 4 kann verschiedene Eigenschaften besitzen.

    a) Sie kann inert oder reaktiv sein.

    b) Sie kann flüssig, zähflüssig oder fest sein.

    c) Sie sollte in jedem Fall möglichst inkompressibel und gut deformierbar sein.



    [0015] Für die Wirkmasse 4 eignen sich somit verschiedene Materialien, so kann z.B. Kunststoff oder eine Brandmasse oder ein Sprengstoff verwendet werden, falls entsprechende zusätzliche Effekte dieser Art erwünscht sind. Diese Effekte sind aber für das Funktionieren der erfindungsgemässen Zerlegung in radialer Richtung nicht wesentlich.

    [0016] Hinter der ballistischen Haube 3 befindet sich ein Kolben 6. Dieser Kolben 6 ist erfindungsgemäss axial verschiebbar im Kanal 2 des Geschosskörpers 1 geführt. Beim Aufschlag des Geschosses im Ziel hat der Kolben 6 folgende Aufgaben:

    a) Er soll die Füll- oder Wirkmasse 4 unter Druck setzen.

    b) Er soll die Fragmentierung des Geschosskörpers 1 über die Füllmasse bewirken oder zumindest fördern.

    c) Er soll die Zündung der Füllmasse bewirken, sofern sie reaktiv ist.



    [0017] Wie aus Fig.2-7 ersichtlich ist, kann der Kolben 6 zur Lösung dieser Aufgaben verschiedene-Formen aufweisen. Die hintere Stirnfläche 7 und auch die vordere Stirnfläche 8 des Kolbens 6 können entweder konkav, eben oder konvex sein.

    [0018] Um die Füllmasse 4 unter Druck setzen zu können, muss der Kolben 6 den Aufschlagschock möglichst verlustlos auf diese Masse 4 übertragen. Da das Geschoss unter einem beliebigen Winkel auf das Ziel auftreffen kann, muss die Richtung des Aufschlagschocks umgelenkt werden können. Zu diesem Zweck kann zwischen die ballistische Haube 3 und den Kolben 6 ein Zwischenglied 9 eingefügt werden, wie aus

    [0019] Fig.3 bis 5 ersichtlich ist. Gemäss Fig.6 und 7 können zwischen die Haube 3 und den Kolben 6 auch zwei Zwischenglieder 9 und 13 eingesetzt werden. Dieses Zwischenglied 9,13 hat beim Aufprall im Ziel folgende Aufgaben:

    a) Der Aufschlagschock soll vom Zwischenglied 9,13 möglichst ungedämpft über den Kolben 6 auf die Füllung 4 übertragen werden.

    b) Bei schrägem Aufschlag, d.h. bei flachem Auftreffwinkel des Geschosses im Ziel soll der Schock möglichst verlustlos in die Achsrichtung des Geschosses umgelenkt werden.

    c) Eine Verkantung des Kolbens 6 soll vermieden werden.



    [0020] Zur Lösung dieser Aufgaben muss das Zwischenglied 9,13 folgende Eigenschaften besitzen:

    a) Es soll schwer deformierbar sein, d.h. es soll eine hohe Strukturfestigkeit besitzen.

    b) Es soll trotz hoher Strukturfestigkeit leicht sein. Für dieses Zwischenglied 9,13 werden vorzugsweise Kugeln verwendet.



    [0021] Für den Kolben 6 sind je nach Aufgabe ganz verschiedene Formen vorteilhaft:

    Gemäss Fig.2 ist die hintere Stirnfläche 7 flach und die vordere Stirnfläche 8 halbkugelförmig konvex.

    Gemäss Fig.3 bildet die hintere Stirnfläche 7 eine konkave Spitze und die vordere Stirnfläche 8 ist kalottenförmig konkav.

    Gemäss Fig.4 ist der Kolben 6 kugelförmig,

    Gemäss Fig.5 ist die hintere Stirnfläche 7 konkav und die vordere Stirnfläche 8 ist kalottenförmig konvex.

    Gemäss Fig.6 bildet die hintere Stirnfläche 7 ebenfalls eine konkave spitze, nur ist die Spitze kleiner als die Spitze gemäss Fig.3.

    Vorzugsweise ist der Kolben 6 tonnenförmig ausgebildet und berührt den Kanal nur entlang einer ringförmigen Linie, wodurch ein Verkanten des Kolbens 6 vermieden wird.



    [0022] Stellt man sich die als Fokussierfläche ausgebildete hintere Stirnfläche 7 als eine spiegelnde Fläche vor, auf die zueinander parallele Lichtstrahlen parallel zur Zylinderachse des Kolbens 6 auftreffen, so werden diese Lichtstrahlen durch diese spiegelnde Fläche umgelenkt. Diese umgelenkten Lichtstrahlen treffen sich entweder in einem Punkt 15 (Fig.5) oder in einem Ring 14 (Fig. 3,6 und 7). Der Durchmesser dieses Ringes14 kann verschieden gross sein, wie aus Fig.3,6 und 7 ersichtlich ist. Der Durchmesser desselben kann grösser, gleich oder kleiner sein als der Durchmesser des Kolbens 6.

    [0023] Wenn beim Aufprall des Geschosses im Ziel der Kolben 6 einen Impuls in Richtung des Pfeiles A (Fig.l) erhält, dann wird der Kolben 6 gegen die Wirkmasse 4 gedrückt. Je nach der Form der Stirnfläche 7 ergeben sich verschiedenartige Fokussierungen der Druckstosswellen in der Wirkmasse 4.

    Bezugsziffernliste



    [0024] 

    1 Geschosskörper

    2 Kanal

    3 ballistische Haube

    4 Wirkmasse

    5 Heckteil Geschosskörper

    6 Kolben

    7 Stirnfläche des Kolbens hinten

    8 Stirnfläche des Kolbens vorne

    9 Zwischenglied

    10 Heckteil Treibspiegel

    11 Mantel

    12 Haube

    13 Zwischenglied

    14 Fokussierungsring

    15 Fokussierungspunkt.




    Ansprüche

    1. Unterkalibriges, stabilisiertes Mehrzweckgeschoss, enthaltend:

    - einen Geschosskörper (1) mit einer Bruchdehnung kleiner als 15% und mit einem spezifischen Gewicht grösser als 14 gr/cm3,

    - einen gefüllten, axialen, annähernd zylindrischen Kanal (2),

    - eine ballistische Haube (3), welche den Kanal (2) vorne verschliesst, dadurch gekennzeichnet, dass sich hinter der ballistischen Haube (3) ein Kolben (6) befindet, der axial verschiebbar im Kanal (2) des Geschosskörpers (1) geführt ist, und dass der Kanal (2) hinten geschlossen ist.


     
    2. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben (6) tonnenförmig ausgebildet ist und den Kanal (2) entlang einer Linie berührt.
     
    3. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben (6) hinten eine ebene Stirnfläche (7) und vorne eine halbkugelförmige Stirnfläche (8) aufweist.
     
    4. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben (6) hinten eine fokussierende Stirnfläche (7) aufweist.
     
    5. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der ballistischen Haube (3) und dem Kolben (6) ein Zwischenglied (9,13) angeordnet ist, das zur Uebertragung des Aufschlagschockes bestimmt ist.
     
    6. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zylindrische Kanal (2) mit einer inerten, inkompressiblen, gut deformierbaren Wirkmasse (4) gefüllt ist.
     
    7. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die hintere fokussierende Fläche (7) eine konkave, parabolförmige Spitze besitzt.
     
    8. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die-fokussierende Fläche einen Fokussierungspunkt (15) besitzt.
     
    9. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die fokussierende Fläche einen Fokussierungsring (14) besitzt.
     
    10. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der axiale Kanal (2) mit einer Brandmasse oder mit einem Sprengstoff gefüllt ist.
     
    11. Mehrzweckgeschoss nach Anspruch 4 und 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Durchmesser des fokussierenden Ringes entweder grösser, gleich gross oder kleiner ist als der Durchmesser des Kolbens (6).
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht