(19)
(11) EP 0 150 826 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.08.1985  Patentblatt  1985/32

(21) Anmeldenummer: 85100772.4

(22) Anmeldetag:  25.01.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C10M 105/52, H01B 3/24
// C10N40:08, C10N40:16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 27.01.1984 DE 3402863

(71) Anmelder: HYDROCOR FORSCHUNGS- UND ANALYTIK GMBH
D-1000 Berlin 30 (DE)

(72) Erfinder:
  • Theunissen, Helmut
    D-5600 Wuppertal 1 (DE)
  • Weber, Raymund, Dr.
    D-1000 Berlin 28 (DE)

(74) Vertreter: TER MEER - MÜLLER - STEINMEISTER & PARTNER 
Mauerkircherstrasse 45
81679 München
81679 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeit


    (57) Schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeit, bestehend aus oder enthaltend mindestens ein bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat der allgemeinen Formel

    in der x 1 oder 2, x' 0 oder 1, y 0, 1 oder 2, y' 0, 1 oder 2, z 0 oder 1 und z' 1 oder 2 mit der Massgabe bedeuten, dass die Beziehungen

    2 und

    erfüllt sind.


    Beschreibung


    [0001] Gegenstand der Erfindung ist eine schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeit, namentlich eine Hydraulikflüssigkeit oder eine Isolationsflüssigkeit für elektrische Vorrichtungen, die als wesentlichen Bestandteil ein bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat enthält.

    [0002] Chlorierte Aromaten, insbesondere chlorierte Biphenyle, haben in den letzten Jahrzehnten einen bedeutenden Platz in weiten Bereichen der Technik eingenommen. Besonders die polychlorierten Biphenyle wurden in großem Umfang als Hydraulikflüssigkeiten, als Isolationsflüssigkeiten für elektrische Anlagen und als flammhemmende Zusätze für Kunststoffe und dergleichen benutzt. Indessen sind in den letzten Jahren diese Verbindungen in erheblichen Verruf geraten. Es wurden schwere Gesundheits- und umweltschädigende Wirkungen dieser Produkte festgestellt, wobei katastrophenartige Gefahren möglich sind, wenn es zu Bränden kommt, da hierbei hochgiftige Dioxine und Dibenzofurane gebildet werden können. Dies hat dazu geführt, daß die Herstellung oder zumindest die Verwendung solcher Verbindungen von den staatlichen Aufsichtsorganen zum Teil schon völlig verboten wurde und zum Teil gravierende Beschränkungs-Vorrichtungen bei der Verwendung dieser Stoffe erlassen wurden.

    [0003] Zur Überwindung dieser Nachteile wird in der europäischen Patentanmeldung Nr. 88 650 vorgeschlagen, als Schmiermittel, die auch als Hydraulikflüssigkeiten eingesetzt werden können, chlorierte Benzyltoluole und chlorierte Benzyloxylole einzusetzen, da diese Verbindungen schwer entflammbar und oxidationsbeständig und daneben biologisch abbaubar sein und im Hinblick auf ihr toxisches Verhalten Vorteile aufweisen sollen.

    [0004] Die GB-PS 1 504 655 beschreibt elektrische Vorrichtungen, die biologisch leicht abbaubare dielektrische Flüssigkeiten enthalten, nämlich halogenierte Diphenylmethane, die dadurch gekennzeichnet sind, daß die Halogensubstituenten und etwaige Alkylsubstituenten nur in einem der beiden Phenylringe vorliegen, während der andere Phenylring unsubstituiert sein muß, da angegeben ist, daß nur solche halogenierten Diphenylmethane, die eine unsubstituierte Phenylgruppe aufweisen, leicht biologisch abgebaut werden können, während die an beiden Phenylresten substituierten Diphenylmethane dem mikrobiologischen Abbau widerstehen sollen.

    [0005] Aus der EP-OS 8251 sind flüssige Dielektrika bekannt, die beispielsweise als Isolierflüssigkeiten für Transformatoren oder als Imprägniermittel für Kondensatorisolatorschichten eingesetzt werden können. Es handelt sich um am Kern chlorierte alkylaromatische Verbindungen, die ausgehend von Chlortoluol und/oder Chlorxylol erhalten worden sind, wie beispielsweise Tetrachlorbenzyltoluol, von denen angegeben ist, daß sie Vorteile gegenüber den bislang für den gleichen Anwendungszweck eingesetzten polychlorierten Biphenylen aufweisen. Dabei wird der Abwesenheit der Biphenylkerne und der Anwesenheit der Alkylgruppen an den aromatischen Kernen eine günstige Wirkung auf das biologische Abbauverhalten zugeordnet.

    [0006] Schließlich beschreibt die europäische Patentanmeldung Nr. 71 338 elektroviskose Flüssigkeiten, die aus hydrophoben Flüssigkeiten bestehen, in denen feste hydrophile Teilchen dispergiert sind. Beim Anlegen eines elektrischen Feldes an eine solche Suspension steigt die Viskosität dieses Gemisches drastisch an. Diese Änderung ist reversibel und schnell, so daß solche Suspensionen beispielsweise in elektronisch steuerbaren Kupplungen eingesetzt werden können. Es ist angegeben, daß die im Gemisch vorhandene hydrophobe Flüssigkeit einen hohen Siedepunkt, eine niedrige Viskosität, ausreichende elektrische Eigenschaften aufweisen und chemisch stabil sein und darüber hinaus geringe Toxizität und vor- . zugsweise biologisch abbaubar sein sollte. Zu diesem Zweck werden nach der Lehre dieser europäischen Patentanmeldung als hydrophobe Flüssigkeiten halogenierte Diarylderivate eingesetzt, deren aromatische Kerne durch die verschiedenartigsten Brücken miteinander verbunden sein und als Halogensubstituenten Fluor-,Chlor- oder Bromatome aufweisen können. Es ist angegeben, daß diese Diarylderivate asymmetrisch substituiert sein sollen, da sich hierdurch ein niedriger Gefrierpunkt der Flüssigkeit und eine Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit des Materials ergeben würden.

    [0007] Die nach dem Stand der Technik bekannten funktionellen Flüssigkeiten können nicht in vollem Umfang befriedigen, weil sie entweder das Kriterium der Schwerentflammbarkeit von Hydraulik- und Isolationsflüssigkeiten nicht erfüllen oder bei gegebener Schwerentflammbarkeit nachteilige Eigenschaften wie schlechte Bioabbaubarkeit, Toxizität der Flüssigkeit oder ihrer Zersetzungsprodukte,ungünstiges Viskositäts-Temperaturverhalten oder Unverträglichkeit mit Dichtelementen besitzen.

    [0008] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, funktionelle Flüssigkeiten anzugeben, die sämtliche für den angestrebten Anwendungszweck notwendigen physikalischen Eigenschaften aufweisen und dabei gleichzeitig bei hoher chemischer Stabilität biologisch abgebaut werden können, weitgehend untoxisch sind und auch bei unsachgemäßer Behandlung nicht zu hochtoxischen Produkten, wie beispielsweise Dioxinen, führen.

    [0009] Es hat sich überraschenderweise gezeigt, daß eine bestimmte Gruppe von halogenierten Diarlyderivaten nicht nur auf der einen Seite wertvolle technische Eigenschaften aufweisen, sondern andererseits auch nicht die Gefährlichkeit und die umweltschädigenden Wirkungen der vorbekannten Verbindungen aufweisen, so daß sie sich besonders gut als oder für funktionelle Flüssigkeiten eignen.

    [0010] Gegenstand der Erfindung ist daher die schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeit gemäß Hauptanspruch. Die Unteransprüche betreffen besonders bevorzugte Ausführungsformen dieses Erfindungsgegenstandes.

    [0011] Gegenstand der Erfindung ist demnach eine schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeit, bestehend aus oder enthaltend mindestens ein bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat der allgemeinen Formel I

    in der x 1 oder 2,

    x' 0 oder 1,

    y 0, 1 oder 2,

    y' 0, 1 oder 2,

    z 0 oder 1 und

    z' 1 oder 2

    mit der Maßgabe bedeuten, daß die Beziehungen

    und

    erfüllt sind.



    [0012] Bei den erfindungsgemäß als oder in funktionellen Flüssigkeiten verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivaten handelt es sich also um Verbindungen, die an beiden Kernen substituiert sind, wobei mindestens ein Bromsubstituent und eine Methylgruppe als Substituent vorhanden sein müssen. Die beiden Kerne können jedoch mehrere Bromatome und mehrere Methylgruppen tragen, wobei die Positionen dieser Substituenten nicht wesentlich sind, so daß erfindungsgemäß auch sämtliche Stellungsisomere dieser bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate der obigen allgemeinen Formel I in oder als funktionelle Flüssigkeiten verwendet werden können.

    [0013] Zusätzlich können in einer oder beiden Phenylgruppen Chloratome als Substituenten vorhanden sein.

    [0014] Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß diese erfindungsgemäß verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate eine wesentlich günstigere Umweltverträglichkeit besitzen als die aus dem Stand der Technik bekannten halogenierten Diarylderivate, und gleichzeitig ausgezeichnete physikalische Eigenschaften aufweisen, die sich für funktionelle Flüssigkeiten, wie Hydraulikflüssigkeiten oder Isolationsflüssigkeiten für elektrische Vorrichtungen besonders gut geeignet machen.

    [0015] Überraschenderweise hat sich weiterhin gezeigt, daß die erfindungsgemäß eingesetzten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate der oben angegebenen allgemeinen Formel I, die an beiden Phenylringen substituiert sind, ohne weiteres biologisch abgebaut werden können, was angesichts der oben angesprochenen europäischen Patentanmeldung Nr. 71 338 und der GB-PS 1 504 655 als überraschend anzusehen ist. Darüber hinaus besitzen diese erfindungsgemäß verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate der obigen allgemeinen Formel I den weiteren überraschenden Vorteil, daß sie bei den normalen Anwendungsbedingungen flüssig sind und ein ,besonders günstiges Viskositäts-Temperatur-Verhalten aufweisen. Darüber hinaus besitzen sie einen hohen Flammpunkt, sind wenig toxisch und wenig korrosiv und führen auch bei unsachgemäßer Überhitzung nicht zu den hochgiftigen Dioxinprodukten, die bei Unfällen mit polychlorierten Bi-phenylen gelegentlich aufgetreten sind. Darüber hinaus hat sich gezeigt, daß die erfindungsgemäß verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate auch eine ausgezeichnete Dichtelementverträglichkeit aufweisen, so daß die erfindungsgemäß ausgewählte Gruppe von Verbindungen sich als überraschend vorteilhaft für das angestrebte Verwendungsgebiet herausgestellt hat.

    [0016] Besonders bevorzugt sind schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeiten, die als bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat eine Verbindung der allgemeinen Formel II

    enthalten, in der x' 0 oder 1, z 0 oder 1 und z' 1 oder 2 bedeuten.

    [0017] Noch stärker bevorzugt sind die erfindungsgemäßen funktionellen Flüssigkeiten, die ein bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat der nachfolgenden Formeln III, IV oder V





    enthalten.

    [0018] Natürlich können die erfindungsgemäßen funktionellen Flüssigkeiten die oben definierten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate einzeln, bevorzugt jedoch in Form von Mischungen, enthalten, zumal in Form von Mischungen der einzelnen Stellungsisomeren dieser Verbindungen.

    [0019] Die erfindungsgemäß ausgewählten und in oder als funktionelle Flüssigkeiten verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate der oben angegebenen Formeln sind teilweise bekannt, beispielsweise durch die allgemeine Formel der oben bereits angesprochenen europäischen Patentanmeldung Nr. 71 338 oder aber auch durch die generische Definition der DE-OS 23 36 289. Dabei vermittelt die erstgenannte Literaturstelle eine immens große Gruppe von Verbindungen, und spricht die erfindungsgemäß verwendeten weder expressis verbis noch in den Beispielen an. Die DE-OS 23 36 289 beschreibt im wesentlichen chlorierte o-Benzyltoluole, die als wertvolle Ausgangsstoffe zur Herstellung von Anthracen und Anthrachinon und deren Derivaten beschrieben werden. Von den in der GB-PS 1 504 655 beschriebenen biologisch abbaubaren bromhaltigen Benzyltoluol-Derivaten unterscheiden sich die erfindungsgemäß ausgewählten und verwendeten Verbindungen der obigen allgemeinen Formeln dadurch, daß sie eben nicht asymmetrisch, sondern an beiden Phenylringen substituiert sind und dennoch überraschend vorteilhafte Eigenschaften aufweisen.

    [0020] Die Herstellung der erfindungsgemäß verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate erfolgt in an sich bekannter Weise entweder durch Halogenieren der nichthalogensubstituierten entsprechenden Benzyltoluole mit elementarem Brom oder einen Gemisch aus Bran und Chlor in Gegenwart eines bekannten Halogenierungskatalysators wie Eisen, FeGl3, FeBr3, AlCl3, TiCl4 und dergleichen. Dabei kann die Umsetzung bei Zimmertemperatur durchgeführt werden, wobei jedoch, in Abhängigkeit von dem jeweiligen Katalysator, beispielsweise auch Temperaturen zwischen -5 und +40°C geeignet sind.

    [0021] Eine weitere bevorzugte Verfahrensweise zur Herstellung der erfindungsgemäß verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate der obigen allgemeinen Formel I besteht in der Kondensation einer Verbindung der allgemeinen Formel VI

    worin x', y' und z' die oben angegebenen Bedeutungen besitzen, mit einer Verbindung der allgemeinen Formel VII

    worin Hal Brom oder Chlor bedeutet und x, y und z die oben angegebenen Bedeutungen besitzen. Bei der Kondensation arbeitet man gegebenenfalls in Gegenwart eines Friedel-Crafts-Katalysators, wie beispielsweise FeCl3, FeBr3, A1C13 und/oder TiCl4, mit einem Überschuß von Verbindungen der allgemeinen Formel VI.

    [0022] Gegenüber den aus der europäischen Patentanmeldung Nr. 88 650 bekannten chlorsubstituierten Verbindungen zeigen die erfindungsgemäß verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate eine wesentlich verbesserte Schwerentflammbarkeit bei gleichzeitig verbessertem Viskositäts-Temperaturverhalten.

    [0023] Das aus der GB-PS 1 504 655 bekannte asymmetrisch substituierte Dibrombenzyltoluol wird bei Zimmertemperatur fest, während das an beiden Phenylringen bromierte Isomere sich erst bei -25°C verfestigt, was für die Anwendung dieser Verbindung als Hydraulikflüssigkeit bzw. Isolationsflüssigkeit besonders vorteilhaft ist.

    [0024] Somit haben sich die erfindungsgemäß eingesetzten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate sowohl bei Hydraulikflüssigkeiten als auch bei Isolationsflüssigkeiten für elektrische Vorrichtungen, wie beispielsweise Kondensatoren, Transformatoren und dergleichen, nicht nur aufgrund ihres günstigen Viskositäts-Temperaturverhaltens, sondern auch wegen ihrer sehr günstigen flammhemmenden Wirkung bewährt. Die erfindungsgemäßen funktionellen Flüssigkeiten können demzufolge insbesondere auch als schwerentflammbare Hydraulik- bzw. schwerentflammbare Isolationsflüssigkeiten eingesetzt werden, die aufgrund ihrer geringen Toxizität, ihrer geringen Neigung zur Bildung giftiger Zersetzungsprodukte und ihrer biologischen Abbaubarkeit eine erhebliche Bereicherung der Technik darstellen.

    [0025] Wie bereits erwähnt, können anstelle der einzelnen Verbindungen in den erfindungsgemäßen funktionellen Flüssigkeiten die genannten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate einzeln oder auch in Form von Gemischen, namentlich in Form der Isomerengemische, enthalten sein.

    [0026] Die Erfindung sei im folgenden näher anhand von Beispie- len beschrieben.

    Herstellungsbeispiel



    [0027] Herstellung von Dibrombenzyltoluol durch Kondensation von Bromtoluol mit Brombenzylbromid

    [0028] Zur Herstellung von Dibrombenzyltoluol wird zunächst durch Bromieren von Toluol mit elementarem Brom in Gegenwart von wasserfreiem FeC13 Bromtoluol hergestellt, welches dann an der Seitenkette bromiert wird. Man erhitzt hierzu 8,3 Mol Bromtoluol in Gegenwart von 0,5 g eines Radikalketteninitiators (d,d'-Azobisisobutyronitril), auf eine Temperatur von 80°C. Unter Bestrahlung mit einer Ultraviolettlampe mit einer Leistung von 300 W tropft man 1,66 Mol Brom unter Kühlen zu. Der entstehende Bromwasserstoff wird in einer Waschflasche mit gekühltem Wasser absorbiert.

    [0029] Das abgekühlte Gemisch wird dann zur Kondensationsreaktion in eine Suspension von 6 g FeC13 in 1,66 Mol Bromtoluol bei einer Temperatur von 30°C eingetropft. Der entstehende gasförmige Bromwasserstoff wird in gleicher Weise, wie oben beschrieben, mit gekühltem Wasser in einer Waschflasche absorbiert. Bei dieser Kondensationsreaktion wird durch den angewandten großen Bromtoluolüberschuß die Bildung von Nebenprodukten (bromiertes Dibenzyltoluol) unterdrückt. Nach Beendigung der Zugabe wird 30 Minuten auf 50°C erwärmt, worauf das abgekühlte Reaktionsgemisch mit 1 Liter Wasser, dann mit 1 Liter 10 %-iger Natriumhydroxidlösung und anschließend erneut mit 1 Liter Wasser gewaschen wird. Man trocknet die organische Phase und destilliert den Bromtoluolüberschuß ab.

    [0030] Die verbleibende Flüssigkeit wird bei 0,4 mbar rektifiziert, wobei man 395 g einer zwischen 155 und 166°C bei 0,4 mbar siedenden Hauptfraktion erhält, die massenspektrometrisch als Dibrombenzyltoluol identifiziert wird. Dabei wurde auf eine Isomerenuntersuchung verzichtet.

    [0031] In der nachfolgenden Tabelle ist das Elektronenstrommassenspektrum des erhaltenen Dibrombenzyltoluols wiedergegeben.

    Die übrigen erfindungsgemäß eingesetzten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate erhält man in analoger Weise zu der oben beschriebenen Verfahrensweise unter Anwendung an sich bekannter Methoden oder auch durch direktes Bromieren oder Bromieren und Chlorieren von Benzyltoluol, wobei in diesem Fall allerdings Reaktionsgemische anfallen, die in geeigneter Weise, beispielsweise gaschromatographisch, in die erfindungsgemäß eingesetzten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate der oben angegebenen allgemeinen Formeln aufgetrennt werden müssen.

    [0032] Die erfindungsgemäßen schwerentflammbaren, biologisch abbaubaren funktionellen Flüssigkeiten können neben dem bromhaltigen Benzyltoluol-Derivat auch zusätzliche, für die funktionellen Flüssigkeiten übliche Bestandteile und Zusätze enthalten, beispielsweise Korrosionsschutzmittel, wie Erdalkalisulfonate, Stabilisatoren, wie Aminderivate oder phenolische Produkte, verschleißmindernde Zusätze, beispielsweise Zinkdialkyldithiophosphate, Säureakzeptoren, beispielsweise Epoxidverbindungen, Tetraphenylzinn usw., sowie Entschäumer, wie Seife, Silicone, Glykole, Phosphatester, und Viskositätsindexverbesserer, wie Polymethacrylate, Polyisobutylen. Weiterhin können die erfindungsgemäß verwendeten bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate mit vielen geeigneten Produkten, wie beispielsweise Mineralöl, Glykolen, etc. modifiziert werden.

    [0033] Die folgenden Beispiele dienen der weiteren Verdeutlichung der erfindungsgemäßen schwerentflammbaren, biologisch abbaubaren funktionellen Flüssigkeiten.

    B e i s p i e 1 1



    [0034] Untersuchung der Eigenschaften des erfindungsgemäß bevorzug als bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat eingesetzten Dibrombenzyltoluols

    a) Biologische Abbaubarkeit



    [0035] Die Untersuchung der biologischen Abbaubarkeit erfolgt mit Hilfe eines anerkannten Meßverfahrens zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von anionischen und nichtionischen synthetischen Tensiden, nämlich.dem OECD-Screening-Test (Bundesgesetzblatt 1 (1977), Seite 245) (modifiziert) für nichtionische Tenside.

    [0036] Als Impfsuspension verwendet man aerobe, polyvalente Mikroorganismen aus dem Ablauf einer biologischen Kläranlage.

    [0037] Bei dieser Methode erfolgt die erste Probennahme nach 7 Tagen, die zweite Probennahme nach 14 Tagen und die dritte Probennahme nach 19 Tagen. Die gezogenen Proben wurden entsprechend der Vorschrift des oben bezeichneten Tests aufgearbeitet und die Abbaurate gaschromatographisch bestimmt.

    [0038] Hierbei hat sich folgendes Ergebnis gezeigt:

    Probe nach 7 Tagen: 49,3 % abgebaut

    Probe nach 14 Tagen: 69,1 % abgebaut

    Probe nach 19 Tagen: 82,9 % abgebaut



    [0039] Überraschenderweise läßt sich das erfindungsgemäß bevorzugt eingesetzte Dibrombenzyltoluol biologisch zu mehr als 80 % abbauen.

    b) Brandtechnische Untersuchung



    [0040] Die brandtechnische Untersuchung erfolgt nach dem "6. Luxemburger Bericht über Anforderungen und Prüfungen schwerentflammbarer Flüssigkeiten für hydraulische Kraftübertragung und Steuerung".

    [0041] Hierbei hat sich gezeigt, daß Dibrombenzyltoluol ein besseres brandtechnisches Verhalten zeigt als beispielsweise Tetrachlorbenzyltoluol bzw. polychloriertes Biphenyl.

    c) Untersuchung der Korrosionswirkung



    [0042] Die Korrosionswirkung von Dibrombenzyltoluol wurde nach der Methode des oben angesprochenen 6. Luxemburger Berichts untersucht. Hierzu wurden die Metalle Stahl, Kupfer, Messing, Aluminium, Cadmium und Zink sowie die Metallpaarungen Kupfer-Zink, Stahl-Aluminium, Stahl-Cadmium und Aluminium-Zink zu zwei Drittel in die zu prüfende Flüssigkeit (Dibrombenzyltoluol) eingetaucht und darin während 28 Tagen bei einer Temperatur von 35°C belassen.

    [0043] Bei dieser Untersuchung hat sich gezeigt, daß bei sämtlichen Prüfblechen die durch Korrosion verursachte Gewichtsdifferenz kleiner als 1 mg ist (zulässige Gewichtsdifferenz 20 mg).

    d) Verträglichkeit gegenüber Dichtelementen 1



    [0044] Zur Untersuchung der Verträglichkeit gegenüber Dichtelementen wird ein Dichtelement aus dem Dichtungswerkstoff 83 FKM 575 (Viton) in die zu untersuchende Flüssigkeit eingetaucht, und zwar während 21 Tagen bei 60°C , 80°C, 100°C, 120°C und 150°C. Anschließend wird die Volumenänderung des Dichtelements und die Änderung seiner Shore-Härte bestimmt.

    [0045] Bei dieser Untersuchung zeigt das erfindungsgemäß bevorzugt verwendete bromhaltige Benzyltoluol-Derivat, nämlich Dibrombenzyltoluol, als solches und auch in fertig formulierten Hydraulikflüssigkeiten ein besonders gutes Verhalten, indem sich die Volumenänderung des Dichtungsmaterials zwischen < 1 und 2 % bewegt und die Änderung der Shore-Härte bei -3 Grad liegt. Zulässig ist bei dieser Untersuchungsmethode eine Volumenänderung bis 20 % und eine Änderung der Shore-Härte von -10 Grad.

    [0046] Die untersuchten Vergleichsprodukte auf der Grundlage von polychloriertem Biphenyl und Tetrachlorbenzyltoluol zeigen Werte der Volumenänderung von 40% bei einer Untersuchungstemperatur von 150°C. Bei diesen herkömmlichen Produkten muß bei Anwendung als Hydraulikflüssigkeit darauf geachtet werden, daß Temperaturen von 100°C nicht überschritten werden, da sonst die Dichtwerkstoffe in zu starkem Maße angegriffen werden und es zu Störungen kommen kann.

    e) Untersuchung der Pyrolyse



    [0047] Zur Prüfung auf hochtoxische Zersetzungsprodukte wurde Dibrombenzyltoluol bei Temperaturen zwischen.150 und 700°C pyrolysiert. Die Aufarbeitung der Probe erfolgt nach der EPA-Methode No. 613. Bei der Analyse mit GCMS konnte kein hochtoxisches Dioxin bzw. Dibenzofuran (tri- und tetrabromiert) innerhalb der Nachweisgrenze (0,5 ppb) festgestellt werden.

    f) Untersuchung des Viskositäts-Temperatur-Verhaltens



    [0048] Die erfindungsgemäße Hydraulikflüssigkeit nach dem nachfolgenden Beispiel 2 zeigt das folgende Viskositäts-Temperatur- Verhalten:



    [0049] Eine auf Tetrachlorbenzyltoluol aufgebaute Hydraulikflüssigkeit besitzt folgendes Verhalten:



    [0050] Die folgenden Beispiele 2 bis 8 dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung und betreffen die Rezepturen von schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeiten (Beispiele 2 bis 6) und Isolationsflüssigkeiten (Beispiele 7 und 8).

    B e i s p i e 1 2



    [0051] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

    93 % Dibrombenzyltoluol

    6 % Viskositätsindexverbesserer (Polymethacrylat)

    0,5 % Korrosionsschutzmittel (Bariumsulfonat)

    0,5 % Verschleißschutzadditiv (Zinkdialkyldithiophosphat)


    B e i s p i e 1 3



    [0052] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

    75 % Dibrombenzyltoluol

    23 % isopropyliertes Triphenylphosphat

    1 % Korrosionsschutzmittel (Alkylsulfamidocarbonsäure)

    1 % Säureakzeptor (Epoxidharz)


    B e i s p i e 1 4



    [0053] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

    88 % Dibrombenzyltoluol

    10 % Butylstearat

    1 % Korrosionsschutzmittel (Fettsäurealkanolamid)

    0,5 % Oxidationsstabilisator (Aminderivat)

    0,5 % Verschleißschutzadditiv (Zinkdialkyldithiophosphat)



    [0054] Beispiel 5

    [0055] Zusammenestzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

    65 % Dibrombenzyltoluol

    25 % monobromiertes Benzyltoluol

    9 % Viskositätsindexverbesserer (Polyisobutylen)

    1 % Korrosionsschutzmittel (Talgfettaminderivat)


    B e i s p i e l 6



    [0056] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

    50 % Dibrombenzyltoluol

    45 % monobromiertes Xylylxylol

    4,5 % Viskositätsindexverbesserer (Polyisobutylen)

    0,5 % Korrosionsschutzmittel (Talgfettaminderivat)


    B e i s p i e 1 7



    [0057] Zusammensetzung einer Isolationsflüssigkeit für elektrische Vorrichtungen:

    99,5 % Dibrombenzyltoluol

    0,3 % Korrosionsschutzmittel (Talgfettaminderivat)

    0,2 % Epoxidharz


    B e i s p i e 1 8



    [0058] Zusammensetzung einer Isolationsflüssigkeit für elektrische Vorrichtungen:

    50 % Dibrombenzyltoluol

    49,5 % monobromiertes Benzyltoluol

    0,3 % Korrosionsschutzmittel (Talgfettaminderivat)

    0,2 % Epoxidharz




    Ansprüche

    1. Schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeit bestehend aus oder enthaltend mindestens ein bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat der allgemeinen Formel I

    in der x 1 oder 2,

    x' 0 oder 1,

    y 0, 1 oder 2,

    y' 0, 1 oder 2,

    z 0 oder 1 und

    z' 1 oder 2

    mit der Maßgabe bedeuten, daß die Beziehungen

    und

    erfüllt sind.


     
    2. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß sie als bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat eine Verbindung der allgemeinen Formel II

    in der x' 0 oder 1,

    z 0 oder 1 und

    z' 1 oder 2


    bedeuten, enthält.
     
    3. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß sie als bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat ein Dibrombenzyltoluol der allgemeinen Formel III

    enthält.
     
    4. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß sie als bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat ein'Monobromxylylxylol der allgemeinen Formel IV

    enthält.
     
    5. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß sie als bromhaltiges Benzyltoluol-Derivat ein Monobrombenzyltoluol der Formel V

    enthält.
     
    6. Funktionelle Flüssigkeit nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet , daß sie in Form einer Hydraulikflüssigkeit vorliegt, die mindestens 35 Gew.-% des bzw. der bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate und gegebenenfalls übliche Zusätze für Hydraulikflüssigkeiten enthält.
     
    7. Funktionelle Flüssigkeit nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet , daß sie in Form einer Isolationsflüssigkeit für elektrische Vorrichtungen vorliegt, die mindestens35 Gew.-% des bzw. der bromhaltigen Benzyltoluol-Derivate und gegebenenfalls übliche Zusätze für elektrische Isolationsflüssigkeiten enthält.