[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entschlichten von Baumwolle oder baumwollhaltigen
Geweben in stark alkalischen Lösungen mit Alkalihypochlorit in Gegenwart eines Aktivators
für das Hypochlorit und die Verwendung von Aktivatoren für Hypochlorit bei der Entschlichtung
in stark alkalischen wäßrigen Lösungen.
[0002] Um Baumwollgewebe und Baumwoll-Polyester-Mischgewebe problemlos weben zu können,
werden die Kettfäden geschlichtet. Dabei verwendet man in der Praxis meist stärkehaltige
Schlichtemittel, die auch häufig mit halbsynthetischen Schlichtemitteln, wie Carboxymethylcellulose
und synthetischen Schlichtemitteln, z.B. Polyvinylalkohol oder Polyacrylate, abgemischt
werden. Die Entschlichtung der Gewebe erfolgt durch Abbau der Stärke und anschließendes
Auswaschen der Abbauprodukte. Der Stärkeabbau kann beispielsweise enzymatisch oder
oxidativ im alkalischen oder sodaalkalischen Medium mit Persulfaten und Bromit erfolgen.
[0003] Die oxidative Entschlichtung von Baumwolle und baumwollhaltigen Geweben in Gegenwart
von Hypochlorit in alkalischen Lösungen ist grundsätzlich bekannt. Nachteilig daran
ist, daß der Abbau von nativer Stärke mit Hypochloritlösungen bei Normaltemperatur
nicht möglich ist (vgl. K. Frinken, Textilbetrieb, 1974, 92 (4), Seite 47 bis 49,
insbesondere Seite 47 , linke Spalte, 1. Absatz) und bei höheren Temperaturen zunehmende
Faserschädigungen auftreten.
[0004] Darüber hinaus ist bekannt, Hypochlorit zum Bleichen für entschlichtetes Gewebe zu
verwenden. Bei diesem Bleichvorgang wird in der Regel ein pH-Wert von 11 bis 12 eingehalten
und, um Faserschädigungen bei diesen pH-Werten, bei denen das Hypochlorit in Anhängigkeit
vom pH-Wert aktiv ist, zu vermeiden, müssen möglichst kurze Verweilzeiten eingehalten
werden.
[0005] Aus diesem Grunde gibt es bisher für die Praxis mit Alkalihypochlorit noch kein befriedigendes
technisches Entschlichtungsverfahren.
[0006] Es wurde nun gefunden ein Verfahren zum Entschlichten von Baumwolle und baumwollhaltigen
Geweben in stark alkalischer wäßriger Lösung mit Alkalihypochlorit, das dadurch gekennzeichnet
ist, daß man dem wäßrigen Bad 0,5 bis 8,0 g/1 eines in wäßriger alkalischer Lösung
löslichen tertiären Hydroxyalkylamins, eines oxethylierten und/oder oxpropylierten
Ethylendiamins, eines oxethylierten Polyethylenimins oder Cyanursäure, Cyanoguanidin,
Oxazolidon, Pyrrolidon, N-Methylpyrrolidon oder N-Methylimidazol als Aktivator für
das Hypochlorit zusetzt.
[0007] Das erfindungsgemäße Entschlichtungsverfahren wird im stark alkalischen Bereich,
entsprechend einem Gehalt von 15 bis 150 g, bevorzugt 25 bis 70 g Natriumhydroxid
/1 Wasser und bei Raumtemperaturen, zweckmäßig bei Temperaturen von 10 bis 55°C mit
einer Menge Alkalihypochlorit, insbesondere Natriumhypochlorit, die 2 bis 8 g, bevorzugt
2 bis
4 g Aktivchlor entspricht, durchgeführt.
[0008] Die Verweilzeit beträgt 2 bis 24 Stunden und hängt natürlich von der Temperatur und
der verwendeten Menge an Aktivchlor ab. In vorteilhafter Weise wird bei der erfindungsgemäßen
Entschlichtung gleichzeitig ein Bleicheffekt erzeugt
[0009] Unter baumwollhaltigem Gewebe sollen Gewebemischungen von wenigstens 30 % Baumwolle,
insbesondere Baumwolle mit Polyester, verstanden werden.
[0010] Als erfindungsgemäß zu verwendende, in der stark alkalischen wäßrigen Lösung lösliche
Aktivatoren kommen im einzelnen in Betracht: tertiäre Trishydroxyalkylamine mit 2
oder 3 Kohlenstoffatomen im Alkyl, wie Triethanolamin, Bis-hydroxyethyl-hydroxipropylamin,
Trishydroxypropylamin, oxethylierte und/oder oxpropylierte Ethylendiamine mit insgesamt
4 bis 10 Ethylenoxid- und/oder Propylenoxid-Einheiten, wie N,N'-Tetra- hydroxyethyl-ethylendiamin,
N,N'-Tetrahydroxypropyl-ethylendiamin, Harnstoffderivate, wie N,N'-Tetramethylharnstoff,
N,N'-Tetrahydroxiethylharn- stoff, N,N'-Dimethylethylenharnstoff, N,N'-Bis-hydroxiethyl-ethylenharnstoff,
Propylenharnstoff, N,N'-Dimethylpropylenharnstoff und N,N'-Bis-hydroxiethyl-propylenharnstoff,
oxethylierte Polyethylenimine mit 2 bis 50 Ethylenimineinheiten, deren Imino- und
Aminogruppen mit 1 bis 5 Ethylenoxideinheiten alkyliert sind, wie (Pentahydroxiethyl)-diethylentriamin
oder Hexahydroxiethyl)tetraethylenpentamin
[0011] Cyanursäurederivate, wie Trishydroxiethyl- und Trishydroxipropylmelamin sowie 2,4,6-Trishydroxylamin-triazin.
[0012] Als Aktivatoren sind besonders bevorzugt die Cyanursäure, Oxazolidon-2, N-Methylpyrrolidon-2
und N-Methylimidazol.
[0013] Die bevorzugten Mengen Aktivator für das Hypochlorit sind 3 bis 5 g/l. Die erfindungsgemäßen
Zusätze wirken in überraschender und in nicht vorhersehbarer Weise als Aktivatoren
für das Hypochlorit, das in dem stark alkalischen wäßrigen Medium normalerweise desaktiviert
ist. Diese Zusätze bewirken für das Gewebe eine nur relativ kurze Verweilzeit bei
der oxidativen Einwirkung des Hypochlorits. Das Risiko einer Gewebeschädigung wird
deutlich verringert. Gleichzeitig wird das Gewebe gebleicht und die Samenschalenreste
der Baumwolle werden größtenteils mit entfernt.
[0014] Gegenüber der enzymatischen Entschlichtung, die in der Regel auch als Verweilverfahren
bei Temperaturen oberhalb 50°C durchgeführt wird, kann das neue Verfahren mit gutem
Effekt bei Raumtemperatur, ca. 20°C, energiesparend durchgeführt werden. Die Bleichwirkung
und die Entfernung von Samenschalen der Baumwolle ohne zusätzliche Heißbehandlung
sind die besonders hervorzuhebenden Vorteile im Vergleich zu der enzymatischen Entschlichtung.
[0015] Bei der oxidativen Entschlichtung mit Persulfat wird bei einer Durchführung als Verweilverfahren
bei Raumtemperaturen kein deutlicher Bleicheffekt erzielt. Die Entfernung der Baumwollsamenschalen
ist unzureichend. Die oxidative Entschlichtung mit Persulfaten wird deshalb in der
Praxis als Heißbehandlung durchgeführt.
[0016] Als weiterer Vorteil sei noch herausgestellt, daß nach dem erfindungsgemäßen Entschlichtungsverfahren
bei dem behandelten Gewebe, um ein Vollweiß zu erreichen, nur noch eine milde Bleiche
mit Wasserstoffperoxid erforderlich ist, wobei nur etwa ein Drittel bis ein Viertel
der sonst üblichen Menge an Wasserstoffperoxid verwendet zu werden braucht.
[0017] Im übrigen können bei dem erfindungsgemäßen Entschlichtungsverfahren in an sich bekannter
Weise Netzmittel, Waschmittel und andere übliche Hilfsmittel, die natürlich stabil
gegenüber Hypochlorit sein müssen, zugesetzt werden. Diese Zusätze sind dem Fachmann
bekannt und dienen in der Regel dazu, das Entschlichtungsverfahren in seinem Ablauf
sicherer zu gestalten. Dazu zählt auch der Einsatz von Sequestrier- und Dispergiermitteln
beim Auswaschen der Gewebe.
[0018] Hypobromit wird wegen seiner geringen Stabilität, die Lösungen können nur bei etwa
0°C aufbewahrt werden, in der Technik nicht eingesetzt. Die Lösungen disproportionieren
schon bei Raumtemperatur mäßig schnell (Cotton/Wilkinson, Anorganische Chemie, Verlag
Chemie, Weinheim 1967, Seite 531 bis 534).
Eeispiele und Vergleichsbeispiele
[0019] Die aktivierende Wirkung der Zusätze auf eine stark alkalische Hypochlori t-Lösung
wurde Ober die zeitliche Abnahme des Aktivchlorgehalts der Lösungen ermittelt. Der
jeweilige Gehalt an Aktivchlor wurde titrimetrisch mit Natriumthiosulfat bestimmt.

Testbedingungen: 20°C, 5 g/1 Aktivchlor, 40 g/l NaOH
[0020] Die Tabelle Zeigt, daß mit der Stärke der Aktivierung der Aktivchlorgehalt abnimmt
[0021] Die alkalischen Hypochlorit-Lösungen werden zum Entschlichten von Baumwollgeweben
aus Polyester/Baumwollmischgeweben eingesetzt. Die Gewebestücke werden mit Entschlichtungsflotte
getränkt, auf 100 % Flottenaufnahme abgequetscht und verweilen gelassen. Nach der
Behandlung werden die Gewebe in allen Fällen gleich ausgewaschen. Von diesen Gewebestücken
werden der Weißgrad, die Entschlichtung (nach Tegewa-Skala) und auch der DP-Wert (durchschnittlicher
Polymerisationsgrad) der Cellulose bestimmt.
Beispiel 1
[0022] Gewebe: Polyester-/Baumwollmischgewebe (65/35) Schlichte: modifizierte Stärke, Weißgrad
der Rohware 67,8, Schalen pro 100 cm
2: 52, DP-Wert: 2190
[0023] Zusammensetzung der Entschlichtungsflotte:
40 g/1 NaOH, 5 g/1 Aktivchlor, 3 g/1 Nonylphenyloxethilat, 2 g/1 Netzmittel (Phosphorsäureester).
[0024] Verweiltemperatur: 45°C.

[0025] Gewebe gemäß 1. A., Aktivchlorgehalt der Entschlichtungsflotte auf 3 g/1 reduziert.
[0026] Verweilzeit: 5 Stunden Verweiltemperatur: 45°C

[0027] Die Ergebnisse von 1. A. und 1. B. zeigen, daß ohne Aktivator die Baumwolle deutlich
geschädigt wird und Gewebe mit solchen niederen DP-Werten normalerweise nicht mehr
verwendbar sind.
Beispiel 2
[0028] Gewebe:
Baumwollnessel, mit Stärke geschlichtet, Weißgrad 56,8, Schalen pro 100 cm2: 158, DP-Wert: 2350
[0029] Zusammensetzung der Entschlichtungsflotte:
40 g/1 NaOH, 3,2 g/1 Aktivchlor, 3 g/1 Nonylphenoloxethylat, 1 g/1 Netzmittel (Phosphorsäureester)
[0030] Verweilzeit: 5 Stunden, Verweiltemperatur: 45°C.

[0031] Die zahlenmäßigen Ergebnisse belegen die besondere Wirksamkeit von Oxazolidon.
[0032] Zum Vergleich wird ein Versuch gemäß Beispiel 2 ohne Hypochloridzusatz und ohne Katalysator
durchgeführt.

[0033] Die Zahlenwerte zeigen, daß Alkali allein im Hinblick auf Weißgrad und Schalenentfernung
unbefriedigende Resultate bringt, so daß eine stärkere Peroxidbleiche erforderlich
ist.
Beispiel 3
[0034] Gewebe gemäß Beispiel 2. Zusammensetzung der Entschlichtungsflotte: 60 g/1 NaOH,
4 g/1 Aktivchlor, 3 g/1 Nonylphenolethoxylat, 2 g/1 Netzmittel. Verweilzeit: 16 Stunden
Verweiltemperatur: 22°C

Beispiel 4
[0035] Gewebe und Versuchsbedingungen gemäß Beispiel 3.- Beim Auswaschen werden 2 g/l Sequestiiermittel
(carboxylgruppenhaltiges Copolymer) zugesetzt.

[0036] Anschließend werden die Gewebestücke mit Wasserstoffperoxid gebleicht,
Bleichrezept:
5 g/1 Stabilisator, 10 g/1 NaOH, 5 g/1 Netz-Waschmittel, 5 ml/1 H202 35 %ige wäßrige Lösung,
[0037] Flottenaufnahme: 100 % Dämpfzeit: 10 Minuten Bleichtemperatur: 100 bis 102°C

[0038] Aus den Ergebnissen geht hervor, daß man mit relativ wenig Wasserstoffperoxid auskommt.
Beispiel 5
[0039] Gewebe:
Baumwoll/Polyester Hemdenpopeline (50/50);
Weißgrad: 65,8
Schalen pro 100 cm2 : 40;
DP-Wert: 3012
[0040] Zusammensetzung der Entschlichtungsflotte:
25 g/1 NaOH; 2 g/1 Aktivchlor; 5 g/1 Netz- und Waschmittel Verweilzeit: 16 Stunden,
[0041] Verweiltemperatur: 20°C Flottenaufnahme: 100 %

Beispiel 6
[0042] Gewebe:
Baumwollinlett, Weißgrad 55,8
[0043] DP-Wert: 2980, Schalen pro 200 cm
2 : 27
[0044] Zusammensetzung der Entschlichtungsflotte:
140 g/1 NaOH, 5 g/1 Aktivchlor, 3 g/1 Waschmittel, 5 g/1 Laugler-Netzmittel.
[0045] Verweilzeit: 16 Stunden Verweiltemperatur: 45°C Flottenaufnahme: 80 %

Vergleichsbeispiel I
[0046] Das Gewebe gemäß Beispiel 4 wird enzymatisch entschlichtet.
[0047] Zusammensetzung:
5 g/1 enzymatisches Entschlichtungsmittel
2 g/1 Kochsalz
3 g/1 Nonylphenoloxethylat
[0048] Verweilzeit: 3 Stunden Verweiltemperatur: 75°C

[0049] Anschließend wird das Gewebe gebleicht gmäß Beispiel 4, wobei jedoch die 4-fach Menge
an Wassertoffperoxid im Vergleich zu Beispiel 4 verwendet wird.

[0050] Unterzieht man das enzymatisch entschlichtete Gewebe noch einer Abkochstufe (40 g/1
NaOH, 1 g/1 Netzmittel, 10 Minuten bei 100°C) und bleicht das Gewebe nach dem obigen
Rezept (mit 20 ml/1 H
20
2 35 %ig) so erhält man folgenden Effekt:

Vergleichsbeispiel II
[0051] Oxidative Entschlichtung mit K
2S
20
8.
[0052] Das Gewebe aus Beispiel 2 oder Beispiel 4 wird mit folgender Entschlichtungsflotte
behandelt:
40 g/1 NaOH
2 g/1 K2S208
5 g/1 Netz-/Waschmittel
2 g/1 Sequestriermittel
[0053] Verweilzeit: 10 Minuten Verweiltemperatur: 100 bis 102°C Flottenaufnahme: 100 %
[0054] Nach dem Auswaschen werden folgende Effekte gemessen:

[0055] Nach einer Wasserstoffperoxid-Bleiche gemäß Beispiel I wurden an dem Gewebe felgende
Werte gemessen:

[0056] Aus den Vergleichsbeispielen geht hervor, daß bei enzymatischer Entschlichtung für
ein schalenfreies weißes Gewebe eine Abkochung und eine verstärkte Peroxidbleiche
notwendig sind, auch bei oxydativer Entschlichtung mit Persulfat ist eine verstärkte
Peroxidbleiche notwendig, um auf die gleichen Effekte zu kommen.
1. Verfahren zum Entschlichten von Baumwolle und baumwollhaltigen Geweben in stark
alkalischer wäßriger Lösung mit Alkalihypochlorit, dadurch gekennzeichnet, daß man
dem wäßrigen Bad 0,5 bis 8,0 g/1 eines in wäßriger alkalischer Lösung löslichen tertiären
Hydroxyalkylamins, eines oxethylierten und/oder oxpropylierten Ethylendiamins, eines
oxethylierten Polyethylenimins oder Malonsäure, Cyanursäure eines Cyanursäurederivates,
eines Harnstoffderivates, Cyanoguanidin, Oxazolidon, Pyrrolidon, N-Methylpyrrolidon
oder N-Methylimidazol oder ihre Mischungen als Aktivator für das Hypochlorit zusetzt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als Aktivator für das
Hypochlorit Cyanursäure, Oxazolidon-2, N-Methylpyrrolidon-2 oder N-Methylimidazol
zusetzt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man den Aktivator
für das Hypochlorit dem wäßrigen Bad in einer Menge von 3 bis 5 g/1 zusetzt.
4. Verwendung von in stark alkalischen wäßrigen Lösungen löslichen tertiären Hydroxyalkylaminen,
oxethylierten und/oder oxpropylierten Ethylendiaminen, oxethylierten Polyethyleniminen,
Cyanursäure, Cyanoguanidin, Oxazolidon, Pyrrolidon, N-Methylpyrrolidon oder N-Methylimidazol
als Aktivator für Hypochlorit bei der Entschlichtung von Baumwolle und baumwollhaltigen
Geweben in stark alkalischen wäßrigen Lösungen mit Alkalihypochlorit in einer Menge
von 0,5 bis 8,0 g/1.
5. Verwendung von Cyanursäure, Oxazolidon-2, N-Methylpyrrolidon-2 oder N-Methylimidazol
als Aktivator für Hypochlorit bei der Entschlichtung nach Anspruch 4.