Stand der Technik
[0001] Die Erfindung betrifft ein Kunstkopf-Meßsystem nach der Gattung des Hauptanspruchs.
Bei einem breitbandigen, rauscharmen Kunstkopf mit hoher Dynamik (DE-OS 31 46 706)
ist es bekannt, genaue Nachbildungen der akustisch wichtigen, geometrischen Strukturen
von Kopf, Ohrmuscheln und Schultern bei einem elektroakustischen Schallaufnahmesystem
(Kunstkopf) mit speziellen akustischen, elektroakustischen und elektronischen Mitteln
so zu kombinieren, daß die möglichst akustisch originalgetreue Übertragung erreicht
wird. Wesentliche Maßnahmen zur Erreichung dieses Zwecks bestehen bei dem bekannten
Kunstkopf darin, daß die akustisch wichtigen geometrischen Abmessungen an der Kopfnachbildung
und auch an den Ohrmuschelnachbildungen über maßhaltige Abdrücke in plastischem Material
entsprechenden Abmessungen von ausgesuchten lebenden Personen nachgebildet sind, wobei
die Kopfnachbildung insbesondere ein maßgetreues Abbild des Kopfes einer solchen Versuchsperson
darstellen soll, deren Kopf in guter Näherung durchschnittliche.Abmessungen aufweist.
Ein solcher bekannter Kunstkopf ermöglicht daher eine originalgetreue Übertragung
von Hörereignissen, ist aber insofern problematisch, als, und zwar gerade wegen des
Versuchs, möglichst natur- oder maßgetreu den Kopf nachzubilden, keine vollständige
Kalibrierfähigkeit des Systems erreicht werden kann. Dies bedeutet aber mit anderen
Worten, daß die Außenohrübertragungsfunktion des jeweiligen Kunstkopfes, mit dem man
arbeitet, jeweils durch Messung wieder neu ermittelt werden muß und man daher beispielsweise,
was für die akustische Meßtechnik von erheblicher Bedeutung ist, nicht einfach aus
den gemessenen Signalen auf Art und Charakteristik des auf den Kunstkopf als Meßsystem
einwirkenden Schallereignisses rückschließen kann. Meßergebnisse müssen aber reproduzierbar
sein, genau so wie die zur Messung verwendeten Meßsysteme, und daher liegt der vorliegenden
Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Kunstkopfmeßsystem zu schaffen, welches trotz
der für den Fachmann erkennbaren, extrem komplexen Gesamtstruktur, die sich beispielsweise
aus Kopf, Hals, Schulternachbildung und Ohrmuschelnachbildung zusammensetzt, kalibrierfähig
ist.
Vorteile der Erfindung
[0002] Die Erfindung löst diese Aufgabe mit den kennzeichnenden Merkmalen des Hauptanspruchs
und hat den Vorteil, daß ein im gesamten Audiobereich wirksamer, voll kalibrierfähiger
Kunstkopf als Meßsystem für Schallereignisse geschaffen ist, welches, da es auf einfache
Körper und Teilkörper zurückgeführt ist, die jedenfalls für den Fachmann in ihrem
akustischen Verhalten (Reflexion, Beugung, Ohrresonanz u. dgl.) berechenbar sind,
insgesamt durch die genau definierte, vereinfachte äußere Geometrie ohne Einschränkung
der RichtungsabbildungeinerWiedergabe der Kunstkopfmikrofonsignale über einen freifeldentzerrten
Kopfhörer zugänglich ist. Daher kann ein solches voll kalibrierfähiges Kunstkopf-Meßsystem
mit besonderem Vorteil sowohl in der akustischen Meßtechnik als hilfreiches Meß-,
Kontroll- und Uberwachungsinstrument eingesetzt werden als auch als Aufnahmemikrofon
für Sprache und Musik in Rundfunkbereich verwendet werden.
[0003] Drei Einsatzbereiche des erfindungsgemäßen voll kalibrierbaren Kunstkopf-Meßsystems
seien im folgenden genannt:
1. Das Kunstkopf-Meßsystem kann als Referenzversuchsperson in der Psychoakustik eingesetzt
werden, da es im Gegensatz zu einer Versuchsperson mit eingesetzten Sondenmikrofonen
ein sog. LTI-System*mit in allen Testsituationen unveränderten, überprüfbaren Ubertragungseigenschaften
bildet.
2. Das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem ist als Meßmikrcfon in der akustischen
Meßtechnik (beispielsweise für Messungen von Kopfhörern und Schallschützern)sowie
der Geräuschdiagnose mit besonderem Vorteil einsetzbar. Bisherige Meßverfahren arbeiteten
u. a. beispielsweise zur Bestimmung des A-bewerteten Schallpegels unter Verwendung
von Mikrofonen mit kugelförmiger Richtcharakteristik; demgegenüber weist jedoch das
[0004] * Linear Time Invariant
[0005] menschliche Außenohr eine völlig anders geartete Richtcharakteristik auf. Messungen,
die diese subjektive Richtcharakteristik des menschlichen Außenohrs nicht berücksichtigen,
sind nicht ver- al3.
gemei
nerbar und treffen auch nicht das eigentliche Ziel des Meßverfahrens. Durch die Verwendung
des erfindungsgemäßen Kunstkopfes als Meßmikrofon besteht jetzt die Möglichkeit, Geräusche
mittels einer Aufzeichnungseinheit zu archivieren und eine subjektive Beurteilung
von Geräuschen oder Lärmminderungsmaßnahmen durchzuführen - hierbei ist mit subjektiv
die Bezogenheit gemeint auf den Nachrichtenempfänger "menschliches Gehör". Ein solches
subjektives Meßverfahren führt dann in der Regel sehr schnell zu einem eindeutigen
Ergebnis in der Beurteilung, da das Gehör eine größere Anzahl von Parametern in einem
angebotenen Schallereignis auswertet als die "objektive" Meßtechnik. So ist es beispielsweise
aus der Praxis bekannt, daß ein Geräusch mit höherem A-bewerteten Pegel subjektiv
gegebenenfalls als weniger lästig eingestuft werden kann.
[0006] 3. Der Einsatz des erfindungsgemäßen kalibrierfähigen Kunstkopf-Meßsystems als Aufnahmemikrofon
im tontechnischen Bereich. Ein Schallereignis setzt sich in der Regel aus den vom
Schallquellenort direkt ausgehenden Schallanteilen und den zeitlich verzögerten, aus
unterschiedlichen Richtungen eintreffenden Reflexionen zusammen. Bei herkömmlichen
Aufnahmeverfahren werden entweder nur die direkten Schallanteile aufgezeichnet oder
die Reflexionen werden nicht mit einer dem Außenohr äquivalenten Richtcharakteristik
bewertet; hier schafft die Erfindung eine entscheidende und vor allen Dingen durch
die Kalibrierfähigkeit allgemeingültige Abhilfe.
[0007] Dabei habei Untersuchungen und Messungen an dem erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystem
ergeben, daß dieses in der Richtcharakteristik der mittleren Richtcharakteristik des
Menschen entspricht, ein Eigenrauschen ist nicht wahrnehmbar, so daß Hörversuche auch
im Bereich der Hörschwelle ermöglicht sind und die Dynamik entspricht dem menschlichen
Gehör bis zur Schmerzgrenze, so daß auch Pegelspitzen unverzerrt erfaßt werden können
-(so erzeugt beispielsweise Schlüsselklirren oder Händeklatschen in 1 m Entfernung
vom Ohr Schallpegelspitzen der Dauer von etwa 0,05 ms von ca. 135 dB).
[0008] Durch die Reduzierung der äußeren Geometrie des erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystems
auf die akustisch relevante Geometrie, wie sie als wesentlicher erfinderischer Teilschritt
vorgenommen worden ist, ergibt sich die Möglichkeit, die bisher mathenatisch nicht
berechenbaren Außenohrübertragungsfunktionen (nicht berechenbar wegen der komplexen
äußeren Umrandung von Ohrmuschel, Kopf, der komplexen inneren Struktur der Ohrmuschel
u. dgl.', was sich einer genauen Kalibrierung entziehen muß) mathematisch und meßtechnisch
zu beschreiben, also zu erfassen und vorzugeben und nachzuweisen, daß die vom erfindungsgemäßen
Kunstkopf-Meßsystem realisierteAußenohrübertragungsfunktion der entspricht, wie sie
subjektiv bei real existierenden Versuchspersonen so oder mit nur so gedaß ringen
Abweichungen ergibt, /sie im hier insoweit maßgebenden technischen Rahmen praktisch
mit einer Ubereinstimmung gleichzusetzen ist. Die Erfindung leistet daher ein vom
geometrischen Aufbau her kalibrierfähiges Kunstkopf-Meßsystem, wobei, um diesen Weg
gehen zu können, von der Erkenntnis ausgegangen werden mußte, daß aufgezeigt werden
kann, daß man nicht die exakten Beugungsintegrale zur Berechnung der Übertragungsfunktion
lösen muß, die an sich zugrunde zu legen sind, sondern durch die Reduzierung auf die
kalibrierfähigen, berechenbaren Körper wie Kugel, Zylinder, Zylinder mit Bohrung,
Ellipse u. dgl. ein reproduzierbares Gesamtsystem geschaffen werden kann, welches,
da in den Teilen kalibrierfähig, insgesamt ebenfalls kalibrierfähig ist.
[0009] Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche und in diesen
niedergelegt.
Zeichnung
[0010] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird in
der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 eine Seitenansicht,
Fig. 2 eine Ansicht von oben und
Fig. 3 eine Ansicht von vorn auf das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem;
Fig. 4a in relativ hierzu vergrößerter Darstellung eine Draufsicht auf eine erste
Ausführungsform einer Ohrmuschelnachbildung und
Fig. 4b die Ohrmuschelnachbildung der Fig. 4a im Schnitt so, daß die einzelnen Höhlungen
in ihrer vollen Form erkennbar sind und
Fig. 5 die Ohrmuschel-Nachbildung der Fig. 4a geschnitten längs der Linie V - V;
Fig. 6 das (einkanalige) Blockschaltbild des Kunstkopf-Meßsystems,
Fig. 7 die Freifeld-Ubertragungsfunktion für Schalleinfall von vorn in Form eines
Diagramms einmal für das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem mit vereinfachter mittlerer
Geometrie, ferner für einen Kunstkopf mit genauer Nachbildung der äußereu Geometrie
(beim Menschen);
Fig. 8 zeigt den Verlauf monauraler Kunstkopf-Ubertragungsfunktionen für verschiedene
Schalleinfallsrichtungen im Vergleich zu mittleren übertragungsfunktionen von Versuchspersonen
(Kunstkopf mit genauer Nachbildung);
Fig. 9 zeigt in Form eines Diagramms denBereich der sogenannten Hörfläche des Kunstkopf-Meßsystems
im Vergleich zur menschlichen Hörfläche und
Fig.10 zeigt in Form eines Diagramms Kurvenverläufe zur Richtcharakteristik des Kunstkopf-Meßsystems
für unterschiedliche Schalleinfallsrichtungen im Vergleich zu einem Kunstkopf-Meßsystem
mit genauer Kopf- und Ohrmuschelnachbildung sowie einer mittleren Versuchsperson.
Beschreibung der Ausführungsbeispiele
[0011] Der Grundgedanke vorliegender Erfindung besteht darin, das gesamte Kunstkopf-Meßsystem
dadurch kalibrierfähig zu machen, daß vom die Richtcharakteristik des Systems bestimmenden
geometrischen Aufbau her die äußere beschreibbare Geometrie auf die akustisch relevante
Geometrie, so wie sie sich durch Rechnung und Messung ergeben hat, begrenzt wird,
mit der sich hieraus ergebenden Folgerung, das Kunstkopfmeßsystem aus einzelnen Teilkörpern
vorgegebener Abmessungen und vorgegebener relativer Position zueinander aufzubauen,
die selbst aus geometrisch einfachen Körpern wie Zylinder, Ellipse, Quader oder Kugel
ableitbar, daher auch mathematisch berechenbar sind.
[0012] Ein weiterer Hinweis ist noch erforderlich. In Abweichung zur üblichen Patentpraxis,
bei der Abmessungen bzw. Dimensionsangaben eher, bis auf Ausnahmefälle, von untergeordneter
Bedeutung sind, sind bei vorliegendem Kunstkopf-Meßsystem solche Dimensionsangaben,
soweit sie sinngemäße/innerhalb vorgegebener Streuungsgrenzen liegend verstanden werden,
durchaus auch für die Realisierung der Erfindung relevant, und zwar deshalb, weil
die Außenohrübertragungsfunktion des Kunstkopfes, die Richtcharakteristik u. dgl.
maßgebend nicht nur von den Abmessungen, sondern auch von der relativen Lage der einzelnen
Teilkörper zueinander, beispielsweise und insbesondere auch der Art der Ohrmuschelapproximation
sowie deren Position, bestimmt sind.
[0013] Daher enthalten beispielsweise die Figuren 4a, 4b und Fig. 5 effektive Maßangaben
in Millimetern; in den Figuren 1, 2 und 3 sind mit einem Sternchen oben bezeichnete
Zahlen vorhanden, die sich aus einer im folgenden noch anzugebenden Tabelle auf bestimmte
Größen, Abmessungen und Dimensionsangaben, Winkel u. dgl. beziehen lassen.
[0014] Durch im Kern an komplizierten mathematischen Darstellungen und Termen (Beugungsintegrale
u. dgl.) und zur technisch sinnvollen Realisation durchgeführte Vereinfachungen dieser
Ausdrücke basierende Untersuchungen hat sich ergeben, daß die akustisch wirksame Geometrie
eines voll kalibrierfähigen Kunstkopf-Meßsystems entsprechend den Darstellungen der
Figuren 1, 2 und 3 auf die folgenden Parameter vereinfacht werden kann, nämlich Oberkörper
und Schulter 10, die im wesentlichen die Richtcharakteristik in der Medianebene bestimmen,
zweitens den Kopf 11, dessen Beugungswellen und Reflexionen maßgeblich die Richtcharakteristik
in der horizontalen Ebene bestimmen,und drittens der Form und Art der Ohrmuschel und
deren Position und Lage am Kopf, deren Einfluß in der Horizontal- und besonders in
der Medianebebene (cavum conchae Umrandung) zur Geltung kommt. Der Kopf 11 hat in
der Medianebene keinen signifikanten Einfluß auf die Außenohrübertragungsfunktion,
die akustische Wirksamkeit der Schulter beschränkt sich im wesentlichen auf den Frequenzbereich
unterhalb 2000 Hz.
[0015] Dabei erfüllt der Oberkörper 10 bei dem erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystem nicht
nur die Aufgabe als Beugungskörper, sondern dient zweckmäßigerweise auch gleichzeitig
zur Aufnahme der notwendigen elektronischen Komponenten sowie einer Aufzeichnungseinheit,
wodurch das System völlig unabhängig von anderen Geräten betrieben werden kann. Breite
und Tiefe des Oberkörpers 10 entsprechen den Abmessungen der Schulter; da der Oberkörper
eine sitzende Versuchsperson nachbilden soll, vergrößert sich die Tiefe nach unten
hin auf beispielsweise 450 mm, so daß die Vorderseite einen Winkel von ca. 20 zur
Senkrechten aufweist bei einer Höhe von 450 mm. Es wird gebeten, weitere Abmessungsangaben,
soweit sie nicht im Text gesondert aufgeführt sind, der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen,
in welcher die mit einem Sternchen versehenen Hinweisziffern neben der Angabe, um
welchen Parameter es sich handelt, sowohl einen Mittelwert einer sich als besonders
geeigneten Abmessungsangabe als auch einen Streuwert angeben. Sämtliche durch solche
mit Sternchen gekennzeichneten Nummern bezeichneten Abmessungen wurden durch Mittelwertbildung
von sieben geometrisch vermessenen Versuchspersonen (männlich) bestimmt.
[0016]

[0017] Die abgewinkelte Vorderseite des Oberkörpers, wie sich am besten aus Fig. 1 entnehmen
läßt, ist dessen maßgeblicher Teil, der die Außenohrübertragungsfunktion im unteren
Spektralbereich richtungsabhängig beeinflußt. Eine genaue Berücksichtigung dieser
Abmessungen beim Oberkörper ist aber nicht erforderlich, da dieser Teilkörper, der
in seiner geometrischen Form eine abgeplattete Pyramide darstellt, nur für große Wellenlängen
(0,25 m - 1,5 m) einen akustischen Einfluß auf die Außenohrübertragungseigenschaften
aufweist. Die Richtcharakteristik des Oberkörpers und Schulter wird im wesentlichen
bestimmt durch die vordere und die seitlichen abgeschrägten Flächen sowie durch die
Höhe der Bezugsebene zur Schulter.
[0018] Die Kopfnachbildung 11 stellt, wie die Darstellungen der Figuren 2 und 3 zeigen,
ein Ellipsoid dar und wird zur Vermeidung technischer Schwierigkeiten bei der Herstellung
aus drei Teilkörpern zusammengesetzt, nämlich einer unteren Hälfte 11a, die einem
in Längsrichtung geschnittenen Zylinder entspricht, einem Mittelstück 11b, welches
einer ovalen Scheibe entspricht, und einem oberen Teilstück 11c, welches aus einem
vorderen und hinteren Kugelviertel mit einer Kreisscheibenhälfte in der Mitte besteht.
Mit der Halsnachbildung wird die Kopfhöhe entsprechend dem mittleren Abstand 4
* der Bezugsebene BE zur Schulter eingestellt.
[0019] Auch die komplizierte Formgestaltung der Ohrmuschel kann auf eine vereinfachte Form
reduziert werden, beispielsweise so,wie dies in den Figuren 4a, 4b und 5 dargestellt
ist. Von Bedeutung sind äußere und innere Umrandungen der Ohrmuschel, deren Beugungseigenschaften
die Richtcharakteristik festlegen, sowie die Höhlungen - cavum conchae Ersatz -, die
als akustische Resonanzverstärker zur Verbesserung des Signal/Rauschabstandes des
Mikrofons beitragen. Auch die Abmessungen der Ohrmuschelnachbildung resultieren aus
einer arithmetischen Mittelwertbildung der geometrischen Abmessungen von sieben Versuchspersonen;
dabei sind, wie schon erwähnt, in den die Ohrmuschel darstellenden Figuren Abmessungen
in Millimetern unmittelbar eingetragen.
[0020] Gefertigt wird die Ohrmuschelnachbildung aus einem Zylinder (Durchmesser ca. 70 mm),
wobei das cavum conchae entweder durch eine einzige ovalförmige Vertiefung im Zylinder
realisiert werden kann, die beispielsweise die Größenabmessungen Breite 21 mm, Höhe
30 mm und Tiefe 19 mm umfaßt, bei einem durch eine Bohrung mit einem Durchmesser von
8 mm gebildeten Ohrkanaleingang (in der Zeichnung nicht dargestellt) oder die Ohrnachbildung
erfolgt nach dem Muster der Darstellung der Fig.4a, 4b und 5 mit mehreren, ineinandergreifenden
Bohrungen und Vertiefungen mit den in diesen Figuren angegebenen Abmessungen. Die
endgültige Ohrmuschelnachbildung entsteht dann durch einen Längsschnitt 12 des Zylinders,
etwa 10 mm aus der Mitte versetzt, wobei die weggeschnittenen Teile entfallen, sowie
Abschrägungen gebildet sind von bei der Ohrmuschelnachbildung der Fig. 5 20 °, und
bei der Darstellung der Fig. 4b (90° gedreht) von 10°. Die Ohrmuschelnachbildung des
anderen Ohrs ist dann entsprechend spiegelsymmetrisch ausgeführt; die Bezugsebene
BE entspricht der Mikrofonebene, wobei ein Bezugspunkt BP im Mittelpunkt des Ohrkanaleingangs
auf der Bezugsebene BE liegend noch definiert werden kann.
[0021] Wesentlich ist bei vorliegender Erfindung ferner, daß alle Teile des Kunstkopfes
hinterschneidungsfrei sind, also bei Höhlungen keine hervorstehenden Teile gebildet
sind, die durch eine innere Vergrößerung der Höhlung entstehen.
[0022] Dabei hat sich im übrigen herausgestellt, daß die genaue Position der Ohrmuschelnachbildung
(sowie deren Lage) von wesentlicher Bedeutung zur Erzielung übereinstimmender Richtcharakteristiken
bzw. zur Realisierung der Außenohrübertragungsfunktionen ist; mit anderen Worten bedeutet
dies, daß die in Fig. 1 mit den Hinweiszeichen 5
*, 8
*, 6
* und 7
* kenntlich gemachten Abstände und Abmessungen eine besondere Bedeutung besitzen.
[0023] Da das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem insbesondere auch für die Meßtechnik
konzipiert ist, sind zur Sicherstellung der umfassenden Kalibrierfähigkeit Mikrofone
zur Ankopplung an den Ohrkanaleingängen anzuordnen die in geeigneter Weise der Forderung
nach geringem Eigenrauschen gerecht werden und auch einen maximal zulässigen Schalldruckpegel
aufweisen.
[0024] Als besonders geeignet haben sich herausgestellt 1/2 Zoll-Mikrofonmeßkapseln der
Fa. Brüel + Kjaer mit der Bezeichnung B+K 4166, wobei als optimale Länge des Ohrkanals
ein Abstand von 4 mm errechnet wurde. Die Lage der Mikrofonebene entspricht der Bezugsebene
BE bei Messungen an Versuchspersonen.
[0025] In Fig. 6 sind die zur weiteren Verarbeitung der erfaßten Schalldrücke vorgesehenen
elektrischen Komponenten dargestellt; die Mikrofonsignale gelangen über jeweils einen
Impedanzwandler 14 auf eine spezielle Entzerrerschaltung 15, wobei eine Umschaltungsmöglichkeit
16 auf einen Testtongenerator 17 vorgesehen ist, mit dessen Hilfe, beispielsweise
für eine vorgegebene Frequenz von f = 240 Hz eine dem Schalldruck 94 dB äquivalente
Mikrofonspannung erzeugt werden kann, so daß die nachfolgenden Meß- und Aufzeichnungsgeräte
kalibriert werden können.
[0026] Die Entzerrerschaltung bestimmt sich bei dem erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystem
so, daß bei Schalleinfall von vorn im Freifeld ein lineares, frequenzunabhängiges
Übertragungsmaß am Kunstkopf-Ausgang gemessen werden kann (sog. Freifeldentzerrung).
Der Betrag der Ubertragungsfunktion der Entzerrerschaltung verhält sich dann invers
zu der in Fig. 7 dargestellten Freifeld-Ubertragungsfunktion des Kunstkopfes, wobei
der durchgezogene Kurvenverlauf im Diagramm der Fig. 7 einen Kunstkopf mit genauer
Nachbildung der äußeren Geometrie betrifft und die gestrichelte Darstellung das erfindungsgemäße,
voll kalibrierfähige Kunstkopf-Meßsystem mit vereinfachter mittlerer Geometrie angibt.
[0027] Man erkennt schon aus dem Vergleich der Freifeld- Übertragungsfunktionen der Kunstköpfe
nach Fig. 7, daß der Erfindung der Nachweis gelungen ist, bei Zugrundelegung der vereinfachten
mittleren Geometrie bei einem Kunstkopf-Meßsystem einerseits dessen Kalibrierfähigkeit
sicherzustellen und andererseits nur mit einem äußerst geringen, für die Meßtechnik
praktisch belanglosen Fehler arbeiten zu können. Der Erfindung gelingt es daher in
ganz entscheidender Weise, erstmalig auf dem Gebiet der Kunstkopf-Technologie ein
System zu entwickeln, welches wegen der umfassenden Kalibrierfähigkeit einer weltweiten
Standardisierung und Normung zugänglich ist. Hierauf soll kurz anhand eines möglichen
Beispiels zum besseren Verständnis eingegangen werden.
[0028] Beispielsweise ist in der Praxis die Geräuschentwicklung von Kraftfahrzeugen, wie
sie sich zum Vergleich bei Personenkraftwagen für den Fahrer ergibt, von erheblicher
Bedeutung - bisher sind jedoch direkte Vergleiche durch ledigliche Schallpegelmessungen
unmöglich, denn, wie eingangs schon angedeutet, können Fahrzeuge mit durchaus geringen
Schallpegeln eine erheblich größere Lärmbelästigung (subjektiv) aufweisen als Fahrzeuge
mit hohen Schallpegeln; außerdem ist ein direkter Vergleich zwischen einzelnen Fahrzeugtypen
praktisch unmöglich, wegen der jeweils unterschiedlichen Meßverfahren und, soweit
verwendet, Kunstkopfsysteme. Die Erfindung ermöglicht demgegenüber auch an beispielsweise
zu den Kraftfahrzeugen entfernten Orten eine tatsächliche Vorführung der jeweiligen,
vom Kraftfahrzeug entwickelten Geräuschkulisse über Kopfhörer, wobei auch direkte
Vergleiche vorgenommen werden können; es ist auch möglich, in entsprechender Weise
aufgezeichnete Geräuschentwicklungen, die an völlig anderen Orten und bei anderen
Fahrzeugen aufgenommen worden sind, unmittelbar mit weiteren Aufnahmen oder direkten
Messungen zu vergleichen, vorausgesetzt, es wird der erfindungsgemäße kalibrierfähige
Kunstkopf zur Messung eingesetzt, der die Möglichkeit bietet, aus den gemessenen Signalen
unmittelbar auf die tatsächlichen Schallwirkungen und Geräuschentwicklungen rückzuschließen,
bezogen auf die Außenohrübertragungsfunktion mit Schalleinfall von vorn - Richtcharakteristik.
[0029] Die Fig. 8 zeigt für unterschiedliche, jeweils angegebene Schalleinfallsrichtung
die monauralen Ubertragungsfunktionen jeweils des erfindungsgemäßen kalibrierfähigen
Kunstkopf-Meßsystems (hier in durchgezogener Linienführung) sowie zum Vergleich eines
Kunstkopfes mit genauer Nachbildung einer Versuchsperson an (mittlerer Versuchsperson);
die für akustische Meßergebnisse geradezu verblüffende Übereinstimmung verdeutlicht
ebenso wie die in Fig. 9 angegebene sogenannte Hörfläche des freifeldentzerrten Kunstkopfes
im Vergleich zur menschlichen Hörfläche die erzielte umfassende Übereinstimmung.
[0030] Schließlich lassen sich den Diagrammverläufen der Fig. 10 Vergleiche der Richtcharakteristikeigenschaften
für unterschiedliche Schalleinfallsrichtungen sowie bei Diffusfeldbeschallung entnehmen,
wobei die Kurven a jeweils das erfindungsgemäße, kalibrierfähige Kunstkopf- Meßsystem
betreffen, die Kurven b ein Kunstkopf-Meßsystem mit genauer Kopf- und Ohrmuschelnachbildung
und die Kurven c eine mittlere Versuchsperson betreffen.
[0031] Der Erfindung gelingt es daher, durch Auswerten der akustisch'relevanten, richtungsbestimmenden
Parameter von Versuchspersonen und der mathematischen Erfassung und auch Vereinfachung
am mathematischen Modell ein, beispielsweise zum Zwecke der Normung, voll kalibrierfähiges
Kunstkopf-Meßsystem zu schaffen mit einer genau definierten, vereinfachten äußeren
Geometrie, und zwar, was entscheidend ist, ohne Einschränkung der Richtungsabbildung
bei Wiedergabe der Kunstkopf-Mikrofonsignale über einen freifeldentzerrten Kopfhörer.
Ein solches System kann daher erstmals in der akustischen Meßtechnik als objektive
Meßergebnisse lieferndes und Vergleiche ermöglichendes Meß-, Kontroll- und Uberwachungsintrument
eingesetzt werden und in gleicher Weise als Aufnahmemikrofon für Sprache und Musik
im Rundfunkbereich Verwendung finden.
[0032] Alle in der Beschreibung, den nachfolgenden Ansprüchen und der Zeichnung dargestellten
Merkmale können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination miteinander erfindungswesentlich
sein.
1. Kunstkopf-Meßsystem mit Schulter-, Kopf- und Ohrnachbildung sowie beidseitigen
Mikrofonen in den Gehörgangsnachbildungen, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bildung
eines voll kalibrierfähigen Kunstkopf-Meßsystems mindestens der geometrische Aufbau
des Kopfes aus einzelnen in ihren Abmessungen und relativen Positionen auf mittlere
Daten von Versuchspersonen bezogenen Teilkörpern (11a, 11b, 11c) zusammengesetzt ist,
wobei diese Teilkörper (11a, 11b, 11c) aus geometrisch einfachen, jeweils kalibrierfähigen
bzw. in ihrem Schallreflexions-, Beugungs- und Resonanzverhalten berechenbaren Körpern
wie Zylinder, Quader, Ellipse, Kugel, Pyramide u. dgl. bestehen oder aus diesen abgeleitet
sind derart, daß sich eine auf die jederzeit reproduzierbaren und vereinfachten äußeren
Geometriebedingungen bezogene, vorgegebene Kunstkopf-Übertragungsfunktion ergibt.
2. Kunstkopf-Meßsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine Obcrkörper/Schulternachbildung
(10) in Form einer abgeplatteten Pyramide gebildet ist, die in eine von einem Zwischenzylinder
gebildete Halsnachbildung übergeht, auf welcher die ellipsoide Kopfform angeordnet
ist.
3. Kunstkopf-Meßsystem nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Kopfnachbildung
einen unteren Teilkörper (11a) in Form eines in Längsrichtung geschnittenen Zylinders,
einen mittleren Teilkörper (11b) in Form einer ovalen Scheibe und einen oberen Teilkörper
(11c), bestehend aus einem vorderen und hinteren Kugelviertel mit einer Kreisscheibenhälfte
in der Mitte, umfaßt.
4. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß die
Ohrmuschelapproximation von einem Zylinder gebildet ist, in welchem mindestens eine
Vertiefung (cavum conchae) eingearbeitet ist, und daß der Vertiefungsgrund in den
vom Ohrkanaleingang abgeschlossenen Ohrkanal übergeht.
5. Kunstkopf-Meßsystem nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der die Ohrmuschel
nachbildende Zylinder längs eines einer Sekante folgenden Längsschnitts (12) geschnitten
ist und eine Abschrägung zwischen 10 und 20°, von vorn nach hinten bzw. von unten
nach oben ansteigend verlaufend, bildet.
6. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-5, dadurch gekennzeichnet, daß der
von der Ohrmuschel- nachbildung gebildete Ohrkanal in einer auch den Bezugspunkt für
die Mikrofonanordnung enthaltenden Bezugsebene (BE) liegt, die nach vorn einen Abstand
von etwa 12 cm, nach hinten einen Abstand von etwa 10 cm, nach oben einen Abstand
von etwa 16 cm und nach unten (Bezugspunkt angenommene Kinnfläche) einen Abstand von
ca. 10 cm aufweist.
7. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-6, dadurch gekennzeichnet, daß den
im Ohrkanal in einem vorgegebenen Abstand zu dessen Eingang angeordneten Mikrofonkapseln
(1/2 Zoll-B+K 4166-Mikrofonen) über ein Impedanzwandler ein Entzerrernetzwerk nachgeschaltet
ist, welches einen inversen Verlauf zur Kunstkopf-Ubertragungsfunktion aufweist.
8. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-7, dadurch gekennzeichnet, daß sich
die Bezugsebene (BE) in einem Abstand von etwa 16 cm über dem Schulterabschluß befindet.