(19)
(11) EP 0 156 333 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.10.1985  Patentblatt  1985/40

(21) Anmeldenummer: 85103440.5

(22) Anmeldetag:  23.03.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4H04R 5/027
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 27.03.1984 DE 3411236
15.03.1985 DE 3509376

(71) Anmelder: HEAD acoustics GmbH Kopfbezogene Aufnahme- und Wiedergabetechnik Messtechnik
D-52134 Herzogenrath (DE)

(72) Erfinder:
  • Genuit, Klaus, Dr.
    D-5100 Aachen (DE)

(74) Vertreter: Otte, Peter, Dipl.-Ing. 
Otte & Jakelski Patentanwälte, Mollenbachstrasse 37
71229 Leonberg
71229 Leonberg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Kunstkopf-Messsystem


    (57) Bei einem Kunstkopf-Meßsystem mit Schulter-, Kopf-und Ohrnachbildung sowie mit beidseitigen Mikrofonen in den Gehörgangsnachbildungen wird vorgeschlagen, den geometrischen Aufbau so zu vereinfachen, daß die äußere beschreibbare Geometrie des Kunstkopfes auf die durch Rechnung und Messung erfaßte, akustisch relevante Geometrie begrenzt ist, wobei der Kunstkopf aus einzelnen Teilkörpern mit zueinander vorgegebenen relativen Positionen zusammengesetzt ist, die sämtlich aus geometrisch einfachen Körpem wie Zylinder, Quader, Kugel, Ellipse u. dgl. ableitbar und auf mittlere Daten von Versuchspersonen bezogen sind derart, daß sich ein voll kalibrierfähiges Kunstkopf-Meßsystem ergibt.




    Beschreibung

    Stand der Technik



    [0001] Die Erfindung betrifft ein Kunstkopf-Meßsystem nach der Gattung des Hauptanspruchs. Bei einem breitbandigen, rauscharmen Kunstkopf mit hoher Dynamik (DE-OS 31 46 706) ist es bekannt, genaue Nachbildungen der akustisch wichtigen, geometrischen Strukturen von Kopf, Ohrmuscheln und Schultern bei einem elektroakustischen Schallaufnahmesystem (Kunstkopf) mit speziellen akustischen, elektroakustischen und elektronischen Mitteln so zu kombinieren, daß die möglichst akustisch originalgetreue Übertragung erreicht wird. Wesentliche Maßnahmen zur Erreichung dieses Zwecks bestehen bei dem bekannten Kunstkopf darin, daß die akustisch wichtigen geometrischen Abmessungen an der Kopfnachbildung und auch an den Ohrmuschelnachbildungen über maßhaltige Abdrücke in plastischem Material entsprechenden Abmessungen von ausgesuchten lebenden Personen nachgebildet sind, wobei die Kopfnachbildung insbesondere ein maßgetreues Abbild des Kopfes einer solchen Versuchsperson darstellen soll, deren Kopf in guter Näherung durchschnittliche.Abmessungen aufweist. Ein solcher bekannter Kunstkopf ermöglicht daher eine originalgetreue Übertragung von Hörereignissen, ist aber insofern problematisch, als, und zwar gerade wegen des Versuchs, möglichst natur- oder maßgetreu den Kopf nachzubilden, keine vollständige Kalibrierfähigkeit des Systems erreicht werden kann. Dies bedeutet aber mit anderen Worten, daß die Außenohrübertragungsfunktion des jeweiligen Kunstkopfes, mit dem man arbeitet, jeweils durch Messung wieder neu ermittelt werden muß und man daher beispielsweise, was für die akustische Meßtechnik von erheblicher Bedeutung ist, nicht einfach aus den gemessenen Signalen auf Art und Charakteristik des auf den Kunstkopf als Meßsystem einwirkenden Schallereignisses rückschließen kann. Meßergebnisse müssen aber reproduzierbar sein, genau so wie die zur Messung verwendeten Meßsysteme, und daher liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Kunstkopfmeßsystem zu schaffen, welches trotz der für den Fachmann erkennbaren, extrem komplexen Gesamtstruktur, die sich beispielsweise aus Kopf, Hals, Schulternachbildung und Ohrmuschelnachbildung zusammensetzt, kalibrierfähig ist.

    Vorteile der Erfindung



    [0002] Die Erfindung löst diese Aufgabe mit den kennzeichnenden Merkmalen des Hauptanspruchs und hat den Vorteil, daß ein im gesamten Audiobereich wirksamer, voll kalibrierfähiger Kunstkopf als Meßsystem für Schallereignisse geschaffen ist, welches, da es auf einfache Körper und Teilkörper zurückgeführt ist, die jedenfalls für den Fachmann in ihrem akustischen Verhalten (Reflexion, Beugung, Ohrresonanz u. dgl.) berechenbar sind, insgesamt durch die genau definierte, vereinfachte äußere Geometrie ohne Einschränkung der RichtungsabbildungeinerWiedergabe der Kunstkopfmikrofonsignale über einen freifeldentzerrten Kopfhörer zugänglich ist. Daher kann ein solches voll kalibrierfähiges Kunstkopf-Meßsystem mit besonderem Vorteil sowohl in der akustischen Meßtechnik als hilfreiches Meß-, Kontroll- und Uberwachungsinstrument eingesetzt werden als auch als Aufnahmemikrofon für Sprache und Musik in Rundfunkbereich verwendet werden.

    [0003] Drei Einsatzbereiche des erfindungsgemäßen voll kalibrierbaren Kunstkopf-Meßsystems seien im folgenden genannt:

    1. Das Kunstkopf-Meßsystem kann als Referenzversuchsperson in der Psychoakustik eingesetzt werden, da es im Gegensatz zu einer Versuchsperson mit eingesetzten Sondenmikrofonen ein sog. LTI-System*mit in allen Testsituationen unveränderten, überprüfbaren Ubertragungseigenschaften bildet.

    2. Das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem ist als Meßmikrcfon in der akustischen Meßtechnik (beispielsweise für Messungen von Kopfhörern und Schallschützern)sowie der Geräuschdiagnose mit besonderem Vorteil einsetzbar. Bisherige Meßverfahren arbeiteten u. a. beispielsweise zur Bestimmung des A-bewerteten Schallpegels unter Verwendung von Mikrofonen mit kugelförmiger Richtcharakteristik; demgegenüber weist jedoch das



    [0004] * Linear Time Invariant

    [0005] menschliche Außenohr eine völlig anders geartete Richtcharakteristik auf. Messungen, die diese subjektive Richtcharakteristik des menschlichen Außenohrs nicht berücksichtigen, sind nicht ver- al3.gemeinerbar und treffen auch nicht das eigentliche Ziel des Meßverfahrens. Durch die Verwendung des erfindungsgemäßen Kunstkopfes als Meßmikrofon besteht jetzt die Möglichkeit, Geräusche mittels einer Aufzeichnungseinheit zu archivieren und eine subjektive Beurteilung von Geräuschen oder Lärmminderungsmaßnahmen durchzuführen - hierbei ist mit subjektiv die Bezogenheit gemeint auf den Nachrichtenempfänger "menschliches Gehör". Ein solches subjektives Meßverfahren führt dann in der Regel sehr schnell zu einem eindeutigen Ergebnis in der Beurteilung, da das Gehör eine größere Anzahl von Parametern in einem angebotenen Schallereignis auswertet als die "objektive" Meßtechnik. So ist es beispielsweise aus der Praxis bekannt, daß ein Geräusch mit höherem A-bewerteten Pegel subjektiv gegebenenfalls als weniger lästig eingestuft werden kann.

    [0006] 3. Der Einsatz des erfindungsgemäßen kalibrierfähigen Kunstkopf-Meßsystems als Aufnahmemikrofon im tontechnischen Bereich. Ein Schallereignis setzt sich in der Regel aus den vom Schallquellenort direkt ausgehenden Schallanteilen und den zeitlich verzögerten, aus unterschiedlichen Richtungen eintreffenden Reflexionen zusammen. Bei herkömmlichen Aufnahmeverfahren werden entweder nur die direkten Schallanteile aufgezeichnet oder die Reflexionen werden nicht mit einer dem Außenohr äquivalenten Richtcharakteristik bewertet; hier schafft die Erfindung eine entscheidende und vor allen Dingen durch die Kalibrierfähigkeit allgemeingültige Abhilfe.

    [0007] Dabei habei Untersuchungen und Messungen an dem erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystem ergeben, daß dieses in der Richtcharakteristik der mittleren Richtcharakteristik des Menschen entspricht, ein Eigenrauschen ist nicht wahrnehmbar, so daß Hörversuche auch im Bereich der Hörschwelle ermöglicht sind und die Dynamik entspricht dem menschlichen Gehör bis zur Schmerzgrenze, so daß auch Pegelspitzen unverzerrt erfaßt werden können -(so erzeugt beispielsweise Schlüsselklirren oder Händeklatschen in 1 m Entfernung vom Ohr Schallpegelspitzen der Dauer von etwa 0,05 ms von ca. 135 dB).

    [0008] Durch die Reduzierung der äußeren Geometrie des erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystems auf die akustisch relevante Geometrie, wie sie als wesentlicher erfinderischer Teilschritt vorgenommen worden ist, ergibt sich die Möglichkeit, die bisher mathenatisch nicht berechenbaren Außenohrübertragungsfunktionen (nicht berechenbar wegen der komplexen äußeren Umrandung von Ohrmuschel, Kopf, der komplexen inneren Struktur der Ohrmuschel u. dgl.', was sich einer genauen Kalibrierung entziehen muß) mathematisch und meßtechnisch zu beschreiben, also zu erfassen und vorzugeben und nachzuweisen, daß die vom erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystem realisierteAußenohrübertragungsfunktion der entspricht, wie sie subjektiv bei real existierenden Versuchspersonen so oder mit nur so gedaß ringen Abweichungen ergibt, /sie im hier insoweit maßgebenden technischen Rahmen praktisch mit einer Ubereinstimmung gleichzusetzen ist. Die Erfindung leistet daher ein vom geometrischen Aufbau her kalibrierfähiges Kunstkopf-Meßsystem, wobei, um diesen Weg gehen zu können, von der Erkenntnis ausgegangen werden mußte, daß aufgezeigt werden kann, daß man nicht die exakten Beugungsintegrale zur Berechnung der Übertragungsfunktion lösen muß, die an sich zugrunde zu legen sind, sondern durch die Reduzierung auf die kalibrierfähigen, berechenbaren Körper wie Kugel, Zylinder, Zylinder mit Bohrung, Ellipse u. dgl. ein reproduzierbares Gesamtsystem geschaffen werden kann, welches, da in den Teilen kalibrierfähig, insgesamt ebenfalls kalibrierfähig ist.

    [0009] Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche und in diesen niedergelegt.

    Zeichnung



    [0010] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:

    Fig. 1 eine Seitenansicht,

    Fig. 2 eine Ansicht von oben und

    Fig. 3 eine Ansicht von vorn auf das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem;

    Fig. 4a in relativ hierzu vergrößerter Darstellung eine Draufsicht auf eine erste Ausführungsform einer Ohrmuschelnachbildung und

    Fig. 4b die Ohrmuschelnachbildung der Fig. 4a im Schnitt so, daß die einzelnen Höhlungen in ihrer vollen Form erkennbar sind und

    Fig. 5 die Ohrmuschel-Nachbildung der Fig. 4a geschnitten längs der Linie V - V;

    Fig. 6 das (einkanalige) Blockschaltbild des Kunstkopf-Meßsystems,

    Fig. 7 die Freifeld-Ubertragungsfunktion für Schalleinfall von vorn in Form eines Diagramms einmal für das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem mit vereinfachter mittlerer Geometrie, ferner für einen Kunstkopf mit genauer Nachbildung der äußereu Geometrie (beim Menschen);

    Fig. 8 zeigt den Verlauf monauraler Kunstkopf-Ubertragungsfunktionen für verschiedene Schalleinfallsrichtungen im Vergleich zu mittleren übertragungsfunktionen von Versuchspersonen (Kunstkopf mit genauer Nachbildung);

    Fig. 9 zeigt in Form eines Diagramms denBereich der sogenannten Hörfläche des Kunstkopf-Meßsystems im Vergleich zur menschlichen Hörfläche und

    Fig.10 zeigt in Form eines Diagramms Kurvenverläufe zur Richtcharakteristik des Kunstkopf-Meßsystems für unterschiedliche Schalleinfallsrichtungen im Vergleich zu einem Kunstkopf-Meßsystem mit genauer Kopf- und Ohrmuschelnachbildung sowie einer mittleren Versuchsperson.


    Beschreibung der Ausführungsbeispiele



    [0011] Der Grundgedanke vorliegender Erfindung besteht darin, das gesamte Kunstkopf-Meßsystem dadurch kalibrierfähig zu machen, daß vom die Richtcharakteristik des Systems bestimmenden geometrischen Aufbau her die äußere beschreibbare Geometrie auf die akustisch relevante Geometrie, so wie sie sich durch Rechnung und Messung ergeben hat, begrenzt wird, mit der sich hieraus ergebenden Folgerung, das Kunstkopfmeßsystem aus einzelnen Teilkörpern vorgegebener Abmessungen und vorgegebener relativer Position zueinander aufzubauen, die selbst aus geometrisch einfachen Körpern wie Zylinder, Ellipse, Quader oder Kugel ableitbar, daher auch mathematisch berechenbar sind.

    [0012] Ein weiterer Hinweis ist noch erforderlich. In Abweichung zur üblichen Patentpraxis, bei der Abmessungen bzw. Dimensionsangaben eher, bis auf Ausnahmefälle, von untergeordneter Bedeutung sind, sind bei vorliegendem Kunstkopf-Meßsystem solche Dimensionsangaben, soweit sie sinngemäße/innerhalb vorgegebener Streuungsgrenzen liegend verstanden werden, durchaus auch für die Realisierung der Erfindung relevant, und zwar deshalb, weil die Außenohrübertragungsfunktion des Kunstkopfes, die Richtcharakteristik u. dgl. maßgebend nicht nur von den Abmessungen, sondern auch von der relativen Lage der einzelnen Teilkörper zueinander, beispielsweise und insbesondere auch der Art der Ohrmuschelapproximation sowie deren Position, bestimmt sind.

    [0013] Daher enthalten beispielsweise die Figuren 4a, 4b und Fig. 5 effektive Maßangaben in Millimetern; in den Figuren 1, 2 und 3 sind mit einem Sternchen oben bezeichnete Zahlen vorhanden, die sich aus einer im folgenden noch anzugebenden Tabelle auf bestimmte Größen, Abmessungen und Dimensionsangaben, Winkel u. dgl. beziehen lassen.

    [0014] Durch im Kern an komplizierten mathematischen Darstellungen und Termen (Beugungsintegrale u. dgl.) und zur technisch sinnvollen Realisation durchgeführte Vereinfachungen dieser Ausdrücke basierende Untersuchungen hat sich ergeben, daß die akustisch wirksame Geometrie eines voll kalibrierfähigen Kunstkopf-Meßsystems entsprechend den Darstellungen der Figuren 1, 2 und 3 auf die folgenden Parameter vereinfacht werden kann, nämlich Oberkörper und Schulter 10, die im wesentlichen die Richtcharakteristik in der Medianebene bestimmen, zweitens den Kopf 11, dessen Beugungswellen und Reflexionen maßgeblich die Richtcharakteristik in der horizontalen Ebene bestimmen,und drittens der Form und Art der Ohrmuschel und deren Position und Lage am Kopf, deren Einfluß in der Horizontal- und besonders in der Medianebebene (cavum conchae Umrandung) zur Geltung kommt. Der Kopf 11 hat in der Medianebene keinen signifikanten Einfluß auf die Außenohrübertragungsfunktion, die akustische Wirksamkeit der Schulter beschränkt sich im wesentlichen auf den Frequenzbereich unterhalb 2000 Hz.

    [0015] Dabei erfüllt der Oberkörper 10 bei dem erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystem nicht nur die Aufgabe als Beugungskörper, sondern dient zweckmäßigerweise auch gleichzeitig zur Aufnahme der notwendigen elektronischen Komponenten sowie einer Aufzeichnungseinheit, wodurch das System völlig unabhängig von anderen Geräten betrieben werden kann. Breite und Tiefe des Oberkörpers 10 entsprechen den Abmessungen der Schulter; da der Oberkörper eine sitzende Versuchsperson nachbilden soll, vergrößert sich die Tiefe nach unten hin auf beispielsweise 450 mm, so daß die Vorderseite einen Winkel von ca. 20 zur Senkrechten aufweist bei einer Höhe von 450 mm. Es wird gebeten, weitere Abmessungsangaben, soweit sie nicht im Text gesondert aufgeführt sind, der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen, in welcher die mit einem Sternchen versehenen Hinweisziffern neben der Angabe, um welchen Parameter es sich handelt, sowohl einen Mittelwert einer sich als besonders geeigneten Abmessungsangabe als auch einen Streuwert angeben. Sämtliche durch solche mit Sternchen gekennzeichneten Nummern bezeichneten Abmessungen wurden durch Mittelwertbildung von sieben geometrisch vermessenen Versuchspersonen (männlich) bestimmt.

    [0016] 



    [0017] Die abgewinkelte Vorderseite des Oberkörpers, wie sich am besten aus Fig. 1 entnehmen läßt, ist dessen maßgeblicher Teil, der die Außenohrübertragungsfunktion im unteren Spektralbereich richtungsabhängig beeinflußt. Eine genaue Berücksichtigung dieser Abmessungen beim Oberkörper ist aber nicht erforderlich, da dieser Teilkörper, der in seiner geometrischen Form eine abgeplattete Pyramide darstellt, nur für große Wellenlängen (0,25 m - 1,5 m) einen akustischen Einfluß auf die Außenohrübertragungseigenschaften aufweist. Die Richtcharakteristik des Oberkörpers und Schulter wird im wesentlichen bestimmt durch die vordere und die seitlichen abgeschrägten Flächen sowie durch die Höhe der Bezugsebene zur Schulter.

    [0018] Die Kopfnachbildung 11 stellt, wie die Darstellungen der Figuren 2 und 3 zeigen, ein Ellipsoid dar und wird zur Vermeidung technischer Schwierigkeiten bei der Herstellung aus drei Teilkörpern zusammengesetzt, nämlich einer unteren Hälfte 11a, die einem in Längsrichtung geschnittenen Zylinder entspricht, einem Mittelstück 11b, welches einer ovalen Scheibe entspricht, und einem oberen Teilstück 11c, welches aus einem vorderen und hinteren Kugelviertel mit einer Kreisscheibenhälfte in der Mitte besteht. Mit der Halsnachbildung wird die Kopfhöhe entsprechend dem mittleren Abstand 4* der Bezugsebene BE zur Schulter eingestellt.

    [0019] Auch die komplizierte Formgestaltung der Ohrmuschel kann auf eine vereinfachte Form reduziert werden, beispielsweise so,wie dies in den Figuren 4a, 4b und 5 dargestellt ist. Von Bedeutung sind äußere und innere Umrandungen der Ohrmuschel, deren Beugungseigenschaften die Richtcharakteristik festlegen, sowie die Höhlungen - cavum conchae Ersatz -, die als akustische Resonanzverstärker zur Verbesserung des Signal/Rauschabstandes des Mikrofons beitragen. Auch die Abmessungen der Ohrmuschelnachbildung resultieren aus einer arithmetischen Mittelwertbildung der geometrischen Abmessungen von sieben Versuchspersonen; dabei sind, wie schon erwähnt, in den die Ohrmuschel darstellenden Figuren Abmessungen in Millimetern unmittelbar eingetragen.

    [0020] Gefertigt wird die Ohrmuschelnachbildung aus einem Zylinder (Durchmesser ca. 70 mm), wobei das cavum conchae entweder durch eine einzige ovalförmige Vertiefung im Zylinder realisiert werden kann, die beispielsweise die Größenabmessungen Breite 21 mm, Höhe 30 mm und Tiefe 19 mm umfaßt, bei einem durch eine Bohrung mit einem Durchmesser von 8 mm gebildeten Ohrkanaleingang (in der Zeichnung nicht dargestellt) oder die Ohrnachbildung erfolgt nach dem Muster der Darstellung der Fig.4a, 4b und 5 mit mehreren, ineinandergreifenden Bohrungen und Vertiefungen mit den in diesen Figuren angegebenen Abmessungen. Die endgültige Ohrmuschelnachbildung entsteht dann durch einen Längsschnitt 12 des Zylinders, etwa 10 mm aus der Mitte versetzt, wobei die weggeschnittenen Teile entfallen, sowie Abschrägungen gebildet sind von bei der Ohrmuschelnachbildung der Fig. 5 20 °, und bei der Darstellung der Fig. 4b (90° gedreht) von 10°. Die Ohrmuschelnachbildung des anderen Ohrs ist dann entsprechend spiegelsymmetrisch ausgeführt; die Bezugsebene BE entspricht der Mikrofonebene, wobei ein Bezugspunkt BP im Mittelpunkt des Ohrkanaleingangs auf der Bezugsebene BE liegend noch definiert werden kann.

    [0021] Wesentlich ist bei vorliegender Erfindung ferner, daß alle Teile des Kunstkopfes hinterschneidungsfrei sind, also bei Höhlungen keine hervorstehenden Teile gebildet sind, die durch eine innere Vergrößerung der Höhlung entstehen.

    [0022] Dabei hat sich im übrigen herausgestellt, daß die genaue Position der Ohrmuschelnachbildung (sowie deren Lage) von wesentlicher Bedeutung zur Erzielung übereinstimmender Richtcharakteristiken bzw. zur Realisierung der Außenohrübertragungsfunktionen ist; mit anderen Worten bedeutet dies, daß die in Fig. 1 mit den Hinweiszeichen 5*, 8*, 6* und 7* kenntlich gemachten Abstände und Abmessungen eine besondere Bedeutung besitzen.

    [0023] Da das erfindungsgemäße Kunstkopf-Meßsystem insbesondere auch für die Meßtechnik konzipiert ist, sind zur Sicherstellung der umfassenden Kalibrierfähigkeit Mikrofone zur Ankopplung an den Ohrkanaleingängen anzuordnen die in geeigneter Weise der Forderung nach geringem Eigenrauschen gerecht werden und auch einen maximal zulässigen Schalldruckpegel aufweisen.

    [0024] Als besonders geeignet haben sich herausgestellt 1/2 Zoll-Mikrofonmeßkapseln der Fa. Brüel + Kjaer mit der Bezeichnung B+K 4166, wobei als optimale Länge des Ohrkanals ein Abstand von 4 mm errechnet wurde. Die Lage der Mikrofonebene entspricht der Bezugsebene BE bei Messungen an Versuchspersonen.

    [0025] In Fig. 6 sind die zur weiteren Verarbeitung der erfaßten Schalldrücke vorgesehenen elektrischen Komponenten dargestellt; die Mikrofonsignale gelangen über jeweils einen Impedanzwandler 14 auf eine spezielle Entzerrerschaltung 15, wobei eine Umschaltungsmöglichkeit 16 auf einen Testtongenerator 17 vorgesehen ist, mit dessen Hilfe, beispielsweise für eine vorgegebene Frequenz von f = 240 Hz eine dem Schalldruck 94 dB äquivalente Mikrofonspannung erzeugt werden kann, so daß die nachfolgenden Meß- und Aufzeichnungsgeräte kalibriert werden können.

    [0026] Die Entzerrerschaltung bestimmt sich bei dem erfindungsgemäßen Kunstkopf-Meßsystem so, daß bei Schalleinfall von vorn im Freifeld ein lineares, frequenzunabhängiges Übertragungsmaß am Kunstkopf-Ausgang gemessen werden kann (sog. Freifeldentzerrung). Der Betrag der Ubertragungsfunktion der Entzerrerschaltung verhält sich dann invers zu der in Fig. 7 dargestellten Freifeld-Ubertragungsfunktion des Kunstkopfes, wobei der durchgezogene Kurvenverlauf im Diagramm der Fig. 7 einen Kunstkopf mit genauer Nachbildung der äußeren Geometrie betrifft und die gestrichelte Darstellung das erfindungsgemäße, voll kalibrierfähige Kunstkopf-Meßsystem mit vereinfachter mittlerer Geometrie angibt.

    [0027] Man erkennt schon aus dem Vergleich der Freifeld- Übertragungsfunktionen der Kunstköpfe nach Fig. 7, daß der Erfindung der Nachweis gelungen ist, bei Zugrundelegung der vereinfachten mittleren Geometrie bei einem Kunstkopf-Meßsystem einerseits dessen Kalibrierfähigkeit sicherzustellen und andererseits nur mit einem äußerst geringen, für die Meßtechnik praktisch belanglosen Fehler arbeiten zu können. Der Erfindung gelingt es daher in ganz entscheidender Weise, erstmalig auf dem Gebiet der Kunstkopf-Technologie ein System zu entwickeln, welches wegen der umfassenden Kalibrierfähigkeit einer weltweiten Standardisierung und Normung zugänglich ist. Hierauf soll kurz anhand eines möglichen Beispiels zum besseren Verständnis eingegangen werden.

    [0028] Beispielsweise ist in der Praxis die Geräuschentwicklung von Kraftfahrzeugen, wie sie sich zum Vergleich bei Personenkraftwagen für den Fahrer ergibt, von erheblicher Bedeutung - bisher sind jedoch direkte Vergleiche durch ledigliche Schallpegelmessungen unmöglich, denn, wie eingangs schon angedeutet, können Fahrzeuge mit durchaus geringen Schallpegeln eine erheblich größere Lärmbelästigung (subjektiv) aufweisen als Fahrzeuge mit hohen Schallpegeln; außerdem ist ein direkter Vergleich zwischen einzelnen Fahrzeugtypen praktisch unmöglich, wegen der jeweils unterschiedlichen Meßverfahren und, soweit verwendet, Kunstkopfsysteme. Die Erfindung ermöglicht demgegenüber auch an beispielsweise zu den Kraftfahrzeugen entfernten Orten eine tatsächliche Vorführung der jeweiligen, vom Kraftfahrzeug entwickelten Geräuschkulisse über Kopfhörer, wobei auch direkte Vergleiche vorgenommen werden können; es ist auch möglich, in entsprechender Weise aufgezeichnete Geräuschentwicklungen, die an völlig anderen Orten und bei anderen Fahrzeugen aufgenommen worden sind, unmittelbar mit weiteren Aufnahmen oder direkten Messungen zu vergleichen, vorausgesetzt, es wird der erfindungsgemäße kalibrierfähige Kunstkopf zur Messung eingesetzt, der die Möglichkeit bietet, aus den gemessenen Signalen unmittelbar auf die tatsächlichen Schallwirkungen und Geräuschentwicklungen rückzuschließen, bezogen auf die Außenohrübertragungsfunktion mit Schalleinfall von vorn - Richtcharakteristik.

    [0029] Die Fig. 8 zeigt für unterschiedliche, jeweils angegebene Schalleinfallsrichtung die monauralen Ubertragungsfunktionen jeweils des erfindungsgemäßen kalibrierfähigen Kunstkopf-Meßsystems (hier in durchgezogener Linienführung) sowie zum Vergleich eines Kunstkopfes mit genauer Nachbildung einer Versuchsperson an (mittlerer Versuchsperson); die für akustische Meßergebnisse geradezu verblüffende Übereinstimmung verdeutlicht ebenso wie die in Fig. 9 angegebene sogenannte Hörfläche des freifeldentzerrten Kunstkopfes im Vergleich zur menschlichen Hörfläche die erzielte umfassende Übereinstimmung.

    [0030] Schließlich lassen sich den Diagrammverläufen der Fig. 10 Vergleiche der Richtcharakteristikeigenschaften für unterschiedliche Schalleinfallsrichtungen sowie bei Diffusfeldbeschallung entnehmen, wobei die Kurven a jeweils das erfindungsgemäße, kalibrierfähige Kunstkopf- Meßsystem betreffen, die Kurven b ein Kunstkopf-Meßsystem mit genauer Kopf- und Ohrmuschelnachbildung und die Kurven c eine mittlere Versuchsperson betreffen.

    [0031] Der Erfindung gelingt es daher, durch Auswerten der akustisch'relevanten, richtungsbestimmenden Parameter von Versuchspersonen und der mathematischen Erfassung und auch Vereinfachung am mathematischen Modell ein, beispielsweise zum Zwecke der Normung, voll kalibrierfähiges Kunstkopf-Meßsystem zu schaffen mit einer genau definierten, vereinfachten äußeren Geometrie, und zwar, was entscheidend ist, ohne Einschränkung der Richtungsabbildung bei Wiedergabe der Kunstkopf-Mikrofonsignale über einen freifeldentzerrten Kopfhörer. Ein solches System kann daher erstmals in der akustischen Meßtechnik als objektive Meßergebnisse lieferndes und Vergleiche ermöglichendes Meß-, Kontroll- und Uberwachungsintrument eingesetzt werden und in gleicher Weise als Aufnahmemikrofon für Sprache und Musik im Rundfunkbereich Verwendung finden.

    [0032] Alle in der Beschreibung, den nachfolgenden Ansprüchen und der Zeichnung dargestellten Merkmale können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination miteinander erfindungswesentlich sein.


    Ansprüche

    1. Kunstkopf-Meßsystem mit Schulter-, Kopf- und Ohrnachbildung sowie beidseitigen Mikrofonen in den Gehörgangsnachbildungen, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bildung eines voll kalibrierfähigen Kunstkopf-Meßsystems mindestens der geometrische Aufbau des Kopfes aus einzelnen in ihren Abmessungen und relativen Positionen auf mittlere Daten von Versuchspersonen bezogenen Teilkörpern (11a, 11b, 11c) zusammengesetzt ist, wobei diese Teilkörper (11a, 11b, 11c) aus geometrisch einfachen, jeweils kalibrierfähigen bzw. in ihrem Schallreflexions-, Beugungs- und Resonanzverhalten berechenbaren Körpern wie Zylinder, Quader, Ellipse, Kugel, Pyramide u. dgl. bestehen oder aus diesen abgeleitet sind derart, daß sich eine auf die jederzeit reproduzierbaren und vereinfachten äußeren Geometriebedingungen bezogene, vorgegebene Kunstkopf-Übertragungsfunktion ergibt.
     
    2. Kunstkopf-Meßsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine Obcrkörper/Schulternachbildung (10) in Form einer abgeplatteten Pyramide gebildet ist, die in eine von einem Zwischenzylinder gebildete Halsnachbildung übergeht, auf welcher die ellipsoide Kopfform angeordnet ist.
     
    3. Kunstkopf-Meßsystem nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Kopfnachbildung einen unteren Teilkörper (11a) in Form eines in Längsrichtung geschnittenen Zylinders, einen mittleren Teilkörper (11b) in Form einer ovalen Scheibe und einen oberen Teilkörper (11c), bestehend aus einem vorderen und hinteren Kugelviertel mit einer Kreisscheibenhälfte in der Mitte, umfaßt.
     
    4. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß die Ohrmuschelapproximation von einem Zylinder gebildet ist, in welchem mindestens eine Vertiefung (cavum conchae) eingearbeitet ist, und daß der Vertiefungsgrund in den vom Ohrkanaleingang abgeschlossenen Ohrkanal übergeht.
     
    5. Kunstkopf-Meßsystem nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der die Ohrmuschel nachbildende Zylinder längs eines einer Sekante folgenden Längsschnitts (12) geschnitten ist und eine Abschrägung zwischen 10 und 20°, von vorn nach hinten bzw. von unten nach oben ansteigend verlaufend, bildet.
     
    6. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-5, dadurch gekennzeichnet, daß der von der Ohrmuschel- nachbildung gebildete Ohrkanal in einer auch den Bezugspunkt für die Mikrofonanordnung enthaltenden Bezugsebene (BE) liegt, die nach vorn einen Abstand von etwa 12 cm, nach hinten einen Abstand von etwa 10 cm, nach oben einen Abstand von etwa 16 cm und nach unten (Bezugspunkt angenommene Kinnfläche) einen Abstand von ca. 10 cm aufweist.
     
    7. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-6, dadurch gekennzeichnet, daß den im Ohrkanal in einem vorgegebenen Abstand zu dessen Eingang angeordneten Mikrofonkapseln (1/2 Zoll-B+K 4166-Mikrofonen) über ein Impedanzwandler ein Entzerrernetzwerk nachgeschaltet ist, welches einen inversen Verlauf zur Kunstkopf-Ubertragungsfunktion aufweist.
     
    8. Kunstkopf-Meßsystem nach einem der Ansprüche 1-7, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Bezugsebene (BE) in einem Abstand von etwa 16 cm über dem Schulterabschluß befindet.
     




    Zeichnung