[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung kunststoffgebundener Treibladungspulver
und Sprengstoffe mittels eines Extruders, bestehend aus einem Gehäuse mit wenigstens
einer Einzugsöffnung und gegebenenfalls einer Lösungsmittel-Zugabeöffnung, zwei gleich-
oder gegenläufigen Schneckenwellen und einem Formkopf.
[0002] Extruder des vorgenannten Aufbaus zur Herstellung von Treibladungspulvern in Strangform
sind bekannt (DE
-PS 30 44 577, P 32 42 301). Diese Vorrichtungen dienen zur Herstellung einbasiger
(Nitrozellulose), zweibasiger (Nitrozellulose + Nitroglyzerin oder andere Sprengöle),
wie auch dreibasiger Treibladungspulver (Nitrozellulose + Nitroglyzerin + Nitroguanidin),
wobei stets mit lösungsmittelfeuchter Nitrozellulose gearbeitet wird. Es sind ferner
Treibladungspulver und Sprengstoffe bekannt, die in einer Kunststoffmatrix gebunden
sind. Hierfür kommen kristalline Explosivstoffe und darunter in erster Linie Hexogen,
Oktogeh oder Gemische beider Stoffe (HMX/RDX) und/oder Nitroguanidin in Frage. Gegebenenfalls
können noch das Anzündverhalten verbessernde Zusätze, wie Nitrozelluiose in kleiner
Menge (≤7%) oder andere hochenergetische Polymere zugegeben werden. Solche kunststoffgebundenen
Treibladungspulver und Sprengstoffe lassen sich bisher nur chargenweise (batchweise)
herstellen, wobei der Binderanteil relativ hoch bei ca. 15% und mehr liegt.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art
vorzuschlagen, das eine kontinuierliche Herstellung kunststoffgebundener Treibladungspulver
oder Sprengstoffe bei gleichzeitig verringertem Anteil des Kunststoffbinders ermöglicht.
Ferner soll eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens vorgeschlagen werden.
[0004] Ausgehend von dem Verfahren der eingangs genannten Art wird die Aufgabe erfindungsgemä6
dadurch gelöst,
daß zunächst der Kunststoffbinder in fester, gelöster oder suspendierter Form über
die Einzugsöffnung solange zugegeben wird, bis die Schnecken ohne gegenseitige Reibung
und Wandreibung im Kunststoffbinder "schwimmen" und daß anschließend die Komponenten
des Treibladungspulvers bzw. der Explosivstoff in kristalliner Form mit stetig zunehmendem
Anteil bei gleichzeitiger Abnahme des Anteils des Kunststoffbin
ders zugegeben und schließlich das Mischungsverhältnis konstant gehalten wird.
[0005] Es hat sich gezeigt, daß das bisher für unmöglich gehaltene Verarbeiten kunstoffgebundener
Treibladungspulver oder Sprengstoffe mit hohem Anteil kristalliner Komponenten in
Extrudern und damit eine kontinuierliche Herstellungsweise dadurch möglich ist, daß
der Extruder mit dem Kunststoffbinder zunächst "unterfüttert" wird bis die bei jedem
Extruder im Leerlauf vorhandene Reibung der Schnecken untereinander und gegenüber
der Gehäusewandung beseitigt ist. Die Schnecken zentrieren sich näml ich bei gefülltem
Extruder derart, daß zwischen ihnen und der Wandung keine oder nur eine sehr geringeFriktion
vorhanden ist. Die Schnecken schwimmen in dem sie umgebenden Material. Sobald dieser
Zustand erreicht ist, wird der Explosivstoff in kristalliner Form zugegeben. Dadurch
ist die Gefahr beseitigt, daß die Kristalle selbst einer metallischen Friktion ausgesetzt
sind, die zu einer erheblichen Gefährdung führen würde. Die kristallinen Stoffe werden
schließlich mit stetig zunehmendem Anteil bei gleichzeitiger Abnahme des Anteils des
Kunststoffbinders zugegeben. Praktische Versuche haben gezeigt, daß sich der Anteil
des Kunststoffbinders bis auf 4 bis 6% absenken läßt, so daß der Anteil von Inertstoffen,
die die Leistung des Endproduktes mindern, geringer ist als bei herkömm lich chargenweise
hergestellten Treibladungspulvern oder Sprengstoffe in Kunststoff-Bindermatrix. Bei
entsprechender Konfiguration der Schnecken, die aus Förder- und Knetsegmenten bestehen,
lassen sich kontinuierlich ein oder mehr Treibladungspulver- oder Sprengstoffstränge
herstellen, die zu Rohlingen geschnitten und durch Pressen der Sprengstoffrohlinge,
z. B. für Rohladungen, oder durch mechanische Überarbeitung, z. B. für Gefechtsköpfe
oder Splitterbomben, in die gewünschte Geometrie gebracht werden können. Im Falle
der Verarbeitung von Treibladungspulver kann der Strang gleichzeitig mit den notwendigen
Kanälen oder Schlitzen während des Extrudierens versehen werden. Der Extruder wird
in der Temperaturführung und der Verweilzeit so gesteuert, daß der Kunststoffbinder
nur anpolymerisiert bzw. teilweise ausgehärtet ist, so daß sich das Produkt noch weiterverarbeiten
läßt. Als geometrische Form für die Knetsegmente "3-Spitz-Segmente" (gleichschenkl
iges Dreieck mit balligen Schenkeln) oder "2-Spitz-Segmente" (eliptischer Querschnitt
mit abgeflachten Spitzen).
[0006] Gemäß einer Ausführungsform des Verfahrens wird der Kunststoffbinder in Form von
Granulat, Flocken oder dgl. zugegeben und bei Temperaturen bis maximal 130 C im Extruder
geschmolzen und danach zeitverzögert die Komportenten des Treibtadungspufvers bzw.
der kristalline Explosivstoff mit zunehmendem Anteil zugegeben.
[0007] Die Temperatur und damit die Erweichungs- bzw. Schmelztemperatur des Polymers darf
aus Sicherheitsgründen 130°C nicht überschreiten. Sie sollte im übrigen bei ca. 100°C
liegen. Gegebenenfalls kann dem erweichten Kunststoff auch noch Lösungsmittel zugegeben
werden, um die Plastifizierung zu unterstützen, wobei diese Zugabe mit Vorteil stromabwärts
der Einzugsöffnung erfolgt und überschüssiges Lösungsmittel an einer weiter stromabwärts
liegenden Stelle abgesaugt wird.
[0008] Wird der Kunststoffbinder in suspendierter Form eingesetzt, so ist unter Umständen
für eine entsprechende Entwässerung des Extruders zu sorgen.
[0009] In vorrichtungstechnischer Hinsicht geht die Erfindung von einem Extruder aus, der
aus einem Gehäuse, zwei gleich- oder gegenläufigen Schneckenwellen, wenigstens einer
Einzugsöffnung, gegebenenfalls einer Lösungsmittelzugabeöffnung, und einem Formkopf
besteht. Eine solche Vorrichtung zeichnet sich erfindungsgemäß dadurch aus, daß der
Einzugsöffnung ein Vorratsbehätter mit einer Dosiervorrichtung für den Kunststoffbinder
zugeordnet ist und ferner ein Vorratsbehälter mit einer Dosiervorrichtung für die
Komponenten des Treibladungspulvers bzw. den kristallinen Expplosivsitoff vorgesehen
ist, der entweder der Einzugsöffnung oder einer stromabwärts von dieser liegenden
Zugabeöffnung zugeordnet ist. Als Dosiervorrichtungen kommen in erster Linie Schnecken-
oder Spiraldosierer, vorzugsweise Differentialdosierwaagen, in Frage. Sie werden so
gesteuert, daß zunächst der Kunststoffbinder allein zugegeben wird, bis der gesamte
Extruder gefüllt ist. Danach setzt dann die Zudosierung des kristallinen Explosivstoffs
ein, wobei das Verhältnis von Kunststoffbinder und kristallinem Explosivstoff ständig
zu dessen Gunsten geändert wird, bis schließlich das gewünschte Mischungsverhältnis
mit bis zu 4 bis 6% Binderanteil erreicht ist.
[0010] Die Lösungsmittel-Zugabeöffnung befindet sich mit Vorteil stromabwärts der Einzugsöffnung,
sofern nicht das Polymer bereits als Suspension, die gegebenenfalls lösungsmittelhaltig
ist, unmittelbar in die Einzugsöffnung zugegeben wird.
[0011] Ferner kann das Gehäuse des Extruders eine stromabwärts der Einzugsöffnung liegende
Zugabeöffnung für einen Weichmacher aufweisen, die wiederum nahe der Lösungsmittel-Zugabeöffnung
liegen kann.
[0012] Stromabwärts der Zugabeöffnungen ist für den Fall der Zugabe von Lösungsmittel das
Gehäuse mit einer Absaugöffnung für überschüssiges Lösungsmittel versehen, wobei in
üblicherweise eine Rückkühlung und Rückführung des Lösungsmittels vorgesehen sein
kann.
[0013] Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung ist das Gehäuse zumindest teilweise
für Röntgenstrahlen durchlässig, um auf diese Weise Kunststoffe, deren Polymerisation
durch Röntgenstrahlen beeinflußbar ist, zu verarbeiten.
[0014] Gemäß einer anderen Ausführungsform kann das Gehäuse zumindest teilweise für Lichtstrahlen
bestimmter Wellenlänge durchlässig oder mit einer Öffnung für eine Lichtquelle versehen
sein, um eine fotochemische Polymerisation zu ermögl ichen.
[0015] Nachstehend ist die Erfindung anhand von Ausführungsformen der Vorrichtung, die in
den Zeichnungen wiedergegeben sind, beschrieben. Die Figuren 1 bis 4 zeigen den Extruder
jeweils im Schnitt mit unterschiedlichen Ausführungsformen für die Materialzugabe.
[0016] Der Extruder weist ein Gehäuse 1 auf, das aus einer Mehrzahl von axial hintereinandergesetzten
Segmenten 2 und dazwischen angeordneten Dichtungskörpern besteht. In den Segmenten
2 sind Heiz- und/oder Kühleinrichtungen 3 angeordnet, die eine bestimmte Temperaturführung
ermöglichen. Innerhalb des Gehäuses sind nebeneinander zwei Schneckenwellen 5 angeordnet,
die von einem nicht gezeigten Motor oder Hydraulikaggregat angetrieben sind. Die Schneckenwellen
5 bestehen aus abwechselnd angeordneten Fördersegmenten 6 und Knetsegmenten 7, wobei
letztere als 3-Spitz- oder 2-Spitz-Segmente ausgebildet sein können. Am austrittsseitigen
Ende weist das Gehäuse 1 einen Formkopf 8 zur Bildung von ein oder mehr Strängen auf.
[0017] Am antriebsseitigen Ende besitzt das Gehäuse eine Einzugsöffnung 9, in die ein Schacht
10 mündet, an den bei dem in Figur 1 wiedergegebenen Ausführungsbeispiet ein Vorratsbehälter
11 für den Kunststoffbinder, z. B. ein Polymer, und ein Vorratsbehälter 12 für den
kristallinen Explosivstoff, z. B. Hexogen, Oktogen oder Gemische derselben, angeschlossen
sind. Zwischen den Vorratsbehältern 11, 12 und dem Schacht 10 ist jeweils eine Dosiervorrichtung
13 bzw. 14 in Form eines Schnecken- oder Spiraldosierers eingesetzt. Stromabwärts
der Einzugsöffnung 9 kann das Gehäuse ferner eine Zugabeöffnung 15 für Lösungsmittel
oder dgl. aufweisen. An einer weiter stromabwärts gelegenen Stelle ist eine Absaugöffnung
16 für überschüssiges Lösungsmittel angeordnet, die über einen Kühler und einen Entgaser
17 an eine Vakuumpumpe 18 angeschlossen ist.
[0018] Bei Betriebsbeginn wird zunächst die Dosiervorrichtung 13 eingeschaltet, um den Kunststoff
aus dem Vorratsbehälter 11 über die Einzugsöffnung 9 zuzugeben. Die Aufgabe des Kunststoffs
erfolgt solange, bis die Schneckenwellen 5 friktionslos im Gehäuse 1 umlaufen. Dann
wird die Dosiervorrichtung 14 in Betrieb gesetzt, um die kristallinen Explosivstoffe
aus dem Vorratsbehälter 12 über den Schacht 10 der Einzugsöffnung 9 zuzuführen, wobei
die Drehzahl der Dosiervorrichtung 14 stetig gesteigert wird, während gleichzeitig
die Drehzahl der Dosiervorrichtung 13 zurückgenommen wird, um so das gewünschte Mischungsverhältnis
herzustellen. Ferner kann über die Zugabeöffnung 15 Lösungsmittel zugegeben werden.
Überschüssiges Lösungsmittel wird über die Absaugöffnung 16 wieder aus dem Extruder
entfernt und rückgeführt.
[0019] Die Ausführungsform gemäß Figur 2 unterscheidet sich von der gemäß Figur 1 dadurch,
daß an den Schacht 10 ein weiterer Vorratsbehälter 19 für Zuschlagstoffe, z. B. Nitrozellulose
oder dgl. angeschlossen ist. Auch diesem Vorratsbehälter ist eine Dosiervorrichtung
20 zugeordnet. Ferner ist neben der Zugabeöffnung 15 für Lösungsmittel noch eine Zuleitung
21 für einen in einem Behälter 22 befindlichen Weichmacher vorgesehen.
[0020] Bei der Ausführungsform gemäß Figur 3 erfolgt die Zugabe des Polymers aus dem Vorratsbehälter
11 und den Schacht 10 wiederum in die Einzugsöffnung 9. Der Vorratsbehälter 12 für
den kristallinen Explosivstoff hingegen ist stromabwärts an einen eigenen Schacht
23 mit einer weiteren Einzugsöffnung 24 angeschlossen. Auch hier kann eine Zugabeöffnung
15 für Lösungsmittel und/oder Weichmacher vorgesehen sein, die dann zwischen den bei
den Einzugsöffnungen 9 und 24 angeordnet ist.
[0021] In Figur 4 ist wiederum der Vorratsbehälter 12 mit den Explosivstoffen und der Dosiervorrichtung
14 erkennbar. Bei dieser Ausführungsform wird das Polymer a)s wasser- oder lösungsmittelhaltige
Suspension bei 25 in den Schacht 10 zugegeben. Ferner ist der Extruder an seinem antriebsseitigen
Ende mit einer Abflußleitung 26 für die Entwässerung bzw. für des Abquetschen überschüssigen
Lösungsmittels versehen.
1. Verfahren zur Herstellung kunststoffgebuncener Treibladungspulver und Sprengstoffe
mittels eines Extruders, bestehend aus einem Gehäuse mit wenigstens einer Einzugsöffnung
und gegebenenfalls einer Lösungsmittel-Zugabeöffnun zwei gleich- oder gegenläufigen
Schneckenwellen und einem Formkopf,
dadurch gekennzeichnet,
daß zunächst der Kunststoffbinder in feste, gelöster oder suspendierter Form über
die Einzugsöffnung solange zugegeben wird, bis die Schnecken ohne gegenseitige Reibung
und Wandreibung im Kunststoffbinder "schwimmen" und daß anschließend die Komponenten
des Treibladungspulvers bzw. der Explosivstoff in kristalliner Form mit stetig zunehmendem
Anteil bei gleichzeitiger Abnahme des Kunststoffbinderanteils zugegeben und schließlich
das Mischungsverhältnis konstant gehalten wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Kunststoffbinder in
Form von Granulat, Flocken oder dgl. zugegeben und bei Temperaturen bis maximal 130°C
im Extruder geschmolzen und danach zeitverzögert die Komponenten des Treibladungspulvers
bzw. der kristalline Explosivstoff mit zunehmendem Anteil zugegeben wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß stromabwärts der Einzugsöffnung
Lösungsmittel zugegeben und überschüssiges Lösungsmittel an einer weiter stromabwärts
liegenden Stelle abgesaugt wird.
4. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bestehend
aus einem Extruder mit Gehäuse, zwei gleich- oder gegenläufigen Schneckenwellen, wenigstens
einer Einzugsöffnung und gegebenenfalls einer Lösungsmittel-Zugabeöffnung und einem
Formkopf,
dadurch gekennzeichnet, daß der Einzugsöffnung (9) ein Vorratsbehälter (11) mit einer
Dosiervorrichtung (13) für den Kunststoffbinder zugeordnet ist und ferner ein Vorratsbehälter
(12) miieiner Dosiervorrichtung (14) für die Komponenten des Treibladuungopulvers
bzw. den kristallinen Explosivstoff vorgesehen ist, der entweder der Einzugsöffnung
(9) oder einer stromabwärts von dieser liegenden Zugabeöffnung (23) zugeordnet ist.
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Lösungsmittel-Zugabeöffnung
(15) stromabwärts der Einzugsöffnung (9) angeordnet ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Gehäuse (1)
des Extruders eine stromabwärts der Einzugsöffnung (9) liegende Zugabeöffnung (21)
für einen Weichmacher aufweist.
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Gehäuse
(1) stromabwärts der Lösungsmittel-Zugabeöffnung (15) eine Absaugöffnung (16) für
überschüssiges Lösungsmittel aufweist-
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Gehäuse
(1) zumindest teilweise für Röntgenstrahlen durchlässig ist.
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Gehäuse
(1) zumindest teilweise für Lichtstrahlen durchlässig oder mit einer Öffnung für eine
Lichtquelle versehen ist.