[0001] Flugkörper zur Bekämpfung gepanzerter Ziele weisen in der Regel Gefechtsköpfe auf,
die nach dem Hohlladungsprinzip wirken, die das Ziel mittels eines energiereichen
Strahles (Hohlladung; Shaped Charge) oder eines Projektils (P-Ladung = projektilbildende
Ladung; SFF = Self-Forging Fragment) durchdringen. Um eine optimale Wirkung zu erzielen,
muß der Gefechtskopf in einem bestimmten Abstand zum Ziel zur Detonation gebracht
werden, der bei Hohlladungen etwa das 4- bis 10-fache des Kalibers beträgt. Dabei
dürfen sich vor dem Gefechtskopf keine Bauelemente befinden, die die Entfaltung der
Fernwirkung behindern können. Diese Bedingung ist bei Lenkflugkörpern schwierig erfüllbar,
da sich am vorderen Ende des Gefechtskopfes in der Regel ein Suchkopf und die dazugehörige
Elektronik befinden. Ein typisches Beispiel für einen solchen Flugkörper ist z.B.
in
*Internationale Wehrrevue", Heft 11/1981, S. 1464, beschrieben.
[0002] Aufgabe der Erfindung ist es, einen Flugkörper, der im Oberbegriff des Patentanspruchs
1 angegebenen Art zu schaffen, bei dem der Gefechtskopf in dem vorgeschriebenen Abstand
vor dem Auftreffen auf das Ziel zur Detonation gebracht wird, ohne dabei durch anderweitig
erforderliche Bauelemente behindert zu werden.
[0003] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs
1 angegebenen Merkmalen. Danach werden in Zielnähe die vor dem Gefechtskopf befindlichen
Bauelemente vom Flugkörper abgestoßen bzw. abgetrennt. Dies kann zwar zur Folge haben,
daß der Flugkörper dann keine Lenkkommandos mehr erhält, jedoch sind in dem in Betracht
kommenden Entfernungsbereich in der Regel keine Korrekturen der Flugbahn mehr zu erwarten.
In einem untersuchten Beispiel, bei dem sich ein Flugkörper mit 100 m/s dem Ziel nähert,
hätte der Suchkopf in 3 m Entfernung vom Ziel abgetrennt werden müssen, um 25 ms später
den Gefechtskopf bei optimalem Abstand zur Detonation bringen zu können. Es ist einleuchtend,
daß in dieser kurzen Zeit keine wirksamen Bahnkorrekturen mehr vorgenommen werden
können.
[0004] Das Abtrennen der vor dem Gefechtskopf liegenden Bauelemente kann auf verschiedene
Weise erfolgen. So können diese Elemente beispielsweise durch eine Sprengladung zerlegt
oder seitlich ausgeschwenkt werden. Vorteilhafter ist es jedoch, die Elemente axial,
d.h. in Flugrichtung vom Gefechtskopf wegzubewegen, um störende Kräfte bzw. Momente,
die eine Drehung des Flugkörpers um eine der Querachsen bewirken können, zu vermeiden.
Das Abstoßen der Elemente in Flugrichtung kann durch mechanische Kraftelemente, z.B.
eine Druckfeder, erfolgen. Da es jedoch wünschenswert ist, die Elemente möglichst
schnell gegen die z.T. erheblichen Luftkräfte wegzubewegen, wird bevorzugt eine pyrotechnische
Ladung verwendet.
[0005] Im folgenden werden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der
Erfindung näher erläutert.
[0006] Es zeigen:
Fig. 1 einen schematischen Längsschnitt durch ein Lenkflugkörper,
Fig. 2 den Anflug des Lenkflugkörpers auf das Ziel,
Fig. 3 den Lenkflugkörper nach Abstoßen des Suchkopfes,
Fig. 4 den Lenkflugkörper zum Zeitpunkt der Gefechtskopfdetonation und
Fig. 5 einen Lenkflugkörper mit herausziehbarem Kontaktfühler.
[0007] Der in Fig. 1 schematisch dargestellte Lenkflugkörper weist am vorderen Ende einen
Suchkopf 1 mit dahinter angeordneter Elektronik 2 auf, die in einer Hülle 8 untergebracht
ist. Das rückwärtige Ende der Hülle 8 ist mit der Flugkörperhülle 6 durch Scherstifte
9 verbunden. Die Flugkörperhülle 6 bildet den Mantel des Gefechtskopfes 3, der im
vorliegenden Fall als Hohlladungskopf ausgebildet ist und eine Hohlladung 12 enthält,
deren nach vorne gerichteter Hohlladungstrichter mit 12' bezeichnet ist. Im rückwärtigen
Ende der Flugkörperhülle 6 ist der Steuerteil 4 untergebracht, von dem schwenkbare
Ruder 5 abstehen. Ferner sind an der Flugkörperhülle 6 Tragflügel 7 befestigt. Am
Suchkopf 1 ist ein Annäherungssensor 10,10' befestigt, der mit der Elektronik 2 in
Verbindung steht. Am rückwärtigen Ende des die Elektronik 2 enthaltenden Behälters
ist eine pyrotechnische Ladung 11 angebracht, die bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel
bis in den Hohlladungstrichter 12' hineinragt.
[0008] Der Annäherungssensor 10,10', der z.B. als optronischer Sensor ausgebildet ist, besitzt
eine Sendeoptik 10 und eine Empfangsoptik 10', die gemäß Fig. 2 bei Erreichen eines
fest eingestellten Abstandes A unter Verwendung einer Auswertelektronik die pyrotechnische
Ladung 11 initiieren. Der durch den Abbrand der Ladung 11 im Hohlladungskegel 12'
erreichte Druck bewirkt, daß die Scherstifte 9 abscheren und Suchkopf 1 mit Elektronik
2 nach vorne abgestoßen werden. Die Überlappung 13 der Flugkörperhülle 6 mit der vorderen
Hülle 8 wirkt dabei wie eine Kolbenführung, wodurch die Abstoßgeschwindigkeit verbessert
wird.
[0009] In Fig. 3 ist der Flugkörper nach dem Abstoßen des Suchkopfes 1 mit Elektronik 2
dargestellt. Diese beiden Körper entfernen sich mit einer der Abstoßgeschwindigkeit
entsprechenden Relativgeschwindigkeit vom restlichen Flugkörper 14.
[0010] Fig. 4 zeigt den Zeitpunkt der Detonation des Gefechtskopfes 3 im restlichen Flugkörper
14. Dieser Zeitpunkt ist so gewählt, daß der Abstand X vom Gefechtskopf zum Ziel dem
für die Wirkung gewünschten optimalen Abstand entspricht. Der Suchkopf 1 mit Elektronik
2 ist zu diesem Zeitpunkt auf das Ziel aufgeprallt. Da seine zum Teil deformierten
Reste eine Aufdickung des Zieles darstellen, wurde der optimale Abstand von der Hinterkante
dieser Elemente aus gerechnet.
[0011] Um einen 1,6 kg schweren Suchkopf mit etwa 30 m/s vom Flugkörper wegzubewegen, waren
in einem untersuchten Fall 7 g Schwarzpulver als pyrotechnische Ladung erforderlich.
[0012] Die erzielte Verbesserung bezüglich der Wirkung des Gefechtskopfes durch die erfindungsgemäße
Lösung kann an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:
Bei einem Lenkflugkörper mit Hohlladungsgefechtskopf und davor befindlichem Suchkopf
betrug die Durchschlagsleistung bei Panzerstahl das 2,5-fache des Kalibers. Bei optimalem
Abstand ohne davor befindlichem Suchkopf konnte die Durchschlagsleistung ca. auf das
8-fache des Kalibers gesteigert werden. Selbst bei Verminderung der Durchschlagsleistung
durch den zwischen Ziel und Gefechtskopf befindlichen Suchkopf zur Zeit der Gefechtskopfdetonation,
bleibt eine Steigerung der Durchschlagsleistung auf mindestens das 7-fache des Kalibers,
was eine Verbesserung um das 2,8-fache entspricht.
[0013] In dem in Fign. 1 bis 4 dargestellten Beispiel wurde davon ausgegangen, daß der Gefechtskopf
3 gleichzeitig mit der pyrotechnischen Ladung 11 initiiert wird, daß aber eine pyrotechnische
Verzögerung die Detonation des Gefechtskopfes so verzögert, daß er im optimalen Abstand
wirkt. Dies setzt eine im wesentlichen konstante Geschwindigkeit des Flugkörpers in
Zielnähe voraus. Da dies nicht immer der Fall sein wird, wird in einer alternativen
Ausführungsform der Gefechtskopf durch einen Kontaktfühler ausgelöst.
[0014] Fig. 5 zeigt hierfür ein Beispiel, bei dem der abgestoßene Suchkopf 1 mit Elektronik
2 einen stabförmigen Kontaktsensor aus dem restlichen Flugkörper 14 herauszieht, wobei
die Länge des Kontaktsensors 15 dem für die energiereiche Durchdringung erforderlichen
Abstand X entspricht.
1. Flugkörper, insbesondere Lenkflugkörper, mit einem fernwirkenden Gefechtskopf,
wie z.B. einer Hohlladung oder einer projektilbildenden Ladung, und davor befindlichen
Bauelementen, wie z.B. einem Suchkopf,
dadurch gekennzeichnet , daß eine Einrichtung vorgesehen ist, die die vor dem Gefechtskopf
(3) befindlichen Bauelemente bei Annäherung an das Ziel in Flugrichtung abstößt, bevor
der Gefechtskopf (3) gezündet wird.
2. Flugkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die die Einrichtung zum
Abstoßen der vor dem Gefechtskopf befindlichen Bauelemente aus einer pyrotechnischen
Ladung (11) besteht.
3. Flugkörper nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die pyrotechnische Ladung
(11) durch einen berührungsfreien Abstandssensor (10,10') initiiert wird.
4. Flugkörper nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Gefechtskopf
(3) und die pyrotechnische Ladung (11) gleichzeitig initiiert werden und die Detonation.des
Gefechtskopfes (3) durch ein Verzögerungsglied verspätet erfolgt.
5. Flugkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Gefechtskopf (3) durch
einen mechanischen Abstandsfühler (15) ausgelöst wird.
6. Flugkörper nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der mechanische Abstandsfühler
(15) durch die abgestoßenen Bauelemente in seine Wirkungslage gebracht wird.