(19)
(11) EP 0 162 250 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.11.1985  Patentblatt  1985/48

(21) Anmeldenummer: 85104077.4

(22) Anmeldetag:  03.04.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4F42B 13/10, F42B 15/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT SE

(30) Priorität: 17.04.1984 DE 3414414

(71) Anmelder: Dynamit Nobel Aktiengesellschaft
D-53839 Troisdorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Alker, Erich
    D-5060 Bergisch Gladbach (DE)
  • Diesinger, Walter, Prof.
    D-5060 Bergisch Gladbach (DE)
  • Schöffl, Rainer
    D-5068 Odenthal (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Flugkörper mit einem fernwirkenden Gefechtskopf


    (57) Am vorderen Ende eines Gefechtskopfes (3) sind ein Suchkopf (1) und eine zugehörige Elektronik (2) angebracht, um den Flugkörper auf das Ziel zu lenken und die Detonation rechtzeitig einzuleiten. Damit der Suchkopf (1) und die Elektronik (2) den von der Hohlladung (12) erzeugten Hohlladungsstrahl nicht irritieren und behindern, werden die vor dem Gefechtskopf (3) angeordneten Bauelemente kurz vor dem Auftreffen auf das Ziel durch eine pyrotechnische Ladung (11) beschleunigt, so daß sie den Gefechtskopf (3) verlassen und der Hohlladungsstrahl nunmehr ungehindert auf das Ziel auftreffen kann.




    Beschreibung


    [0001] Flugkörper zur Bekämpfung gepanzerter Ziele weisen in der Regel Gefechtsköpfe auf, die nach dem Hohlladungsprinzip wirken, die das Ziel mittels eines energiereichen Strahles (Hohlladung; Shaped Charge) oder eines Projektils (P-Ladung = projektilbildende Ladung; SFF = Self-Forging Fragment) durchdringen. Um eine optimale Wirkung zu erzielen, muß der Gefechtskopf in einem bestimmten Abstand zum Ziel zur Detonation gebracht werden, der bei Hohlladungen etwa das 4- bis 10-fache des Kalibers beträgt. Dabei dürfen sich vor dem Gefechtskopf keine Bauelemente befinden, die die Entfaltung der Fernwirkung behindern können. Diese Bedingung ist bei Lenkflugkörpern schwierig erfüllbar, da sich am vorderen Ende des Gefechtskopfes in der Regel ein Suchkopf und die dazugehörige Elektronik befinden. Ein typisches Beispiel für einen solchen Flugkörper ist z.B. in *Internationale Wehrrevue", Heft 11/1981, S. 1464, beschrieben.

    [0002] Aufgabe der Erfindung ist es, einen Flugkörper, der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 angegebenen Art zu schaffen, bei dem der Gefechtskopf in dem vorgeschriebenen Abstand vor dem Auftreffen auf das Ziel zur Detonation gebracht wird, ohne dabei durch anderweitig erforderliche Bauelemente behindert zu werden.

    [0003] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 angegebenen Merkmalen. Danach werden in Zielnähe die vor dem Gefechtskopf befindlichen Bauelemente vom Flugkörper abgestoßen bzw. abgetrennt. Dies kann zwar zur Folge haben, daß der Flugkörper dann keine Lenkkommandos mehr erhält, jedoch sind in dem in Betracht kommenden Entfernungsbereich in der Regel keine Korrekturen der Flugbahn mehr zu erwarten. In einem untersuchten Beispiel, bei dem sich ein Flugkörper mit 100 m/s dem Ziel nähert, hätte der Suchkopf in 3 m Entfernung vom Ziel abgetrennt werden müssen, um 25 ms später den Gefechtskopf bei optimalem Abstand zur Detonation bringen zu können. Es ist einleuchtend, daß in dieser kurzen Zeit keine wirksamen Bahnkorrekturen mehr vorgenommen werden können.

    [0004] Das Abtrennen der vor dem Gefechtskopf liegenden Bauelemente kann auf verschiedene Weise erfolgen. So können diese Elemente beispielsweise durch eine Sprengladung zerlegt oder seitlich ausgeschwenkt werden. Vorteilhafter ist es jedoch, die Elemente axial, d.h. in Flugrichtung vom Gefechtskopf wegzubewegen, um störende Kräfte bzw. Momente, die eine Drehung des Flugkörpers um eine der Querachsen bewirken können, zu vermeiden. Das Abstoßen der Elemente in Flugrichtung kann durch mechanische Kraftelemente, z.B. eine Druckfeder, erfolgen. Da es jedoch wünschenswert ist, die Elemente möglichst schnell gegen die z.T. erheblichen Luftkräfte wegzubewegen, wird bevorzugt eine pyrotechnische Ladung verwendet.

    [0005] Im folgenden werden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung näher erläutert.

    [0006] Es zeigen:

    Fig. 1 einen schematischen Längsschnitt durch ein Lenkflugkörper,

    Fig. 2 den Anflug des Lenkflugkörpers auf das Ziel,

    Fig. 3 den Lenkflugkörper nach Abstoßen des Suchkopfes,

    Fig. 4 den Lenkflugkörper zum Zeitpunkt der Gefechtskopfdetonation und

    Fig. 5 einen Lenkflugkörper mit herausziehbarem Kontaktfühler.



    [0007] Der in Fig. 1 schematisch dargestellte Lenkflugkörper weist am vorderen Ende einen Suchkopf 1 mit dahinter angeordneter Elektronik 2 auf, die in einer Hülle 8 untergebracht ist. Das rückwärtige Ende der Hülle 8 ist mit der Flugkörperhülle 6 durch Scherstifte 9 verbunden. Die Flugkörperhülle 6 bildet den Mantel des Gefechtskopfes 3, der im vorliegenden Fall als Hohlladungskopf ausgebildet ist und eine Hohlladung 12 enthält, deren nach vorne gerichteter Hohlladungstrichter mit 12' bezeichnet ist. Im rückwärtigen Ende der Flugkörperhülle 6 ist der Steuerteil 4 untergebracht, von dem schwenkbare Ruder 5 abstehen. Ferner sind an der Flugkörperhülle 6 Tragflügel 7 befestigt. Am Suchkopf 1 ist ein Annäherungssensor 10,10' befestigt, der mit der Elektronik 2 in Verbindung steht. Am rückwärtigen Ende des die Elektronik 2 enthaltenden Behälters ist eine pyrotechnische Ladung 11 angebracht, die bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel bis in den Hohlladungstrichter 12' hineinragt.

    [0008] Der Annäherungssensor 10,10', der z.B. als optronischer Sensor ausgebildet ist, besitzt eine Sendeoptik 10 und eine Empfangsoptik 10', die gemäß Fig. 2 bei Erreichen eines fest eingestellten Abstandes A unter Verwendung einer Auswertelektronik die pyrotechnische Ladung 11 initiieren. Der durch den Abbrand der Ladung 11 im Hohlladungskegel 12' erreichte Druck bewirkt, daß die Scherstifte 9 abscheren und Suchkopf 1 mit Elektronik 2 nach vorne abgestoßen werden. Die Überlappung 13 der Flugkörperhülle 6 mit der vorderen Hülle 8 wirkt dabei wie eine Kolbenführung, wodurch die Abstoßgeschwindigkeit verbessert wird.

    [0009] In Fig. 3 ist der Flugkörper nach dem Abstoßen des Suchkopfes 1 mit Elektronik 2 dargestellt. Diese beiden Körper entfernen sich mit einer der Abstoßgeschwindigkeit entsprechenden Relativgeschwindigkeit vom restlichen Flugkörper 14.

    [0010] Fig. 4 zeigt den Zeitpunkt der Detonation des Gefechtskopfes 3 im restlichen Flugkörper 14. Dieser Zeitpunkt ist so gewählt, daß der Abstand X vom Gefechtskopf zum Ziel dem für die Wirkung gewünschten optimalen Abstand entspricht. Der Suchkopf 1 mit Elektronik 2 ist zu diesem Zeitpunkt auf das Ziel aufgeprallt. Da seine zum Teil deformierten Reste eine Aufdickung des Zieles darstellen, wurde der optimale Abstand von der Hinterkante dieser Elemente aus gerechnet.

    [0011] Um einen 1,6 kg schweren Suchkopf mit etwa 30 m/s vom Flugkörper wegzubewegen, waren in einem untersuchten Fall 7 g Schwarzpulver als pyrotechnische Ladung erforderlich.

    [0012] Die erzielte Verbesserung bezüglich der Wirkung des Gefechtskopfes durch die erfindungsgemäße Lösung kann an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:

    Bei einem Lenkflugkörper mit Hohlladungsgefechtskopf und davor befindlichem Suchkopf betrug die Durchschlagsleistung bei Panzerstahl das 2,5-fache des Kalibers. Bei optimalem Abstand ohne davor befindlichem Suchkopf konnte die Durchschlagsleistung ca. auf das 8-fache des Kalibers gesteigert werden. Selbst bei Verminderung der Durchschlagsleistung durch den zwischen Ziel und Gefechtskopf befindlichen Suchkopf zur Zeit der Gefechtskopfdetonation, bleibt eine Steigerung der Durchschlagsleistung auf mindestens das 7-fache des Kalibers, was eine Verbesserung um das 2,8-fache entspricht.



    [0013] In dem in Fign. 1 bis 4 dargestellten Beispiel wurde davon ausgegangen, daß der Gefechtskopf 3 gleichzeitig mit der pyrotechnischen Ladung 11 initiiert wird, daß aber eine pyrotechnische Verzögerung die Detonation des Gefechtskopfes so verzögert, daß er im optimalen Abstand wirkt. Dies setzt eine im wesentlichen konstante Geschwindigkeit des Flugkörpers in Zielnähe voraus. Da dies nicht immer der Fall sein wird, wird in einer alternativen Ausführungsform der Gefechtskopf durch einen Kontaktfühler ausgelöst.

    [0014] Fig. 5 zeigt hierfür ein Beispiel, bei dem der abgestoßene Suchkopf 1 mit Elektronik 2 einen stabförmigen Kontaktsensor aus dem restlichen Flugkörper 14 herauszieht, wobei die Länge des Kontaktsensors 15 dem für die energiereiche Durchdringung erforderlichen Abstand X entspricht.


    Ansprüche

    1. Flugkörper, insbesondere Lenkflugkörper, mit einem fernwirkenden Gefechtskopf, wie z.B. einer Hohlladung oder einer projektilbildenden Ladung, und davor befindlichen Bauelementen, wie z.B. einem Suchkopf,
    dadurch gekennzeichnet , daß eine Einrichtung vorgesehen ist, die die vor dem Gefechtskopf (3) befindlichen Bauelemente bei Annäherung an das Ziel in Flugrichtung abstößt, bevor der Gefechtskopf (3) gezündet wird.
     
    2. Flugkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die die Einrichtung zum Abstoßen der vor dem Gefechtskopf befindlichen Bauelemente aus einer pyrotechnischen Ladung (11) besteht.
     
    3. Flugkörper nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die pyrotechnische Ladung (11) durch einen berührungsfreien Abstandssensor (10,10') initiiert wird.
     
    4. Flugkörper nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Gefechtskopf (3) und die pyrotechnische Ladung (11) gleichzeitig initiiert werden und die Detonation.des Gefechtskopfes (3) durch ein Verzögerungsglied verspätet erfolgt.
     
    5. Flugkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Gefechtskopf (3) durch einen mechanischen Abstandsfühler (15) ausgelöst wird.
     
    6. Flugkörper nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der mechanische Abstandsfühler (15) durch die abgestoßenen Bauelemente in seine Wirkungslage gebracht wird.
     




    Zeichnung













    Recherchenbericht