(19)
(11) EP 0 164 664 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
18.12.1985  Patentblatt  1985/51

(21) Anmeldenummer: 85106748.8

(22) Anmeldetag:  31.05.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4H01H 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 12.06.1984 DE 3421759

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Rothkegel, Bernhard
    D-8500 Nürnberg (DE)
  • Haufe, Wolfgang
    D-8521 Hessdorf (DE)
  • Müller, Manfred
    D-8450 Amberg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Sinterkontaktwerkstoff für Niederspannungsschaltgeräte der Energietechnik


    (57) Es wurden bereits Kontaktwerkstoffe auf AgSnO2-Basis mit Bi203 und Cu0 als weitere Metalloxidzusätze vorgeschlagen. Dabei soll der Volumenanteil an Metalloxid zwischen 10 % und 25 % mit einem SnO2-Volumenanteil ≥ 70 % der Gesamtoxidmenge betragen.
    Es wird vorgeschlagen, den SnO2-Massenanteil speziell im Bereich von 4 % bis 8 % zu wählen. Dabei liegt der Bi2O2-Massenanteil zwischen 0,5 % und 4 % und der CuO- Massenanteil zwischen 0,3 % und 1 %, wobei der Rest jeweils Silber ist. Aus solchen Werkstoffen lassen sich Kontaktwerkstücke fertigen, die überraschend gute elektrische Eigenschaften aufweisen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Sinterkontaktwerkstoff für Niederspannungsschaltgeräte der Energietechnik aus AgSn02 mit Bi203 und Cu0 als weitere Metalloxidzusätze, wobei der Volumenanteil an Summenmetalloxid zwischen 10 % und 25 % mit einem SnO2-Volumenanteil 70 % der Gesamtoxidmenge beträgt.

    [0002] Ein solcher Werkstoff ist unter anderem Gegenstand der älteren deutschen Patentanmeldung P 33 04 637.9.

    [0003] Für Niederspannungsschaltgeräte der Energietechnik, z.B. in Schützen oder Selbstschaltern, haben sich Kontaktwerkstoffe auf der Basis von Silber-Metalloxiden (AgMeO) als besonders vorteilhaft erwiesen. In der Vergangenheit wurde als Wirkkomponente insbesondere Cadmiumoxid verwendet, wobei speziell diese Kontaktwerkstoffe die gewünschten elektrisch-technologischen Eigenschaften erfüllen und sich im praktischen Langzeiteinsatz von Schaltgeräten bewährt haben. Da aber Cadmium bekanntermaßen zu den toxischen Schwermetallen zählt und beim Abbrand der Kontaktstücke CdO auch an die nähere Umgebung abgegeben wird, sind seit einiger Zeit Bestrebungen im Gange, das CdO möglichst vollständig durch andere Metalloxide zu ersetzen. Diese Werkstoffe sollen aber einen ebenso kleinen Abbrand im Lichtbogen, sowie geringe Schweißkraft und insbesondere geringe Erwärmung bei Dauerstromführung wie die bewährten AgCdO-Werkstoffe für Kontaktstücke aufweisen.

    [0004] Es wurde bisher versucht, das Cadmium durch Zinn oder Zink zu ersetzen. Die bekannten Vorschläge mit AgSnO2 und AgZnO-Kontaktwerkstoffen konnten jedoch insgesamt nicht die hochwertigen Eigenschaften von AgCdo-Kontaktstücken erreichen. Insbesondere bei Kontaktstücken aus AgSnO2 als Alternativwerkstoff zu AgCdO hat sich gezeigt, daß dieser aufgrund seiner höheren thermischen Stabilität nach Lichtbogeneinwirkung durch Bildung von Oxiddeckschichten einen gegenüber AgCdO-erhöhten Ubergangswiderstand aufweist. Dadurch treten im stromführenden Zustand des Schaltgerätes unzulässig hohe Ubertemperaturen an den Schaltgliedern auf, die zu Schäden am Schaltgerät führen können. Andererseits weisen aber AgSnO2-Kontaktstücke gegenüber AgCdO einen geringeren Abbrand auf, was zu einer erhöhten Kontaktlebensdauer führt. Daher kann vorteilhaft die Größe der benötigten Kontaktstücke im Vergleich zu AgCdO verringert werden, wodurch eine nicht unerhebliche Silbereinsparung erzielt wird.

    [0005] Mit der älteren Patentanmeldung P 33 04 637.9 wurde bereits ein neuer Sinterkontaktwerktoff für obigen Zweck auf der Basis AgSnO2 offenbart, bei dem als weitere Metalloxide Bi203 und CuO sowie wahlweise CdO vorgesehen sind und der Volumenanteil an Summenmetalloxidzwischen 10% und 25 % mit einem SnO2-Volumenateil ≥70 % der Gesamtoxidmenge beträgt. Dabei wird der Kontaktwerkstoff pulvermetallurgisch aus einem inneroxidierten Legierungspulver (sogenanntes IOLP) hergestellt. Für die cadmiumfreie Alternative ist speziell der Werkstoff folgender Zusammensetzung in Massenanteilen von 87,95 % Ag, 9,97 % SnO2, 0,98 % Bi203 und 1,10 % CuO Erprobungen haben nun ergeben, daß der angegebene Werkstoff noch nicht voll den Bedürfnissen der Praxis genügt.

    [0006] Aufgabe der Erfindung ist es daher, einen weiteren Werkstoff der Konstitution AgSnO2Bi2O3CuO für obengenannte Anwendung anzugeben.

    [0007] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der SnO2-Massenanteil speziell im Bereich von 4 % bis 8 % liegt. Dabei liegt der Bi203-Massenanteil vorzugsweise zwischen 0,5 % und 4 % , während der CuO-Massenanteil zwischen 0,3 % und 1 % liegt; als Rest ist jeweils Silber vorhanden. Vorzugsweise beträgt das Verhältnis der Massenanteile in % von Sn02 zu CuO zwischen 8:1 und 12:1.

    [0008] Die vergleichsweise günstigen Eigenschaften von Werkstoffen der Konstitution AgSnO2Bi2O3CuO sind bereits seit einiger Zeit erkannt: Neben der älteren Patentanmeldung P 33 04 637.9 werden solche Werkstoffe auch in der DE-OS 27 54 335 angegeben. Bei den dort beschriebenen Werkstoffen wird jedoch immer ein vergleichsweise geringer Sn02-Massenanteil gewählt, der meist unter 4 % liegt. Lediglich bei einem, der DE-OS 27.54 335 entnehmbaren Werkstoff (Beispiel 18) liegt der Sn-Anteil höher; jedoch beträgt in diesem Fall der SnO2-Volumenanteil an den Summenoxiden weniger als 70 %, so daß ein anderes Eigenschaftsspektrum zu erwarten ist. Daneben sind in der GB-A-20 55 398 Werkstoffe auf Silbermetalloxidbasis beschrieben, zu deren Herstellung aus Legierungen Bleche erzeugt werden, welche anschließend inneroxidiert werden. Hier handelt es sich also nicht mit pulvermetallurgische Verfahren hergestellte Werkstoffe, insbesondere nicht um die innere Oxidation von Legierungspulvern mit anschließender Verdichtung und Sinterung. Bei der GB-A-20 55 398 ist für die Ausgangslegierung unter anderem eine Zusammensetzung in Massenanteilen von 90,8 % Ag, 8,5 % Sn, 0,2 % Bi und 0,5 % Cu angegeben. Ansonsten werden beim Stand der Technik zu dem angegebenen Vierstoffsystem immer noch weitere Komponenten, beispielsweise Kobalt, Eisen oder Nickel, hinzulegiert.

    [0009] Vorliegender Erfindung lag nun die überraschende Erkenntnis zugrunde,daß der Sn02-Anteil erniedrigt und damit der Bi203-Anteil erhöht werden kann, um günstigere Temperatureigenschaften als beim Stand der Technik zu erhalten.

    [0010] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung zweier labormäßig realisierter Sinterkontaktwerkstoffe. Bei deren Herstellung werden im allgemeinen nur die Massenanteile in % (Massengehalt) angegeben. Ausgehend von einem konstanten Volumenanteil an Silber, bietet sich für die Optimierung des Eigenschaftsspektrums die Variation der Wirkkomponenten bei vorgegebenem Volumenanteil der Summenmetall oxide am Dieser beträgt bei der Erfindung zwischen 10 % und 25 %, wobei der Volumenanteil von SnO2 ≥ 70 % ist. Da die Dichte der Oxide unterschiedlich ist, hat es sich in der Praxis bewährt, einerseits die Volumenanteile der Summenmetalloxide und andererseits speziell die Massenanteile in % der einzelnen Komponenten wie bei den nachfolgenden Beispielen anzugeben.

    Beispiel 1:



    [0011] Aus 93,60 % Feinsilberkörnern, 5,20 % Zinnkörnern, 0,6 % metallischem Wismut als Bruchstücke und 0,6 % Kupfer in Stangenform wird eine Legierung aus AgSnBiCu der angegebenen Zusammensetzung bei 1353 K erschmolzen. Durch Zerstäuben der Schmelze in Wasser mit einer Druckverdüsungsanlage wird daraus ein gleich zusammengesetztes Legierungspulver erhalten. Nach dem Trocknen wird der Pulveranteil auf L 200 µm abgesiebt. Dieser Anteil wird in sauerstoffhaltiger Atmosphäre zwischen 723 K und 872 K inneroxidiert, wonach ein Verbundpulver aus AgSnO2Bl2O3CuO der Zusammensetzung in Massenanteilen von 92,10 % Ag, 6,50 % SnO2, 0,66 % Bi203 und 0,74 % CuO erhalten wird. Ein solches Verbundpulver ist quantitativ vollständig inneroxidiert und wird als sogenanntes IOLP bezeichnet.

    [0012] Aus dem Verbundpulver werden durch Pressen in einer Matrize mit 600 MPa Kontaktstücke hergestellt. Für eine sichere Verbindungstechnik durch Hartlöten ist es dabei vorteilhaft, beim Pressen des Verbundpulvers eine zweite Schicht aus Reinsilber gemeinsam mit der Kontaktschicht zu einem Zweischichten-Kontaktstück zu verpressen. Die Sinterung der Kontaktstücke erfolgt bei 1173 K während einer Stunde an Luft. Durch Warmpressen bei 923 K mit 900 MPa werden die Kontaktstücke verdichtet. Eine weitere Verdichtung und Verfestigung wird durch eine zweite Sinterung bei 1173 K während einer Stunde an Luft und eine darauf folgende Kaltverdichtung mit 800 MPa erreicht.

    [0013] Metallographische Schliffbilder zeigen, daß das Gefüge des so erzeugten Kontaktwerkstoffes fein und gleichmäßig mit einer mittleren Oxidteilchengröße von 1,5 µm ist.

    Beispiel 2:



    [0014] Bei einem weiteren Ausführungsbeispiel wurden Verfahrensschritte wie bei Beispiel 1 gewählt; es wurde jedoch von Ausgangsmaterialien folgender Zusammensetzung in Massenanteilen ausgegangen: 93,96% Feinsilberkörner, 4,00 % Zinnkörner, 1,64 % metallisches Wismut und 0,40 % Kupfer, woraus eine Legierung erschmolzen wird. Daraus wird in oben beschriebener Weise entsprechendes Legierungspulver erzeugt.

    [0015] Nach innerer Oxidation des Legierungspulvers wird ein IOLP aus AgSnO2Bi2C3CuO der Zusammensetzung in Massenanteilen von 92,70 % Ag, 5,01 % SnO2, 1,80 % Bi203 und 0,49 % Cuo erhalten. Dieses IOLP ist Ausgangsmaterial für den Werkstoff und die daraus zu fertigenden Kontaktstücke.

    [0016] Das Gefüge dieses Werkstoffes entspricht bis auf eine stärkere Umkörnung im wesentlichen dem Werkstoff nach

    Beispiel 1.



    [0017] Von den erfindungsgemäß hergestellten Kontaktwerkstoffen wurde in einem Prüfschalter die Schweißkraft ermittelt. Die erhaltenen Meßwerte entsprechen im wesentlichen denen des aus inneroxidierten Legierungspulver hergestellten AgCd012Bi2031,O-Kontaktwerkstoffes. Darüber hinaus wurden in Motorschützen Lebensdauer- und Erwärmungsprüfungen durchgeführt. Wesentliche Kenngrößen sind dabei die AC4-Lebensdauerschaltzahlen der Kontaktstücke und die Ubertemperatur der Strombahnen. Im Vergleich zum AgCdO12Bi2O31,0-Werkstoffe liegen die Lebensdauerschaltzahlen etwa um den Faktor 1,8 höher, wobei sich bei den Ubertemperaturen lediglich bis zu 10 °C höhere Werte ergaben.

    [0018] Die Prüfdaten der neuen Werkstoffe sind in der Tabelle im Vergleich zum bekannten Werkstoff wiedergegeben.

    [0019] Bei Werkstoffen nach der Erfindung wird also, ausgehend vom vorgegebenen Volumenanteil der Summenmetalloxide, der Zinngehalt auf einen geeigneten Bereich erniedrigt und damit zumindest der relative Bi203-Anteil erhöht, was zu unerwartet guten Ergebnissen führt.




    Ansprüche

    1. Sinterkontaktwerkstoff für Niederspannungsschaltgeräte der Energietechnik aus AgSnO2 mit Bi203 und CuO als weitere Metalloxidzusätze, wobei der Volumenanteil an Summenmetalloxid zwischen 10 % und 25 % mit einem SnO2-Volumenanteil ≥ 70 % der Gesamtoxidmenge beträgt, dadurch gekennzeichnet , daß der SnO2-Massenanteil speziell im Bereich von 4 % bis 8 % liegt.
     
    2. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß der Bi203-Massenanteil zwischen 0,5 % und 4 % liegt.
     
    3. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß der CuO-Massenanteil zwischen 0,3 % und 1 % liegt.
     
    4. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet , daß das Verhältnis der Massenanteile in % von SnO2 zu CuO zwischen 8:1 und 12:1 liegt.
     
    5. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet , daß das Verhältnis der Massenanteile in % von SnO2 zu CuO etwa 9:1 beträgt.
     
    6. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet , daß er in Massenanteilen 6,5 % SnO2, 0,66 % Bi203, 0,74 % CuO und als Rest Silber enthält.
     
    7. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet , daß das Verhältnis der Massenanteile in % von SnO2 zu CuO etwa 10:1 beträgt.
     
    8. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 7 . dadurch gekennzeichnet , daß er in Massenanteilen 5,01 % SnO2, 1,80 % Bi2O3, 0,49 % CuO und als Rest Silber enthält.