(19)
(11) EP 0 167 949 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.01.1986  Patentblatt  1986/03

(21) Anmeldenummer: 85108089.5

(22) Anmeldetag:  29.06.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C23C 18/46
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR GB IT NL

(30) Priorität: 09.07.1984 DE 3425214

(71) Anmelder: RIEDEL-DE HAEN AKTIENGESELLSCHAFT
D-30926 Seelze (DE)

(72) Erfinder:
  • Scholz, Eugen, Dr.
    D-3008 Garbsen 1 (DE)
  • Luttmann, Hans-Jürgen
    D-3000 Hannover 21 (DE)

(74) Vertreter: Urbach, Hans-Georg, Dr. et al
CASSELLA AKTIENGESELLSCHAFT, Patentabteilung, Hanauer Landstrasse 526
60386 Frankfurt
60386 Frankfurt (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Mittel für die stromlose Abscheidung von Zinn und/oder Blei


    (57) Zinn und Blei können einzeln oder gemeinsam stromlos aus wäßrigen Lösungen ihrer Salze abgeschieden werden. Solche Lösungen enthalten eine freiesäure, und ihr pH-Wert liegt im niederen Bereich. Die Lösungen enthalten ferner einen Komplexbildner, der mit Zinn oder Blei oder beiden Chelate bilden kann. Besonders geeignete Salz sind Salze von fluorhaltigen Mineralsäuren, und als Säuren sind fluorhaltige Mineralsäuren vorteilhaft. Die Lösungen sind auch bei niederen Temperaturen mit Erfolg verwendbar.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Mittel für die stromlose Abscheidung von Zinn und/oder' Blei, das aus einer wäßrigen Lösung eines Zinnsalzes und/oder Bleisalzes besteht, die eine Mineralsäure und einen schwefelhaltigen Komplexbildner für Zinn und/oder Blei enthält, sowie auf ein Verfahren zur stromlosen Abscheidung von metallischem Zinn und/oder Blei aus einer solchen Lösung auf ein Substrat.

    [0002] Es ist bereits bekannt, daß ein Metallsubstrat mit einer Zinn-Blei-Legierung durch Eintauchen des Substrats in ein Bad plattiert wird, das ein Zinnsalz, ein Blei(II)-salz und einen Schwefel enthaltenden Komplexbildner für das Zinn und das Blei enthält. Als Zinnsalz ist ausschließlich Zinn(II)-chlorid und als Bleisalz ausschließlich Blei(II)-chlorid erwähnt. Das Bad enthält als Komplexbildner vorzugsweise Thioharnstoff oder ein Thioharnstoffderivat. Als Substrat eignet sich insbesondere Kupfer oder eine Kupfer-Legierung; in diesem Fall soll das Bad einen pH-Wert von 0,5 bis 1,0 aufweisen. Die Abscheidung der Zinn-Blei-Legierung erfolgt bei einer Arbeitstemperatur von 38 bis 93°C (vgl. deutsche Offenlegungsschrift 26 16 409= britische Patentschrift 1 492 506).

    [0003] Ferner ist bekannt, daß sich zum elektrolytischen Niederschlagen eines Zinnüberzuges auf metallischen Unterlagen ein Verzinnungstauchbad eignet, das ein lösliches Zinn(II)-salz, eine schwefelhaltige Komponente, eine Mineralsäure und einen Benetzer enthält. Das Zinnsalz kann unter anderem ein Fluoborat sein, während die schwefelhaltige Komponente beispielsweise eine aliphatische Schwefel-Stickstoff-Verbindung wie Thioharnstoff, eine fünfgliedrige heterocyclische Verbindung wie Thiazol und Isothiazol oder ein Dithiol wie 1,2-Ethandithiol ist. Dabei enthält die schwefelhaltige Komponente vorzugsweise mindestens zwei Schwefelverbindungen, von denen eine ein Alkalimetallpolysulfid sein muß. Als Mineralsäure wird insbesondere eine starke anorganische Mineralsäure verwendet, nämlich Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure oder Phosphorsäure. Geeignete Benetzungsmittel sind organische oberflächenaktive Benetzungsmittel, vor allem aus der Reihe der fluorierten Carbonsäuren. Das Verzinnungsbad dient zum Aufbringen von Zinnüberzügen auf Kupfer und anderen Metallunterlagen; die Schichtdicke des Zinnüberzugs liegt im Bereich von 1,4 bis 8,4 um. Das Bad wird bei einer Temperatur von 50 bis 80°C betrieben (vgl. deutsche Offenlegungsschrift 24 33 820= US-Patentschrift 3 917 486).

    [0004] Die bekannten Bäder haben den Nachteil, daß sie bei erhöhter Temperatur betrieben werden, da bei einer niedrigeren Temperatur die Gefahr des Aussalzens besteht. Bei höherer Temperatur wiederum ist eine Zersetzung der Schwefelkomponente zu befürchten.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung eines Metallisierungsbades, das bei Raumtemperatur keine Aussalzerscheinungen zeigt und deswegen auch bei niederen Arbeitstemperaturen verwendbar ist.

    [0006] Die Erfindung betrifft ein Mittel für die stromlose Abscheidung von Zinn und/oder Blei, bestehend aus einer wäßrigen Lösung eines Zinnsalzes und/oder Bleisalzes, die eine Mineralsäure und einen schwefelhaltigen Komplexbildner für Zinn und/oder Blei enthält, das dadurch gekennzeichnet ist, daß das Zinnsalz und/oder Bleisalz ein Salz einer fluorhaltigen Mineralsäure und die Mineralsäure eine fluorhaltige Mineralsäure ist und die Lösung einen pH-Wert von 0 bis 3 aufweist.

    [0007] Weiterhin betrifft die Erfindung ein Verfahren zur stromlosen Abscheidung von metallischem Zinn und/oder Blei aus einer wäßrigen Lösung eines Zinnsalzes und/oder Bleisalzes, die eine Mineralsäure und einen schwefelhaltigen Komplexbildner für Zinn und/oder Blei enthält, auf ein Substrat, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man das Substrat bei einer Temperatur von 10 bis 80°C mit einer wäßrigen Lösung eines Zinnsalzes und/oder Bleisalzes einer fluorhaltigen Mineralsäure, die eine fluorhaltige Mineralsäure und einen schwefelhaltigen Komplexbildner für Zinn und/oder Blei enthält und einen pH-Wert von 0 bis 3 aufweist, in Berührung bringt.

    [0008] Das in dem erfindunggemäßen Mittel enthaltene Zinnsalz ist ein Zinnsalz einer fluorhaltigen Mineralsäure, vorzugsweise Zinn(II)-fluorid, Zinn(II)-fluoroborat oder Zinn(II)-fluorosilikat. Das Bleisalz ist ebenfalls ein Salz einer fluorhaltigen Mineralsäure, vorzugsweise Blei(II)-fluarid, Blei(II)-fluoroborat oder Blei(II)-fluorosilikat. Das Zinnsalz und das Bleisalz sind in dem Mittel jeweils in gelöster Form enthalten. Das Mittel kann jeweils ein Zinnsalz oder ein Bleisalz oder ein Gemisch aus einem Bleisalz und einem Zinnsalz enthalten, wobei im letzteren Fall die jeweiligen Anionen gleich oder verschieden sein können. Die Menge des Zinns beträgt 1 bis 50, vorzugsweise 5 bis 30 g/1 Lösung, und die Menge des Bleis liegt im Bereich von 1 bis 10, vorzugsweise 2 bis 5 g/l Lösung.

    [0009] Der schwefelhaltige Komplexbildner für Zinn und/oder Blei ist eine aliphatische Verbindung, die Schwefel und Stickstoff enthält und mit Zinn und/oder Blei Chelate bilden kann; besonders geeignet ist Thioharnstoff oder ein Thioharnstoff, der mit niederen Alkylresten substituiert ist, z.B. Tetramethylthioharnstoff. Die Menge des Komplexbildners beträgt 10 bis 400, vorzugsweise 50 bis 150 g/1 Lösung.

    [0010] Die Mineralsäure ist eine fluorhaltige Mineralsäure, insbesondere Flußsäure, Fluoroborsäure oder Fluorokieselsäure. Sie liegt in der Lösung in einer Konzentration von 1 bis 200, vorzugsweise 10 bis 150 g/1 vor.

    [0011] Das erfindungsgemäße Mittel hat einen pH-Wert von 0 bis 3, vorzugsweise 0,1 bis 2 (gemessen mit der Wasserstoffelektrode).

    [0012] Das Mittel wird dadurch hergestellt, daß das Salz oder Salzgemisch, die Mineralsäure und der Komplexbildner bei einer Temperatur von 15 bis 30°C in Wasser gelöst werden. Die Anwendung von demineralisiertem Wasser ist zweckmäßig. Das Mittel wird in Form einer klaren Lösung eingesetzt.

    [0013] Das erfindungsgemäße Mittel eignet sich als Tauchbad oder Sprühflüssigkeit für die stromlose Abscheidung von metallischem Zinn und/oder Blei auf metallischen Substraten, insbesondere Kupfer, Kupferlegierungen, oxidiertem Zinn, oder oxidierten Zinn/Blei-Legierungen. Dabei wird das Substrat bei einer Temperatur von 10 bis 80°C, vorzugsweise 15 bis 30°C, mit dem Mittel in Berührung gebracht. Die Abscheidungsmenge des Zinns und/oder Bleis ist abhängig von der Temperatur und der Behandlungszeit; dies ist aus der Tabelle (Anwendungsbeispiel) und der Figur ersichtlich. Das Zinn und/oder Blei wird in dünner Schicht abgeschieden, die ab einer Schichtstärke von 1 µm porenfrei ist. Zur Bestimmung der Schichtstärke wird eine Kupferplatine (100 mm x 30 mm x 1,5 mm) als Substrat verwendet, und die Schichtstärke wird nach dem coulometrischen Ablöseverfahren ermittelt (DIN 50 955)..Derart plattierte Substrate werden beispielsweise in der Leiterplattentechnik verwendet; die Schichten dienen als Ätzschutz und als Löthilfe.

    [0014] Bei Raumtemperatur, d.h. im Temperaturbereich von 15 bis 30°C, zeigen die erfindungsgemäßen Mittel keinerlei Aussalzerscheinungen. Ein weiterer Vorteil ist ihre geringe Empfindlichkeit gegen Oxidation durch Luftsauerstoff; die Mittel sind drei Monate lang stabil. Vorteilhaft ist ferner die hohe Abscheidungsgeschwindigkeit, und zwar auch bei Temperaturen unterhalb 30°C.

    [0015] Die nachstehenden Beispiele dienen zur näheren Erläuterung der Erfindung. Die Prozentangaben beziehen sich auf das Gewicht.

    Beispiel 1



    [0016] 10 g Zinn(II)-fluorid (= 7,5 g Sn), 80 g Thioharnstoff und 40 ml Flußsäure (50 Prozent HF) wurden in 1 Liter demineralisiertem Wasser zu einer klaren Lösung gelöst. Die Lösung hatte einen pH-Wert von 1,8.

    Beispiel 2



    [0017] 20 ml einer wäßrigen Zinn(II)-fluoroboratlösung (Sn-Gehalt 6,7 g), 5 ml einer wäßrigen Bleifluorosilikatlösung (Pb-Gehalt 3,3 g), 40 ml Fluoroborsäure (50 Prozent BBF4) und 80 g Thioharnstoff wurden in 1 Liter demineralisiertem Wasser gelöst. Die Lösung hatte einen pH-Wert von 0,45.

    Beispiel 3



    [0018] 100 ml einer wäßrigen Zinn(II)-fluoroboratlösung (Sn-Gehalt 33,5 g), 400 g Thioharnstoff und 250 ml Fluoroborsäure (50 Prozent HBF4) wurden in demineralisiertem Wasser zu einem Gesamtvolumen von 1 Liter gelöst. Die Lösung hatte einen pH-Wert von 0,2.

    Beispiel 4



    [0019] 10 ml einer wäßrigen Bleifluoroboratlösung (Pb-Gehalt 5 g), 50 g Thioharnstoff und 20 ml Fluoroborsäure (50 Prozent HBF4) wurden in demineralisiertem Wasser zu einem Gesamtvolumen von 1 Liter gelöst. Die klare konzentrierte Lösung hatte einen pH-Wert von 0,95.

    Beispiel 5



    [0020] 30 ml einer wäßrigen Zinn(II)-fluoroboratlösung (Sn-Gehalt 10,05 g), 50 g Thioharnstoff und 50 ml Fluoroborsäure (50 Prozent HBF4) wurden in demineralisiertem Wasser zu einem Gesamtvolumen von 1 Liter gelöst. Die klare konzentrierte Lösung hatte einen pH-Wert von 0,55.

    Anwendungsbeispiel



    [0021] Kupfer-Platinen mit den Abmessungen 100 mm x 30 mm x 1,5 mm wurden jeweils 60 min lang bei verschiedenen Temperaturen (20°C, 40°C, 60°C) in Lösungen gemäß Beispiel 5 getaucht. Die erhaltenen Schichtstärken wurden nach dem coulometrisehen Ablöseverfahren (DIN 50 955) bestimmt. Die Bestimmung der Schichtstärke im Abstand von jeweils 10 min ergab die in der Tabelle aufgeführten Werte. Der Verlauf der Zinn-Abscheidung ist auch aus der Figur ersichtlich.




    Ansprüche

    1. Mittel für die stromlose Abscheidung von Zinn und/oder Blei, bestehend aus einer wäßrigen Lösung eines Zinnsalzes und/oder Bleisalzes, die eine Mineralsäure und einen schwefelhaltigen Komplexbildner für Zinn und/oder Blei enthält, dadurch gekennzeichnet, daß das Zinnsalz und/oder Bleisalz ein Salz einer fluorhaltigen Mineralsäure und die Mineralsäure eine fluorhaltige Mineralsäure ist und die Lösung einen pH-Wert von 0 bis 3 aufweist.
     
    2. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die fluorhaltige Mineralsäure Flußsäure, Fluoroborsäure oder Fluorokieselsäure ist.
     
    3. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Zinnsalz Zinnfluorid oder Zinnfluoroborat ist.
     
    4. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Bleisalz Bleifluorid oder Bleifluoroborat ist.
     
    5. Verfahren zur stromlosen Abscheidung von metallischem Zinn und/oder Blei aus einer wäßrigen Lösung eines Zinnsalzes und/oder Bleisalzes, die eine Mineralsäure und einen schwefelhaltigen Komplexbildner für Zinn und/oder Blei enthält, auf ein Substrat, dadurch gekennzeichnet, daß man das Substrat bei einer Temperatur von 10 bis 80°C mit einer wäßrigen Lösung eines Zinnsalzes und/oder Bleisalzes einer fluorhaltigen Mineralsäure, die eine fluorhaltige Mineralsäure und einen schwefelhaltigen Komplexbildner für Zinn und/oder Blei enthält und einen pH-Wert von 0 bis 3 aufweist, in Berührung bringt.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht