(19)
(11) EP 0 168 578 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.01.1986  Patentblatt  1986/04

(21) Anmeldenummer: 85105762.0

(22) Anmeldetag:  10.05.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B61F 3/04, B61F 3/16, B61F 5/44, B61C 9/50
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI

(30) Priorität: 18.07.1984 DE 3426376

(71) Anmelder: THYSSEN INDUSTRIE AG
D-45128 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Girod, Hansjochen
    D-4330 Mülheim a.d. Ruhr (DE)
  • Korn, Gerhard
    D-4330 Mülheim a.d. Ruhr (DE)

(74) Vertreter: Jung, Hermann L., Dipl.-Chem. 
Patentanwalt Postfach 17 28
61287 Bad Homburg v.d.H.
61287 Bad Homburg v.d.H. (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Radsatz für Schienenfahrzeuge


    (57) 57 Mit diesem Radsatz ist in einem zweiachsigen Drehgestell erreichbar, daß alle vier Laufräder (Losräder) beim Bogenlauf mit ihren Mittellinien sich im Zentrum des Gleisbogens schneiden, so daß vorteilhaft die Spurkränze nicht gegen die Schiene anlaufen. Die Laufräder (1) sind jeweils in dem gegabelten Ende eines Längslenkers (6) mittels zweier Lagergehäuse (9, 9a) doppelt gelagert. Diese Gehäuse sind in nach unten gerichteten U-förmigen Ausnehmungen (12, 12a) mit horizontalem Untermaß angeordnet. Das innere Lagergehäuse (9) ist über eine lotrechte Schwenkachse (15) fixiert und zusammen mit dem Laufrad (1) schwenkbar. Das äussere Lagergehäuse (9a) gleitet mit seiner Oberfläche auf dem oben liegenden Grund der zugehörigen Ausnehmung (12a). Ein im Drehgestell angeordnetes Hebelarmwerk greift an den einzelnen Antriebsaggregaten (23) der Laufräder (1) an. Seine Bewegung ist durch eine querverlaufende Spurstange gesteuert, in deren Langloch ein Lenkzapfen des Wagenkastens eingreift. Im Kurvenlauf beschreibt der Lenkzapfen zusammen mit dem Wagenkasten um die zentrale Mittenzapfen-Pfannen-Verbindung herum einen Kreisbogen und verstellt dadurch über das Hebelarmwerk die Laufräder (1). Der Radsatz ist auch auf geschleppte Drehgestelle oder Radpaare anwendbar.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen in Radträgern gelagerten Radsatz für Schienenfahrzeuge mit über ein Hebelarmwerk nach Art der Spurstangen-Lenkung miteinander gekoppelten und horizontal pendelnd beweglichen, auf Achsstummeln sitzenden Losrädern.

    [0002] Solche Fahrzeuge sind nach den Technischen Mitteilungen Krupp, Forschungsberichte, Band 34 (1976) Heft 3, bekannt; siehe insbesondere Abschnitt 3, Seiten 142, 143. Sie besitzen eine niedrige Schwerpunktlage und Fußbodenhöhe sowie gute Laufeigenschaften. Letztere äußern sich in höherer Bogengeschwindigkeit ohne Einbuße an Stabilität und an Entgleisungssicherheit auch beim Befahren sehr enger Bögen und in Geräuscharmut. Die Aufwendungen liegen dabei verhältnismäßig niedrig, so daß das Gewicht und die Kosten von Fahrzeug und Fahrwerk vermindert werden können.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Radsatz der eingangs genannten Art unter Beibehaltung der vorgenannten Vorteile so auszubilden, daß die Zulaufkräfte zwischen Spurkranz und Schiene und so auch der Spurkranz- und Schienenverschleiß mit deutlich einfacheren Mitteln wie beim Stand der Technik verringert werden.

    [0004] Die Erfindung besteht darin, daß jedem Losrad an beiden Seiten Lagergehäuse zugeordnet sind, von denen das eine Lagergehäuse eine im Radträger verankerte senkrechte Schwenkachse aufweist und das andere Lagergehäuse mit horizontalem Spiel im Radträger angeordnet ist und daß das Hebelarmwerk an den einander zugekehrten Bereichen der Achsstummel angreift, die über die Lagergehäuse hinausgehen. Nach diesen Merkmalen ist ein von der Festigkeit und der Schmiedetechnik her aufwendiger Achsschenkel, der typisch für lenkbare Räder ist, nicht erforderlich. Jedes Laufrad des Radsatzes ist für sich beiderseits gelagert. Die Lenkbarkeit ist dabei dank der Schwenkachse voll gewährleistet. Die Lagerkräfte der Laufräder bleiben erheblich unter denen der bekannten Ausführungen, weil die beidseitige Lagerung kleinere Reaktionskräfte erzeugt als die einseitige, bei der zumindest das radnahe Lager hoch belastet ist. Die zur Fahrzeugmitte hin liegenden Angriffspunkte des Hebelarmwerkes an den Achsstummeln ergeben günstige Armverhältnisse für deren Auslenkung, so daß die Kinematik des Hebelarmwerkes einfach bleibt, die reibungsarme Ausführung begünstigt und zusammen mit der Radlagerung dazu beiträgt, daß die Ebene der Spurkränze der Laufräder stets parallel zu der Schiene eingestellt werden kann.

    [0005] Zweckmäßig ist jeder Radträger von oben gesehen an dem Ende gabelförmig ausgebildet und dient'äer zur Fahrzeugmitte hin liegende Vergabelungsteil der Aufnahme des mit der Schwenkachse versehenen Lagergehäuses, während der andere Vergabelungsteil dem anderen Lagergehäuse zugeordnet ist. Diese Konstruktion stellt eine einfache Lösung der beidseitigen Lagerung der Laufräder dar, indem man das Laufrad in einer mittigen Ausnehmung des Trägerendes anordnet.

    [0006] Es ist erwünscht, daß der Wagenkasten bei dem von Zeit zu Zeit erforderlichen Ausbauen des Radsatzes nicht abgehoben wird. Zu diesem Zweck schließen vorteilhaft die Vergabelungsteile die Lagergehäuse in nach unten offenen, U-förmigen Ausnehmungen ein, die mit den Lagergehäusen bündige Deckel aufweisen. Dabei dienen zweckmäßig als Schwenkachse zwei im Radträger zum Teil mittels des Deckels angeordnete, gegeneinander gerichtete Bolzen, die in das Lagergehäuse hineinlangen. Vorteilhaft ist der Radträger als Längslenker ausgebildet. Insofern kann die Erfindung auch in den modernsten Fahrwerken Anwendung finden. Um hier Einzelradantriebe zu ermöglichen, ist zweckmäßig an dem mit der Schwenkachse versehenen Lagergehäuse ein Antriebsaggregat angeflanscht. Dabei greift vorteilhaft das Hebelarmwerk an dem Antriebsaggregat an.

    [0007] Bei großen Lasten, aber auch zum Erhöhen des Fahrkomforts bildet zweckmäßig der Radsatz das eine Radpaar eines vierrädrigen Drehgestells, auf dem der Wagenkasten über eine Mittenzapfen-Pfannen-Verbindung ruht.

    [0008] Für die Bildung des Hebelarmwerkes hat es sich als besonders vorteilhaft ergeben, von einer senkrecht zur Fahrtrichtung stehenden und für einen Lenkzapfen des Wagenkastens eine in die Fahrtrichtung weisende längliche Ausnehmung aufweisenden Spurstange auszugehen, deren Enden an im Drehgestell festgelegten Winkelhebeln in T-Form angreifen, die jeweils einer der Fahrzeugseiten zugeordnet sind und Lenkstangen aufweisen, welche in Richtung der Laufräder derselben Fahrzeugseite verlaufen und von den Enden des zweiarmigen Teiles der Winkelhebel ausgehen.

    [0009] Im folgenden wird die Erfindung anhand von in den Zeichnungen schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen näher beschrieben.

    [0010] Es zeigen

    Fig. 1 einen senkrechten Achsschnitt über die Lagerung eines Losrades eines Schienenfahrzeuges in einem Längslenker, der sich senkrecht zur Zeichnungsebene nach hinten erstreckt und in die Zeichnungsebene eingedreht ist,

    Fig. 2 einen Schnitt nach der Linie II-II der Figur 1,

    Fig. 3 ein Hebelarmwerk für die Auslenkung der Losräder (Laufräder) von oben gesehen bei Geradeausfahrt des Schienenfahrzeugs,

    Fig. 4 das Hebelarmwerk nach Figur 3 beim Durchfahren einer Linkskurve,

    Fig. 5 ein Halbdrehgestell von oben gesehen bei Geradeausfahrt, bei dem - zwecks Vereinfachung der Zeichnung - links und rechts verschiedene Mittel zur Radauslenkung dienen und

    Fig. 6 dasselbe Drehgestell bei Kurvenfahrt.



    [0011] In den Figuren 1 und 2 ist mit 1 das eine für sich gelagerte Laufrad (Losrad) eines zweiachsigen, angetriebenen Drehgestells dargestellt, auf dem der Wagenkasten 2 mittels einer Mittenzapfen-Pfannen-Verbindung 3, 4 ruht. Alle vier Laufräder 1 des Drehgestells sind lenkbar und wie abgebildet, gegebenenfalls spiegelbildlich, ausgeführt. Die Lenkbarkeit ist mittels eines Hebelarmwerkes 5 (Figuren 3 und 4) derart, daß die Laufradmitten in Abhängigkeit von dem zu durchfahrenden Gleisradius und der Winkelstellung des Drehgestells zum Wagenkasten 2 annähernd auf den Kurvenmittelpunkt geschwenkt werden.

    [0012] Zu diesem Zweck ist zunächst das Laufrad 1 in dem gegabelten Ende eines an der Drehgestellbasis angebundenen Längslenkers 6 gelagert, der als Radträger dient, etwa parallel zu der Fahrschiene 7 verläuft und gegenüber dem Basisteil (nicht dargestellt) primär abgefedert ist. Dieser Längslenker 6 ist in Figur 1 um 90° in die Zeichnungsebene eingeschwenkt. Die Vergabelungsteile 8 und 8a schließen das Laufrad 1 bis zu seiner Mitte ein und sind dort mit Lagergehäusen 9 und 9a versehen, in die beiderseitige, hohle Achsstummel 10 und 10a des Laufrades 1 unter Einschaltung von Wälzlagern 11 und 11a eindringen.

    [0013] Die Lagergehäuse 9 und 9a sind in Seitenansicht (Figur 2) rechteckig gestaltet und in entsprechenden, nach unten offenen Ausnehmungen 12 und 12 a (letztere ist nicht zu sehen) der Vergabelungsteile 8 und 8a angeordnet. Die Ausnehmungen 12 und 12a erhalten dadurch eine U-Form, die von unten durch gegen die Lagergehäuse 9 und 9a satt anliegende Deckel 13 und 13a verschlossen sind.

    [0014] In den oben befindlichen Grund der U-förmigen Ausnehmung 12 und den dazugehörenden Deckel 13, die beide nach innen zur Fahrzeugmitte hin liegen, ist je ein Bolzen 14 und 14 a eingesetzt, die eine über die Radmitte gehende gemeinsame Mittellinie haben, in das Lagergehäuse 9 eindringen und somit eine senkrechte Schwenkachse 15 für das Laufrad 1 bilden. Dementsprechend hat das Lagergehäuse 9a ein beidseitiges horizontales Spiel in der Ausnehmung 12a des Vergabelungsteiles 8a. Im oberen Lastbereich sind zwischen dem Grund der Ausnehmungen 12 und 12a und den Lagergehäusen 9 und 9a Gleitstreifen 16 und 16a vorgesehen.

    [0015] Das Hebelarmwerk 5 ist in den Figuren 3 und 4 veranschaulicht. Es ist eine zur Fahrtrichtung quergerichtete Spurstange 17 vorhanden, die in der Mitte eine in die Fahrtrichtung erstreckende längliche Ausnehmung 18 aufweist. In diese greift von oben ein Lenkzapfen 19 hinein, der zusammen mit dem Wagenkasten 2 mittels dessen Mittenzapfen 3 um die Pfanne 4 des Drehgestells herum im Kreisbogen ausschlagen kann. Diesen Ausschlag überträgt die Spurstange 17 auf zwei gleiche Winkelhebel 20 und 20a, die T-förmig ausgebildet und spiegelbildlich zur Fahrtrichtung im Drehgestell vorgesehen sind. Jeder von ihnen weist einen zweiarmigen Teil 21 auf, dessen Enden eine in ihrer Gesamtheit bei Geradeausfahrt parallel zur Fahrzeuglängsmittellinie verlaufende und zwei Lenkstangen 22 aufweisende Gestängeanordnung mit den innenliegenden Achsstummeln 10 verbindet. Auf Grund dieser Verbindung werden die Laufräder 1 bei Kurvenfahrt so eingeschlagen, daß sich ihre Mittellinien etwa im Zentrum des Gleisbogenradius schneiden.

    [0016] Der im Sinne der Zeichnung linke Teil der Figur 3 zeigt einen Radsatz, dessen Räder einzeln durch einen Antriebsaggregat 23 angetrieben sind. In diesem Fall sind die Lenkstangen 22 direkt mit diesen Aggregaten verbunden.

    [0017] In den Figuren 5 und 6 ist mit einem Querträger 24 der Drehgestellbasis je ein Halbdrehgestell 25 kreuzgelenkartig nach der Lehre der DE-PS 29 36 771 verbunden. Die Anlenkung der lose gelagerten, einzeln angetriebenen Laufräder 1 erfolgt in Abhängigkeit von dem Winkelausschlag bei Kurvenfahrt zwischen dem Wagenkasten 2 und den Halbdrehgestellen 25 mit Hilfe einer Zylinder-Kolben-Einheit 26 - links dargestellt - oder von Servoeinrichtungen 27 oder sonstigen Verstellgeräten - rechts dargestellt.


    Ansprüche

    1. In Radträgern gelagerter Radsatz für Schienenfahrzeuge mit über ein Hebelarmwerk nach Art der Spurstangen-Lenkung miteinander gekoppelten und horizontal pendelnd beweglichen, auf Achsstummeln sitzenden Losrädern, dadurch gekennzeichnet, daß jedem Losrad (1) an beiden Seiten Lagergehäuse zugeordnet sind, von denen das eine Lagergehäuse (9) eine im Radträger (6) verankerte senkrechte Schwenkachse (15) aufweist und das andere Lagergehäuse (9a) mit horizontalem Spiel im Radträger angeordnet ist und daß das Hebelarmwerk (5) an den einander zugekehrten Bereichen der Achsstummel (10) angreift, die über die Lagergehäuse hinausgehen.
     
    2. Radsatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß von oben gesehen jeder Radträger (6) an dem Ende gabelförmig ausgebildet ist und der zur Fahrzeugmitte hin liegende Vergabelungsteil (8) der Aufnahme des mit der Schwenkachse (15) versehenen Lagergehäuses (9) dient, während der andere Vergabelungsteil (8a) dem anderen Lagergehäuse (9a) zugeordnet ist.
     
    3. Radsatz nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Vergabelungsteile (8, 8a) die Lagergehäuse (9, 9a) in nach unten offenen, U-förmigen Ausnehmungen (12, 12a) einschließen, die mit den Lagergehäusen bündige Deckel (13, 13a) aufweisen.
     
    4. Radsatz nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als Schwenkachse (15) zwei im Radträger (6) zum Teil mittels des Deckels (13) angeordnete, gegeneinander gerichtete Bolzen (14, 14a) dienen, die in das Lagergehäuse (9) hineinlangen.
     
    5. Radsatz nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der Radträger als Längslenker (6) ausgebildet ist.
     
    6. Radsatz nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß an dem mit der Schwenkachse (15) versehenen Lagergehäuse (9) ein Antriebsaggregat (23) angeflanscht ist.
     
    7. Radsatz nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Hebelarmwerk (5) an dem Antriebsaggregat (23) angreift.
     
    8. Radsatz nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß er das eine Radpaar eines vierrädrigen Drehgestells eines auf diesem über eine Mittenzapfen-Pfannen-Verbindung (3,4) ruhenden Wagenkastens (2) bildet.
     
    9. Radsatz nach Anspruch 8, gekennzeichnet durch eine senkrecht zur Fahrtrichtung stehende und für einen Längszapfen (19) des Wagenkastens (2) eine in die Fahrtrichtung weisende längliche Ausnehmung (18) aufweisende Spurstange (17), deren Enden an im Drehgestell festgelegten Winkelhebeln (20, 20a) in T-Form angreifen, die jeweils einer der Fahrzeugseiten zugeordnet sind und Lenkstangen (22) aufweisen, welche in Richtung der Laufräder (1) derselben Fahrzeugseite verlaufen und von den Enden des zweiarmigen Teiles (21) der Winkelhebel ausgehen.
     
    BEZUGSZEICHENLISTE

    1 Losrad, Laufrad

    2 Wagenkasten

    3,4 Mittenzapfen-Pfannen-Verbindung

    5 Hebelarmwerk

    6 Längslenker, Radträger

    7 Fahrschiene

    8, 8a Vergabelungsteil

    9, 9a Lagergehäuse

    10,10a Achsstummel

    11,11a Wälzlager

    12,12a Ausnehmung

    13,13a Deckel

    14,14a Bolzen

    15 Schwenkachse

    16,16a Gleitstreifen

    17 Spurstange

    18 Ausnehmung

    19 Lenkzapfen

    20,20a Winkelhebel

    21 zweiarmiger Teil

    22 Lenkstange

    23 Antriebsaggregat

    24 Querträger

    25 Halbdrehgestell

    26 Zylinderkolben-Einheit

    27 Servoeinrichtung


     




    Zeichnung