(19)
(11) EP 0 169 305 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.01.1986  Patentblatt  1986/05

(21) Anmeldenummer: 85103522.0

(22) Anmeldetag:  25.03.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C10K 1/10, B01D 53/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE GB LI NL SE

(30) Priorität: 04.04.1984 DE 3412581

(71) Anmelder: Kraftwerk Union-Umwelttechnik GmbH
D-7000 Stuttgart 1 (DE)

(72) Erfinder:
  • Bandel, Gebhard, Dr.
    D-6000 Frankfurt/Main 60 (DE)
  • Engelke, Guido
    D-6082 Mörfelden (DE)
  • Hankel, Dirk, Dr.
    D-6052 Mühlheim 3 (DE)

(74) Vertreter: Fuchs, Franz-Josef, Dr.-Ing. et al
Postfach 22 13 17
80503 München
80503 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Reinigung von Gasen aus Pyrolyseanlagen von Abfallstoffen


    (57) Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Reinigung vonbrennbare Bestandteile enthaltenden Gasen aus der Pyrolyse von Abfallstoffen. Solche Gase enthalten eine Vielzahl von toxischen Bestandteilen, die von der Art der eingesetzten Abfallstoffe abhängig sind. Die Gase müssen vor ihrer Verbrennung von diesen Bestandteilen befreit werden. Hierzu sieht die Erfindung vor, daß das Rohgas in einer ersten Waschstufe mit Wasser und Formalin gewaschen wird, das Gas aus der ersten Waschstufe in einer zweiten Waschstufe mit Wasser, Lauge und Wasserstoffsuperoxyd gewaschen wird, das Reingas aus der zweiten Waschstufe abgeleitet wird und aus der Waschflüssigkeit der ersten und zweiten Waschstufe die suspendierten Stoffe entfernt und die in der Waschflüssigkeit gelösten Umsetzungsprodukte in unschädliche Verwendung umgesetzt werden. Das erfindungsgemäße Verfahren ist insbesondere für den Einsatz in Pyrolyse-anlagen geeignet.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reinigung von brennbare Bestandteile enthaltenden Gasen aus der Pyrolyse von Abfallstoffen.

    [0002] Die Beseitigung von organischen und anorganischen Abfallstoffen, wie Hausmüll, Industriemüll, Altreifen, Kunststoffabfällen, Klärschlamm oder dergl., in einer Weise, welche die Umweltbelastung möglichst gering hält, wird zu einem immer größeren und dringenderen Problem.

    [0003] Ein Verfahrensweg besteht darin, daß durch eine Verschwelung der Abfallstoffe bei Temperaturen von etwa 300 bis 800°C Schwelgase und ein fester Schwelrückstand erzeugt werden. Die Schwelgase werden anschließend bei höheren Temperaturen von etwa 850 bis 1200°C gekrackt. Die gekrackten Gase enthalten neben brennbaren Bestandteilen auch toxische Bestandteile wie NH3, HCN, H2S und COS in Mengen, die von der Art der eingesetzten Abfallstoffe abhs gig sind. Die gekrackten Gase müssen vor ihrer Ver- brenhung von diesen Bestandteilen befreit werden. Dies geschieht in Gaswäschern. Solche Verfahren sind z.B. beschrieben in der DE-PS 24 32 504, DE-OS 29 27 240, DE-AS 26 51 302, DE-AS 26 4 041, DE-OS 30 49 259, DE-OS 32 17 030. In der DE-OS 27 32 418 erfolgt die Gaswäsche durch Kreislaufführung mit Ca(OH)2 enthaltendem Waschwasser. Dabei werden jedoch nur wenige Prozente des NH3 und weniger als die Hälfte des H2S uno HCN entfernt.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die toxischen Bestandteile aus diesen Gasen weitgehend zu entfernen und in Formen zu überführen, die aus dem Waschwasser gut beseitigt werden können.

    [0005] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß dadurch, daß

    a) das Rohgas 1 in einer ersten Waschstufe 2 mit Wasser 3 und Formalin (HCHO) 4 gewaschen wird,

    b) die Zugabe an Formalin so eingestellt wird, daß neben weitgehender Umsetzung des Rohgas 1 enthaltenen HCN zu Glyconitril (CH2(OH) CN) mindestens der größte Teil des Ammoniak (NH3) zu Hexamethylentetramin (C6H12N4) umgesetzt wird,

    c) das Gas 5 aus der ersten Waschstufe 2 in einer zweiten Waschstufe 6 mit Wasser 7, Lauge 8 und H202 9 gewaschen wird,

    d) der pH-Wert in der zweiten Waschstufe auf 8,5 bis 9,5 eingestellt wird,

    e) das Reingas 10 aus der zweiten Waschstufe abgeleitet wird und

    f) aus der Waschflüssigkeit 3/7 der ersten und zweiten Waschstufe die suspendierten Stoffe entfernt werden und die in der Waschflüssigkeit gelösten Umsetzungsprodukte in unschädliche Verbindungen umgesetzt werden.



    [0006] Das gekühlte Rohgas 1 enthält je nach Zusammensetzung der Abfallstoffe unterschiedliche Gehalte an zum Teil toxischen Bestandteilen. So können z.B. 1500 bis 5000 mg NH3/NM3 (bezogen auf trockenes Gas), 200 bis 1600 mg HCN/Nm3, 300 Lis 500 mg H2S/Nm3 und 40 bis 100 mg COS/ Nm3 enthalten sein, die besonders schädlich sind und deshalb weitgehend entfernt werden müssen. In der ersten Waschstufe 2 werden in den Gasstrom 1 Wasser 3 und Formalin 4 in feinverteilter Form eingedüst und gesprüht. Das Formalin wird z.B. in einer Konzentration von etwa 37 Gew.% eingesetzt. Dabei wird der HCN-Gehalt des Gases 1 sehr schnell und weitgehend zu Glyconitril umgesetzt. Die Umsetzung des NH3-Gehaltes zu Hexamethylentetramin erfolgt langsamer. Die Menge des eingesetzten Formalin wird so bemessen, daß neben der Umsetzung des HCN auch mindestens der größte Teil des NH3 umgesetzt wird. In der zweiten Waschstufe 6 werden in den Gasstrom Wasser 7, Lauge 8 und H202 9 in feinverteilter Form eingedüst oder eingespritzt. Die zugegebenen Mengen an Lauge und H202 werden so bemessen, daß sich im Wäscher 6 ein pH-Wert von 8,5 bis 9,5 einstellt und die im Gas 5 enthaltenen Schwefelkomponenten H2S und COS weitgehend gelöst und im wesentlichen zu Elementarschwefel oxidiert werden. In diesem pH-Bereich wird eine sehr gute Umsetzung bei relativ niedrigem Verbrauch an Reagenzien erzielt. Evtl. in die zweite Waschstufe 6 mit dem Gas 5 eintretende Spuren von Formaldehyd werden durch das H202 beseitigt. Als Lauge 8 werden NaOH-Lösungen hzw. Kalkmilch oder Gemische dieser Stoffe eingesetzt. Bei der Zugabe von Ca(OH)2-Lösung bzw. Kalkmilch werden evtl. gebildete Sulfate in schwerlösliches Ca-Sulfat umgewandelt. Die Waschstufen 2, 6 werden vorteilhafterweise mit einer Kreislaufführung der abgeschiedenen Waschflüssigkeit 11, 12 betrieben, wobei aus dem Kreislauf eine Menge abgezogen wird, die der neu anfallenden Menge an Flüssigkeit entspricht. Die Waschstufen 2, 6 kc nen ein- oder mehrstufig ausgebildet sein. Die aus den Kreisläufen der ersten und zweiten Waschstufe abgezogene Waschflüssigkeit wird in eine Reinigung 11 geleitet, in der zunächst die suspendierten Stoffe entfernt werden und dann die gelösten bzw. chemisch gebundenen Schadstoffe in unschädliche Verbindungen umgesetzt werden. Bei der Zugabe von Ca(OH)2-Lösung bzw. Kalkmilche wird das gebildete Ca-Sulfat mit den suspendierten Stoffen entfernt.

    [0007] Eine vorzugsweise Ausgestaltung besteht darin, daß der pH-Wert gemäß (d) auf 8, 9 bis 9,1 eingestellt wird. Innerhalb dieses Bereiches wird eine besonders gute Umsetzung bei relativ niedrigem Verbrauch an Reagenzien erzielt.

    [0008] Eine vorzugsweise Ausgestaltung besteht darin, daß die Waschflüssigkeit in (a) und (c) im Kreislauf geführt weraen. Durch die Kreislaufführung wird eine sehr gute Ausnutzung der Reagenzien erzielt, der Gehalt der Waschflüssigkeit an Umsetzungsprodukten wird erhöht und die Menge der in die Reinigung 11 geleiteten Waschflüssigkeiten wird verringert. Die MLnge des Waschwassers 3 im Kreislauf der ersten Waschstufe 2 wird entweder durch die Menge der kondensierten Feuchtigkeit des Gases oder durch Zugabe von frischem Wasser konstant gehalten. Die aus der ersten Waschstufe ablaufende Flüssigkeit wird zweckmäßigeiweise in Separatoren 12 geleitet, in denen sich der ausgewaschene Staub und auskondensierte Teere abscheiden. Die Lösung wird in den Kreislauf gepumpt und die Schlammfraktion 13 in die Wasserreinigung 11 geleitet. Die Menge des Waschwassers im Kreislauf der zweiten Waschstufe wird durch kontinuierliche oder diskontinuierliche Wasserzugabe konstant gehalten.

    [0009] Eine vorzugsweise Ausgestaltung besteht darin, daß aus der Waschflüssigkeit gemäß (f) die suspendierten Umsetzungsprodukte 13 abgetrennt werden, die restliche Lösunmit H202 und Lauge in einer ersten Behandlungsstufe 14 behandelt wird, dananch in einer zweiten Behandlungsstufe 15 mit weiterem H202 behandelt und über 16 maximal auf 70°C aufgeheizt wird und anschließend neutralisiert wird. Die Abtrennung der suspendierten Feststoffe erfolgt in bekannter Weise z.B. durch Flockung, Abtrennung und Filtration. Als Lauge werden NaOH-Lösungen oder Ca(OH)2-Lösungen bzw. Kalkmilch oder Gemische dieser Stoffe eingesetzt. Bei der Zugabe von Ca(OH)2-Lösung bzw. Kalkmilch fällt das schwerlösliche Ca-Salz der Glycolsäure aus. In der ersten Behandlungsstufe 14 wird durch das H202 der überwiegende Teil des Glyconitril zu Glycolsäure, der Schwefelverbindungen zu Sulfat bzw. elementarem Schwefel und das Formaldehyd zu Na- bzw. Ca-Formiat umgesetzt. Durch die Zugabe von Lauge wird der pH-Wert erhöht und die Umsetzung durch Erhöhung des Hydrolyse-und Oxidationspotentials verbessert. In der zweiten Behandlungsstufe 15 wird die Umsetzurgdurch Erhöhung des Hydrolyse- und Oxidationspotentials verbessert. In der zweiten Behandlungsstufe 15 wird die Umsetzung optimiert, wodurch in der ersten Behandlungsstufe 14 kein Überschuß an H202 zugegeben werden muß. Durch die Temperaturerhöhung in der zweiten Behandlungsstufe wird die Reaktion beschleunigt. Eine Erhöhung über 70°C ergibt jedoch einer negativen Effekt. Die Neutralisation 17 erfolgt im allgemeinen mit Schwefelsäure 18. Nach einer Filtration enthält die Lösung an organischen Bestandteilen nur biologisch abbaubare Verbindungen.

    [0010] In der Gaswäsche wird ein Gesamtabscheidegrad erzielt

    Das Verfahren ist in dem Fließschema dargestellt.

    [0011] Die Vorteile der Erfindung bestehen darin, daß die gekrackten Schwelgase 1 weitgehendst von schädlichen Bestandteilen befreit werden, das Waschwasser 3, 7 ebenfalls weitgehendst von nicht abbaubaren Bestandteilen befreit werden kann und der Verbrauch an Chemikalien relativ gering gehalten werden kann.

    Bezugszeichenliste (VPA 84 P 8533 DE)



    [0012] 

    Rohgas 1

    erste Waschstufe 2

    Wasser (H20) 3

    Formalin (HCHO) 4

    Gas 5

    zweite Waschstufe 6

    Wasser 7

    Lauge 8

    Wasserstoffsuperoxyd 9

    Reingas 10

    Reinigung 11

    Seperator 12

    Schlammfraktion 13

    erste Behandlungsstufe 14

    zweite Behandlungsstufe 15

    Wärme 16

    Neutralisationsstufe 17

    Säure 18




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Reinigung von brennbare Bestandteile enthaltenden Gasen aus der Pyrolyse von Abfallstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß

    a) das Gas (1) in einer ersten Waschstufe (2) mit Wasser (3) und Formalin (HCHO) (4) gewaschen wird,

    b) die Zugabe an Formalin so eingestellt wird, daß neben weitgehender Umsetzung des im Gas (1) enthaltenen HCN zu Glyconitril (CH2(OH) CN) mindestens der größte Teil des Ammoniak (NH3) zu Hexamethylentetramin (C6H12N4) umgesetzt wird,

    c) das Gas (5) aus der ersten Waschstufe (2) in einer zweiten Waschstufe (6) mit Wasser (7), Lauge (8) und H2O2 (9) gewaschen,

    d) der pH-Wert in der zweiten Waschstufe (6) auf 8,5 bis 9,5 eingestellt wird,

    e) das Reingas (10) aus der zweiten Waschstufe (6) abgeleitet wird und

    f) aus der Waschflüssigkeit (3/7) der ersten und zweiten Waschstufe (2, 6) die suspendierten Stoffe (13) entfernt werden und die in der Waschflüssigkeit gelösten Umsetzungsprodukte in undschädliche Verbindungen umgesetzt werden.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der pH-Wert gemäß (d) auf 8,9 bis 9,1 eingestellt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet ,
    daß die Waschflüssigkeiten (3, 7) in (a) und (c) im Kreislauf geführt werden.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet ,
    daß aus der Waschflüssigkeit gemäß (f) die suspendierten Umsetzungsprodukte (13) abgetrennt werden, die restliche Lösung mit H202 (9) und Lauge (8) in einer ersten Behandlungsstufe (14) behandelt wird, danach in einer zweiten Behandlungsstufe (15) mit weiterem H202 (9) behandelt und maximal auf 70°C aufgeheizt wird und anschließend neutralisiert (18, 19) wird.
     




    Zeichnung