(19)
(11) EP 0 170 872 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.02.1986  Patentblatt  1986/07

(21) Anmeldenummer: 85108116.6

(22) Anmeldetag:  29.06.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C07C 103/42
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 25.07.1984 DE 3427400
13.07.1984 DE 3425814

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Scholl, Hans-Joachim, Dr.
    D-5000 Koeln 60 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung, von 3,7-Bisacetaminoheptanon-2


    (57) Die Erfindung betrifft die neue chemische Verbindung 2,5-Di-(4'-aminobutyl)-3,6-dimethylpyrazin (1), ein Verfahren zu deren Herstellung, ausgehend von Lysin, über 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 (II), sowie deren Verwendung als Kettenverlängerungsmittel bei der Herstellung von Polyurethankunststoffen.


    Das neue Zwischenprodukt 3,7-Bisacetaminoheptanon-2 (II) wird aus Lysin bzw. Lysin-hydrochlorid und Essigsäureanhydrid in Gegenwart einer organischen Base und unter Zusatz eines 4-Aminopyridin-Derivates hergestellt. Verbindung 11 kann auch zur Herstellung von Salzen des 3,7-Bisaminoheptanon-2 verwendet werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft die neue chemische Verbindung 2,5-Di-(4'-aminobutyl)-3,6-dimethylpyrazin (I), und das Zwischenprodukt 3,7-Bisacetaminoheptanon-(2) (II) ein Verfahren zu deren Herstellung, ausgehend von Lysin über 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 (II) sowie deren Verwendung als alleiniges oder anteiliges Kettenverlängerungsmittel bei der Herstellung von Polyurethankunststoffen.



    [0002] Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung von 2,S-Di-(4'-aminobutyl)-3,6-dimethylpyrazin, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man 3,7-Bisacetaminoheptanon-2 mit starken organischen oder anorganischen Säuren einer sauren Hydrolyse unterwirft und das gebildete Hydrolysat mit starken Basen umsetzt.

    [0003] Es wird auch ein Verfahren zur Herstellung von 3,7-Bisacetaminoheptanon-(2) als Zwischenprodukt beansprucht, bei dem man Lysin z.B. als Racemat, in seiner D-Form, vorzugsweise aber in seiner L-Form, in freier Form oder in seiner HCI-Salz-Form,mit Essigsäureanhydrid in Gegenwart einer tertiären organischen Aminbase und unter Zusatz eines 4-Aminopyridin-Derivates umsetzt. Bezogen auf 1 Mol Lysin und/oder Lysin-Hydrochlorid können beispielsweise 4 bis 10 Mol Essigsäureanhydrid eingesetzt werden. Vorzugsweise beträgt diese Menge 6 bis 8 Mol.

    [0004] Als tertiäre organische Aminbasen kommen beispielsweise Trialkylamine in Frage, die Alkylgruppen mit 2 bis 6 C-Atomen enthalten. Bevorzugt wird Triethylamin eingesetzt. Bezogen auf 1 Mol Lysin und/oder Lysin-hydrochlorid können beispielsweise 3 bis 8 Mol einer tertiären organischen Aminbase eingesetzt werden. Vorzugsweise beträgt diese Menge 4 bis 6 Mol.

    [0005] Als 4-Aminopyridin-Derivate kommen beispielsweise solche der Formel (III) in Frage

    in der

    [0006] R1 und R2 unabhängig voneinander für einen einbindigen C1- bis C6-Alkylrest oder R1 und R2 gemeinsam für einen zweibindigen C3- bis C5-Alkylrest stehen.

    [0007] Bevorzugt wird N,N-Dimethyl-4-aminopyridin oder 4-Pyrrolidino-pyridin eingesetzt. Bezogen auf Lysin und/oder Lysin-Hydrochlorid können beispielsweise 0,1 bis 5 Gew.-% eines 4-Aminopyridin-Derivates eingesetzt werden. Vorzugsweise beträgt diese Menge 0,5 bis 3 Gew.-%.

    [0008] Eine beispielhafte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird durch folgendes Formelschema erläutert:

    Der Ablauf der Reaktion kann über die entwickelte Menge C02 verfolgt werden. Unterbleibt z.B. der Zusatz eines 4-Aminopyridin-Derivates, so wird keine C02-Entwicklung beobachtet. Die Reaktion wird im allgemeinen solange durchgeführt, bis die C02-Entwicklung beendet ist.

    [0009] Geeignete Reaktionstemperaturen sind beispielsweise solche im Bereich von 20 bis 100°C. Vorzugsweise liegt die Reaktionstemperatur im Bereich von 30 bis 70°C.

    [0010] Der Zusatz eines Lösungsmittels ist im allgemeinen nicht erforderlich, da das Essigsäureanhydrid und die tertiäre organische Aminbase gleichzeitig als Lösungsmittel dienen können.

    [0011] Die Aufarbeitung des nach Beendigung der Reaktion vorliegenden Reaktionsgemisches kann beispielsweise so erfolgen, daß man, falls das Hydrochlorid der eingesetzten tertiären organischen Aminbase ausgefallen ist, dieses abfiltriert, aus dem Filtrat oder, falls keine festen Bestandteile vorliegen, aus dem gesamten Reaktionsgemisch niedrig siedende Anteile im Vakuum entfernt, das verbleibende Rohprodukt in ein geeignetes Lösungsmittel einrührt, z.B. in Essigsäureethylester oder Toluol und den entstehenden Niederschlag abfiltriert, wäscht und trocknet.

    [0012] Man erhält so 3.7-Bisacetaminoheptanon-2 (II) in guten Ausbeuten und Reinheiten ohne merkliche Nebenreaktionen. Dieses Ergebnis ist ausgesprochen überraschend, da zum einen bei einer derart komplexen Reaktion ein eindeutiger Reaktionsverlauf nicht zu erwarten war und zum anderen ein trifunktionelles Ausgangsprodukt eingesetzt wird (L-Lysin), das im Prinzip zu einer Fülle von Reaktionen befähigt ist.

    [0013] Das 3.7-Bisacetaminoheptanon-2 kann zur Herstellung von Salzen des 3.7-Bisaminoheptanons-2 verwendet werden, indem man es einer sauren Hydrolyse unterwirft.Diese Reaktion kann beispielsweise durch folgendes Formelschema erläutert werden:



    [0014] Diese Hydrolyse kann beispielsweise mit überschüssigen, wäßrigen, organischen oder anorganischen Säuren durch mehrstündiges Kochen am Rückfluß durchgeführt werden. Als Säuren kommen insbesondere starke Säuren in Frage, wie Toluolsulfonsäure, Salzsäure oder Schwefelsäure. Das Hydrolysegemisch kann man beispielsweise aufarbeiten, indem man zunächst im Vakuum flüchtige Bestandteile abtrennt, daß Rohprodukt mit einem geeigneten Lösungsmittel verrührt, z.B. Aceton, abfiltriert und trocknet. Salze des 3.7-Bisaminoheptanon-2 sind bekannte und wertvolle Zwischenprodukte. Gemäß der DE-OS 27 55 749 können daraus durch Umsetzung mit Thiocyanaten Imidazol-2-thione hergestellt werden, die ihrerseits Vorprodukte für Verbindungen mit pharmakologischer Wirksamkeit gegenüber Histamin-H2-Rezeptoren sind oder H2-Antagonisten (siehe DE-OS 27 55 749).Die in der DE-OS 27 55 749 beschriebene Herstellung von 3,7-Bisaminoheptanon-2-salzen ist dagegen ein sehr aufwendiges, vielstufiges Verfahren, das für eine Anwendung im technischen Maßstab nicht geeignet ist. Über das neue 3.7-Bisacetaminoheptanon-2 sind dagegen Salze des 3.7-Bisaminoheptanon-2 in beliebiger Menge auf einfache Weise zugänglich.

    [0015] Zur Bildung des erfindungsgemäßen Diamins (I) können beispielsweise wäßrige Lösungen oder Lösungen in einem wasserhaltigen Lösungsmittelgemisch von 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 (II) mit 2 bis 12 Mol, vorzugsweise 3 bis 6 Mol starker Säuren, bezogen auf 1 Mol 3,7-Bisacetamino-heptanon-2, zur sauren Hydrolyse eingesetzt werden. Als starke Säuren werden organische oder anorganische Säuren mit Diisoziationskonstanten größer als der von Chloressigsäure verwendet wie organische Sulfonsäuren oder Mineralsäuren, z.B. Toluolsulfonsäure, Salzsäure oder Schwefelsäure. Diese erste Herstellungsstufe der "sauren Hydrolyse" ist nach mehrstündigen, z.B. 2 bis 6-stündigem Kochen am Rückfluß beendet.

    [0016] Das Hydrolysegemisch wird nachfolgend bis zur basischen Reaktion mit starken Basen behandelt. Als starke Basen kommen organische oder anorganische Basen in Frage, wie Triethylamin, Natronlauge, Kalilauge oder die entsprechenden Alkalicarbonate. Bevorzugt werden starke anorganische Basen. Bezogen auf 1 Mol neutralisiertes Hydrolysegemisch können beispielsweise 0,5 bis 10 Mol Base verwendet werden. Vorzugsweise beträgt diese Menge 1 bis 6 Mol Base. Die Umsetzung mit Basen wird üblicherweise bei 0 bis 60°C, vorzugsweise um Raumtemperatur durchgeführt. Die Nachrührdauer nach Eintritt der basischen Reaktion beträgt wenige Minuten bis einige Stunden (z.B. 2,5 bis 3,5 Stunden).

    [0017] In einer bevorzugten Ausführungsform wird das Hydrolysegemisch vor der Umsetzung mit Basen soweit von im Vakuum flüchtigen Bestandteilen befreit, daß eine hochkonzentrierte, wäßrige Lösung zur nachfolgenden Basenbehandlung zum Einsatz kommt. Selbstverständlich können auch entsprechend aufgearbeitete Produkte der sauren Hydrolyse nachfolgend mit Basen umgesetzt werden.

    [0018] Eine beispielhafte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird durch folgendes Formelschema erläutert:

    Die Aufarbeitung des nach Beendigung der Reaktion vorliegenden Reaktionsproduktes kann beispielsweise so erfolgen, daß man mit wasserunlöslichen Lösungsmitteln, wie beispielsweise aromatischen Kohlenwasserstoffen, das Reaktionsprodukt aus der stark basischen, salzhaltigen, wäßrigen Lösung extrahiert und nachfolgend vom Extraktionsmittel befreit.

    [0019] Man erhält so in hohen Ausbeuten, hoher Selektivität der Reaktion und guter Reinheit das 2,5-Di-(4'-aminobutyl)-3,6-dimethylpyrazin (I), das durch destillative Maßnahmen zusätzlich gereinigt werden kann.

    [0020] Man kann die Reaktion auch ohne Isolierung der Zwischenstufen direkt aus Lysin (HC1) durchführen, indem man das nach Behandlung mit Essigsäureanhydrid, tert. Amin und 4-Amino-pyridin-Derivat entstandene 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 (II)-haltige Reaktionsgemisch ohne Isolierung von II nur durch Filtration und gegebenenfalls Abziehen flüchtiger Produkte direkt weiter mit Säuren und anschließend mit Basen wie beschrieben behandelt und dann das gebildete Diamin I in organische, wasserunlösliche Lösungsmittel aufnimmt und isoliert. Dieses Verfahren ist jedoch weniger bevorzugt.

    [0021] Das erfindungsgemäße Diamin (I) stellt ein wertvolles Kettenverlängerungsmittel bei der Herstellung von Polyurethankunststoffen dar. Entsprechende Polyurethane, die exakt als Polyurethanharnstoffe zu bezeichnen sind, können an der eingebauten Pyrazinstruktur auch quarterniert und in dispergierbare Polyurethane überführt werden.

    [0022] Die Herstellung der gegebenenfalls verschäumten Polyurethankunststoffe LPolyurethan(harnstoffel7, kann nach den an sich bekannten Verfahren des Isocyanat-Polyadditionsverfahrens und aus den bekannten Ausgangsmaterialien erfolgen.

    [0023] Es sind dies die höhermolekularen, zwei- und/oder höherfunktionellen, vorzugsweise zwei- bis vierfunktionellen, insbesondere zweifunktionellen Verbindungen mit gegenüber NCO reaktiven Wasserstoffatomen (wie z.B. Hydroxylgruppen, primären und/oder sekundären Aminogruppen, Hydrazin- und/oder Hydrazid-Endgruppen) und einem Molekulargewicht von etwa 400 bis 10 000, vorzugsweise 600 bis 6000, sowie Schmelzpunkten unter 60°C.

    [0024] Beispiele sind insbesondere Polyhydroxyl- oder Polyaminoverbindungen wie z.B. Polyesterpolyole (einschließlich Polylactonesterpolyolen und Polycarbonatpolyolen), Polyetherpolyole, Polyacetalpolyole oder entsprechende Polyesterpolyamine, Polyetherpolyamine oder Polyetherpolyhydrazide. Beispielsweise seien genannt Polyester aus Dicarbonsäuren wie Adipinsäure und Diolen wie Ethylenglykol, Butandiol-1,4, Hexandiol-1,6, Neopentylglykol oder beliebigen Diolgemischen, Polycaprolactonester oder Hexandiolpolycarbonate; Polyether wie α,ω-Dihydroxypolyoxytetramethylenether oder Propylenoxid- und/oder Ethylenoxid-Addukte an Diole oder Polyole bzw. (Di)amine oder Polyamine. Polyamine können auch nach den Verfahren wie sie beispielsweise in der DE-OS 31 31 252 beschrieben sind, durch alkalische Hydrolyse von NCO-Prepolymeren oder nach dem dort angegebenen Stand der Technik erhalten werden.

    [0025] Als Polyisocyanate können aliphatische, cycloaliphatische, araliphatische, aromatische oder heterocyclische Di-und/oder Polyisocyanate, vorzugsweise mit Molekulargewichten bis 500, eingesetzt werden. Auch entsprechende Abwandlungsprodukte der Polyisocyanate, z.B. durch Urethanisierung mit unterschüssigen Mengen an Di- oder Polyolen, durch Harnstoffbildung, Di- und/oder Trimerisierung, Allophanatisierung, Biuretisierung, Carbodiimidisierung oder nach anderen bekannten Verfahren abgewandelte Di- und/oder Polyisocyanate können eingesetzt werden.

    [0026] Als Polyisocyanate können insbesondere zur Schaumstoffherstellung auch die Gemische von zwei- und mehrkernigen Polyisocyanaten verwendet werden, welche Phosgenierungsprodukte von Formaldehyd/Anilin-Kondensationsprodukte darstellen.

    [0027] Bevorzugt sind jedoch Diisocyanate wie 4,4'- und/oder 2,4'-Diphenylmethandiisocyanat, die isomeren Toluylendiisocyanate, der 4,4'-Dimethyl-3,3'-diisocyanatodiphenyl- harnstoff, 3,3'-Dimethyl-4,4'-diisocyanatodiphenyl, das α,α,α',α'-Tetramethyl-paraxylylen-diisocyanat, das 4,4'-Diphenylethan-diisocyanat, das Isophorondiisocyanat, das 4,4'-Dicyclohexylmethan-diisocyanat oder das Hexan-1,6-diisocyanat.

    [0028] Neben den höhermolekularen Verbindungen können auch niedermolekulare Verbindungen mit zwei oder mehreren, vorzugsweise 2 bis 4, insbesondere mit 2, gegenüber NCO reaktiven H-Atomen und mit Molekulargewichten von 18, 32 und 60 bis etwa 399 (sogenannte Kettenverlängerungsmittel bzw. Vernetzer) zum Polyurethanaufbau verwendet werden, z.B. Di- und/oder Polyole, aliphatische oder aromatische Di- und/oder Polyamine, Aminoalkohole, Hydrazino-alkohole, Di- und Polyhydrazide, Aminohydrazide, Aminosemicarbazide, Amidine, Guanidine oder Thiolverbindungen.

    [0029] Beispiele sind Wasser, Hydrazin(hydrat), Ethylenglykol, Butandiol, Neopentylglykol, 1,4-Dihydroxycyclohexan, Hydrochinon-bis(ß-hydroxyethylether), N-Methyl-bis-N,N-(2-hydroxypropyl)-amin, Trimethylolpropan, Pentaerythrit, Isosorbide, Aminoethanol, Ethylendiamin, Propylendiamin, Piperazin, Isophorondiamin, 3,3'-Dimethyl-dicyclohexylmethan-4,4-diamin, 2-Hydroxyethyl-hydrazin, Carbodihydrazid, β-Semicarbazidopropionsäurehydrazid, 2-Aminoessigsäurehydrazid, Toluylendiamin, 4,4'- bzw. 2,2'-Diamino-diphenylmethan und andere übliche Kettenverlängerungsmittel bzw. Vernetzer.

    [0030] Geringe Anteile an Kettenabbrechern (monofunktionelle Polyole, Monoamine, Monohydrazide oder ähnliche) können in untergeordneten Mengen mitverwendet werden, ebenso die üblichen Katalysatoren, Zusatz- und Hilfsstoffe der Polyurethanchemie.

    [0031] Geeignete höhermolekulare Verbindungen, Polyisocyanate, Kettenverlängerungsmittel oder Vernetzer und Beispiele für Katalysatoren und Zusatzstoffe sind beispielsweise ausführlicher in den DE-OS 26 37 115, 20 02 090, 29 20 501 und 31 11 093 aufgeführt.

    [0032] Die Umsetzung zu den Polyurethankunststoffen kann im Einstufen- oder bevorzugt Mehrstufenverfahren erfolgen.

    [0033] Im Einstufenverfahren können beispielsweise ein höhermolekulares Diamin mit aliphatischen Aminoendgruppen, ein Diisocyanat und das erfindungsgemäße Diamin - vorzugsweise in Lösungsmitteln - miteinander umgesetzt werden.

    [0034] Im Mehrstufenverfahren werden beispielsweise zunächst NCO-Prepolymere gebildet, die als solche mit den Kettenverlängerungsmitteln und gegebenenfalls weiteren Ausgangsverbindungen, umgesetzt werden. Das erfindungsgemäße Diamin (I) kann hier als alleiniges Kettenverlängerungsmittel oder anteilig, vorzugsweise 1 bis 90 % aller eingesetzten aktiv-H-Äquivalente, besonders 2 bis 50 %, neben anderen Verbindungen mit gegenüber NCO-Gruppen reaktiven H-Atomen (vorzugsweise anderen Kettenverlängerungsmitteln oder Vernetzern) verwendet werden. Die Umsetzungen können in der Schmelze, vorzugsweise jedoch in organischen Lösungsmitteln wie Aceton, Methylethylketon, Essigester, Dioxan, Dimethylformamid oder Dimethylacetamid oder auch in wäßriger Lösung oder Dispersion erfolgen.

    [0035] Die erfindungsgemäße Verbindung (I) zeigt eine hohe Reaktivität gegenüber Polyisocyanaten. Sie kann daher auch in Form ihrer Salze mit C02 oder S02 zur Umsetzung gebracht werden oder in andersartig blockierter Form, z.B. in Form ihrer Ketimin-Derivate, die sich bei der Umsetzung des erfindungsgemäßen Diamins mit Ketonen (z.B. Aceton oder Methylethylketon) bilden und (vorzugsweise in Form eines Gemisches aus Bis- und Monoketimin, freiem Diamin und etwas Wasser - z.B. 1 bis 4 Gew.-% Wasser -) zur Reaktion eingesetzt werden.

    [0036] Das erfindungsgemäße Diamin eignet sich insbesondere als alleiniges oder anteiliges Kettenverlängerungsmittel bei der Umsetzung mit NCO-Prepolymeren, z.B. zur Herstellung von PU-Dispersionen. Da das erfindungsgemäße Diamin an seiner Pyrazinstruktur quarternierbar ist, kann nach Quarternierung eine kationische PU-Dispersion hergestellt werden.

    [0037] Das erfindungsgemäße Diamin kann auch als (gegebenenfalls anteiliges) Kettenverlängerungsmittel zur Herstellung von Polyurethanbeschichtungen auf harten Substraten, Textilien oder Leder eingesetzt werden, indem man blockierte (z.B. Ketoxim-blockierte) NCO-Prepolymere mit dem Diamin oder mit seinen Ketiminderivaten (und gegebenenfalls weiteren Di- oder Polyaminen) - vorzugsweise in möglichst lösungsmittelarmer Form (z.B. 70 bis 95 % Feststoff) - als sogenannte "high solid" Reaktiv-Beschichtung aufträgt und thermisch ausheizt.

    [0038] Entsprechende Verfahren sind beispielsweise in der DE-PS 26 37 115 beschrieben.

    [0039] Ein weiteres Beispiel zur Verwendung des erfindungsgemäßen Diamins ist seine Verwendung als alleiniges oder anteiliges Kettenverlängerungsmittel bei der Umsetzung von im wesentlichen linearen NCO-Prepolymeren, z.B. auf Polyester- oder Polyetherpolyolen und Diisocyanaten, in hochpolaren Lösungsmitteln wie Dimethylformamid oder Dimethylacetamid unter Bildung hochviskoser Lösungen von Polyurethan(harnstoffen), die nach Naß- oder Trockenspinnverfahren zu Elasthanfäden (Polyurethanelastomerfäden) versponnen oder zur Beschichtung von Substraten verwendet werden können.

    [0040] Das erfindungsgemäße Diamin (I) läßt sich auch aus wäßriger Lösung zur Kettenverlängerungsreaktion linearer oder verzweigter NCO-Prepolymerer unter Bildung von dispergierten, gegebenenfalls vernetzten PU-Teilchen, welche gegebenenfalls andere Stoffe includiert enthalten können, einsetzen.

    [0041] Das aus der Reaktion des Diamins mit dem Polyisocyanat gebildete Segment ergibt günstige Eigenschaften im Polyurethan(harnstoff), wie relativ hohen Schmelzpunkt, geringe Verfärbungstendenz in Licht und gegenüber Atmosphärilien. Wie im Beispiel gezeigt, ist es auch quarternierbar.

    [0042] Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung, ohne sie in irgendeiner Weise zu beschränken.

    Beispiele



    [0043] Beispiel 1 (Herstellungsbeispiel für 3,7-Bisacetamino- heptanon-2 (II)

    [0044] In eine Mischung aus 1230 g Essigsäureanhydrid und 810 g Triethylamin wurden 365 g L-Lysinhydrochlorid und 5 g 4-Pyrrolidino-pyridin unter Rühren eingetragen.

    [0045] Die Reaktionstemperatur wurde bei 40 bis 50°C bis zur Beendigung der Gasentwicklung (ca. 40 1) gehalten. Dann wurde das ausgefallene Triethylaminohydrochlorid abfiltriert und das Filtrat im Vakuum von niedrigsiedenden Anteilen befreit.

    [0046] Das verbleibende Rohprodukt wurde in 3 Liter Essigester eingerührt, der entstehende Niederschlag abgesaugt, mit Essigester nachgewaschen und getrocknet. Es wurden 402 g (88 % der Theorie) 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 (II) mit einem Schmelzpunkt von 111 bis 113°C erhalten.

    Analyse:



    [0047] 


    Kernresonanzspektrum:



    [0048] 1H-NMR (60 MHz, CD, Cl3)δ: NH (breit 6,4 und 6,8), CH (breit 4,5), CH2 (breit, zentriert bei 3,2), CH3 (Singuletts bei 2,0, 2,06, 2,23), -(CH2)3 (Multiplett, zentriert bei 1,5). Beispiel 2 (erfindungsgemäßes Verfahren)

    [0049] 114 g 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 wurden in 0,4 1 18 %iger Salzsäure 5 h unter Rückflußbedingungen der Hydrolyse unterworfen. Danach wurden im Vakuum flüchtige Bestandteile bis auf ca. 200 ml Rohlösung abgetrennt und in die verbleibende Rohlösung unter starkem Rühren und Eiskühlung 500 g 45 %ige Natronlauge so eingetropft, daß die Temperatur 20°C nicht überstieg. Man rührte 30 Minuten nach, schüttelte die wäßrige Phase mit Chlorbenzol portionsweise aus, bis das gesamte entstandene Rohamin (I) extrahiert war (ca. 0,5 1 Chlorbenzol), trocknete über Kaliumcarbonat und erhielt nach Abtrennung des Chlorbenzols 58 g Rohamin (I) (gaschromatographische Reinheit 94 %), welches als solches oder auch nach destillativer Reinigung für die erfindungsgemäße Verwendung geeignet ist.

    [0050] 30 g Rohamin wurden unter vermindertem Druck destilliert. Man erhielt 26 g Diamin (I) vom KP1 mbar: 170-173°C (Ausbeute 87 %).

    Analyse:



    [0051] 



    [0052] (bezogen auf C14H26N4).

    Beispiel 3



    [0053] 114 g 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 wurden in 0,5 1 18 %iger Salzsäure 6 h unter Rückflußbedingungen der Hydrolyse unterworfen. Anschließend wurden im Vakuum flüchtige Bestandteile abgetrennt, man erhielt 110 g Rückstand, der mit 100 ml Aceton gewaschen wurde. Man versetzte den Rückstand mit 100 ml Wasser und tropfte unter starkem Rühren und Eiskühlung 400 g 45 %ige Natronlauge bei 0 - 10°C zu. Danach wurde 1 Stunde bei Raumtemperatur nachgerührt und das entstandene Amin (I) portionsweise mit Toluol extrahiert. Man trocknete über Kaliumcarbonat und erhielt nach Abtrennung des Toluols 61 g Rohamin (I) von einer Reinheit von 96 % nach gaschromatographischer Analyse.

    Beispiel 4 (Verwendungsbeispiel) - PU-Dispersion -



    [0054] Zu 495 g einer 46 %igen NCO-Polyesterprepolymerlösung (s.u.) in Aceton fügte man in Abständen von zwei Minuten bei ca. 40°C

    1. 7,6 g (0,030 Mol) des erfindungsgemäßen Diamins in 20 ml Aceton

    2. 1,0 g (0,020 Mol) Hydrazinhydrat in 10 ml Wasser

    3. 6,4 g (0,0173 Mol) 2-Aminomethyl-ß-aminoethansulfonsäure-Natriumsalz (als 51 %ige Lösung in Wasser)



    [0055] Nach weiteren 7 Minuten wurde mit 300 g vollentsalztem Wasser innerhalb von ca. 3 Minuten dispergiert und das Aceton im Vakuum abgezogen.

    [0056] Man erhielt eine feinteilige, anionisch nichtionische (oxyethylengruppenhaltige) Polyesterurethanharnstoff-Dispersion mit folgenden Daten:



    [0057] Beim Trocknen lieferte die Dispersion einen klaren, glänzenden, weichen und hochelastischen Überzug. Das Material ist für Beschichtung von Textil, Leder und anderen Substraten geeignet.

    Herstellung der NCO-Prepolymerlösung



    [0058] Aus 400 g Hexandiol-1,6/Neopentylglykol(65/35-Diol-Verhältnis)-polyadipat (MG 1700), 13,6 g eines auf n-Butanol gestarteten Polyethylenoxidpolypropylenoxidpolyethers (MG 2150) und einer Mischung aus 59,2 g Isophorondiisocyanat und 44,8 g 1,6-Diisocyanatohexan wurde bei 100°C in ca. 90 Minuten ein NCO-endständiges Polyesterprepolymer (NCO-Gehalt 4,38 %) hergestellt. Die Prepolymerschmelze wurde mit Aceton auf einen Festkörpergehalt von 46 % eingestellt. Man erhielt eine klare, dünnflüssige acetonische Lösung des NCO-endständigen Prepolymers.

    Beispiel 5



    [0059] Verwendungsbeispiel zur Herstellung einer kationischen Polyurethandispersion

    [0060] Zu 405 g einer 46 %igen NCO-Polyesterprepolymerlösung (s.Beispiel 4) in Aceton wurden die Komponenten 1 bis 4 in Abständen von jeweils etwa zwei Minuten bei ca. 40°C

    1. 6,9 g (0,040 Mole) Isophorondiamin in 20 ml Aceton

    2. 0,5 g (0,010 Mole) Hydrazinhydrat in 10 ml Wasser

    3. 4,3 g (0,017 Mole) Diamin I in 20 ml Aceton

    4. 2,18 g (0,017 Mole) Dimethylsulfat zugefügt.



    [0061] Nach weiteren 15 Minuten wurde mit 470 g vollentsalztem Wasser innerhalb von ca. 3 Minuten dispergiert und das Aceton im Vakuum abgezogen. Man erhielt eine stabile, kationische Polyesterurethanharnstoff-Dispersion mit folgenden Daten:

    Festkörpergehalt: 30,4 %

    pH-Wert: 4,2 + 0,2

    Teilchengröße: 360 nm (Lichtstreuung)

    Gehalt N+: 0,122 %

    Gehalt: 3,3 % bezogen auf Polymer am Strukturelement





    [0062] Beim Trocknen lieferte die Dispersion einen klaren, glänzenden, weichen und hochelastischen überzug mit hoher Beständigkeit gegen Verfärbung durch Licht und Stickoxide, sowie einer leichten Anfärbbarkeit mittels Säurefarbstoffen.

    [0063] Das Material ist für Beschichtungen von Textil, Leder, Glas und Kunststoffen geeignet, wobei insbesondere eine gute Haftung auf dem Substrat beobachtet wird.

    Beispiel 6



    [0064] In eine Mischung aus 820 g Essigsäureanhydrid und 610 g Triethylamin wurden 183 g L-Lysin-Hydrochlorid und 3 g 4-Pyrrolidino-pyridin unter Rühren eingetragen. Die Reaktionstemperatur wurde bei 35°C bis 40°C gehalten bis zur Beendigung der Gasentwicklung. Die Aufarbeitung erfolgte gemäß Beispiel 1, wobei das Rohprodukt in 1 Liter Toluol eingerührt wurde. Der gebildete Niederschlag wurde abgesaugt, mit Toluol nachgewaschen und getrocknet. Es wurden 178 g (78 % der Theorie) 3.7-Bisacetaminoheptanon-2 mit einem Schmelzpunkt von 109 bis 111°C erhalten.

    Beispiel 7



    [0065] 160 g 3.7-Bisacetaminoheptanon-2 wurden in 1 Liter 18 %iger Salzsäure 6 Stunden unter Rückflußbedingungen der Hydrolyse unterworfen. Anschließend wurden im Vakuum flüchte Bestandteile abgetrennt, der Rückstand mit 300 ml Aceton verrührt, abfiltriert und getrocknet. Es wurden 144 g (95 % der Theorie) 3.7-Bisaminoheptanon-2-dihydrochlorid mit einem Schmelzpunkt von 160 bis 164°C (Zersetzung) erhalten.

    Analyse:



    [0066] 


    Beispiel 8



    [0067] 114 g 3.7-Bisacetaminoheptanon-2 und 190 g p-Toluolsulfonsäure-monohydrat wurden in 1 Liter Wasser 6 Stunden unter Rückflußbedingungen der Hydrolyse unterworfen. Anschliessend wurden im Vakuum flüchtige Bestandteile abgetrennt, der Rückstand mit 300 ml Aceton verrührt, abfiltriert und getrocknet. Es wurden 207 g (85 % der Theorie) 3.7-Bisaminoheptanon-2-di-p-toluolsulfonsäure mit einem Schmelzpunkt von 160 bis 162°C erhalten.

    Kernresonanzspektrum:



    [0068] 1H-NMR (60 MHz, D2O) δ: CH aromatisch (AB-System, zentriert bei 7,5), CH (breit 4,3), CH2 (breit 3,0), CH3 (Singuletts bei 2,33 und 2,30), -(CH2)3 (Multiplett, zentriert bei 1,7).


    Ansprüche

    1. 2,5-Di-(4'-aminobutyl)-3,6-dimethylpyrazin der Formel (I)


     
    2. Verfahren zur Herstellung von 2,5-Di-(4'-aminobutyl)-3,6-dimethylpyrazin, dadurch gekennzeichnet, daß man 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 einer sauren Hydrolyse unterwirft und nachfolgend mit starken Basen behandelt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß man die durch saure Hydrolyse des 3,7-Bisacetamino-heptanon-2 entstehenden Salze zunächst isoliert und nachfolgend mit starken Basen behandelt.
     
    4. Verwendung des Diamins gemäß Anspruch 1 als alleiniges oder anteiliges Kettenverlängerungsmittel bei der Herstellung von gegebenenfalls verschäumten Polyurethankunststoffen nach dem Isocyanat-Polyadditionsverfahren.
     
    5. 3.7-Bisacetaminoheptanon-2 der Formel II
     
    6. Verfahren zur Herstellung von 3.7-Bisacetamino- heptanon-2, dadurch gekennzeichnet, daß man Lysin in freier Form und/oder in seiner HCl-Salz-Form mit Essigsäureanhydrid in Gegenwart einer tertiären organischen Aminbase und unter Zusatz eines 4-Aminopyridin-Derivates umsetzt.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man bezogen auf 1 Mol Lysin und/oder Lysin- hydrochlorid 4 bis 10 Mol Essigsäureanhydrid einsetzt.
     
    8. Verfahren nach Ansprüchen 6 und 7, dadurch gekennzeichnet, daß man bezogen auf 1 Mol Lysin und/ oder Lysin-hydrochlorid 3 bis 8 Mol einer tertiären organischen Aminbase einsetzt.
     
    9. Verfahren nach Ansprüchen 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß man ein 4-Aminopyridin-Derivat der Formel

    einsetzt, in der R1 und R2 unabhängig voneinander für einen einbindigen C1- bis C6-Alkylrest oder R1 und R2 gemeinsam für einen zweibindingen C3- bis C5-Alkylrest stehen.
     
    10. Verfahren nach Ansprüchen 6 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß man die Umsetzung bei Reaktionstemperaturen im Bereich 20 bis 100°C durchführt und die Umsetzung solange fortsetzt, bis die CO2-Entwicklung beendet ist.
     





    Recherchenbericht