[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von anorganisch
gebundenen Werkstoffen, insbesondere von Werkstoffplatten, aus Stoffgemischen von
durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungs- und gegebenenfalls Hilfsstoffen
schütt- bzw. streufähiger Konsistenz, deren spezielle Werkstoffeigenschaften und Gebrauchsfähigkeit
durch eine dauerhafte und irreversible Gefügeverdichtung erzielt werden, wobei man
aus dem Stoffgemisch einen Plattenstrang bildet, der dann verdichtet und kalibriert
wird. Außerdem betrifft die Erfindung eine Einrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens.
[0002] Mit der Erfindung wird allgemein ein technoligsch vereinfachtes Prinzip zur kontinuierlichen
Herstellung von anorganisch gebundenen Werkstoffen, z. B. Platten, aus Gemischen von
durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungsstoffen und gegebenenfalls
aktiven und inaktiven Hilfsstoffen, denen durch einen meist während des gesamten Erhärtungsverlaufes
wirkenden Druck eine die Gebrauchseigenschaften bestimmende, dauerhafte und irreversible
Gefügeverdichtung aufgezwungen wird, zur Verfügung gestellt.
[0003] Es ist bekannt, Werkstoffe aus Mischungen von bindefähigen und bewehrenden Stoffen
herzustellen. Bindemittel, Bewehrungsmaterial und gegebenenfalls andere aktive und
inaktive Stoffe werden nach vorgegebenen Verhältniszahlen in einer dafür geeigneten
Einrichtung gemischt, zu einem Vlies geschüttet oder gestreut und in einer Preßeinrichtung
verdichtet. Der dazu erforderliche Druck ist von den den Verformungsmodul der Mischung
bewirkenden Eigenschaften der Ausgangsstoffe, dem Verhältnis der Plattenvliesdichten
vor und nach dem Verdichtungsvorgani dem sich in Abhängigkeit von der Zeit ändernden
Verformungsmodul des Vlieses und der Verdichtungsgeschwindigkeit abhängig.
[0004] Platten mit organischen Bindemitteln, deren die Erhärtung bewirkende Polykondensation
oder -addition meist durch Wärmezufuhr erfolgt, werden in beheizbaren Etagenpressen
oder Durchlaufpressen, wie z.B. durch die DE-AS 1 007 497 und DE-AS 1 938 280 bekannt,
hergestellt. Aufgrund der Verwendung von Stoffgemischen hoher Bewehrungsstoff- und
geringer Bindemittelkonzentration sind die Verformungsmoduln und die erforderlichen
Verdichtungsdrücke relativ hoch, was die Entwicklung und den Einsatz von Verdichtungsanlagen
schwerer und aufwendiger Bauart voraussetzt. Druck- und Wärmeeinwirkung können jedoch
meist so aufeinander abgestimmt werden, daß während einer relativ kurzen Verweilzeit
in der Presse die Aushärtung erfolgt. Die erforderliche Länge der bekannten kontinuierlichen
Verdichtungsanlagen kann dadurch in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen gehalten werden.
Der auf diesem Gebiet erreichte Stand der Technik wird durch die Hydro-Dyn-Presse
der Firma Bison und die kontinuierliche Presse der Firma Contipress, Bundesrepublik
Deutschland, bestimmt.
[0005] Mischungen mit anorganischen Bindemitteln, wie Zement und Gips, sind wesentlich bindemittelreicher
und bewehrungsstoffärmer. Sie erhärten aufgrund von Hydratbildung, d. h., wasserärmere
Phasen des Bindemittels setzen sich durch Reaktion mit Wasser in wasserreichere Verbindungen
um. Dieser Vorgang wird als Hydratation bezeichnet, sie verläuft exotherm und ist
von der Reaktionsfähigkeit des Bindemittels gegenüber dem Wasser abhängig. Werden
diesem Zweistoffsystem Bindemittel-Wasser chemisch nicht neutrale Bewehrungsstoffe,
z. B. Holz, zugemischt, so werden die zwischen den verschiedenen Phasen des Bindemittels
und dem Wasser ablaufenden Reaktionen oft empfindlich gestört. Die meisten Holzinhaltsstoffe
wirken als Hydratations- und Kristallisationsinhibitoren, d. h., sie verzögern den
Erhärtungsvorgang. Demgegenüber sind beschleunigende Einflüsse von Holzinhaltsstoffen
nur sehr selten anzutreffen. Um diesen unerwünschten Einflüssen des Holzes entgegenzuwirken,
werden hydratationsbeschleunigende oder -verzögernde Zusätze (Stellmittel) verwendet.
Wegen ihrer ungünstigen Nebenwirkungen (Verschlechterung der physikalischen Eigenschaften
der Platten, Ausblüherscheinungen) sind sie meist nicht in dem technologisch wünschenswerten
Maße anwendbar. Bei der Herstellung zementgebundener Platten wird deshalb häufig von
der weniger problematischen hydrothermalen Beschleunigungswirkung Gebrauch gemacht.
Die Erhärtungsvorgänge gipsgebundener Platten sind auf diese Weise nicht zu aktivieren.
[0006] Trotz dieser verschiedenen Möglichkeiten der gezielten Einflußnahme auf den Reaktionsablauf
solcher Stoffsysteme, ist ein technologisches Optimum in den meisten Fällen nicht
zu erreichen. Das bedeutet, daß die Fertigungsanlagen bestimmte diesbezügliche Schwankungen
auffangen müssen. Bei diskontinuierlicher Herstellung erfolgt das durch eine verlängerte
Verweilzeit in der Presse, was auf Kosten der Kapazität geht, oder durch eine Zwischenlagerung
der Platten in aufwendigen Einspanngerüsten, die den durch den Preßvorgang eingetragenen
Druck mindestens bis zum Hydratationsende auf die Stapelpakete übertragen. Mit zunehmender
Hydratationszeit und Kapazitätsanforderung nimmt die notwendige Anzahl von Einspanngerüsten
zu und erhöht den Investitionsaufwand. Wirtschaftlichkeit und Effizienz solcher Anlagen
sind dadurch entsprechend gering.
[0007] Kontinuierliche Fertigungsanlagen müssen beachtliche Längen aufweisen, um die Gefügeverdichtung
unumkehrbar zu machen und in Abhängigkeit-von der Kapazität größere Hydratationszeitschwankungen
aufzufangen. Anwendungsreife Lösungen für Industrieanlagen sind dadurch bislang nicht
bekannt geworden.
[0008] Der Zusammenhang zwischen der Länge der Preß- und Kalibriereinrichtung 1
V , der Kapazität K und der Hydratationszeit t
H läßt sich durch die Beziehung

wiedergeben. Setzt man die Plattenstrangbreite bp = konst. (zweckmäßigerweise 1 m),
so läßt sich diese Beziehung linearisieren und als Nomogramm darstellen, wie in Fig.
1 gezeigt. Es veranschaulicht daß progressive Kapazitätserwartungen eine größere Länge
der Preß- und Kalibriervorrichtung sowie einen entsprechend höheren Investitionsaufwand
voraussetzen. Zur Verringerung der Anlagekosten werden bei den bekannten Anlagen zur
Herstellung von Werkstoffen auf organischer Bindemittelbasis Mehrbereichspressen bevorzugt,
d. h., der Druck wird in den einzelnen Zonen der Presse etwa entsprechend dem zeitabhängigen
Verformungsmodul des Plattenstranges differenziert. Darüber hinaus ist es durch die
DE-PS 2 126 935 bekannt, daß bei der Herstellung kunstharzgebundener Spanplatten in
beheizbaren Anlagen verbesserte Oberflächengüten und höhere Festigkeiten erzielt werden
können, wenn die Spanplattenvliese am Beginn der Pressung auf eine geringere Dicke
als die gewünschte Enddicke verdichtet und anschließend bei der gewünschten Enddicke
fertiggepreßt werden.
[0009] Im übrigen seien folgende Literaturstellen zum Stand der Technik angegeben: Kossatz,
G. und K. Lempfer: Zur Herstellung gipsgebundener Spanplatten in einem Halbtrockenverfahren.
Holz als Roh- und Werkstoff 40 (1982), S. 333 - 337; Technische Information: Die kontinuierliche
Hydro-Dyn-Presse - ein weiterer Schritt vorwärts. Holz-Zentralblatt 56/57, Stuttgart
11. Mai 1983; Kossatz, G., Lempfer, K. und H. Sattler: Anorganisch gebundene Holzwerkstoffplatten.
FESYP-Geschäftsbericht 1982/83, S. 98 - 19&; Bücking, G.: Die Herstellung gipsgebundener
Spanplatten im Endlosverfahren. Holz als Roh- und Werkstoff 41 (1983), S. 427 - 430;
Ahrweiler, K.: Die Steuerung der Dicke und Dichte von Spanplatten in einer kontinuierlichen
Presse. Tagungsberichtsband vom 6. Holztechnischen, Kolloquium- 1980 in Braunschweig;
und Hübner, J. E.: Halbtrockenverfahren zur Herstellung gipsgebundener Spanplatten.
Tagungsberichtsband vom 7. Holztechnischen Kolloquium 1983 in Braunschweig.
[0010] Der besondere physikalische Effekt der Spannungsrelaxation und deren Nutzungsmöglichkeit
für die Herstellung wesentlich vereinfachter und kostengünstigerer Fertigungsanlagen
wurde bisher nicht erkannt, was u. a. darauf zurückzuführen sein dürfte, daß bei der
Herstellung kunstharzgebundener Spanplatten grundsätzlich trockene Stoffgemische mit
wesentlich höheren Verformungsmoduln verwendet werden. Allen bekannten Verdichtungsanlagen
ist dementsprechend der Nachteil gemeinsam, daß die zur Verdichtung des Plattenvlieses
erforderlichen Einrichtungen während der gesamten Erhärtungszeit relativ hohe Drücke
erzeugen und übertragen müssen und einer dementsprechend komplizierten und schweren
Ausführung bedürfen. Zur Umgehung solcher kostenaufwendigen Lösungen werden z. B.
bei der Herstellung von zementgebundenen Spanplatten diskontinuierliche und damit
weniger effektive Fertigungstechniken angewendet (BISON-Zementplattenanlage).
[0011] Aufgabe der Erfindung ist es, für die Werkstoffherstellung auf der Basis anorganischer
Bindemittel ein kontinuierliches Verfahren und eine kontinuierliche Einrichtung zur
Verfügung zu stellen, welche wirtschaftlicher, weniger investitionsaufwendig und leistungsfähiger
sind und mit denen im übrigen die sonstigen vorstehend dargelegten Nachteile überwunden
werden.
[0012] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß
dadurch gelöst, daß der Plattenstrang zeitlich vor dem Kalibrieren in einer Verdichtungsphase
mit einem so hohen Druck verdichtet wird, daß seine Dicke nach dem Verdichten den
Sollwert des fertigen Plattenstrangs unterschreitet, die Dichte diesen jedoch überschreitet
und beide (Dicke und Dichte) so groß sind, daß der verdichtete Plattenstrang unmittelbar
anschließend ohne aktive Druckanwendung in einer Kalibrierphase auf seine Solldicke
und -dichte kalibrierbar.ist.
[0013] Eine Einrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens zeichnet sich erfindungsgemäß
dadurch aus, daß
(a) die der Kalibriervorrichtung in Laufrichtung des Platten- - strangs vorgeschaltete
Verdichtungsvorrichtung den Plattenstrang mit höherem Druck verdichtet als er für
das Erreichen der Solldicke und -dichte des fertigen Plattenstrangs erforderlich ist,
so daß der Plattenstrang auf eine kleinere als seine Solldicke verdichtet wird, derart,
daß nachher keine aktive Druckeinwirkung erforderlich ist; und
(b) die auf die Verdichtungsvorrichtung unmittelbar folgende Kalibriervorrichtung
eine ohne aktive Druckeinwirkung auf den Plattenstrang arbeitende Kalibriervorrichtung
ist, in der bedingt durch die infolge der Durchfeuchtung des Stoffgemisches im Plattenstrang
wesentlich verstärkt stattfindende Spannungsrelaxation, eine solche Verringerung der
Rückstellkräfte bewirkt wird, daß aktive Kalibrierdrücke überflüssig sind.
[0014] Auf diese Weise wird insbesondere erreicht, daß sich die Installation kostspieliger,
vorzugsweise hydraulischer, Druckerzeugungs- und -übertragungseinrichtungen, wie sie
zur Durchführung der Verdichtungsphase bzw. in der Verdichtungsvorrichtung benötigt
werden, auf einen relativ kleinen Bereich beschränkt, weil die Verdichtungszone relativ
kurz wird, während der längste Teil (meist das 10- bis 25fache der Verdichtungszone)
als technisch einfache Kalibriervorrichtung ohne aktive Druckeinwirkung ausgebildet
werden kann. Die Kalibriervorrichtung hat bei der Erfindung nur die Aufgabe, die in
der beschriebenen Weise verringerten Rückstellkräfte des in der Presse der Verdichtungsvorrichtung
bzw. in der Verdichtungsphase verdichteten Plattenstranges aufzunehmen und diesen
bis zum Abschluß der Hydratation auf Solldicke zu halten. Eine solche kontinuierliche
Kalibriervorrichtung ist auf relativ einfache Weise z.B. durch die Anordnung hintereinandergeschalteter
Kalibrierwalzen verwirklichbar. Die Umwandlung des Liniendrukkes zwischen den Kalibrierwalzen
und dem Plattenstrang in einen Flächendruck ist durch eine geeignete Aussteifung des
Formungsbandes oder durch das Einfügen von geeigneten Transportblechen erreichbar.
Zur Einstellung der erfindungsgemäßen Einrichtung auf verschiedene Plattenstrangdicken
kann eine entsprechende Verstellbarkeit des Spaltes von Preß- und Kalibriervorrichtung
vorgesehen sein. Diese Verfahrensweise und dieser Aufbau der Einrichtung beruht darauf,
daß sich der Verdichtungsvorgang und der zur Verminderung der Rückstellkräfte erforderliche
Entspannungsvorgang vor oder spätestens während der Anfangsphase der Hydratation vollziehen.
Eine Störung des Struktur- und Festigkeitsbildungsprozesses wird dadurch ausgeschlossen.
[0015] Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
[0016] Die Erfindung sei nachstehend anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf
die Figuren 1 und 2 der Zeichnung näher erläutert; es zeigen:
Figur 1 ein NOMOGRAMM zur Ermittlung der Gesamtlänge von Verdichtungs- und Kalibrierzone
1 v in Abhängigkeit von der Hydratationszeit von Gips tH und der Anlagenkapazität K bei 1 m Plattenstrangbreite, worin Klammerwerte der K-Leiter
der Kapazität bei 2,5 m Plattenstrangbreite und Klammerwerte der t-Leiter der etwa
zu erwartenden Verarbeitungszeit des Gipses tv entsprechen;
Figur 2 eine Darstellung der funktionalen Zuordnung des Druckverlaufes bei der Verdichtung
eines Plattenstranges zur Herstellung von Gipsspanplatten zum Hydratations- bzw. Erhärtungsverlauf
des Stoffgemisches, wobei im Gegensatz zur Erfindung ein Verdichten mit niedrigem
Druck entsprechend der zu erreichenden Solldicke des Plattenstrangs und ein Kalibrieren
mit aktiver Druckeinwirkung erfolgt; und
Figur 3 eine Darstellung der funktionalen Zuordnung des Druckverlaufs bei der Verdichtung
eines Plattenstrangs zur Herstellung von Gipsspanplatten zum Hydratations- bzw. Erhärtungsverlauf
des Stoffgemisches, wobei gemäß der Erfindung ein Verdichten mit höherem Druck, das
eine entsprechende Unterschreitung der Solldicke des Plattenstrangs bewirkt, und ein
Kalibrieren ohne aktive Druckeinwirkung erfolgen.
[0017] Zur Durchführung eines Verfahrens zur kontinuierlichen Herstellung von Werkstoffen
aus Stoffgemischen von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungs- und
gegebenenfalls Hilfsstoffen schütt- bzw. streufähiger Konsistenz unter dauerhafter
und irreversibler Gefügeverdichtung, derart daß man aus dem Stoffgemisch einen Plattenstrang
bildet, der dann verdichtet und kalibriert wird, wobei der Plattenstrang zeitlich
vor dem Kalibrieren in einer Verdichtungsphase mit einem so hohen Druck verdichtet
wird, daß seine Dicke nach dem Verdichten den Sollwert des fertigen Plattenstrangs
unterschreitet, die Dichte diesen jedoch überschreitet und beide so groß sind,daß
der verdichtete Plattenstrang unmittelbar anschließend ohne aktive Druckanwendung
in einer Kalibrierphase kalibrierbar ist, wird das gefundene spezifische Verformungs-
bzw. Kompressibilitätsverhalten der zur Werkstoffherstellung verwendeten Stoffgemische
ausgenutzt. Auf welche Weise das geschieht, wird anhand eines Vergleichs zwischen
den Figuren 2 und 3 erläutert: der Maximaldruck P
max bei dem Druckverlauf nach Figur 2 zur Erzeugung der Solldicke und Sollrohdichte des
Werkstoffs ist nur am Anfang der Verdichtungsphase während einer relativ kurzen Zeit
erforderlich. Danach baut sich der Druck p durch das Absinken des Verformungsmoduls
rasch bis auf einen Wert von p
k ≈ 0,4 p
max ab. Wird dagegen, wie in Figur 3 veranschaulicht, entsprechend der erfindungsgemäßen
Lösung der Maximaldruck auf einen Wert p'
max ≈ 1,5 p
max erhöht, so wird die Plattensolldicke um einen kleinen Betrag (etwa 10%) unterschritten
und
P'
k wird infolge von Relaxation um etwa 40% kleiner als p
k; d.h.,- der in einer zeitlich sehr kurzen Verdichtungsphase aufgewendete höhere Druck
p'
max führt in außerordentlich günstiger Weise zu einer erheblichen Verringerung des erforderlichen
Kalibrierdruckes p'
k während der sehr langen Kalibrierphase, nämlich zu einem so - niedrigen Kalibrierdruck,
daß ein Kalibrieren ohne aktive Druckeinwirkung erfolgen kann.
[0018] Das spezifische Kompressibilitätsverhalten der verwendeten Stoffgemische kann also
zur Herstellung einer technisch wesentlich einfacheren und kostengünstigeren kontinuierlichen
Fertigungsanlage genutzt werden, die zur Verdichtung und Kalibrierung des Plattenstranges
aus zwei entsprechenden Zonen besteht:
(a) Verdichtungszone, Druckerhöhung von p = o auf

Länge 1V vorzugsweise maximal 5 m (unabhängig von der Anlagenkapazität)
(b) Kalibrierzone ohne aktive Druckeinwirkung (nur zur Aufnahme des relativ kleinen
inhärenten Rückstelldruckes von p'k ≤ 0,15 p' max ≈ 0,60 pk ≤ 0,22 Pmax notwendige Länge:

[0019] Die Installation kostspieliger, vorzugsweise hydraulischer Druckerzeugungs- und -übertragungseinrichtungen
beschränkt sich somit auf den relativ kleinen Bereich der Verdichtungszone, während
die relativ sehr lange Kalibriervorrichtung keine aktive Druckeinwirkung erfordert,
also unter nur verhältnismäßig geringen Anlagekosten erstellt werden kann.
[0020] Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung soll an folgendem Beispiel noch näher erläutert
werden:
Für die Herstellung gipsgebundener holzspanbewehrter Bauplatten werden Stoffgemische
verwendet, deren Hydratationszeit tH minimal 6 Minuten (siehe Fluchtlinie 1 in Figur 1) und maximal 12 Minuten (Figur1,
Fluchtlinie 2) beträgt (6< tH ≤ 12). Die Plattenstrangbreite soll 2,5 m, die Fertigungskapazität K soll 500 m2/h betragen.
[0021] Für das Stoffgemisch mit der kurzen Hydratationszeit ist ein Versteifungsbeginn nach
4 Minuten und dementsprechend ein Hydratationsende nach 10 Minuten, für das mit der
längeren Hydratationszeit ein Versteifungsbeginn nach 8 Minuten und ein Hydratationsende
nach 20 Minuten zu erwarten. Die für die Bestimmung der notwendigen Länge der Verdichtungsanlage
als Rechenwert zugrundezulegende Hydratationszeit ergibt sich aus der Differenz des
spätesten Hydratationsendes (20 Minuten) und des kürzesten Versteifungsbeginns (4
Minuten) zu 16 Minuten.
[0022] Das heißt, die Verdichtungsanlage muß zur Kompensation derartiger Hydratationszeitschwankungen
eine Länge von mindestens 53 m (Figur 1, Fluchtlinie 3) aufweisen, wenn gemäß Figur
2 ein Verdichten mit einem Druck erfolgt, bei dem die Solldicke und -dichte des Plattenstrangs
niemals unter- bzw. überschritten werden. Da während des vorstehend angegebenen langen
Weges des Plattenstrangs auf den Plattenstrang ohne
[0023] Berücksichtigung der erfindungsgemäßen Lösung ein relativ hoher Druck aufgebracht
werden muß, wird diese Verdichtungsanlage sehr material- und kostenaufwendig. Bei
Anwendung der erfindungsgemäßen Lösung lassen sich demgegenüber zum Beispiel folgende
Längen für die differenziert auszubildende Verdichtungs- und Kalibrierzone festlegen:
(a) Verdichtungszone: 2,5 m
(b) Kalibrierzone: 53 m lang
[0024] Das Beispiel zeigt, daß bei der Erfindung der weitaus längste Teil der Verdichtungsanlage
als Kalibriereinrichtung ohne aktive Druckeinwirkung ausgebildet werden kann, wodurch
sich die Anlagenfertigungskosten gegenüber vergleichbaren anderen Anlagen erheblich
senken lassen. Dabei ist es vorteilhaft, daß für die Presse (Verdichtungszone) bei
vereinheitlichter Plattenstrangbreite unabhängig von der Anlagenkapazität nur eine
von den konstruktiven Erfordernissen abhängige Baugröße erforderlich ist. Für die
Befriedigung unterschiedlicher Kapazitätswünsche genügt es, die der Presse bzw. Verdichtungsvorrichtung
nachgeschaltete Kalibriereinrichtung längenvariabel zu konstruieren and anzubieten.
Besonders zweckmäßig erscheint hierfür eine Segmentbauweise, die es ermöglicht, Anlagen
großer Leistungsfähigkeit aus Baueinheiten kleinerer Leistung zusammenzusetzen. Hierdurch
ergeben sich auch für spätere Nachrüstung auf größere Kapazitäten besonders günstige
Voraussetzungen.
[0025] Kurz zusammengefaßt betrifft die Erfindung ein technisch vereinfachtes und kostengünstig
durchführbares Verfahren sowie eine technisch vereinfachte und kostengünstige Einrichtung
zur kontinuierlichen Herstellung von Werkstoffen, insbesondere Platten, aus Stoffgemischen
von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungs-und gegebenenfalls Hilfsstoffen
schütt- bzw. streufähiger Konsistenz, die ihre wesentlichen Werkstoffeigenschaften
durch eine meist vor den Erhärtungsreaktionen beginnende und bis zum Hydratationsabschluß
andauernde Druckeinwirkung erhalten. Um üblichen Kapazitätsanforderungen zu genügen,
müssen kontinuierliche Fertigungsanlagen beachtliche Längen aufweisen, was sich insbesondere
bei der langzeitigen Anwendung hoher Drücke negativ auf die Anlagenkosten auswirkt.
Erfindungsgemäß wird das spezifische Verformungs- bzw. Kompressibilitätsverhalten
der verwendeten Stoffmischungen dazu genutzt, um durch eine höhere Anfangsverdichtung
als zur Herstellung der Solldicke und -dichte erforderlich ist, eine solche Verringerung
der vom verdichteten Plattenvlies ausgehenden Rückstellkräfte zu bewirken, daß die
zeitaufwendigen Erhärtungsvorgänge während einer Kalibrierung ohne aktive Druckeinwirkung
erfolgen und die Anlagenkosten erheblich gesenkt werden können.
1. Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von anorganisch gebundenen Werkstoffen,
insbesondere von Werkstoffplatten, aus Stoffgemischen von durch Hydratbildung erhärtenden
Bindemitteln, Bewehrungs- und gegebenenfalls Hilfsstoffen schütt- bzw. streufähiger
Konsistenz, deren spezielle Werkstoffeigenschaften und Gebrauchsfähigkeit durch eine
dauerhafte und irreversible Gefügeverdichtung erzielt werden, wobei man aus dem Stoffgemisch
einen Plattenstrang bildet, der dann verdichtet und kalibriert wird, dadurch gekennzeichnet,
daß der Plattenstrang zeitlich vor dem Kalibrieren in einer Verdichtungsphase mit
einem so hohen Druck verdichtet wird, daß seine Dicke nach dem Verdichten den Sollwert
des fertigen Plattenstrangs unterschreitet, die Dichte diesen jedoch überschreitet
und beide so groß sind, daß der verdichtete Plattenstrang unmittelbar anschließend
ohne aktive Druckanwendung in einer Kalibrierphase auf seine Solldicke und-dichte
kalibrierbar ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn- zeichnet, daß eine Verdichtungsphase
angewandt wird, die eine von der Hydratationszeit des Bindemittels unabhängige und
wesentlich kürzere Zeitdauer als die Kalibrierphase hat.
3. Einrichtung zum-Purchführen des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2 zur kontinuierlichen
Herstellung von anorganisch gebundenen Werkstoffen, insbesondere von Werkstoffplatten,
aus Stoffgemischen von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungs- und
gegebenenfalls Hilfsstoffen schütt-bzw. streufähiger Konsistenz, deren spezielle Werkstoffeigenschaften
und Gebrauchsfähigkeit durch eine dauerhafte und irreversible Gefügeverdichtung erzielt
werden, umfassend eine Vorrichtung zum Ausbilden eines Plattenstrangs und eine Verdichtungs-
und Kalibriervorrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß
(a) die der Kalibriervorrichtung in Laufrichtung des Plattenstrangs vorgeschaltete
Verdichtungsvorrichtung den Plattenstrang mit höherem Druck verdichtet als er für
das Erreichen der Solldicke und -dichte des fertigen Plattenstrangs erforderlich ist,
so daß der Plattenstrang auf eine kleinere als seine Solldicke verdichtet wird, derart,
daß nachher keine aktive Druckeinwirkung erforderlich ist; und
(b) die auf die Verdichtungsvorrichtung unmittelbar folgende Kalibriervorrichtung
eine ohne aktive Druckeinwirkung auf den Plattenstrang arbeitende Kalibriervorrichtung
ist, in der,bedingt durch die infolge der Durchfeuchtung des Stoffgemisches im Plattenstrang
wesentlich verstärkt stattfindende Spannungsralaxation, eine solche Verringerung der
Rückstellkräfte bewirkt wird, daß aktive Kalibrierdrücke überflüssig sind.
4. Einrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekenn- zeichnet, daß die Länge der Verdichtungsvorrichtung
wesentlich kürzer als diejenige der Kalibriervorrichtung ist, so daß der zum Verdichten
erforderliche höhere Druck nur während einer zeitlich kurzen Verdichtungsphase angewendet
wird, während in der längeren Kalibriervorrichtung die zeitaufwendigen Erhärtungsvorgänge,
die eine entsprechend lange Kalibrierphase bedingen, ohne aktive Druckeinwirkung ablaufen.
5. Einrichtung nach Anspruch 3 oder 4, dadurch ge- kennzeichnet, daß in der Verdichtungsvorrichtung
eine hinsichtlich ihrer Durchlaufgeschwindigkeit und ihres Preßspaltes regelbare Presse
vorgesehen ist, deren Länge unabhängig von der Kapazität der Einrichtung und nur von
den konstruktiven Erfordernissen der Verdichtungsvorrichtung bestimmt ist.
6. Einrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Länge der Presse höchstens
5 m beträgt.
7. Einrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die unmittelbar
auf die Verdichtungsvorrichtung folgende Kalibriervorrichtung eine Mindestlänge l
k aufweist, die sich aus der Hydratationszeit t
H' der Kapazität K der Einrichtung und der Plattenstrangbreite b
p gemäß folgender Beziehung

ergibt, so daß die hinsichtlich der Durchlaufgeschwindigkeit und des Kalibrierspaltes
regelbare Kalibriervorrichtung Hydratationszeitschwankungen des Bindemittels dadurch
auffängt.
8. Einrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Kalibriervorrichtung,
falls sie in bezug auf ihre Länge über ein bestimmtes Systemmaß hinausgeht, aus einzelnen
gleichar-tigen Baueinheiten zusammengesetzt und damit unterschiedlichen Kapazitäts-
und späteren Erweiterungsanforderungen anpaßbar ist.-