(19)
(11) EP 0 173 221 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.03.1986  Patentblatt  1986/10

(21) Anmeldenummer: 85110418.2

(22) Anmeldetag:  20.08.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D02G 3/02, D01F 6/62
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 30.08.1984 DE 3431831

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Thaler, Hans, Dr.
    D-8903 Bobingen 2 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Hochfestes Polyestergarn und Verfahren zu seiner Herstellung


    (57) @ Die Erfindung betrifft ein hochfestes Polyestergarn mit einem Thermoschrumpf bei 200°C von weniger als 7%, einem Elastizitätsgrad ED20 von mindestens 90%, einem Stabilitätsquotienten SQ von mindestens 7,5 sowie einer Kristallinität von etwa 57 bis 65%. Derartige Garne können durch Schnellspinnen von Fäden erhalten werden, die wenigstens eine Doppelbrechung von 0,025 und ein mittleres Molekulargewicht, entsprechend einer relativen Viskosität von 1,9 bis 2,2 aufweisen, einer Verstreckung bei hohen Temperaturen unterzogen werden, wobei ein Streckverhältnis von mindestens 90% des maximalen Kaltstreckverhältnisses und eine Verstreckspannung zwischen 19 und 23 cN/tex eingehalten werden müssen.




    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein hochfestes, schrumpfarmes Polyestergarn für den technischen Einsatz, d.h. den Einsatz insbesondere in Form von Zwirnen, Geweben, Geflechten usw. als Festigkeitsträger in technischen Produkten wie Planenstoffen, Reifen, Treibriemen, Förderbändern usw. sowie ein Herstellverfahren derartiger Garne aus Spinnfäden hoher Vororientierung.

    [0002] Die Herstellung hochfester Garne aus Polyesterfilamenten ist bekannt. Nach der Deutschen Auslegeschrift 1288734 müssen die Spinnbedingungen zu diesem Zweck so gewählt werden, daß die auf den erstarrenden Faden einwirkenden Spannungen ungewöhnlich niedrig sind und sich der Spinnfaden daher durch eine sehr geringe Molekularorientierung auszeichnet. Es werden Doppelbrechungswerte von weniger als 0,003 vorzugsweise sogar weniger als 0,002 gefordert. Werden derartige Spinnfäden später einer hohen Verstrekkung ausgesetzt, so können Garne mit hohen Festigkeiten erhalten werden. Der Verlauf der Kraft-Dehnungs-Kurve (KD-Diagramm) eines Polyethylenterephthalat-Garnes zur Herstellung von Reifencord vom Titer dtex 1100 ist als Kurvenzug a in Figur 1 wiedergegeben. Die Feinheitsfestigkeit dieses Materials liegt bei etwa 76 cN/tex bei einer Reißdehnung von 11 %. Ein derartiges Garn weist jedoch noch einen hohen Thermoschrumpf auf; er beträgt beispielsweise bei 200°C Heißluftbehandlung noch etwa 18 %. Die Bestimmung des Thermoschrumpfs bei 200°C hat sich eingebürgert, da im allgemeinen 200°C die höchste Temperatur ist, die bei einer Beschichtung von Flächengebilden aus solchen Garnen auftreten kann. Ein Garnmaterial, das noch einen Schrumpf von beispielsweise 18 % aufweist, führt bei einem derartigen Beschichtungsvorgang zu starken und unkontrollierbaren Dimensionsänderungen. Es ist daher erforderlich, den Thermoschrumpf S200 von den oben angegebenen 18 % zu reduzieren. Das erfolgt in üblicher Weise durch thermomechanische Schrumpfverfahren, bei denen die Garne unter kontrollierter Spannung geschrumpft werden. Beispielsweise ist es so möglich, den Thermoschrumpf bei 200.C S200 auf z.B. 5 % abzusenken. Diese Maßnahme ist jedoch zwangsläufig mit einer Erhöhung der Höchstzugdehnung auf z.B. 16 % sowie einem Absinken der Feinheitsfestigkeit von z.B. 76 cN/tex auf 72 cN/tex verbunden.

    [0003] Die Werte von Höchstzugkraftdehnung und Höchstzugkraft sind nicht geeignet, die Eigenschaften eines solchen Garnes ausreichend zu charakterisieren. Welche Veränderungen in den physikalischen Eigenschaften sich nach einem Schrumpfprozeß ergeben können, zeigt der Kurvenzug b in dem KD-Diagramm der Figur 1. Es handelt sich bei diesem Kurvenzug um die Messung eines handelsüblichen Garns mit geringem Schrumpf. Aus dem Kurvenzug b der Figur 1 ist die Ausbildung des sogenannten "Schrumpfsattels" deutlich sichtbar.

    [0004] Die Forderung nach hohem Anfangsmodul, geringer Dehnung, hohem Elastizitätsgrad und geringem Schrumpfwert läßt sich also nur schlecht erfüllen, da alle notwendigen thermomechanischen Maßnahmen zum Senken des Thermoschrumpfs gleichzeitig zu einem Absinken der Feinheitsfestigkeit und zu einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften wie Höchstzugkraftdehnung, Anfangsmodul und Elastizitätsgrad führen. Man war daher bisher zu einem Kompromiß gezwungen, d.h. man setzte ausgeschrumpftes Material ein, das zur Erreichung der gewünschten Werte, die für die Dimensionsstabilität maßgebend sind, wie Elastizitätsgrad und Anfangsmodul stark überdimensioniert werden mußte. Die Lehre der Deutschen Auslegeschrift 1288734 erfordert zwangsläufig auch geringe Spinnabzugsgeschwindigkeiten, da nur unter dieser Bedingungen die geforderten geringen Spannungswerte auf die frisch ausgesponnenen Fäden realisiert werden können. Eine geringe Spinnabzugsgeschwindigkeit bedeutet aber gleichzeitig eine geringere Förderung pro Spinndüse. Es ist bekannt, daß ein starker Anstieg der Förderung pro Spinndüse sich mit zunehmender Spinnabzugsgeschwindigkeit ergibt, wie das z.B. in der Figur 1 der Deutschen Offenlegungsschrift 2207849 dargestellt ist. Versuche zur Herstellung hochfester Garne allein durch Schnellspinnen scheiterten bisher alle an der geringen Festigkeit sowie an der hohen Reißdehnung derartig hergestellter Garne, die erstmals in der US-PS 2604667 beschrieben wurden.

    [0005] In der Deutschen Auslegeschrift 2254998 wird ein Verfahren beschrieben, Schnellspinnfäden erst zu fachen und zu verzwirnen und dann den erhaltenen Cordzwirn anschließend zu verstrecken. Die notwendige überhöhte Drehung des Cordzwirns vor dem Verstrecken ist nur aufwendig aufzubringen, das Verfahren ist zu störanfällig und hat daher keine praktische Bedeutung erlangen können.

    [0006] In der Deutschen Offenlegungsschrift 2747690 wird ein Mehrstufenverfahren aus Spinnstrecken und anschließenden getrennten mehreren Verstreckstufen beschrieben. Die Spinnabzugsgeschwindigkeit von der Düse soll zwischen 500 und 3000 m/min liegen, die Beispiele beschreiben allerdings nur einen Bereich von 500 bis maximal 1300 m/min, so daß die in der Deutschen Auslegeschrift 2207849 für höhere Abzugsgeschwindigkeiten vorteilhafte Mengendurchsatzsteigerung nicht zum Tragen kommt. Die auf diese unwirtschaftliche Weise hergestellten Filamente zeigen wohl Verbesserungen gegenüber den bisher bekannten hochfesten Filamenten aus Polyester hinsichtlich ihrer Thermostabilität, haben aber den großen Nachteil einer relativ geringen Stabilität gegenüber der Einwirkung von heißem Wasser oder Chemikalien, Dieser schon in der Europäischen Patentanmeldung 0080906 und in der Japanischen Patentanmeldung Sho-58-23914 erwähnte Nachteil ist auch auf den in der Patentanmeldung beanspruchten niedrigen Kristallinitätsgrad zurückzuführen, da die Einwirkungsmöglichkeit der Chemikalien auf amorphes Polyethylenterephthalat wesentlich größer ist als auf kristallines. Das Verfahren eignet sich, wie aus den Beispielen ersichtlich ist, nur für feine Einzeltiter, was die Empfindlichkeit gegen Chemikalien weiter erhöht.

    [0007] Auch bei der Europäischen Patentanmeldung 0089912 soll mit einer erhöhten Aufwickelgeschwindigkeit über 1500 m/min gearbeitet werden. In der Anmeldung ist ein Verfahren beschrieben, mit welchem durch Änderung der bisher angewandten Spinnbedingungen ein Spinnfaden bei hoher Abzugsgeschwindigkeit erhalten wird, der zu hohen Festigkeiten nach dem Verstrecken führt. Obwohl in dieser Patentanmeldung keine Angabe über die thermomechanischen Eigenschaften der verstreckten Filamente gemacht wird, ist aufgrund des angewandten Streckzwirnverfahrens zu erwarten, daß die Schrumpfwerte zwangsläufig sehr hoch sein werden. Wie später ausgeführt wird, sind die Verweilzeiten in der Streckzone viel zu kurz, um eine weitgehende Fixierung zu erreichen.

    [0008] Der Japanischen Patentanmeldung Sho 51-53019 ist zu entnehmen, daß verstreckte Polyesterfäden mit einem Doppelbrechungswert von 0,03 oder mehr zu hochfesten Fäden verstreckt werden können, die dann anschließend noch einer Schrumpfbehandlung unterworfen werden. Die so erhaltenen Garne weisen zwar einen Thermoschrumpf bei 150°C von weniger als 2,5 % auf, ihre Reißdehnungen liegen jedoch oberhalb von 15 meist in Bereichen zwischen 16 und 22 %. Allein aufgrund der hohen Reißdehnung ist belegbar, daß diese Fäden bzw. Garne einen "Schrumpfsattel" aufweisen, wie er in dem Kurvenzug b der Figur 1 wiedergegeben wurde.

    [0009] Auch gemäß der Japanischen Patentanmeldung Sho 58-46117 sollen vororientierte Fäden, die eine bestimmte Mindestkristallinität aufweisen, einer Verstreckung bei wenigstens 85°C unterworfen werden. Trotz des Einsatzes einer zweistufigen Verstreckung bei allen erfindungsgemäßen Beispielen sind die physikalischen Werte der so erhaltenen Fäden bzw. Garne relativ schlecht. Diese Garne sind nur für Einsatzgebiete vorgesehen, bei denen vor der Herstellung der Fertigartikel noch eine thermische Behandlung vorgenommen wird. In der Patentanmeldung wird der bei Reifencordzwirnen übliche Dippprozeß zur Thermofixierung und Aushärtung der Resorzin/Formaldehyd/Latex-Ausrüstung erwähnt. Ziel der vorliegenden Erfindung sind dagegen hochfeste, schrumpf- und dehnungsarme Polyesterfilamente für alle technischen Einsatzgebiete.

    [0010] Gemäß der Japanischen Patentanmeldung Sho 58-23914 werden ebenfalls nur Fäden erhalten, die einen Thermoschrumpf bei 175°C von 7,0 bis 10,0 % aufweisen, ihr Thermoschrumpf bei 200°C ist entsprechend höher. Auch in der Europäischen Patentanmeldung 0080906 der selben Anmelderin wird ein Verfahren beschrieben, bei dem Kern-Mantel-Unterschiede innerhalb der Filamente vermieden werden sollen. Der Thermoschrumpf der frisch erhaltenen Fäden liegt ebenfalls zu hoch. Auch diese Filamente erfüllen demnach nicht die Ansprüche der vorliegenden Erfindung, da, um zu niedrigen Schrumpfwerten zu kommen, ebenfalls ein nachträglicher thermischer Behandlungsprozeß, wie schon in der Japanischen Anmeldung Sho-46117 erwähnt, durchgeführt werden muß. Dieser ist der auch in den beiden Patentanmeldungen erwähnte Dippprozeß. Ein Test - die Behandlung eines verstreckten Garns bei 240°C eine Minute lang - soll den Dipprozeß imitieren und zeigen, daß bei dieser Behandlung der ursprünglich zu hohe Schrumpf des Garns gesenkt werden kann.

    [0011] Es bestand also immer noch die Aufgabe, hochfeste Garne aus Polyester zur Verfügung zu stellen, deren Thermoschrumpf bei 200°C möglichst niedrig liegt und die darüberhinaus in ihrer KD-Kurve keinen "Schrumpfsattel" aufweisen, d.h. deren Elastizitätsverhalten möglichst dem von ungeschrumpften Fäden entspricht.

    [0012] Überraschend wurde nun gefunden, daß es möglich ist, derartige hochfeste Garne aus Polyester zur Verfügung zu stellen. Diese ungezwirnten Garne weisen einen Thermoschrumpf bei 200°C von weniger als 7 % auf, einen Elastizitätsgrad bei einer Belastung von 20 cN/tex von mindestens 90 % und einen Stabilitätsquotienten SQ von mindestens 7,5. Der zur Definition der erfindungsgemäßen Garne herangezogene Stabilitätsquotient SQ stellt eine dimensionslose Kenngröße dar. Er errechnet sich nach der folgenden Formel



    [0013] Unter dem Begriff ED20 wird, wie bereits oben definiert, der Elastizitätsgrad bei einer Belastung von 20 cN/tex verstanden, der Wert S200 stellt den Thermoschrumpf in Prozent bei 200°C dar und der Wert D54 die Bezugsdehnung bei einer Belastung von 54 cN/tex. Der Verlauf des KD-Diagramms bei den erfindungsgemäßen Garnen gibt Kurvenzug C in Fig. 1 wieder.

    [0014] Die Kristallinität der Einzelfilamente liegt bei 56 bis etwa 65%. Vorzugsweise bestehen die Garne aus Polyethylenteraphthalat, wobei die fadenbildende Substanz gegebenenfalls bis zu 2 Gew.-% andere Comonomerbausteine aufweisen kann. Garne mit einem Thermoschrumpf S200 von weniger als 3% vorzugsweise weniger als 2 % sind bevorzugt. Desgleichen Garne, die eine Kristallinität von 60% bis 63 % aufweisen. Die Kristallinität wird dabei aus der Dichte der Fäden berechnet nach der folgenden Gleichung



    [0015] Die Dichte d der Fäden kann mit Hilfe einer Gradientensäule bestimmt werden, die Dichte des amorphen Anteils da ist mit 1,335 g/ml und die Dichte des kristallinen Materials dk mit 1,455 g/ml angesetzt worden.

    [0016] Die Herstellung derartiger Garne erfolgt erfindungsgemäß durch Verstrecken von Polyestergarnen, die eine Vororientierung entsprechend einer Doppelbrechung von mindestens 0,025 und ein mittleres Molekulargewicht entsprechend einer relativen Lösungsviskosität von etwa 1,9 bis 2,2 aufweisen. Derartige Fäden werden einer Heißverstreckung unterworfen, wobei das angewandte Verstreckverhältnis mindestens 90 % des maximalen Kaltverstrekkungsverhältnisses beträgt, und die Streckspannung bei dieser Verstreckung unter den gewählten Bedingungen zwischen 19 und 23 cN/tex liegt. Bevorzugte Bereiche für diese Streckspannung sind 20 bis 23 cN/tex.

    [0017] Ungezwirnte Garne weisen keinen oder nur einen geringen Schutzdrall auf; für 1100 dtex-Garne sind z.B. 60T/m weit verbreitet. Diese Garne werden entweder direkt als Festigkeitsträger, z.B. in Beschichtungsgeweben, eingesetzt oder dienen als Ausgangsmaterial für Zwirne, Z.B. im Reifenbau.

    [0018] Hochfeste Garne weisen meist Feinheitsfestigkeiten über 65 cN/tex auf. Der Thermoschrumpf S200 ist dabei nach DIN 53 866 die relative Längenänderung eines Garnes, das 10 Minuten bei 200°C Lufttemperatur frei geschrumppft ist.

    [0019] Der Elastizitätsgrad ED20 wird nach DIN 53835 bestimmt. Hierzu wird in einer Zugprüfmaschine das Garn bis zu einer festgelegten Kraftgrenze belastet und dann wieder vollständig entlastet. Dabei wird festgestellt, wie hoch die Gesamtdehnung an der festgelegten Belastungsgrenze (εges.) und die verbleibende Restdehnung (εRest) nach der Entlastung des Garnes ist. Ein Maß für das elastische Verhalten ist das elastische Dehnungsverhältnis (ED) oder auch Elastizitätsgrad genannt. Dieser errechnet sich nach der Formel



    [0020] Abbildung 2 zeigt die Abhängigkeit des Elastizitätsgrades von der angewandten Belastung bei einem handelsüblichen schrumpfarmen Garn (Kurve a). Bei dieser Kurve ist ein spontaner Abfall des Elastizitätsgrades ab etwa 10 cN/tex zu beobachten. Zur Beschreibung des elastischen Verhaltens dient in dieser Patentschrift der Elastizitätsgrad bei einer Last von 20 cN/tex, dieser Elastizitätsgrad trägt die Bezeichnung ED20. Bei den erfindungsgemäßen Garnen wird statt dessen eine Abhängigkeit gemäß Kurve b in Fig. 2 gefunden.

    [0021] Auch die Bezugsdehnung D54 dienet zur Charakterisierung des mechanischen Verhaltens des erfindungsgemäßen Garns in dieser Anmeldung. Sie ist der Wert der Dehnung bei einer Belastung von 54 cN/tex. Der Wert der Belastung von 54 cN wurde willkürlich gewählt. Er entspricht etwa 75 % Prozent der Feinheitsfestigkeit bei diesen Garnen und gestattet ebenfalls eine gute Aussage über das elastische Verhalten der Garne, insbesondere aber ob ein "Schrumpfsattel" in dem KD-Diagramm des untersuchten Garnes vorliegt oder nicht. Natürlich hat die Wiedergabe des vollständigen Kraft-Dehnungs-Diagramms die beste Aussagekraft über das mechanische Verhalten eines untersuchten Garnes für Vergleiche sind aber Zahlenwerte besser geeignet.

    [0022] In der Literatur findet man deshalb häufig einzelne Punkte dieses Diagramms angegeben. Am meisten wird die Höchstzugkraft und die Höchstzugkraftdehnung angegeben. Wie bereits weiter oben ausgeführt, sind jedoch diese Angaben für hochfeste Filamente, vor allem, wenn sie geschrumpft worden sind, wenig aussagekräftig. Bekanntlich nimmt beispielsweise die Reißdehnung mit zunehmendem Verstreckverhältnis ab, nachträglicher Schrumpfzulassung in einem thermomechanischen Verfahren jedoch wieder zu. Man kann demnach durch Angabe der Höchstzugkraftdehnung nicht unterscheiden, ob es sich um einen hohen Verstreckgrad mit anschließender Schrumpfzulassung handelt oder um einen niedrigen Verstreckgrad mit geringerer oder keiner Schrumpfzulassung. Außerdem zeigen fehlerhafte Filamente niedrigere Bruchfestigkeiten und damit auch niedrigere Bruchdehnungen. Zur Charakterisierung der Dehnungseigenschaften eines Filaments ist es deshalb besser, einen Punkt des KD-Diagramms in einem Bereich zu wählen, der nicht durch derartige Einflüsse zu unsicher ist. Im vorliegenden Fall wurde die Bezugsdehnung D54 zur Charakterisierung ausgewählt. Auch der hauptsächlich in der angelsächsischen Literatur anzutreffende Anfangsmodul (auch Young-Modul genannt), der die Steigung der KD-Linie in ihrem Anfangsbereich angibt, ist zur Charakterisierung von Hochfestfasern weniger geeignet. Eine Schlußfolgerung über den gesamten Arbeitsbereich der Fäden ist jedoch aus dem Anfangsmodul nur für verstreckte jedoch nicht geschrumpfte Filamente möglich. Wie beispielsweise aus der Figur 1 Kurve b ersichtlich, verändert sich das KD-Diagramm bei geschrumpften Filamenten in charakteristischer Weise. Nach einem zunächst übereinstimmenden Anstieg der Kurven a und b, das heißt übereinstimmendem Anfangsmodul, beginnt die Kurve b ab etwa 10 cN/tex mit einer mehr oder weniger starken Abflachung, die dann bei hohen Belastungen und hohen Dehnungswerten wieder zunimmt. Für den praktischen Gebrauch sagt die Dehnungsangabe in einem Punkt des KD-Diagramms, der oberhalb des Schrumpfsattels, jedoch deutlich genug unterhalb der Reißdehnung liegt, am meisten aus.

    [0023] Es wurde gefunden, daß es möglich ist, mit einem einfachen und wirtschaftlichen Verfahren hochfeste, thermo-und dimensionsstabile und hochelastische Filamente herzustellen, die auch ohne weitere thermische Nachbehandlung der daraus gefertigten Textilien die erwünschten Eigenschaften erbringen und für viele Einsatzgebiete wertvoll sind.

    [0024] Wesentlich zum Erreichen der beanspruchten Filamenteigenschaften ist ein Verstreckprozeß, wie er im Folgenden beschrieben ist und nur mit Spinnware höherer Vororientirung durchführbar ist.

    [0025] Verstreckverfahren werden meist unter Angaben von Verstreckverhältnissen und Verstrecktemperaturen definiert. Zur Kennzeichnung des erfindungsgemäßen Verstreckverfahrens wurde auf die weit verbreitete Angabe der "Verstrecktemperatur" verzichtet, da derartige Angaben kaum ohne erhebliche Fehler von Dritten reproduziert werden können, selbst wenn gleichzeitig Angaben über die Verweilzeit in der Verstreckzone gemacht werden. Eine Angabe der effektiven Garntemperatur in einem Heizer ist praktisch nicht möglich.

    [0026] In diesem Text wurde statt dessen ein Mindestverstreckverhältnis definiert und ein Bereich für die zu erreichende Verstreckspannung.

    [0027] Das Einhalten einer ausreichenden Verweilzeit von Fäden auf einem Heizer ist insbesondere bei hochtitrigen Filamenten für den technischen Einsatz von besonderer Wichtigkeit. Welchen Effekt dabei die Wärmeübertragung haben kann zeigt z.B. Aleksandrijskij (Sowjet. Beiträge zur Faserforschung und Textiltechnik 1971, S. 521). Bei Übertragung der Wärme über beheizte Metalloberflächen wie z.B. beheizte Walzen für den Titer dtex 1100 wird eine Verweilzeit von mindestens 0,5 Sekunden benötigt, um bei einer Fixierung verstreckter Filamente einen konstanten Schrumpf zu erhalten. Bei Übertragung der Wärme durch beheizte Luft (Konvektion) sollte die Verweilzeit mindestens 3 Sekunden betragen (Pakshver, Khimicheskie Volokna, 1983, 1, S. 59 - 61). Bei schnellen Spinnstreckverfahren, wie sie z.B. in der Europäischen Patentanmeldung 80906 beschrieben sind, müßten beispielsweise bei 5000 m/min Fadenendgeschwindigkeit die Berührungslänge der Filamente mit der heißen Walze 71,7 m bei einer Verweilzeit von 0,5 Sekunden betragen. Bei einer üblichen zehnmaligen Umschlingung einer Heizgalette mit einem Durchmesser von 20 cm, wie sie bei handelsüblichen Spinnstreckanlagen üblich ist, errechnet sich eine Berührungslänge von weniger als 6 m entsprechend einer Verweilzeit von weniger als 0,07 Sekunden. Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, daß über einen schnellen Spinnstreckprozeß eine vollständige Fixierung der erzeugten Fäden nicht möglich ist, und die gewünschten niedrigen Schrumpfeigenschaften bei niedriger Dehnung und hoher Elastizität nicht erhalten werden können.

    [0028] Die für eine ausreichende Fixierung benötigten Verweilzeiten können technisch nur erreicht werden, wenn die Geschwindigkeit des zu behandelnden Garnes oder Kabels auf einige 100 m/min reduziert wird. Unter diesen Bedingungen arbeitende Streckwerke für die Verstreckung einelnder Fäden oder Garne können zu ausfixierten und thermostabilen Filamenten führen. Aus wirtschaftlichen Gründen werden jedoch vor allem schrumpfarme technische Filamente auf sogenannten Bandstraßen hergestellt, bei denen eine große Anzahl von Filamenten nebeneinander als Schar zwischen Walzenwerken verstreckt und geschrumpft werden. Auf einer derartigen Bandstraßen-Streckvorrichtung werden auch die erfindungsgemäßen Filamente bevorzugt hergestellt. Den prinzipiellen Aufbau einer solchen Bandstraße ist in der Figur 3 wiedergegeben.

    [0029] Wie bereits oben ausgeführt, muß das Verstreckverhältnis zur Herstellung hochfester Filamente so hoch wie nur irgend möglich sein, um die den Filamenten innewohnende Festigkeit möglichst vollständig zu erreichen. Erfindungsgemäß liegt das Verstreckverhältnis bei mindestens 90 % des maximalen Kaltverstreckverhältnisses (max. VV), das folgendermaßen bestimmt wird:

    Ein Spinnfaden wird bei Raumtemperatur an einer Zugprüfmaschine bei einer Einspannlänge von 100 mm und einer Klemmengeschwindigkeit von 400 m/min gerissen. Daraus ergibt sich

    Eine weitere, das Verstreckverfahren definierende Größe ist die Verstreckspannung. Diese ist eine eindeutige Funktion des Verstreckverhältnisses, der Verstrecktemperatur und der Verweilzeit im Streckfeld. Die Verstreckspannung ist der Quotient aus der z.B. mittels eines Tensiometers gemessenen Zugkraft und dem um das eingestellte Verstreckverhältnis verminderten Titer des Zuliefergarns.

    [0030] Es wurde nun gefunden, daß die Verstreckspannung sehr wichtig für die Erfüllung der erfindungsgemäß gewünschten Schrumpfeigenschaften der fertig verstreckten Fäden ist. Die von der Verstreckspannung den Fäden eingeprägten inneren Spannungen werden vom Thermoschrumpf wiedergegeben, wie aus der Figur 4 zu ersehen ist. In dieser Figur 4 ist die Abhängigkeit des Schrumpfes bei 200°C (S200) von der Verstreckspannung eines Garnes mit dem Endtiter von 1100 dtex und einer Doppelbrechung von 0,0025 wiedergegeben (Kurvenzug a). Dasselbe wurde mit einem Spinnfaden einer Doppelbrechnung von 0,033 und einem max. VV von 90% durchgeführt, der mit einer Aufwickelgeschwindigkeit von 3000 m/min ersponnen wurde. Die Meßwerte ergaben den Kurvenzug b in Figur 4.

    [0031] Um einen Faden mit konstanten Dehnungseigenschaften, die sich aus dem konstanten Verstreckverhältnis ergeben, und möglichst geringen Thermoschrumpf zu erhalten, wird man bestrebt sein, die Verstreckspannung so niedrig wie möglich zu halten. Da hohe Verstreckspannungen auch leichter zum Abriß einzelner Kapillaren führen, die die Weiterverarbeitbarkeit der Filamente zu Zwirnen und Geweben sehr erschweren können, ist dies ein weiterer Grund, mit möglichst niedriger Verstreckspannung zu arbeiten. In der betrieblichen Praxis hat sich nun gezeigt, daß Verstreckspannungen im Bereich zwischen 19 und 23 cN/tex, vorzugsweise im Bereich zwischen 20 und 23 cN/tex, bezogen auf den Titer des Fadens am Ende der Verstreckzone, zu optimalen Ergebnissen führen. Erhöht man die Verstreckspannungen durch Reduzierung der Temperatur oder durch Verkürzung der Verweilzeit, so wird nicht nur ein höhere Thermoschrumpf erhalten, sondern die Anzahl der Kapillarbrüche nimmt auch zu. Eine Erniedrigung der Verstreckspannungen wäre nur durch weitere Temperaturerhöhung zu erreichen, durch langsamere Fahrweise oder durch Absenkung des Verstreckverhältnisses. Eine Absenkung des Verstreckverhältnisses muß jedoch wegen der damit verbundenen Verschlechterung der Festigkeitswerte vermieden werden. Ein langsamere Fahrweise und damit erhöhte Verweilzeit im Streckfeld bringt nur dann einen Erfolg, wenn die Zeit der vollständigen Fixierung bei der schnelleren Fahrweise zu kurz war. War diese ausreichend, so bringt eine weitere Verlangsamung keine weitere Reduzierung der Verstreckspannung, sondern verschlechtert nur die Festigkeit des Fadens. Eine Erhöhung der Temperatur ist nur bis zu dem Punkt möglich, in welchem die Höchstzugkraft der Filamente oder des Garns bei diesen hohen Temperaturen noch nicht überschritten wird. Es verbleibt also nur ein verhältnismäßig kleiner Bereich, in welchem man optimal die Verstreckung durchführen kann. Dieser befindet sich in dem oben angegeben Bereich zwischen 19 und 23 bzw. 20 bis 23 cN/tex.

    [0032] Wenn man nun diese an Spinnfäden mit niedriger Vororientierung gemachten Erfahrungen über die Abhängigkeit von Verstreckspannung, Verstreckverhältnis, Verstrecktemperatur und Verweilzeit auf solche mit höher vororientierten Spinnfäden übertragen will, stößt man auf Schwierigkeiten. Versucht man höher vororientierte Spinnfäden unter den Temperatur- und Verweilzeitbedingungen, die für niedrig orientierte Spinnfäden optimal sind, zu verstrecken, so treten bei Verstreckverhältnissen, die 90 % des max. VV betragen viel höhere Verstreckspannungen auf, die dann auch zu den oben erwähnten Schwierigkeiten führen. Man ist also gezwungen, will man einwandfreie Filamente erhalten, das Verstreckverhältnis zu reduzieren. Diese Reduzierung hat jedoch zur Folge, daß die Fadenfestigkeiten deutlich vermindert werden und die Filamente trotzdem noch hohe Schrumpfwerte aufweisen. Ein derartiger Effekt ist in den nachfolgenden Vergleichsbeispielen 4 gegenüber 5 bzw. 12 gegenüber 13 deutlich sichtbar.

    [0033] Es konnte nun überraschend gefunden werden, daß Spinnfäden mit hoher Vororientierung sich bei so hohen Temperaturen verstrecken lassen, bei denen Spinnfäden mit niedriger Vororientierung nicht mehr sicher verstreckt werden können, da sie abreißen. Durch die Erhöhung der Temperatur bei der Verstreckung ist es jedoch wieder möglich, Verstreckspannungen zwischen 19 und 23 bzw. bevorzugt 20 und 23 cN/tex zu erhalten. Diese deutlich erhöhte Strecktemperatur bei den Spinnfäden mit höherer Vororientierung führt zu Fäden mit besonders günstigen Schrumpfeigenschaften, und erlaubt wieder ein Verstreckverhältnis, das wenigstens 90 % des maximalen Kaltverstreckverhältnisses (max. VV) beträgt.

    [0034] Auch beim erfindungsgemäßen Verfahren wäre die Angabe einer Verstrecktemperatur nicht aussagekräftig, da es sich bei derartigen Angaben bei Temperaturen beispielsweise um die Temperatur des Heizmediums handeln würde, statt um die einzig wichtige Temperatur des Fadens. Die Messung der Fadentemperaturen innerhalb eines Ofens ist nicht durchführbar. Sobald der Faden den Ofen verläßt, beginnt er sich sehr rasch abzukühlen. Lediglich durch Messungen der Fadentemperatur in verschiedenen Entfernungen vom Austritt aus dem Heizbereich des Ofens und Anwendung der von Kaufmann in "Faserforschung und Textiltechnik" 28 (5), S. 297 - 301 (1977) angegebenen Näherungsformel kann man auf die eigentlichen Fadentemperaturen am Ende des Ofens schließen. Bei einem Ofen mit queranströmender beheizter Luft kann man nur bei genügend langer Verweilzeit im Ofen schließen, daß der Faden die Temperatur der anströmenden Luft vor dem Verlassen des Ofens angenommen hat. Bei einem Ofen der durch Infrarotstrahler beheizt ist, ist eine Messung überhaupt nicht mehr möglich, da im Ofen auch in Fadennähe befindliche Thermofühler durch die Strahlung eine andere Temperatur annehmen als die Fäden selbst. Eine Regelung der Strahlungsintensität kann über solche Fühler jedoch gut erfolgen, ebenso wie auch die Temperatur der beheizten Luft in einem Ofen gut geregelt werden kann. In den Beispielen wird gezeigt, welche Temperatureinstellungen vorgenommen werden müssen, um entsprechende Effekte zu erreichen und, daß es genügt, zur Charakterisierung der Verstreckung die Verstreckspannung sowie den Anteil des erreichten maximalen Verstreckverhältnisses anzugeben.

    [0035] Eine schematische Darstellung einer bevorzugten Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zeigt die Figur 3.

    [0036] Die Spinnfäden Y werden von den im Spulengatter aufgesteckten Spulen 1 abgezogen und gemeinsam als Fadenschar dem Walzenwerk 2 zugeführt. Dieses besteht aus 5 bis 7 beheizbaren Walzen, deren Oberflächentemperaturen je nach Fadengeschwindigkeit 75 bis 100°C betragen. Die Fadenschar passiert dann den beheizten Ofen 3, der die Fadenschar völlig umschließt und gelangt dann zum Walzenwerk 4 mit ebenfalls 5 bis 7 Walzen. Die Geschwindigkeit des Walzenwerks 4 ist um den Faktor der Verstreckung höher als die des Walzenwerks 2. Von hier gelangen die Fäden dann entweder direkt zur Aufspulung 6 oder sie werden zuvor über das aus im allgemeinen 3 Walzen aufweisende Walzenwerk 5 geführt.

    [0037] Die Beheizung des Ofens kann entweder so erfolgen, daß dessen Wände elektrisch oder mittels eines flüssigen Wärmeträgers beheizt sind; gleichzeitig kann beheizte Luft den Fäden entgegenströmen. Eine andere Version ist die Beheizung der Fadenschar mit Infrarotstrahlern, die in dem Ofen angebracht sind. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Beheizung durch heiße Luft, die die Fadenschar quer zu ihrer Laufrichtung anströmt. Wird anschließend an die Verstreckung ein Relaxierprozeß nachgeschaltet, so wird lediglich das Walzenwerk 4 auf eine entsprechend hohe Temperatur beheizt, die Schrumpfzulassung erfolgt dann zwischen dem Walzenwerk 4 und dem Walzenwerk 5 oder zwischen Walzenwerk 4 und der Aufspulung 6. Im letzteren Fall muß die Schrumpfzulassung exakt zwischen diesen beiden Aggregaten einstellbar sein.

    [0038] Ohne eine Relaxierung führt die erfindungsgemäße Verstrekkung hochvororientierter Polyestergarne zu einem Thermoschrumpf S200 von etwa 6 %. Diese Garne eignen sich bevorzugt zum Einsatz in Flächengebilden, die vor ihrer Einarbeitung in einen Verbundartikel noch thermisch behandelt werden, wie etwa Zwirne für Autoreifen, Antriebsriemen und Förderbänder.

    [0039] Die Temperatur-, Zeit- und Spannungsbedingungen der thermischen Behandlung bestimmen dann die Eigenschaften der Flächengebilde hinsichtlich Schrumpf und Dehnung. Auch nach dieser weiteren thermischen Behandlung erweisen sich die erfindungsgemäßen Materialien als den bisher bekannten überlegen. Auch die fertig ausgerüsteten Flächengebilde haben günstigere Schrumpf-, Dehnungs- und Elastizitätseigenschaften als die bisher bekannten und übertreffen sie in der thermischen und der Dimensionsstabilität. Außerdem hat sich gezeigt, daß gegenüber den bisher bekannten Materialien eine kürzere Zeit der Wärmeeinwirkung möglich ist, um die endgültigen Eigenschaften ten der ausgerüsteten Materialien zu erhalten. Das heißt, es kann unter milderen Bedingungen bei kürzeren Verweilzeiten die thermische Nachbehandlung der Textilien erfolgen, was auch hinsichtlich der Festigkeit von Vorteil ist.

    [0040] Bei einigen technischen Artikeln, wie z.B. Heizschläuchen, PVC-beschichteten Geweben und anderen ist dieser Schrumpf noch zu hoch, da diese Verstärkungsmaterialien ohne weitere thermische Vorbehandlung direkt vulkanisiert oder beschichtet werden. Hier ist es nötig, Filamente mit noch niedrigerem Schrumpf einzusetzen. Diese erhält man, wenn das Walzenwerk 4 der Verstreckstraße eine Oberflächentemperatur von mehr als 200°C hat und es den Fäden erlaubt wird, zwischen dem Walzenwerk 4 und dem Walzenwerk 5 oder zwischen dem Walzenwerk 4 und der Aufspulung 6 kontrolliert zu schrumpfen.

    [0041] Läßt man auf diese Weise Fäden aus Spinnware mit niedriger Vororientierung oder Fäden die eine höhere Vororientierung haben aber nicht erfindungsgemäß verstreckt worden sind, schrumpfen, so ist es nötig, diese Fäden stärker relaxieren zu lassen, um zu einem niedrigen Thermoschrumpf bei 200°C von etwa 2 bis 3 % zu kommen. Dies hat die früher erwähnten Folgen, daß die Dehnung stark ansteigt und der Elastizitätsgrad absinkt.

    [0042] Bei den erfindungsgemäß hergestellten Garnen bleibt dagegeben auch nach einer Relaxierung noch ein hoher Elastizitätsgrad erhalten, was sich auch in einem hohen Stabilitätsquotienten SQ wiederspiegelt. Die erfindungsgemäßen Garne eignen sich sowohl für den Einsatz in Zwirnen für z.B. die Herstellung von Reifen usw., die bei der Latexierung nochmals thermisch behandelt werden, als auch - mit einer der Verstreckstufe nachgeschalteten Relaxierungsstufe - für den Einsatz von PVC-beschichteten Gewebe usw. Die nachfolgenden Beispiele sollen das Verfahren ausführlich erläutern. Ihnen ist zu entnehmen, daß die erfindungsgemäßen Filamente nur dann erhalten werden, wenn die Bedingungen des erfindungsgemäßen Verfahrens eingehalten werden. Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich Prozente und Teileangaben auf Gewichtseinheiten.

    Beispiele



    [0043] Die für die nachfolgend beschriebenen Verstreckversuche eingesetzte Spinnware wurde nach bekannter Technik wie im Folgenden beschrieben hergestellt.

    [0044] Das für die Beispiele 1 bis 7 und 12 bis 14 verwendete Granulat aus Polyethylenterephthalat zeigte eine relative Lösungsviskosität in Dichloressigsäure von 2,120. Bei den Beispielen 8 und 9 wurde ein Material mit einer relativen Lösungsviskosität von 1,990 und für das Beispiel 10 ein Material mit einer relativen Lösungsviskosität von 2,308 eingesetzt. Die relative Lösungsviskosität wurde üblicherweise an Lösungen von 1,0 9 des Polymerisats in 100 ml Dichloressigsäure bei 25°C bestimmt durch Messung der Durchlaufzeiten der Lösung durch ein Kapillarviskosimeter und durch Bestimmung der Durchlaufzeit des reinen Lösungsmittels unter den gleichen Bedingungen. Die eingesetzten Polyethylenterephthalat-Granulate wurden über einen Extruder aufgeschmolzen, einer Spinnpumpe zugeführt und über ein Spinnpack versponnen. Die in Spinnpack befindliche Düsenplatte hatte jeweils 100 Bohrungen mit einem Durchmesser von jeweils 0,45 mm. Die aus den Spinndüsen austretenden Fäden wurden im Fall der Rohstoffe mit relativer Lösungsviskosität 2,120 und 2,308 durch eine unterhalb der Spinndüsenplatte befindliche Vorrichtung, wie sie in dem Deutschen Patent 21 15 312 beschrieben ist, nacherhitzt und anschließend mit Luft von 26°C und einer Geschwindigkeit von 0,5 m/sec quer angeblasen. Zwei derartige Spinnfäden wurden gemeinsam einer Präpariereinrichtung zugeführt, mit einer Spinnpräparation versehen und mit den in den Beispielen angegebene Geschwindigkeiten abgezogen und aufgespult. Je nach der Vororientierung der Spinnware wurden die Fäden dann unter verschiedenen Bedingungen und auf verschiedenen Verstreckanlagen verstreckt und teilweise geschrumpft. Die Verstreckeinrichtungen unterschieden sich durch die Art des Verstreckofens.

    [0045] In den Beispielen ist unter "IR" ein Heizkanal zu verstehen, bei dem die Fäden durch keramische Infrarotstrahler erhitzt wurden, unter "Luft" wird ein Ofen verstanden, bei dem die Fäden durch queranströmende Heißluft erwärmt werden. Die angegebenen Temperaturen beziehen sich in beiden Fällen auf die Temperaturen der Fühler. Bei dem Ofen "IR" befanden sich die Fühler etwa 15 mm oberhalb der Padenschar, bei dem Ofen "Luft" waren sie unterhalb der Fadenschar angebracht und gaben die Temperatur der erhitzten Luft an, bevor diese auf die Fadenschar auftrifft.

    [0046] Beispiel 1 gibt die Fahrweise der Verstreckung eines Spinnfadens mit niedriger Vororientierung an. Die angegebene Temperatur konnte nicht weiter erhöht werden, da es sonst zu Fadenbrüchen kam. In Beispiel 5 wurden die gleichen Verstreckbedingungen hinsichtlich Verweilzeit und Temperatur wie in Beispiel 1 eingesetzt, das Zuliefergarn wies jedoch eine hohe Vororientierung auf. Bei einem Vergleich der in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellten Werte sieht man, daß, bedingt durch die hohe Vororientierung der Schrumpf geringfügig geringer und der Stabilitätsquotient unwesentlich höher ist als in Beispiel 1, der Fortschritt gegenüber dem ebenfalls gut fixierten Faden des Beispiels 1 ist nicht groß. Die Werte des Beispiels 4 zeigen jedoch, daß durch Erhöhung der Fühlertemperatur um 20°C ein Faden mit wesentlich erniedrigtem Schrumpf erhalten werden konnte, der alle Forderungen der Patentansprüche sicher erfüllt. Im Beispiel 6 wurde die Temperatur des Heizers auf die des Beispiels 4 angehoben, durch Verdoppelung der Arbeitsgeschwindigkeit jedoch die Verweilzeit halbiert. Diese Maßnahme führte zu einem starken Anstieg der Verstreckspannung, die Werte für Schrumpf und Stabilitätsquotient liegen deutlich außerhalb der beanspruchten Bereiche. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die Einhaltung der geforderten Verstreckbedingungen ist, da sonst trotz der den Schrumpf vermindernden hohen Vororientierung der Spinnware nur ein Garn erhalten wird, das hinsichtlich Thermostabilität den klassischen Fäden bzw. Garnen sogar unterlegen ist. Bei den Beispielen 8 und 10 werden die erfindungsgemäßen Verstreckbedingungen an Spinnfäden hoher Vororientierung angewendet. Die eingesetzten fadenbildenden Substanzen weisen jedoch unterschiedliche mittlere Molekulargewichte entsprechend unterschiedlichen relativen Lösungsviskositäten auf.

    [0047] In den Beispielen 7 und 9 wurde ein Verfahren angewandt, bei dem anschließend an die Verstreckung ein Schrumpfprozeß stattgefunden hat. In beiden Fällen ist trotz des erzielten sehr geringen Thermoschrumpfes des Garnmaterials die Elastizität noch praktisch 100 %ig vorhanden und auch der beanspruchte Stabilitätsquotient übertroffen.

    [0048] Versucht man dagegen, wie in den Beispielen 2 und 3 gezeigt, dieses Verfahren bei einem Spinnfaden mit niedriger Vororientierung anzuwenden, so ist bei gleichem Elastizitätsgrad in Beispiel 2 der Thermoschrumpf des Garnmaterials sehr viel höher als im Beispiel 7. Eine weitere Relaxierung, wie im Beispiel 3 aufgezeigt, senkt den Wert des Thermoschrumpfes wohl noch etwas herab, dieser erreicht jedoch keineswegs die niedrigen Werte der Beispiele 7 und 9. Auf der anderen Seite weist die Bezugsdehnung bei 54 cN/tex, die auf einen sehr hohen Wert angestiegen ist, und der Elastizitätsgrad ED20, der stark abgesunken ist, auf die Ausbildung eines deutlichen "Schrumpfsattels" im KD-Diagramm hin. Das Beispiel 14 zeigt, daß bei einer Erhöhung der Vororientierung durch Anheben der Abzugsgeschwindigkeit auf eine Doppelbrechung, die noch unterhalb der beanspruchten Größe von 0,025 liegt, zwar eine Verbesserung der thermischen Stabilität erreicht wird, da auch schon die Verstrecktemperatur etwas angehoben werden konnte. Die beanspruchten Bereiche der physikalischen Werte der Garne konnten jedoch nicht erreicht werden. Bei den

    Beispielen 11 bis 13 wurde ein Verstreckofen mit quer anströmender Luft benutzt. Auch hier zeigt sich wiederum, daß erst durch eine Erhöhung der Verstrecktemperatur, die diesmal vermutlich auch die Temperatur des Fadens am Ende des Streckfeldes sein könnte, ein erfindungsgemäßer Faden erhalten werden kann. Eine Erhöhung der Verstrecktemperatur im Beispiel 11 auf 250°C führte zu einem ständigen Reißen der Fäden. Auch bei 245°C rissen einzelne Fäden ab, andere zeigten jedoch sehr viele Kapillarbrüche. Im Beispiel 11 wurde ein wenigvororientiertes Zuliefergarn eingesetzt, das nur eine Doppelbrechung von 0,0033 aufwies.


    Ansprüche

    1. Ein ungezwirntes, hochfestes Polyestergarn für den technischen Einsatz, dadurch gekennzeichnet, daß die fadenbildende Substanz ein hohes mittleres Molekulargewicht entsprechend einer relativen Lösungsviskosität (1,0 g Polymer in 100 ml Dichloressigsäure bei 25°C) von etwa 1,90 bis etwa 2,20 aufweist und das Garn einen Thermoschrumpf S200 von weniger als 7 %, einen Elastizitätsgrad ED20 von mindestens 90 %, einen Stabilitätsquotienten SQ von mindestens 7,5 sowie eine Kristallinität von etwa 57 bis etwa 65 % aufweist.
     
    2. Garn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die fadenbildende Substanz aus einem Polyethylenterephthalat mit gegebenenfalls bis zu 2 Gew.-% anderen Comonomerbausteinen besteht.
     
    3. Garn nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Garn einen Thermoschrumpf S200 von weniger als 3%, vorzugsweise weniger als 2% aufweist.
     
    4. Garn nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es eine Kristallinität von etwa 60 bis 63 % aufweist.
     
    5. Verfahren zur Herstellung eines Garns gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß ein Polyesterzuliefergarn mit erhöhter Vororientierung, entsprechend einer Doppelbrechung von wenigstens 0,025 und einem mittleren Molekulargewicht, entsprechend einer relativen Viskosität (1 ,0 g Polymer in 100 ml Dichloressigsäure bei 25°C) von etwa 1,9 bis etwa 2,20, einer Verstreckung bei hohen Temperaturen unterzogen wird, wobei ein Streckverhältnis von mindestens 90 % des maximalen Kaltstreckverhältnisses und eine Verstreckspannung zwischen 19 und 23 cN/tex eingehalten werden.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Verstreckspannung 20 bis 23 cN/tex beträgt.
     




    Zeichnung