[0001] Die Verwendung von Siliciumcarbid zur Behandlung von Gußeisenschmelzen, wie zum Aufsilizieren,
Aufkohlen, Desoxidieren und Impfen ist seit langem Stand der Technik (vgl. US-A-2020171,
DE-C-2215266 und DE-A-2746478).
[0002] Hierfür wird üblicherweise sogenanntes metallurgisches Siliciumcarbid eingesetzt,
dessen SiC-Gehalt im Bereich von etwa 85 - 95 Gew.-% variiert und das von der Herstellung
her noch etwa 2 - 5 Gew.-% freien Kohlenstoff und etwa 2 - 3 Gew.-% Siliciumdioxid
aufweist, das in Form von Körnungen im Bereich bis zu 20 mm mit einem Maximum der
Kornverteilung von <10 mm im Handel verfügbar ist.
[0003] Die Verwendung von metallurgischem Siliciumcarbid als Legierungsmittel hat einen
positiven Einfluß auf die Qualität des Gußeisens, da während des Aufsilizierens eine
Vorimpfung der Schmelze eintritt und dieser Vorimpfeffekt nur langsam abklingt. Er
äußert sich in einer geringen Unterkühlung der Schmelze, einer Erhöhung der Zahl eutektischer
Körner, einer günstigen Verteilung und Ausbildung des Graphits und einer verminderten
Neigung zur Weiß- bzw. verstärkten Neigung zur Grauerstarrung. Die Folge ist eine
Verbesserung der Festigkeitseigenschaften, der ralativen Härte und der gleichmäßigen
Güte der Gußwerkstoffe (vgl. Untersuchungen von K. H. Caspers in "Gießerei", Bd. 59
(1972), S. 556-559 und zusammenfassende Darstellung von Th. Benecke in "Gießerei",
Bd. 68 Uber die Ursachen der Impfwirkung des metallurgischen Siliciumcarbids und deren
Langzeiteffekt ist praktisch nichts bekannt. Aus vergleichenden Untersuchungen von
R. L. Doelmann und Mitarbeitern in "Gießerei-Praxis",
Nr. 12 (1981), S. 205-212 scheint zwar hervorzugehen, daß mit 80 %igem Siliciumcarbid
ein Gußeisen mit besseren Eigenschaften erzeugt werden kann als mit 90 %igem Siliciumcarbid,
was die Autoren mit dem höheren Kohlenstoffgehalt (7,2 %) in Form von Graphit und
thermisch behandeltem Petrolkoks in dem 80 %igen Siliciumcarbid in Verbindung zu bringen
versuchen.
[0004] Das ermöglicht jedoch nicht die gezielte Auswahl bestimmter metallurgischer SiC-Sorten,
die reproduzierbar zu jeweils gleichen Ergebnissen unter jeweils gleichen Schmelzbedingungen
führen, da die einzelnen Faktoren, die bei Einsatz von SiC für die Keimbildung in
der Schmelze verantwortlich sind, nach wie vor unbekannt sind.
[0005] Es stellt sich somit die Aufgabe der Auswahl eines Siliciumcarbids für die Behandlung
von Gußeisenschmelzen, das so beschaffen sein muß, daß es die Keimbildung in der Gußeisenschmelze
gezielt zu steuern vermag, ohne daß hierzu eine aufwendige Vorsortierung handelsüblicher
metallurgischer SiC-Qualitäten erforderlich ist, die von der Herstellung her jeweils
unterschiedliche Mengen an Begleitstoffen enthalten.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein SiC verwendet wird, das
vor dem Einbringen in die Gußeisenschmelze einer oxidierenden Behandlung unterzogen
worden ist, derart, daß die einzelnen Siliciumcarbidkörner teilweise mit einer Siliciumdioxid
enthaltenden Hülle umgeben sind.
[0007] Für das erfindungsgemäß zu verwendende Siliciumcarbid ist es entscheidend, daß die
einzelnen SiC-Körner nicht vollständig mit einer gleichmäßig dicken Siliciumdioxid
enthaltenden Schicht umgeben sind, sondern daß diese Schicht an einzelnen Stellen
der Kornoberfläche unterbrochen ist, d.h. an diesen Stellen entweder vollständig fehlt
oder nur sehr dünn ist. Das kann beispielsweise dadurch erreicht werden, daß ein Siliciumcarbid
in körniger Form in ruhender oder bewegter Schüttung einer oxidierenden Atmosphäre,
wie Luft, Sauerstoff oder Wasserdampf, bei Temperaturen im Bereich von 900 °C - 1.600
°C ausgesetzt wird. Dabei werden die einzelnen Körner an den freien Oberflächen unter
Bildung der Si0
2-schicht oxidiert und gleichzeitig agglomeriert. Die Agglomerate werden anschließend
einer schonenden Zerkleinerung unterzogen zur Freilegung der Siliciumcarbidoberflächen,
die durch die Agglomeratbildung dem oxidativen Angriff ganz oder teilweise entzogen
waren.
[0008] Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird ein Siliciumcarbid mit
Korngrößen von 0,5 mm und feiner, insbesondere im Bereich von 0,1 mm bis 0,5 mm, und
einem SiC-Gehalt von mindestens 95 Gew.-% in ruhender Schüttung unter Verwendung von
stömender Luft bei Temperaturen von 1.250 °C - 1.300 °C der oxidierenden Behandlung
unterzogen. Unter diesen Bedingungen können in Abhängigkeit von der Zeit Schichtdicken
der Siliciumdioxid enthaltenden Hülle bis etwa 15 µm, insbesondere im Bereich 0,5
um bis 5 um, erzeugt werden. Der Oxidationsgrad kann dabei aus der Abnahme des ursprünglichen
SiC-Gehaltes ermittelt werden. Die anschließende Zerkleinerung unter schonenden Bedingungen
kann beispielsweise in einem Mörser vorgenommen werden. Unter schonenden Bedingungen
ist hierbei zu verstehen, daß nur die agglomerierten Körner getrennt, nicht aber die
Körner selbst weiter zerkleinert werden, so daß die ursprünglich eingesetzten Korngrößen
praktisch unverändert bleiben. Durch diese gezielte Vorbehandlung wird ein Siliciumcarbid
von genau definierter Beschaffenheit erhalten, dessen Impfwirkung mit Langzeiteffekt
in
Guß- eisenschmelzen mit unterschiedlichem Sättigungsgrad nachgewiesen wurde, wie in
den folgenden Beispielen näher erläutert. Als Gußeisenschmelzen wurden dabei solche
von hoher Reinheit verwendet, die naturgemäß besonders keimarm sind.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren ist jedoch nicht auf diese bevorzugte Ausführungsform
beschränkt, sondern es liegt im Rahmen der Erfindung, daß sowohl die Parameter für
die oxidierende Behandlung, als auch für das Siliciumcarbid, das dieser Behandlung
unterzogen wird, in breitem Rahmen variiert werden können.
[0010] Das Einbringen des erfindungsgemäß vorbehandelten Siliciumcarbids in die Gußeisenschmelze
kann in üblicher bekannter Weise vorgenommen werden, wie durch Zugabe im Schmelzaggregat,
im und vor dem Warmhalteaggregat oder im Vorherd oder durch Zugabe zu der Gattierung
vor dem Aufschmelzen. Ferner kann es sowohl in Form einer losen Körnung als auch in
Form von Pellets oder Briketts eingesetzt werden, die in üblicher bekannter Weise
kompaktiert worden sind.
Beispiel 1
[0011] Herstellung eines vorbehandelten Siliciumcarbids:
Als Ausgangsmaterial wurde kristallines Siliciumcarbid mit einem SiC-Gehalt von 98,5
Gew.-%, einem Si02-Gehalt von 0,26 Gew.-% und einer Korngröße von 0,1 - 0,5 mm verwendet, das frisch
aufgemahlen und abgesiebt worden war.
[0012] Dieses SiC wurde als lose Schüttung in einem elektrisch beheizten Rohrofen untergebracht
und bei 1.250 °C - 1.300 °C unter leichtem Unterdruck (0,4 - 0,6 Bar)in strömender
Luftatmosphäre 72 Stunden oxidiert. Nach dem Abkühlen wurde das agglomerierte Produkt
aus dem Ofen entnommen und durch schonendes Brechen in einem Mörser zerkleinert.
[0013] Nach der Oxidation betrug der SiC-Gehalt 93,9 Gew.-% und der Si0
2-Gehalt 4,6 Gew.-%. Der Oxidationsgrad, d.h. der Prozentsatz an oxidiertem SiC, errechnet
aus der Abnahme des SiC-Gehalts und entsprechend der Zunahme des Si0
2-Gehaltes, betrug somit 3 %. Die Schichtdicke der Si0
2-Umhüllung betrug maximal 5 µm.
[0014] Die Erzeugung der teilweisen SiO
2-Umhüllung der SiC-Körner ist in Figur 1a - c schematisch dargestellt.
Figur 1a zeigt die SiC-Körner vor der Oxidation: 1 sind die Berührungsstellen der
Körner;
Figur 1b zeigt die SiC-Körner nach der Oxidation: 2 ist die erzeugte SiO2-Schicht;
Figur 1c zeigt die SiC-Körner nach dem schonenden Brechen: 2 ist die erzeugte SiO2-Schicht, die durch freigelegte Oberflächen an den Stellen 3 unterbrochen ist.
Beispiel 2
[0015] Einsatz des nach Beispiel 1 vorbehandelten Siliciumcarbids zum Vorimpfen von Gußeisenschmelzen
im Vergleich zu unbehandeltem SiC:
Die Schmelze enthielt jeweils 2 Gew.-% Si.
[0016] Zugabe des Si-Trägers entweder im Kalteinsatz oder durch Einrühren bei 1.350 °C.
[0017] Sofern nicht anders angegeben, Sättigungsgrad (Sc) der Schmelze = 0,91 %, = C-Gehalt
der Schmelze 3,3 Gew.-%.
[0018] S-Gehalt der Schmelze = 0,035 Gew.-%.
[0019] Korngröße des SiC: unbehandelt 0 - 1 mm vorbehandelt 0,1 - 0,5 mm.
[0020] Einsatz im kalten Tiegel: Reinsteisen (99,9 Gew.-% Fe), Graphit (99,99 Gew.-% C),
Eisensulfid (> 99 Gew.-% FeS).
[0021] Aufheizen, Schmelzen, Halten in einem elektrisch beheizten Tiegelofen unter CO-Gasschleier:
1. Aufheizen mit 70 - 80 °C/min bis
2. 1.350 °C: 2 min Rühren bzw. Einrühren der Si-Träger und je nach Beispiel Halten
oder
3. Weiteraufheizen mit 50 - 60 °C/min bis 1.500 °C: Halten;
4. Abkühlen der Schmelze im Tiegel mit 25 - 30 °C/min.
[0022] Die Ergebnisse sind in den Tabellen 1 - 3 zusammengestellt. Wie hieraus ersichtlich,
ist der verbesserte Vorimpfeffekt des erfindungsgemäß vorbehandelten SiC im Vergleich
zu unbehandeltem SiC deutlich nachweisbar. Er äußert sich in einer geringeren eutektischen
Unterkühlung, Vergrößerung der Zahl der eutektischen Körner, Verbesserung der Graphitausscheidung
in Form von A-Graphit und insbesondere in einer beträchtlichen Verbesserung der Neigung
zur Grauerstarrung.
1. Verfahren zur Behandlung von Gußeisenschmelzen mit Siliciumcarbid,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Siliciumcarbid verwendet wird, das vor dem Einbringen in die Gußeisenschmelze
einer oxidierenden Behandlung unterzogen worden ist, derart, daß die einzelnen Siliciumcarbidkörner
teilweise mit einer Siliciumdioxid enthaltenden Hülle umgeben sind.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Siliciumcarbid in körniger Form in ruhender oder bewegter Schüttung einer
oxidierenden Atmosphäre bei Temperaturen im Bereich von 900 °C bis 1.600 °C ausgesetzt
wird, die gebildeten Agglomerate anschließend einer schonenden Zerkleinerung unterzogen
werden zur Freilegung der Siliciumcarbidoberflächen, die durch die Agglomeratbildung
dem oxidativen Angriff ganz oder teilweise entzogen waren und das so vorbehandelte
Siliciumcarbid in die Gußeisenschmelze eingebracht wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet ,
daß ein Siliciumcarbid mit Korngrößen von 0,5 mm und feiner und einem SiC-Gehalt von
mindestens 95 Gew.-% in ruhender Schüttung einer strömenden Luftatmosphäre bei Temperaturen
von 1.250 °C bis 1.300 °C bis zur Bildung einer Schichtdicke der Siliciumdioxid enthaltenden
Hülle von bis zu 15 µm ausgesetzt wird, die agglomerierten Körner anschließend unter
schonenden Bedingungen getrennt und dann in die Gußeisenschmelze eingebracht werden.