[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Schuhwerk, bei dem zunächst
das Oberleder ohne Zwickeinschlag zugeschnitten, vorbereitet, zum Schaft vernäht und
mit Vorder- und Hinterkappe versehen wird, anschließend der untere Rand des Schaftes
und der Rand einer Schalensohle aufgerauht werden, die miteinander zu verklebenden
Teile von Schaft und Schalensohle zementiert werden und schließlich die Schalensohle
aufgesetzt und wenigstens an Spitze und Ferse angepreßt wird. Die Erfindung betrifft
ferner eine Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens.
[0002] Die Fertigung von Schuhen mit Schalensohlen umfaßt heute ca. siebzehn Arbeitsgänge.
Zunächst wird die Brandsohle geheftet, dann die Hinterkappe eingeformt, der Leisten
zugeordnet und die Spitze gezwickt. Nach dem Aktivieren werden die Seiten und schließlich
die Ferse gezwickt. In getrennten Arbeitsgängen werden der Boden und die Seiten aufgerauht,
anschließend werden Boden und Seiten zementiert Jetzt muß der Zement aktiviert und
die Schalensohle gesetzt werden. Anschließend werden die Verklebungsflächen gepreßt
und getrocknet Endlich wird der Schuh ausgeleistet die Schnitte werden gereinigt,
der Schuh wird gefinisht und die Decksohle wird eingelegt.
[0003] Bei dem bekannten, soeben beschriebenen Verfahren mit einer Vielzahl von Arbeitsgängen
ist der Lohnanteil an den Herstellungskosten hoch. Ein weiterer Nachteil bei der klassischen
Schuhherstellung ist der relativ hohe Lederanteil für den Zwickeinschlag, für den
ca. 30 % des Oberleders verbraucht werden. Da der Bedarf an Leder jedoch nicht nur
in der Schuhindustrie zugenommen hat sondern auch im Automobilbau und bei der Fertigung
von Polstermöbeln in zunehmendem Umfang bestes Leder verwendet wird, die Produktion
von Rohhäuten jedoch nicht im gleichen Umfang zugenommen hat besteht ein erheblicher
Bedarf an Herstellungsverfahren für Schuhe, bei denen auf den Zwickeinschlag verzichtet
werden kann.
[0004] Es hat in der Vergangenheit nicht an Versuchen gefehlt, Schuhe ohne Zwickeinschlag
herzustellen. So zeigt beispielsweise die DE-OS 2360249 ein Verfahren, bei dem die
Sohle direkt an das Oberleder angespritzt wird. Hierzu wird zunächst der Schaft vor
dem Anspritzen der Sohle fertig ausgeformt Anschließend wird der Schaft auf einen
als Oberteil einer Spritzform wirkenden Anformleisten aufgelegt und mittels Niederhattem
fixiert und in eine als Unterteil der Spritzform ausgebildete Sohlenform dicht eingesetzt
Zur Verankerung des Schaftes in der Sohle ist ein dem Zwickrand entsprechender Schaftrand
erforderlich, so daß die erwünschte Ersparnis an Leder nicht eintritt. Außerdem erfordert
das Herstellen der Sohle einen sogenannten Spritzleisten, der normalerweise nicht
geteilt ist und deshalb zum Auf-Maß-Spannen des Schaftes nicht verwendet werden kann.
Nach diesem bekannten Verfahren können allenfalls fersenfreie Schuhe, sogenannte Clogs,
hergestellt werden.
[0005] Einen weiteren Versuch, brandsohlenlose Schuhe herzustellen, zeigt die DE-AS 2342304.
Hier wird der Spitzenbereich durch einen entsprechenden Zuschnitt des Leders und das
anschließende Nähen geformt Dadurch erhält die Spitze des Schuhs eine wenig attraktive
Form. Außerdem muß der Schaft im Spitzen- und Fersenbereich des Leistens mit Hilfe
von Domen fixiert werden. Diese Domen sind jedoch beim Ausleisten hinderlich, da sie
wenigstens das Futter, unter Umständen aber auch das Leder beschädigen können. Außerdem
schränkt die spezielle Spitzenformung den Modelleur in seiner Gestaltungsfreiheit
erheblich ein. Nach der DE-OS 26
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183 soll das Oberleder an einem hochgezogenen Schaftrand der Sohle angeklebt und gegebenenfalls
angenäht werden. Es wird jedoch keine Lehre dafür gegeben, wie das im wesentlichen
flache Leder eines Halbschuhs oder Stiefels speziell im Bereich der Schuhspitze an
der Laufsohle befestigt werden könnte. Dieses Verfahren eignet sich deshalb bestenfalls
zur Herstellung von Riemensandalen.
[0006] Die DE-OS 2306129 zeigt ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Vorformen des kompletten
Schuhschaftes. Dabei wird auf einer zweiteiligen, verstellbaren Preßform die Hinterkappe
endgeformt, die Vorderkappe jedoch lediglich vorgeformt, so daß sie sich mit dem Leder
verbindet und für den nachfolgenden Zwickvorgang vorbereitet ist.
[0007] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen
von Schuhwerk der eingangs genannten Art anzugeben, welches ohne Zwickeinschlag und
ohne Zwickvorgänge arbeitet, wobei die verbleibenden Arbeitsvorgänge weitestgehend
maschinell und teilweise sogar automatisch ablaufen, wobei der fertige Schuh jedoch
sowohl im Aussehen, als auch in der Haltbarkeit sich nicht von einem herkömmlichen
Schuh unterscheidet
[0008] Diese Aufgabe wird gelöst durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1.
[0009] Damit ergeben sich die Vorteile, daß ca. 30 % an Oberledermaterial eingespart werden
kann und daß die Zahl der Arbeitsgänge erheblich geringer ist, so daß neben dem Materialanteil
auch der Lohnanteil an den Herstellungskosten drastisch reduziert wird.
[0010] Zur Erhöhung der Haltbarkeit der Verbindung zwischen Sohle und Schaft kann gemäß
einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung eine zusätzliche Naht angebracht werden.
Diese Naht kann gleichzeitig als Ziemaht ausgebildet werden.
[0011] Gemäß einer besonderen Weiterbildung der Erfindung kann nach dem Verkleben von Schaft
und Schalensohle der Schuh unter Überdruck gedämpft, dann eingeleistet, getrocknet
und wieder ausgeleistet werden. Das Dämpfen des Schuhs empfiehlt sich insbesondere
bei Lederschuhen, die durch diesen abschließenden Vorgang ihre endgültige, leistengerechte
Form bekommen. Da nur noch während dieses letzten Verarbeitungsschrittes Leisten benötigt
werden, kann deren Zahl erheblich verringert werden, wodurch sich ein weiterer Rationalisierungseffekt
ergibt
[0012] Außerdem ist es möglich, die Decksohle mit der Schalensohle zu verkleben.
[0013] Wie schon erwähnt, läuft das erfindungsgemäße Herstellungsverfahren weitgehend maschinell
bzw. automatisch ab. Zur Ausführung der Erfindung sind infolgedessen auch eine Reihe
von Vorrichtungen nötig, die bei einzelnen Herstellungsschritten angewendet werden
und an dieser Stelle die kostengünstige und qualitativ einwandfreie Herstellung des
Schuhwerks garantieren.
[0014] Die wichtigste und zugleich die größte Einsparung mit sich bringende Vorrichtung
ist die Maschine, mit der der im Spitzenbereich leistengetreu vorbereitete Schaft
auf Maß gespannt wird. Diese Vorrichtung umfaßt zwei, in ihren Konturen dem Leisten
entsprechende Teifformen, auf die der in der Spitze vorgeformte Schaft aufsetzbar
ist. Ein Spitzenanpreßformstück preßt den vorgeformten Schaft in der Spitze gegen
die vordere Teilform, wodurch das Leder unverrückbar festgehalten wird, läßt jedoch
den zementierten Rand des Schaftes frei. Mit Hilfe eines Fersenanpreßformstückes wird
der Fersenbereich des Schaftes angepreßt, wobei gleichzeitig die Hinterkappe verpreßt
und geformt wird. Auch hier bleibt der zementierte Rand des Schaftes frei. Weitere
Anpreßformstücke dienen schließlich dazu, nach dem Aufsetzen der vorbereiteten Schalensohle
auf den gespannten und fixierten Schaft die Klebeflächen zu pressen, um so eine einwandfreie
Klebeverbindung herzustellen. Die Teilformen bzw. die Anpreßformstücke sind beheizbar.
[0015] Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung sind die Teilformen, mit denen der Schaft
gespannt wird, und die Anpreßformstücke, mit denen der Schaft fixiert bzw. die Klebeflächen
gepreßt werden, pneumatisch angetrieben. Die Handarbeitsgänge bestehen lediglich noch
im Aufsetzen des Schaftes, dem Aufsetzen der Schalensohle und dem Abnehmen des verklebten
Schuhes.
[0016] Anhand der Zeichnung sollen das erfindungsgemäße Verfahren sowie die zu seiner Durchführung
erforderlichen erfindungsgemäßen Vorrichtungen erläutert werden. Es zeigen
Abb. 1 einen Schaft, wie er beim klassischen Verfahren der Schuhherstellung zugeschnitten
wird,
Abb. 2 einen Schaft, wie er für das erfindungsgemäße Verfahren zugeschnitten wird,
Abb. 3 das Aufrauhen des Randes.
Abb. 4 das Einformen der Spitze,
Abb. 5 das Aufmaßspannen des Schaftes und das Aufsetzen der Schalensohle einschließlich
der dabei verwendeten Vorrichtung und
Abb. 6 den vorbereiteten und vernähten Schuh einschließlich der dabei verwendeten
Nähmaschine.
[0017] In Abb. 1 erkennt man einen vorbereiteten und gesteppten Schaft 1, an dessen unterem
Rand ein Zwickeinschlag 2 vorgesehen ist. Die Fläche des Zwickeinschlags 2 umfaßt
ca. 30 % des ganzen Obermaterials.
[0018] Abb. 2 zeigt einen Schaft 3 ohne Zwickeinschlag, wie er bei der Durchführung des
erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens verwendet wird.
[0019] Abb. 3 zeigt das Aufrauhen des Schaftes 3 im Bereich des äußeren Randes 4 mit Hilfe
einer Oberleder-Kantenrauhmaschine, von der nur das Rauhwerkzeug 11 dargestellt ist.
Der Rand 4 kann in beliebiger Breite aufgerauht werden, jeweils angepaßt an die Tauchtiefe
der vorgefertigen Schalensohle.
[0020] Abb. 4 zeigt den Schaft 3 mit aufgerauhtem Rand 4 und einer vorgeformten Spitze 5.
Zum Formen der Spitze muß der vemähte Schaft einer enorm starken Dehnverformung unterworfen
werden, insbesondere, wenn er aus Leder besteht, um so einschließlich eventueller
Verstärkungskappen seine leistengetreue Form zu erhalten, die er anschließend auch
im ausgeleisteten Zustand beibehält. Dies geschieht beim herkömmlich gezwickten Schuh
in erster Linie beim Zwickvorgang, indem am Zwickeinschlag gezogen wird. Da beim erfindungsgemäßen
Verfahren jedoch der Zwickrand und damit auch der Zwickvorgang entfallen, muß der
Schaft zunächst in seinem Spitzenbereich nahezu leistengetreu endgeformt sein, bevor
er mit der Sohle verbunden wird. Andernfalls könnte ein Verzug und eine unschöne Faftenbildung
nicht verhindert werden.
[0021] Das Vorformen der Spitze erfolgt in einer speziellen Spitzenformmaschine, die beispielsweise
eine Ober-, Unter-, und Mittelform besitzt, deren Konturen der Kontur des Leistens
entsprechen. Diese Formen sind mit abriebfestem Material belegt welches eine gewisse
Elastizität aufweist und somit einen Ausgleich von unterschiedlichen Lederstärken
ermöglicht.
[0022] Abb. 5 zeigt den wichtigsten Verfahrensschritt sowie (in schematischer Darstellung)
die dazu verwendete Vorrichtung. Man erkennt eine vordere und eine hintere Teilform
21, 22, auf die der vorgeformte Schaft 3 aufgesetzt wird. Mit Hilfe eines Spitzenanpreßformstücks
23 wird der Schaft 3 im Bereich der Spitze an der vorderen Teifform 21 fixiert. Die
beiden Teilformen 21, 22 werden mechanisch, insbesondere pneumatisch auseinander bewegt
und dabei der Schaft auf seine endgültige Länge gespannt. Die Konturen der beiden
Teilformen 21, 22 entsprechen den Konturen des fertigen Schuhs.
[0023] Mit Hilfe eines Fersenanpreßformstücks 24 wird der Schaft 3 im Fersenbereich angepreßt
und fixiert. Dabei wird gleichzeitig die Hinterkappe eingezogen und verpreßt. Um die
Hinterkappe aktivieren zu können, ist die hintere Teilform 22 oder das Anpreßformstück
24 beheizbar.
[0024] Die Spitzen- und Fersenanpreßformstücke 23, 24 sind so ausgebildet, daß der zementierte
Rand 4' des Schaftes 3 frei bleibt. Auf diesen Rand 4' wird die vorbereitete Schalensohle
6 aufgesetzt. Weitere Anpreßformstücke 25, 26 werden nun ebenfalls mechanisch bzw.
pneumatisch vorgefahren und pressen den Spitzenbereich 8 bzw. den Fersenbereich 9
der Schalensohle 6 gegen die Teilformen 21, 22 und bewirken so die Klebeverbindung
zwischen Schaft 3 und Sohle 6.
[0025] Nach dem Wegfahren der Anpreßformstücke 23 bis 26 und dem Entspannen der Teilformen
21, 22 kann der Schuh aus der Maschine entnommen werden.
[0026] Abb. 6 zeigt den Schuh 10, bestehend aus der Schalensohle 6 und dem Schaft 3. Zur
zusätzlichen Sicherung der Klebeverbindung zwischen Schalen sohle 6 und Schaft 3 ist
mit einer Nähmaschine 27 eine Naht 28 eingenäht worden.
[0027] Nach dem Verkleben und gegebenenfalls Vernähen wird der Schuh in einer nicht dargestellten
Druckkammer gedämpft, wobei das Leder in kurzer Zeit geschmeidig und formbar wird.
In den gedämpfen Schuh wird jetzt erstmals ein Leisten eingesetzt. Der aufgeleistete
Schuh wird in einer Trockenvorrichtung getrocknet, wobei das Leder seine endgültige
Form annimmt. Diese Form behält es auch nach dem Ausleisten bei.
[0028] Die letzten Arbeitsgänge bestehen in dem Vervollständigen des Finish und in dem Einlegen
bzw. Einkleben einer Decksohle.
1. Verfahren zum Herstellen von Schuhwerk, bei dem zunächst das Oberleder ohne Zwickeinschlag
zugeschnitten, vorbereitet, zum Schaft vernäht und mit Vorder- und Hinterkappe versehen
wird, anschließend der untere Rand des Schaftes und der Rand einer Schalensohle aufgerauht
werden, die miteinander zu verklebenden Teile von Schaft und Schalensohle zementiert
werden und schließlich die Schalensohle aufgesetzt und wenigstens an Spitze und Ferse
angepreßt wird, dadurch gekennzeichnet, daß nach dem Vernähen des Schaftes (3) zunächst
nur die Spitze (5) leistengetreu endgeformt wird, daß dann der Schaft (3) auf eine
leistenartige zweiteilige Spannvorrichtung (29) gelegt, mit Anpreßformstücken (23,
24) fixiert und axial auf Maß gespannt wird, wobei gleichzeitig die Hinterkappe eingeformt
wird, und daß nach dem Verkleben von Schaft (3) und Schalensohle (6) eine Decksohle
eingelegt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Schaft (3) und Schalensohle
(6) zusätzlich vernäht werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß nach dem Verkleben von Schaft
(3) und Schalensohle (6) der Schuh unter Überdruck gedämpft, dann eingeleistet, getrocknet
und wieder ausgeleistet wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet daß die Decksohle mit der Schalensohle (6) verklebt
wird.
5. Vorrichtung zum auf Maß Spannen des Schaftes (3) gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß zwei, in ihren Konturen dem Leisten (29) entsprechende Teilformen (21, 22) vorgesehen
sind, auf die der in der Spitze (5) geformte Schaft (3) aufsetzbar ist, daß ein Spitzenanpreßformstück
(23) vorgesehen ist, welches den Schaft (3) im Bereich der Spitze (5) festhält, den
gerauhten und zementierten Rand (4') des Schaftes (3) aber freiläßt, daß ein Fersenanpreßformstück
(24) vorgesehen ist das die Hinterkappe verpreßt, den Rand (4') des Schaftes (3) aber
freiläßt, daß die Teilformen (21, 22) und ihre zugehörigen Anpreßformstücke (23, 24)
in Sohlenlängsrichtung zueinander einstellbar sind, daß weitere Anpreßformstücke (25,26)
zum Andrücken des Schalensohlenrandes (7) vorgesehen sind und daß die Teilformen (21,
22) oder die Anpreßformstücke (23, 24) beheizbar sind.
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Teilformen (21, 22)
und Anpreßformstücke (23 bis 26) pneumatisch angetrieben sind.