(19)
(11) EP 0 185 649 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.06.1986  Patentblatt  1986/26

(21) Anmeldenummer: 85890308.1

(22) Anmeldetag:  13.12.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C10J 3/02, C10J 3/82
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 18.12.1984 AT 4006/84

(71) Anmelder: WAAGNER-BIRO AKTIENGESELLSCHAFT
A-1221 Wien (AT)

(72) Erfinder:
  • Beckmann, Georg, Dr. Dipl.-Ing.
    A-1030 Wien (AT)
  • Hillinger, Bruno, Dr. Dipl.-Ing.
    A-2371 Hinterbrühl (AT)
  • Möller, Burkhard, Dr.-Ing.
    DDR-8020 Dresden (DD)
  • Wolf, Bodo, Dr.-Ing.
    DDR-8210 Freital (DD)

(74) Vertreter: Wallner, Gerhard, Dipl.-Ing. 
Waagner-Biro Aktiengesellschaft Patentreferat Postfach 11
1221 Wien
1221 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Überhitzung des Vergasungsrohgases und Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von überhitztem Vergasungsrohgas. Durch den Stand der Technik ist bekannt, daß durch Überhitzung von durch Gegenstromvergasung in Festbettvergasungsreaktoren erzeugtem Vergasungsrohgas eine Kondensation im Gas enthaltener flüssiger Bestandteile, insbesondere Teer und andere flüssige Kohlenwasserstoffe, vermieden und damit ein abproduktfreier Transport oder eine trockene Entstaubung des Vergasungsrohgases gesichert werden kann, wobei zur Überhitzung des Rohgases ein Zusatzbrennstoff oder die Verbrennung eines Teilstromes des erzeugten Vergasungsrohgases verwendet wird.
    Erfindungsgemäß wird das verhindert, indem ein τeiistrom über eine Umgehungseitung (2) des in der Hochtemperaturzone (4) der Vergasungszone entstehenden Vergasungsgases nicht zur Schwelung des Brennstoffes in der Schwelzone (3) eingesetzt sondern ohne bedeutende Wärmeabgabe durch oder um die Schwelzone (3) des Vergasungsprozesses gefahren und dem aus der Brennstoffschüttung über der Schwel- und Trockenzone austretenden Gemisch aus Schwel- und Vergasungsgas zugemischt wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Überhitzung des Vergasungsrohgases aus bituminösen Brennstoffen, wie z.B. Braunkohle, nach der im Gegenstromprinzip arbeitenden Festbettvergasung und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. Die Erfindung kann angewendet werden bei der Vergasung fester Brennstoffe in im Gegenstrom arbeitenden Festbettvergasungsreaktoren. Reaktoren zur Vergasung von festen Brennstoffen, bei denen in einem Festbett der zu vergasende Feststoff im Gegenstrom zum Vergasungsmittel geführt wird, sind seit Jahrzehnten im industriellen Einsatz. Mit der AT-PS 71.275, DE-PS 358.237, GB-PS 247.571 und der DD-WP 212.087 wurden Möglichkeiten aufgezeigt, dabei entstehendes, aus Schwel- und Vergasungsprodukten zusammengesetztes, Rohgas so zu überhitzen, daß das Rohgas ohne Kondensationserscheinungen abproduktfrei zu seinen Verbrauchern, wie Dampferzeugern und anderen Industriefeuerungen in wärmeisolierten Rohrleitungen und/oder entsprechenden vorrichtungen bei Drücken bis 5 MPa transportiert bzw. entstaubt werden kann.

    [0002] Das wird erreicht, indem ein durch Verbrennung eines fremden Brennstoffes oder durch Teilstromverbrennung des Rohgases erzeugtes Verbrennungsgas mit hoher Temperatur dem Rohgas zugemischt wird. Bekannt sind auch Festbettvergasungsverfahren für bituminöse Brennstoffe, bei denen nur ein Teil des aus dem nach der Schwelung vorliegenden Kokses erzeugten heißen Vergasungsrohgases durch den bituminösen Brennstoff zur Sicherung des Schwelprozesses geleitet wird, während der andere Teil des Vergasungsrohgases als Klargas aus dem Vergasunsreaktor abgezogen wird. Dieser Stand der Technik hat den Nachteil, daß ein fremder Brennstoff oder ein Teilstrom des Rohgases zur Gas- überhitzung in separaten Vorrichtungen verbrannt wird, bevor das dabei entstehende Verbrennungsgas mit dem Rohgas vermischt werden kann. Aus dem Vergasungsreaktor abgezogenes Klargas hat die Temperatur der Vergasungszone, es muß deshalb vor seiner Fortleitung abgekühlt werden oder in ausgemauerten Rohrleitungen transportiert werden. Wird das gesamte Vergasungsgas aus der Vergasungszone eines Festbettreaktors durch die bituminöse Brennstoffschicht gefahren, dann wird die fühlbare Wärme dieses Gases für endotherme Vorgänge der Schwelung und Crackung der flüssigen Kohlenwasserstoffe verbraucht, was zu hoch siedenden großmolekularen Kohlenwasserstoffen führt.

    [0003] Das Ziel der Erfindung ist ein Verfahren zur schonenden Schwelung bituminöser Brennstoffe bei gleichzeitiger Nutzung der dadurch frei werdenden Enthalpiedifferenz des Gases aus der Vergasungszone von Festbettgeneratoren zur Überhitzung des aus Schwel- und Vergasungsgas bestehenden Vergasungsrohgases sowie die Vermeidung des Einsatzes von Zusatzbrennstoffen oder der Verbrennung eines Rohgasteilstrooes sowie eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens zu schaffen.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, heißes Gas aus der Vergasungszone von Festbettvergasungsverfahren ohne bedeutende Temperaturabsenkung zur Überhitzung des im Gassammelraum des Festbettvergasungsreaktors zur Überhitzung des dort aus der Feststoffschüttung austretenden Gemisches von Vergasungs- und Schwelgas einzusetzen sowie eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens zu schaffen.

    [0005] Die Erfindung ist verfahrensmäßig dadurch gekennzeichnet, daß ein Teil, insbesondere 20 bis 35 %, des heißen in der Vergasungszone bei ca. 900 0 C erzeugten Vergasungsgases mit geringen Wärmeverlusten durch Umgehung der Schwelzone dem aus der Schwelzone der Feststoffschüttung austretenden, teilweise abgekühlten und auskondensierten Vergasungsrohgas, bestehend aus einem Gemisch von Vergasungs- und Schwelgas, zugemischt wird, wodurch dessen Temperatur um 50 bis 150 0 C erhöht wird, und die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens ist dadurch gekennzeichnet, daß in einem Brennstoffvergaser mindestens eine Umgehungsleitung zur Schwelzone vorgesehen ist, durch welche heiße Vergasungsgase aus der Hochtemperaturzone direkt in den Gassammelraum oder die Gassammelleitung einleitbar sind. Wesentliche Erfindungsmerkmale sind in den Unteranspruchen angegeben.

    [0006] Die Erfindung ist in den angeschlossenen Fig. 1 und 2 beispielsweise und schematisch dargestellt. Fig. 1 zeigt im Schnitt einen Brennstoffvergaser im Aufriß und Fig. 2 hiezu eine Konstruktionsvariante.

    [0007] In Fig. 1 ist ein Brennstoffvergaser für bituminöse Brennstoffe wie z.B. Braunkohle nach der im Gegenstromprinzip arbeitenden Festbettvergasung dargestellt. Bei dieser Einrichtung wird der zu vergasende Brennstoff über die Einfüllöffnung 11 in den Vergaser eingebracht und der Rückstand aus der Vergasung in Form von Asche und Schlackenteilchen über den Auslaß 12 abgeführt. Im Brennstoffvergaser 1 schichtet sich der zu vergasende Brennstoff von unten nach oben, wobei im Betriebszustand unten eine Ascheschicht 13 gebildet wird und sich daran eine Hochtemperaturzone 4 anschließt, aus welcher die heißen Vergasungsgase nach oben entweichen und den Brennstoff in der Schwelzone 3 zum Schwelen bringen und in der darüberliegenden Vorwärmzone 14 auf Schweltenperatur aufwärmen. Beim Durchgang durch diese Schichten wird das Vergasungsgas aus der Hochtemperaturzone 4 von etwa 900 ° C auf etwa 300 ° C abgekühlt, wobei in der Schwelzone 3 teerreiche Schwelgase hinzugemischt werden, so daß es bereits in der darüberliegenden Vorwärmzone zur Teerkondensatbildung kommt. Diese Teerkondensate schlagen sich an der Kohle nieder und wandern so schließlich wieder in die Hochtemperaturzone, wo sie durch das durch den Gasverteiler 7 eintretende Reduktionsgas aufgespalten werden. Im Raum oberhalb der Vorwärmezone wird das im Gasgemisch enthaltene Teer durch Wärmeabstrahlung noch weiter unterkühlt, so daß es in diesem Bereich zu Teerabscheidungen an den Wandungen kommen kann, die letzten Endes zu Schwierigkeiten im Generator bzw. in den nachgeschalteten Leitungen führen können. Um derartige Kondensatbildungen im Feststoffvergaser zu verhindern, werden die Wandungen isoliert und auch beheizt. Diese Maßnahmen sind aber in den nachgeschalteten Leitungen nur mehr schwer durchzuführen. Um diesen Nachteil zu beheben, ist oberhalb der Hochtemperaturzone oder noch in dieser ein Gassammler 8 vorgesehen, der das heiße Vergasungsrohgas aus der Hochtemperaturzone 4 sammelt und über eine Umgehungsleitung 2 in die Gassanmelleitung 6 führt, so daß das im Gassammelraum bereits teilweise abgekühlte Vergasungsrohgas erhitzt, bzw. auf den Teergehalt gesehen, überhitzt wird und damit der Teerkondensatbildung entgegengewirkt wird. Die Überhitzungstenperatur wird nun so gewählt, daß im Hinblick auf die unvermeidlichen Wärmeverluste bis zum Verbraucher die Temperatur des Vergasungsrohgases nicht unter den Wert der Temperatur im Gassammelraum 5 absinken kann. Zu diesem Zweck ist in der Umgehungsleitung 2 ein gesteuertes Drosselventil vorgesehen, von dem Steuerleitungen zu einem Temperaturfühler 15 im Gassammelraum 5 bzw. zur Temperaturmessung in der Umgehungsleitung 2 führen. Da das heiße Vergasungsgas in der Umgehungsleitung 2 einen höheren Druck als das Vergasungsrohgas im Gassammelraum 5 aufweist, läßt sich dieser Druckunterschied in einer Mischdüse zur besseren Durchmischung des Gasgemisches und zu einer Erhöhung des Durchflusses in der Gassammelleitung 6 verwenden. In Fig. 2 ist eine Konstruktionsvariante zur Fig. 1 dargestellt, bei der anstelle der außen liegenden Umgehungsleitung 2 mehrere parallel angeordnete innen liegende Umgehungsleitungen 2' vorgesehen sind, die zur Erreichung des Regelzwekkes eventuell einzeln abschaltbar sind. Ein weiterer Unterschied in der Konstruktion besteht ferner darin, daß in Fig.2 der Brennstoffvergaser 1 eine seitliche Einfüllöffnung 11 aufweist, so daß durch die zentrale Einfüllung die Umgehungsleitungen 2' nicht gestört werden.

    [0008] Das Wesen der Erfindung wird darin gesehen, daß ein Teilstrom des Vergasungsgases aus der Vergasungszone durch die Schwelzone mit Hilfe von Rohren, Kanälen oder über einen Sammelkanal direkt in den Gassammelraum der Festbettvergasung oder in den Gasabgang des Vergasungsreaktors geleitet und dort mit dem aus der Brennstoffschüttung austretenden Gemisch aus Schwel- und Vergasungsgas vermischt wird. Der höhere Druck des Gases aus der Vergasungszone kann unter Nutzung des Venturiprinzipes dabei zur Sicherung einer weitgehend homogenen Mischung der Gase und der Regelung der Mischung verwendet werden.

    Ausführungsbeispiel



    [0009] Bei einem mit Braunkohlenbriketts arbeitenden Festbettschwachgasgenerator fällt bei Vollast im Gassammelraum des Vergasungsreaktors ein Gemisch aus Schwel- und Vergasurjgsgas mit einer Temperatur zwischen 200 ° C bis 300 ° C an. Durch Ableitung von 20 bis 35 % des in der Vergasungszone entstehenden 750 ° bis 900 ° C heißen Vergasungsgases über Rohre durch die Schwelzone oder über ein mit einem horizontalen Sammelkanal über der Vergasungszone verbundenes Rohr bzw. verbundene Rohre und Zumischung zum im Gassammelraum über der Brennstoffschüttung austretenden Gasgemisches wird eine Temperaturerhöhung um 50 ° bis 150 ° C erreicht und damit die zum abproduktfreien Transport des Vergasungsrohgases notwendige Überhitzung.


    Ansprüche

    1) Verfahren zur Überhitzung des Vergasungsrohgases aus bituminösen Brennstoffen, wie z.B. Braunkohle, nach der im Gegenstromprinzip arbeitenden Festbettvergasung, dadurch gekennzeichnet, daß ein Teil, insbesondere 20 bis 35 %, des heißen in der Vergasungszone bei ca. 900 0 C erzeugten Vergasungsabgases mit geringen Wärmeverlusten durch Umgehung der Schwelzone dem aus der Schwelzone der Feststoffschüttung austretenden, teilweise abgekühlten und auskondensierten Vergasungsrohgas, bestehend aus einem Gemisch von Vergasungs- und Schwelgas, zugemischt wird, wodurch dessen Temperatur um 50 bis 150 0 C erhöht wird.
     
    2) Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der gegenüber dem aus der Feststoffschüttung austretenden Vergasungsrohgas höhere Druck des Vergasungsgases zur Durchmischung der beiden unterschiedlich temperierten Gase in einer Venturidüse genutzt wird.
     
    3) Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Menge des zugemischten heißen Vergasungsgases in Abhängigkeit von der Temperatur des aus der Feststoffschüttung austretenden Vergasungsrohgases geregelt wird.
     
    4) Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß in einem Brennstoffvergaser 1 mindestens eine Umgehungsleitung 2 zur Schwelzone 3 vorgesehen ist, durch welche heiße Vergasungsgase aus der Hochtemperaturzone 4 direkt in den Gassammelraum 5 oder die Gassammelleitung 6 einleitbar sind.
     
    5) Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß in der Hochtemperaturzone 4, insbesondere oberhalb eines Gasverteilers 7, ein Gassamler 8 für einen Teil des Vergasungsgases vorgesehen ist, von welchem die Umgehungsleitung 2 zu einer venturirohrartigen Mischdüse 9 geführt ist.
     
    6) Vorrichtung nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß in der Umgehungsleitung 2 ein gesteuertes Drosselventil 10 vorgesehen ist, welches von der Temperatur des im Gassammelraum 5 befindlichen Vergasungsrohgases steuerbar ist.
     
    7) Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Umgehungsleitungen 2 vorgesehen sind, die einzeln absperrbar sind und als Treibdüsen für den engsten Querschnitt der Mischdüse 9 ausgebildet sind.
     




    Zeichnung