[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft Additive zur Verbesserung des Fließverhaltens
von Rohöl. Diese Additive behalten auch bei hoher Scherbelastung ihre Wirksamkeit.
[0002] Als Rohöl wird das unmittelbar aus der Erde kommende ungereinigte Erdöl bezeichnet.
Rohöl besteht im wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen, nämlich Alkanen, Cycloalkanen
und Alkylbenzol. Daneben enthält es sauerstoff- und schwefelhaltige Verbindungen wie
Naphthensäuren, Phenole, Aldehyde, Thioether und verschiedene heterocyclische Verbindungen.
Die Alkane stellen ein Gemisch aus geradkettigen unverzweigten Paraffinen mit 1 bis
etwa 30 Kohlenstoffatomen dar, wobei die gasförmigen und die festen Kohlenwasserstoffe
in den flüssigen gelöst sind.
[0003] Sowohl die Förderung, als auch der Transport von Rohöl erfolgt unter wechselnden
Temperatur- und Druckbedingungen. Bei Rohölen, die höhermolekulare Kohlenwasserstoffe
in größeren Mengen enthalten, kann es zur Auskristallisation von Paraffinen kommen.
Die Kristalle bilden normalerweise dünne Plättchen oder Nadeln, unter Umständen kann
sich aber auch ein dreidimensionales Netzwerk ausbilden.
[0004] Die Abscheidung der Paraffine wird durch Herabsetzung der Temperatur und Verminderung
des Druckes begünstigt. Beide Maßnahmen bewirken eine Abnahme der Löslichkeit der
festen in den flüssigen Kohlenwasserstoffen. Es entsteht eine übersättigte Lösung,
aus der schließlich das Paraffin auskristallisiert.
[0005] Durch diesen Vorgang wird das rheologische Verhalten des Rohöls verändert. Seine
Viskosität steigt an und seine Fließfähigkeit in den Fördereinrichtungen und Leitungen
wird entsprechend beeinträchtigt. Die Zunahme der Viskosität kann bis zum Stocken
des Rohöls führen.
[0006] Zur Beschreibung des Kaltverhaltens von Rohöl ermittelt man den Stockpunkt (nach
DIN 51 583) oder den Pourpoint (Fließgrenze; nach DIN ISO 3016). Ihre Bestimmung erfolgt
in konventionellen Testapparaturen.
[0007] Der Ablagerung von Paraffinen bei der Förderung und dem Transport von Rohöl begegnet
man auf verschiedenen Wegen. So entfernt man Paraffinablagerungen mechanisch mit Hilfe
von Kratzern oder Molchen. Auch Spülungen mit erhitztem Öl, Behandlung mit Dampf oder
elektrische Beheizung werden zur Verhinderung oder Beseitigung von Paraffinabscheidungen
angewandt. Weiterhin setzt man auch Paraffininhibitoren ein, die die rheologischen
Eigenschaften des geförderten oder transportierten Öls beeinflussen und die Entstehung
von Paraffinkristallen dadurch verhindern, daß sie in die entstehenden Strukturen
eingebaut oder von ihnen absorbiert werden. In beiden Fällen wird dem Kristall wachstum
entgegengewirkt, so daß kleine Partikel entstehen, die keine Bildung von Netzwerken
zulassen. Der Zusatz von Paraffininhibitoren ermöglicht es daher, Rohöl auch unterhalb
der Stockpunkttemperatur zu fördern und zu transportieren.
[0008] Paraffininhibitoren oder Fließverbesserer (Cold-Flow-Improver) besitzen überwiegend
paraffinähnlichen Aufbau und weisen in den Seitenketten im allgemeinen polare Gruppen
auf. Diese Verzweigungen haben unter anderem die Aufgabe. der Kristallbildung des
Inhibitors entgegenzuwirken. Chemisch gehören sie zu den Polyethylenen, den Polymethacrylaten
und den Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren.
[0009] Die Dosierung von Paraffininhibitoren zu Rohöl ist nicht immer ohne Nebenwirkungen.
So können sie in stark sch∞erbeanspruchten Anlagenteilen wie Blenden oder Kreiselpumpen
die Viskosität und den Stockpunkt des Rohöls nachteilig beeinflussen.
[0010] Es bestand daher die Aufgabe, Additive zur Verbesserung des Fließverhaltens von Rohöl
zu entwickeln, die gegen Scherbeanspruchung beständig sind.
[0011] Diese Aufgabe wird gelöst durch die Verwendung von 0,005 bis 0,5 Gew.% (bezogen auf
das Rohöl) eines Copolymerisats, das aus 65 bis 80 Gew.% Ethyleneinheiten und 35 bis
20 Gew.% Vinylacetateinheiten besteht, zusammen mit 0,01 bis 1,0 Gew.% (bezogen auf
das Rohöl) eines Antioxidans als Fließverbesserer für Rohöl.
[0012] Überraschenderweise wird durch die gemeinsame Verwendung von Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat
und Antioxidans die Fließfähigkeit von Rohöl auch unter der Einwirkung von Scherkräften
weitgehend aufrechterhalten.
[0013] Eine weitere Verbesserung der Fließfähigkeit von Rohöl unter der Einwirkung von Scherkräften
wird dadurch erzielt, daß man dem Rohöl außer Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat und
Antioxidans noch 0,001 bis 1,0 Gew.% (bezogen auf das Rohöl) eines Amins zusetzt.
,
[0014] Die Herstellung der erfindungsgemäß verwendeten Copolymerisate ist bekannt. Sie erfolgt
durch Polymerisation des Monomerengemisches bei Temperaturen von 100 bis 350°C und
Drücken von 1 000 bis 8 000 bar in Gegenwart von Radikale bildender Initiatoren. Die
Polymerisation erfordert nicht die Anwesenheit eines Lösungsmittels als Reaktionsmedium.
[0015] Das als Comonomer verwendete Ethylen wird in der für Polymerisationsreaktionen üblichen
Reinheit von mindestens 99 % eingesetzt.
[0016] Die Polymerisation läuft in Gegenwart katalytischer Mengen Radikale bildender Initiatoren,
z.B. Sauerstoff, in Mengen von 2 bis 250 Mol.-ppm, bezogen auf das zu polymerisierende
Ethylen, ab. Neben Sauerstoff können als Initiatoren auch Peroxide, wie tert.-Butylperbenzoat,
Dilauroylperoxid, Di- tert.-Butylperoxid oder Azo-buttersäuredinitril in Mengen von
2 bis 200 Mol.-ppm, bezogen auf das Ethylen, verwendet werden. Die Einstellung der
Molekulargewichte erfolgt mit Moderatoren, wie aliphatischen Alkoholen und/oder Carbonylverbindungen,
gesättigten, ungesättigten oder chlorierten Kohlenwasserstoffen oder Wasserstoff.
In Abhängigheit vom gewünschten Molekulargewicht werden sie in Konzentrationen zwischen
2 und 25 Vol%, bezogen auf Ethylen, angewandt. Die erfindungsgemäß eingesetzten Copolymerisate
haben Molekulargewichte von 500 bis 25 000, bestimmt nach K. Rast, Ber. 550, 1922.
[0017] Unter Antioxidantien im Sinne der Erfindung werden Substanzen verstanden, die unerwünschte,
durch Sauerstoffeinwirkung bedingte Vorgänge bei Kunststoffen verhindern oder hemmen.
Es handelt sich hierbei um organische Verbindungen von sehr verschiedener Struktur.
Sie gehören im wesentlichen zur Gruppe der Amine und Phenole und umfassen auch Schwefel-
und Phosphorverbindungen. Ihnen ist gemeinsam, daß sie auf unterschiedliche Weise
in den Antioxidationsmechanismus eingreifen. In der Hauptsache werden sie dabei als
Radikalfänger, als Peroxidzersetzer, als Metallionen-Desaktivatoren und als UV-Absorber
wirksam. Als besonders geeignete Antioxidantien erwiesen sich 2,6-Di- tert.-butyl-4-methylphenol,
4,4'-Thio-bis-(3-methyl-6-tert.-butylphenol), Bis-(3,3-bis(4'hydroxy-3'-tert.-butylphenyl)-butansäure)-glykolester
und Tri-(3,4-di-tert.-butylphenylphosphit). Eine allgemeine Übersicht findet sich
in Ullmanns Encyclopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, Band 8, Seiten 19 ff
(1974); über Antioxidantien für Kunststoffe in demselben Werk, Band 15, Seite 253
ff (1978).
[0018] Die Wirksamkeit der Kombination Copolymerisat/Antioxidans kann durch Zusatz von Aminen
noch bedeutend gesteigert werden. Sie äußert sich darin, daß auch bei hoher Scherbelastung
die Fließfähigkeit des Rohöls kaum herabgesetzt wird.
[0019] Geeignete Amine entsprechen der allgemeinen Formel R-NH
2, wobei R für gesättigte oder einfach ungesättigte, geradkettige oder verzweigte Kohlenwasserstoffreste
mit 8 bis 18 Kohlenstoffatomen steht.
[0020] Mit Erfolg wurden auch Fettamin-Oxethylate eingesetzt, die durch Umsetzung von Aminen
R-NH
2 (wobei R die vorstehende Bedeutung hat) mit Ethylenoxid erhalten werden. Sie entsprechen
der allgemeinen Formel:

wobei x + y = n die Zahl der angelagerten Ethylenoxidmoleküle ist, n ist eine ganze
Zahl zwischen 5 und 25. Fettamin-Oxethylate der genannten Zusammensetzung sind unter
dem Namen
RGenamin im Handel (Hersteller: Hoechst AG).
[0021] Besonders bewährt hat es sich, die Konzentration des Antioxidans auf Werte von 0,025
bis 0,1 Gew.% und die Konzentration des Amins auf Werte von 0,005 bis 0,5 Gew.% einzustellen.
Die vorstehenden Prozentangaben beziehen sich jeweils auf das Rohöl.
[0022] Die Zugabe von Copolymerisat, Antioxidans und gegebenenfalls Amin zum Rohöl kann
getrennt, in Form der gelösten oder ungelösten Substanzen erfolgen. Man kann die Komponenten
aber auch in einem Lösungsmittel auflösen und diese Lösung dem Rohöl zudosieren. Als
Lösungsmittel werden aromatische Kohlenwasserstoffe bevorzugt, z.B. Aromatengemische,
die unter dem Namen Solventnaphtha oder Schwerbenzol im Handel sind.
[0023] Im folgenden wird die Erfindung durch eine Reihe Beispiele näher erläutert, ohne
sie in ihrem Schutzumfang zu beschränken.
Beispiele
[0024] Zur Prüfung der Wirksamkeit der erfindungsgemäßen Additive wird der Pour Point von
Montrose- und Beatrice-Nordsee-Rohöl vor und nach Scherbelastung ermittelt. Die Messung
erfolgt nach DIN ISO 3016.
[0025] 100 ml Rohöl werden mit 0,02 Gew.% (bezogen auf das Rohöl) eines Ethylen/Vinylacetat-Copolymerisats
mit 26 bis 30 Gew.% Vinylacetat (als 28 bis 30 Gew.%ige Lösung in Solventnaphtha)
versetzt. Die Scherung des jeweiligen Prüföls erfolgt durch Rühren mit 10 000 Umdrehungen/min
über einen Zeitraum von 6 h bei Raumtemperatur (Ultra Turrax T 45 der Firma Janke
& Kunkel).
[0026] Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

l.) Verwendung von 0,005 bis 0,5 Gew.% (bezogen auf das Rohöl) eines Copolymerisats,
das aus 65 bis 80 Gew.% Ethyleneinheiten und 35 bis 20 Gew.% Vinylacetateinheiten
besteht, zusammen mit 0,01 bis 1,0 Gew.% (bezogen auf das Rohöl) eines Antioxidans
als Fließverbesserer für Rohöl.
2.) Verwendung eines Ethylen/Vinylacetat-Copolymerisats zusammen mit einem Antioxidans
als Fließverbesserer für Rohöl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man noch
0,001 bis 1,0 Gew.% (bezogen auf das Rohöl) eines Amins zusetzt.