(19)
(11) EP 0 187 877 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.07.1986  Patentblatt  1986/30

(21) Anmeldenummer: 85100266.7

(22) Anmeldetag:  12.01.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C11B 1/04, C11B 1/06, C11B 1/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR GB IT NL SE

(71) Anmelder: Fried. Krupp Gesellschaft mit beschränkter Haftung
D-45143 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Elstner, Friedrich, Dr.
    D-2100 Hamburg 90 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Ölsaatenverarbeitung


    (57) Die Verarbeitung von Ölsaaten, d.h. die Gewinnung von 01 und Schrot erfolgt in der Regel durch Vorpressung und anschließende Lösungsmittelextraktion. Eine voraufgehende Konditionierung des Verarbeitungsgutes durch Wärmung unter gesteuerter Feuchteführung dient im wesentlichen der reibungslosen Verarbeitung der verschiedenen Ölsaaten. Wegen dabei ablaufender Reaktionen teils erwünschter - Inaktivierung von Enzymen -, teils unerwünschter - oxidative Veränderungen des Öls - Wirkung weisen die erhaltenen Verfahrensprodukte erheblich unterschiedliche Qualitäten auf. Zur Verbesserung und Vergleichmäßigung der Produktqualität unter Beibehaltung der wirtschaftlichen Gewinnung des abzutrennenden Öles ist eine Behandlung der Ölsaaten geeignet, bei der sie vor der Pressung ohne vorheriges Zerkleinern zur Inaktivierung der enthaltenen Enzyme trocken erhitzt werden. Die so neben dem Speiseöl höchster Qualität gewonnenen Proteinprodukte können auch für die menschliche Ernährung eingesetzt werden. Durch den Aufschluß der Zellen des Verarbeitungsgutes erst bei der Pressung werden eine Oxidation des Öls durch Luftsauerstoff und andere nachteilige Reaktionen vermieden.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Verarbeitung von ölsaaten durch Konditionierung der ölsaaten, Abtrennen und Aufbereiten des Öls und Desolventieren des Feststoffes.

    [0002] Bei den bekannten derartigen Verfahren zur Gewinnung von öl und Schrot aus ölsaaten mit hohem ölanteil wie Raps-, Lein-, Safflor-, Sonnenblumensamen oder Sojabohnen werden die ölsaaten zunächst einer Vorpressung und anschließend einer Lösungsmittelextraktion unterworfen. Dabei werden die Samen vorkonditioniert, flockiert und dann in Konditionierern über einen Zeitraum von weniger als 5 Minuten unter Zugabe von Wasserdampf auf über 80 OC erhitzt (DE-AS 23 13 224). Ohne voraufgehende Wärmung ist bei den meinsten ölsaaten auch bei im übrigen denkbar günstigen Voraussetzungen eine befriedigende und wirtschaftlich tragbare Ölgewinnung selbst bei Anwendung extrem hoher Drücke nicht möglich. Die Gewinnung von sogenannten Kaltschlagölen, die von hoher Qualität sind, bei denen aber nur eine geringe Ausbeute erzielbar ist, soll hier außer Betracht bleiben, zumal dabei die noch ölreichen Preßkuchen nach Zerkleinerung und üblicher Wärmung einer zweiten Pressung unterworfen werden. Durch die geschilderte Behandlung werden auch die in den Saaten vorhandenen Enzyme inaktiviert, was an sich sehr erwünscht ist, da damit verhindert wird, daß während der weiteren Verarbeitung nachteilige Veränderungen an öl oder Proteinen beschleunigt ablaufen.

    [0003] Aus den Preßkuchen wird das restliche Öl mit einem geeigneten Lösungsmittel, in der Regel Hexan, herausgewaschen. Es wird danach in Verdampfern vom Hexan befreit und durch Entschleimen, Entsäuern und andere bekannte Behandlungsschritte zu Speiseöl raffiniert.

    [0004] Der Feststoff wird gewöhnlich in Toastern durch Erhitzen und Einbringen von Wasserdampf vom Lösungsmittel befreit. Diese Behandlung ergibt keinen sehr hochwertigen Schrot, und dieser ist aufgrund der geringen Löslichkeit der Proteine und der mit den Proteinen durch Reaktionen verbundenen Saatkomponenten wie z. B. phenolischen Säuren nur noch beschränkt für die menschliche Ernährung einsetzbar. ölsaaten mit einem geringeren ölanteil, wie z. B. Sojabohnen, werden in der Regel nicht gepreßt, sondern direkt extrahiert. Dazu werden sie ebenfalls vorkonditioniert und flockiert. Enzyme werden dabei jedoch nicht inaktiviert. Dies geschieht bei Sojabohnen erst durch die Toastung nach der Extraktion und Desolventierung.

    [0005] Es ist auch bekannte die flockierten Sojabohnen vor der Extraktion einer feuchten Wärmebehandlung auszusetzen, um das Enzym Phospholipase zu inaktivieren. Dadurch ergeben sich hinsichtlich der Abtrennung der Phosphatide und der anschließenden Raffinierung des Sojaöls einige Vorteile gegenüber der konventionellen Pressung und Extraktion. Weiter ist es bekannt, auf eine Aufbereitung der Saaten vor der Pressung generell zu verzichten, und die unzerkleinerte Saat direkt nach der Reinigung der Presse zuzuführen (DE-PS 23 35 385 und DE-PS 29 15 538).

    [0006] Die geschilderten Verfahren weisen verschiedene Nachteile auf. Insbesondere die zuerst beschriebene Vorgehensweise bestehend aus Konditionieren, Pressen, Extrahieren und Aufbereiten ist im wesentlichen auf die reibungslose Verarbeitung der Saaten ausgerichtet, nicht jedoch auf die Qualität der einzelnen Produkte. Durch die Wärmebehandlung der aufgeschlossenen Saat kommt es trotz der mit zunehmender Dauer fortschreitenden Inaktivierung der Enzyme, insbesondere der Lipoxigenase zu oxidativen Veränderungen des Öls.

    [0007] Bei der Verarbeitung von Raps findet zusätzlich ein durch das Enzym Myrosinase katalysierter Abbau von Glucosinolaten statt. Diese Abbauprodukte finden sich dann zum Teil als schwefelhaltige Komponenten im Extraktionsöl wieder, wo sie wegen ihrer Eigenschaft, Katalysatoren zu blockieren, besonders bei der Hydrierung des öls unerwünscht sind. Nicht zuletzt finden bei dieser Behandlung, bei der im Grunde alle Saatkomponenten reaktionsbereit nebeneinander vorliegen, Reaktionen der anderen Komponenten untereinander statt, von denen im Hinblick auf die weitere Verarbeitung des Feststoffes zu Nahrungs- oder Futtermittel die Reaktionen der Proteine mit Kohlehydraten, phenolischen Komponenten oder z. B. der Phytinsäure von besonderer Bedeutung sind. Dadurch, daß bei dem zuletzt erwähnten Verfahren sowie bei der konventionellen Verarbeitung von Sojabohnen eine separate Wärmebehandlung entfällt, treten hier auch die vorstehend angegebenen Nachteile nicht oder kaum auf. Die thermische Beanspruchung der Saaten nur bei der Pressung ist jedoch zu gering, um eine befriedigende Wirkung zu erreichen. Damit kommen nach der alleinigen Pressung ebenso wie bei der Verarbeitung von Sojabohnen enzymatisch katalysierte Reaktionen in Gang, die zu einer schlechten Öl- und Schrotqualität führen.

    [0008] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein verbessertes Verfahren zur Verarbeitung von ölsaaten anzugeben, das gleichzeitig eine wirtschaftliche Gewinnung des Speiseöls von höchster Qualität und eine Gewinnung von Proteinprodukten erlaubt, die auch zur menschlichen Ernährung eingesetzt werden können. Danach wird vorgeschlagen, bei dem eingangs beschriebenen Verfahren zunächst die gereinigten ölsaaten ohne vorheriges Zerkleinern zur Inaktivierung der enthaltenen Enzyme trocken zu erhitzen, sie anschließend in einer kontinuierlich arbeitenden Schneckenpresse unter Abzug von öl zu pressen und sie dann einer Lösungsmittelextraktion zu unterwerfen. Dadurch, daß die intakten Samen, bevor sie der Schneckenpresse zugeführt werden, so hoch und so lange trocken erhitzt werden, daß die Enzyme, die sonst zum beschleunigten Abbau von Samenbestandteilen führen, inaktiviert werden, können die Nachteile der bekannten Verfahren vermieden werden. Dies gilt auch für diejenigen ölsaaten, die vor der Pressung geschält werden, wenn dabei die Zellen im wesentlichen unversehrt bleiben. Gegenüber der feuchten Wärmebehandlung, z. B. nach der DE-OS 23 13 224, bei der die Kondensation von Wasserdampf auf die Gutoberfläche wesentlich ist, ist bei der trockenen Wärmebehandlung keine zusätzliche Trocknung des Behandlungsguts erforderlich. Dabei wird die auch in der zitierten Schrift vertretene Auffassung verlassen, daß eine Koagulierung (Denaturierung) der Proteine für die wirtschaftliche Verarbeitung notwendig sei. Wenn diese Koagulation jedoch nicht mehr angestrebt wird, kann auch die feuchte Wärmebehandlung vor der Pressung durch die vorteilhaftere trockene ersetzt werden, bei der zwar die Proteine und Phosphatide in ihren wesentlichen Eigenschaften nahezu unverändert bleiben, die empfindlichen Enzyme jedoch inaktiviert werden. Dadurch, daß bei der Enzyminaktivierung und der nachfolgenden Pressung die Löslichkeit der Proteine im wesentlichen erhalten bleibt, lassen sich die nach dem neuen Verfahren erzeugten Schrote zur Gewinnung dieser Proteine für die menschliche Ernährung einsetzen. Im Hinblick auf die Qualität der gewinnbaren Produkte ist es von besonderem Vorteil, daß die pflanzlichen Zellen erst in der Schneckenpresse aufgeschlossen werden. Damit kann insbesondere verhindert werden, daß der Luftsauerstoff die empfindlichen öle oxidiert. Das Preßöl zeichnet sich z. B. durch eine besonders niedrige Peroxidzahl aus. Auch das Extraktionsöl weist gegenüber denjenigen ölen, die nach den bekannten Verfahren gewonnen werden eine verbesserte Qualität auf. Zum einen ist die Zeitspanne, in der Reaktionen zwischen öl und anderen Reaktionspartnern stattfinden können, gegenüber konventionellen Verarbeitungsverfahren mit separater Konditionierung wesentlich verkürzt, zum anderen sind enzymatisch katalysierte Reaktionen ausgeschlossen. Dadurch ergibt sich auch ein weiterer wesentlicher Vorteil. Die Struktur der Phosphatide bleibt in größerem Umfang erhalten, so daß mit dem Extraktionsöl überwiegend hydratisierbare Phosphatide gewonnen werden. Durch dieses neue Vorgehen bei der Entölung sind die Reaktionsmöglichkeiten der verschiedenen Saatkomponenten untereinander oder mit von außen herantretenden Stoffen, wie z. B. Sauerstoff oder Wasser auf ein Minimum beschränkt. So erhält man am Ende auch einen ölfreien Feststoff, der bei schonender Desolventierung, wie beispielsweise mittels überhitzten Hexangases, einen hohen Anteil an löslichen Proteinen enthält und nur minimale negative Veränderungen erfahren hat. Ein solcher Feststoff kann vorteilhaft als Futtermittel verwendet werden oder zur Gewinnung der pflanzlichen Proteine für die menschliche Ernährung eingesetzt werden.

    [0009] Besonders vorteilhafte und zweckmäßige Ausgestaltungen, Weiterentwicklungen und Anwendungen des vorgeschlagenen Verfahrens sind in den Unteransprüchen näher beschrieben.

    [0010] Im folgenden soll das neue Verfahren am Beispiel der Verarbeitung von Raps näher erläutert werden. Es ist jedoch selbstverständlich nicht darauf beschränkt, sondern kann auf alle ölsaaten angewendet werden.

    [0011] Die Rapssaat wird nach der Reinigung direkt in eine Apparatur gefördert, in der eine ausreichende Hitzebehandlung der intakten Samen möglich ist. Dies kann vorzugsweise eine Wirbelschichtapparatur sein. Jedoch eignen sich auch sogenannte Trommelkonditionierer, wie sie bisher zur Konditionierung der ausgewalzten Saat eingesetzt werden. Die Hitzebehandlung ist in der Regel ausreichend, wenn sie bei 80 bis 120 °C über 5 bis 45 Minuten durchgeführt wird. Danach wird in einer Presse ein Teil des Öls von der Saat abgepreßt. Das so gewonnene Preßöl weist eine hervorragende Qualität auf, wie die folgende Tabelle 1 zeigt.



    [0012] Der Preßkuchen wird dann eventuell zerkleinert und in die Extraktion gefördert. Dort wird mittels Hexan das restliche Ö1 bis auf einen Anteil unter 5 % herausgewaschen. Das nach Abdampfen des Hexans erhaltene Extraktionsöl weist gegenüber den nach konventionellen Verfahren gewonnenen ölen deutlich geringere Oxidations- und Hydrolyseschäden auf, wie die Tabelle 2 zeigt.



    [0013] Der Feststoff gelangt nach der Extraktion zur Desolventierung, wo er vorzugsweise in einer Wirbelschicht, die mittels überhitzten Hexangases erzeugt wird, von dem Lösungsmittel befreit wird. Dadurch bleibt die Denaturierung der Samenproteine minimal und das lösungsmittelfreie Schrot kann zur weiteren Veredelung, etwa zur Proteingewinnung, eingesetzt werden.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Verarbeitung von ölsaaten durch Konditionieren der ölsaaten, Abtrennung und Aufbereiten des Öls und Desolventieren des Feststoffes dadurch gekennzeichnet, daß zunächst die gereinigten ölsaaten ohne vorheriges Zerkleinern zur Inaktivierung der enthaltenen Enzyme trocken erhitzt, anschließend in einer kontinuierlich arbeitenden Schneckenpresse unter Abzug von Ö1 gepreßt und dann einer Lösungsmittelextraktion unterworfen werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Erhitzen bei 90 bis 120 °C über einen Zeitraum von 5 bis 45 Minuten erfolgt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die ölsaaten nach dem Erhitzen geschält werden.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß das bei der Pressung und der Lösungsmittelextraktion gewonnene Öl je für sich aufbereitet wird.
     
    5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Desolventieren des Feststoffes mittels überhitzten Hexangases erfolgt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5 zur Verarbeitung von Rapssaat, dadurch gekennzeichnet, daß der Feststoff einer wässrigen alkoholischen Extraktion der Glucosinolate und der phenolischen Verbindungen unterworfen und anschließend Proteinisolate durch Extraktion und Fällung gewonnen werden.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 zur Verarbeitung von Sojabohnen, dadurch gekennzeichnet, daß nach der Desolventierung des Feststoffes eine Toastung stattfindet.
     





    Recherchenbericht