[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Verarbeitung von ölsaaten durch
Konditionierung der ölsaaten, Abtrennen und Aufbereiten des Öls und Desolventieren
des Feststoffes.
[0002] Bei den bekannten derartigen Verfahren zur Gewinnung von öl und Schrot aus ölsaaten
mit hohem ölanteil wie Raps-, Lein-, Safflor-, Sonnenblumensamen oder Sojabohnen werden
die ölsaaten zunächst einer Vorpressung und anschließend einer Lösungsmittelextraktion
unterworfen. Dabei werden die Samen vorkonditioniert, flockiert und dann in Konditionierern
über einen Zeitraum von weniger als 5 Minuten unter Zugabe von Wasserdampf auf über
80
OC erhitzt (DE-AS 23 13 224). Ohne voraufgehende Wärmung ist bei den meinsten ölsaaten
auch bei im übrigen denkbar günstigen Voraussetzungen eine befriedigende und wirtschaftlich
tragbare Ölgewinnung selbst bei Anwendung extrem hoher Drücke nicht möglich. Die Gewinnung
von sogenannten Kaltschlagölen, die von hoher Qualität sind, bei denen aber nur eine
geringe Ausbeute erzielbar ist, soll hier außer Betracht bleiben, zumal dabei die
noch ölreichen Preßkuchen nach Zerkleinerung und üblicher Wärmung einer zweiten Pressung
unterworfen werden. Durch die geschilderte Behandlung werden auch die in den Saaten
vorhandenen Enzyme inaktiviert, was an sich sehr erwünscht ist, da damit verhindert
wird, daß während der weiteren Verarbeitung nachteilige Veränderungen an öl oder Proteinen
beschleunigt ablaufen.
[0003] Aus den Preßkuchen wird das restliche Öl mit einem geeigneten Lösungsmittel, in der
Regel Hexan, herausgewaschen. Es wird danach in Verdampfern vom Hexan befreit und
durch Entschleimen, Entsäuern und andere bekannte Behandlungsschritte zu Speiseöl
raffiniert.
[0004] Der Feststoff wird gewöhnlich in Toastern durch Erhitzen und Einbringen von Wasserdampf
vom Lösungsmittel befreit. Diese Behandlung ergibt keinen sehr hochwertigen Schrot,
und dieser ist aufgrund der geringen Löslichkeit der Proteine und der mit den Proteinen
durch Reaktionen verbundenen Saatkomponenten wie z. B. phenolischen Säuren nur noch
beschränkt für die menschliche Ernährung einsetzbar. ölsaaten mit einem geringeren
ölanteil, wie z. B. Sojabohnen, werden in der Regel nicht gepreßt, sondern direkt
extrahiert. Dazu werden sie ebenfalls vorkonditioniert und flockiert. Enzyme werden
dabei jedoch nicht inaktiviert. Dies geschieht bei Sojabohnen erst durch die Toastung
nach der Extraktion und Desolventierung.
[0005] Es ist auch bekannte die flockierten Sojabohnen vor der Extraktion einer feuchten
Wärmebehandlung auszusetzen, um das Enzym Phospholipase zu inaktivieren. Dadurch ergeben
sich hinsichtlich der Abtrennung der Phosphatide und der anschließenden Raffinierung
des Sojaöls einige Vorteile gegenüber der konventionellen Pressung und Extraktion.
Weiter ist es bekannt, auf eine Aufbereitung der Saaten vor der Pressung generell
zu verzichten, und die unzerkleinerte Saat direkt nach der Reinigung der Presse zuzuführen
(DE-PS 23 35 385 und DE-PS 29 15 538).
[0006] Die geschilderten Verfahren weisen verschiedene Nachteile auf. Insbesondere die zuerst
beschriebene Vorgehensweise bestehend aus Konditionieren, Pressen, Extrahieren und
Aufbereiten ist im wesentlichen auf die reibungslose Verarbeitung der Saaten ausgerichtet,
nicht jedoch auf die Qualität der einzelnen Produkte. Durch die Wärmebehandlung der
aufgeschlossenen Saat kommt es trotz der mit zunehmender Dauer fortschreitenden Inaktivierung
der Enzyme, insbesondere der Lipoxigenase zu oxidativen Veränderungen des Öls.
[0007] Bei der Verarbeitung von Raps findet zusätzlich ein durch das Enzym Myrosinase katalysierter
Abbau von Glucosinolaten statt. Diese Abbauprodukte finden sich dann zum Teil als
schwefelhaltige Komponenten im Extraktionsöl wieder, wo sie wegen ihrer Eigenschaft,
Katalysatoren zu blockieren, besonders bei der Hydrierung des öls unerwünscht sind.
Nicht zuletzt finden bei dieser Behandlung, bei der im Grunde alle Saatkomponenten
reaktionsbereit nebeneinander vorliegen, Reaktionen der anderen Komponenten untereinander
statt, von denen im Hinblick auf die weitere Verarbeitung des Feststoffes zu Nahrungs-
oder Futtermittel die Reaktionen der Proteine mit Kohlehydraten, phenolischen Komponenten
oder z. B. der Phytinsäure von besonderer Bedeutung sind. Dadurch, daß bei dem zuletzt
erwähnten Verfahren sowie bei der konventionellen Verarbeitung von Sojabohnen eine
separate Wärmebehandlung entfällt, treten hier auch die vorstehend angegebenen Nachteile
nicht oder kaum auf. Die thermische Beanspruchung der Saaten nur bei der Pressung
ist jedoch zu gering, um eine befriedigende Wirkung zu erreichen. Damit kommen nach
der alleinigen Pressung ebenso wie bei der Verarbeitung von Sojabohnen enzymatisch
katalysierte Reaktionen in Gang, die zu einer schlechten Öl- und Schrotqualität führen.
[0008] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein verbessertes Verfahren zur Verarbeitung
von ölsaaten anzugeben, das gleichzeitig eine wirtschaftliche Gewinnung des Speiseöls
von höchster Qualität und eine Gewinnung von Proteinprodukten erlaubt, die auch zur
menschlichen Ernährung eingesetzt werden können. Danach wird vorgeschlagen, bei dem
eingangs beschriebenen Verfahren zunächst die gereinigten ölsaaten ohne vorheriges
Zerkleinern zur Inaktivierung der enthaltenen Enzyme trocken zu erhitzen, sie anschließend
in einer kontinuierlich arbeitenden Schneckenpresse unter Abzug von öl zu pressen
und sie dann einer Lösungsmittelextraktion zu unterwerfen. Dadurch, daß die intakten
Samen, bevor sie der Schneckenpresse zugeführt werden, so hoch und so lange trocken
erhitzt werden, daß die Enzyme, die sonst zum beschleunigten Abbau von Samenbestandteilen
führen, inaktiviert werden, können die Nachteile der bekannten Verfahren vermieden
werden. Dies gilt auch für diejenigen ölsaaten, die vor der Pressung geschält werden,
wenn dabei die Zellen im wesentlichen unversehrt bleiben. Gegenüber der feuchten Wärmebehandlung,
z. B. nach der DE-OS 23 13 224, bei der die Kondensation von Wasserdampf auf die Gutoberfläche
wesentlich ist, ist bei der trockenen Wärmebehandlung keine zusätzliche Trocknung
des Behandlungsguts erforderlich. Dabei wird die auch in der zitierten Schrift vertretene
Auffassung verlassen, daß eine Koagulierung (Denaturierung) der Proteine für die wirtschaftliche
Verarbeitung notwendig sei. Wenn diese Koagulation jedoch nicht mehr angestrebt wird,
kann auch die feuchte Wärmebehandlung vor der Pressung durch die vorteilhaftere trockene
ersetzt werden, bei der zwar die Proteine und Phosphatide in ihren wesentlichen Eigenschaften
nahezu unverändert bleiben, die empfindlichen Enzyme jedoch inaktiviert werden. Dadurch,
daß bei der Enzyminaktivierung und der nachfolgenden Pressung die Löslichkeit der
Proteine im wesentlichen erhalten bleibt, lassen sich die nach dem neuen Verfahren
erzeugten Schrote zur Gewinnung dieser Proteine für die menschliche Ernährung einsetzen.
Im Hinblick auf die Qualität der gewinnbaren Produkte ist es von besonderem Vorteil,
daß die pflanzlichen Zellen erst in der Schneckenpresse aufgeschlossen werden. Damit
kann insbesondere verhindert werden, daß der Luftsauerstoff die empfindlichen öle
oxidiert. Das Preßöl zeichnet sich z. B. durch eine besonders niedrige Peroxidzahl
aus. Auch das Extraktionsöl weist gegenüber denjenigen ölen, die nach den bekannten
Verfahren gewonnen werden eine verbesserte Qualität auf. Zum einen ist die Zeitspanne,
in der Reaktionen zwischen öl und anderen Reaktionspartnern stattfinden können, gegenüber
konventionellen Verarbeitungsverfahren mit separater Konditionierung wesentlich verkürzt,
zum anderen sind enzymatisch katalysierte Reaktionen ausgeschlossen. Dadurch ergibt
sich auch ein weiterer wesentlicher Vorteil. Die Struktur der Phosphatide bleibt in
größerem Umfang erhalten, so daß mit dem Extraktionsöl überwiegend hydratisierbare
Phosphatide gewonnen werden. Durch dieses neue Vorgehen bei der Entölung sind die
Reaktionsmöglichkeiten der verschiedenen Saatkomponenten untereinander oder mit von
außen herantretenden Stoffen, wie z. B. Sauerstoff oder Wasser auf ein Minimum beschränkt.
So erhält man am Ende auch einen ölfreien Feststoff, der bei schonender Desolventierung,
wie beispielsweise mittels überhitzten Hexangases, einen hohen Anteil an löslichen
Proteinen enthält und nur minimale negative Veränderungen erfahren hat. Ein solcher
Feststoff kann vorteilhaft als Futtermittel verwendet werden oder zur Gewinnung der
pflanzlichen Proteine für die menschliche Ernährung eingesetzt werden.
[0009] Besonders vorteilhafte und zweckmäßige Ausgestaltungen, Weiterentwicklungen und Anwendungen
des vorgeschlagenen Verfahrens sind in den Unteransprüchen näher beschrieben.
[0010] Im folgenden soll das neue Verfahren am Beispiel der Verarbeitung von Raps näher
erläutert werden. Es ist jedoch selbstverständlich nicht darauf beschränkt, sondern
kann auf alle ölsaaten angewendet werden.
[0011] Die Rapssaat wird nach der Reinigung direkt in eine Apparatur gefördert, in der eine
ausreichende Hitzebehandlung der intakten Samen möglich ist. Dies kann vorzugsweise
eine Wirbelschichtapparatur sein. Jedoch eignen sich auch sogenannte Trommelkonditionierer,
wie sie bisher zur Konditionierung der ausgewalzten Saat eingesetzt werden. Die Hitzebehandlung
ist in der Regel ausreichend, wenn sie bei 80 bis 120 °C über 5 bis 45 Minuten durchgeführt
wird. Danach wird in einer Presse ein Teil des Öls von der Saat abgepreßt. Das so
gewonnene Preßöl weist eine hervorragende Qualität auf, wie die folgende Tabelle 1
zeigt.

[0012] Der Preßkuchen wird dann eventuell zerkleinert und in die Extraktion gefördert. Dort
wird mittels Hexan das restliche Ö1 bis auf einen Anteil unter 5 % herausgewaschen.
Das nach Abdampfen des Hexans erhaltene Extraktionsöl weist gegenüber den nach konventionellen
Verfahren gewonnenen ölen deutlich geringere Oxidations- und Hydrolyseschäden auf,
wie die Tabelle 2 zeigt.

[0013] Der Feststoff gelangt nach der Extraktion zur Desolventierung, wo er vorzugsweise
in einer Wirbelschicht, die mittels überhitzten Hexangases erzeugt wird, von dem Lösungsmittel
befreit wird. Dadurch bleibt die Denaturierung der Samenproteine minimal und das lösungsmittelfreie
Schrot kann zur weiteren Veredelung, etwa zur Proteingewinnung, eingesetzt werden.
1. Verfahren zur Verarbeitung von ölsaaten durch Konditionieren der ölsaaten, Abtrennung
und Aufbereiten des Öls und Desolventieren des Feststoffes dadurch gekennzeichnet,
daß zunächst die gereinigten ölsaaten ohne vorheriges Zerkleinern zur Inaktivierung
der enthaltenen Enzyme trocken erhitzt, anschließend in einer kontinuierlich arbeitenden
Schneckenpresse unter Abzug von Ö1 gepreßt und dann einer Lösungsmittelextraktion
unterworfen werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Erhitzen bei 90 bis
120 °C über einen Zeitraum von 5 bis 45 Minuten erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die ölsaaten nach
dem Erhitzen geschält werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß das bei der Pressung
und der Lösungsmittelextraktion gewonnene Öl je für sich aufbereitet wird.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
das Desolventieren des Feststoffes mittels überhitzten Hexangases erfolgt.
6. Verfahren nach Anspruch 5 zur Verarbeitung von Rapssaat, dadurch gekennzeichnet,
daß der Feststoff einer wässrigen alkoholischen Extraktion der Glucosinolate und der
phenolischen Verbindungen unterworfen und anschließend Proteinisolate durch Extraktion
und Fällung gewonnen werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 zur Verarbeitung von Sojabohnen, dadurch
gekennzeichnet, daß nach der Desolventierung des Feststoffes eine Toastung stattfindet.