(19)
(11) EP 0 191 388 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.08.1986  Patentblatt  1986/34

(21) Anmeldenummer: 86101331.6

(22) Anmeldetag:  01.02.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C10L 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB NL

(30) Priorität: 08.02.1985 DE 3504529

(71) Anmelder: RUHRKOHLE AKTIENGESELLSCHAFT
D-44623 Herne (DE)

(72) Erfinder:
  • Wessendorf, Richard, Dr.
    D-4300 Essen 15 (DE)
  • Döhler, Werner, Dr.
    D-4370 Marl-Polsum (DE)
  • Jankowski, Alfons, Dr.
    D-4300 Essen 1 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung eines flüssigen Vergaserkraftstoffes für Otto-Motoren


    (57) Bei der Herstellung eines flüssigen Vergaserkraftstoffes für Otto-Motoren, bei dem eine durch Kohleverflüssigung erhaltene, kohlestämmige Naphthafraktion durch Destillation aufgeteilt wird, wird eine aufwendige Isolierung der phenolischen Verbindungen des Kohleöls dadurch vermieden, daB der phenolhaltige Strom mit Dimethylcarbonat als Methylierungsmittel unter methylierenden Bedingungen, aber ohne Zusatz eines Katalysators behandelt wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines flüssigen Vergaserkraftstoffes für Otto-Motoren der im Oberbegriff des Patentanspruches bezeichneten Art.

    [0002] Bei der Aufarbeitung durch spaltende Hydrierung oder raffinierende Hydrierung von Steinkohle oder Braunkohle oder auch durch Hydrierung von Kohleextrakten fallen Kohleöle an, die Phenol und verschiedene Phenole, insbesondere Alkylphenole, in wechselnden Mengen enthalten. Phenol und seine alkylierten Abkömmlinge sind zwar hervorragende Antiklopfmittel für Vergaserkraftstoffe, besitzen aber starke Korrosionswirkung und sind physiologisch bedenklich, so daß sie als Oktanzahlverbesserer nicht einsetzbar sind.

    [0003] Im allgemeinen werden Kohleöle durch eine katalytische Raffinationsstufe mit gasförmigem Wasserstoff (Refining) auf flüssige Vergaserkraftstoffe aufgearbeitet. In dieser Stufe erfolgt der Abbau der in dem Kohleöl enthaltenen Phenole zu Naphthenen sowie der Abbau stickstoff- und schwefelhaltiger Heteroverbindungen zu entsprechenden Kohlenwasserstoffen, wobei die Heteroatome O, N sowie S zu den einfachen Wasserstoffverbindungen abgebaut werden. Dieser Abbau verläuft unter geeigneten Bedingungen ohne Schwierigkeiten. Bei der anschließenden Reformierung erfolgt unter anderem eine Rearomatisierung der Naphthene oder auch eine Aromatenbildung aus geradkettigen Paraffinen, wobei der in der Reformingstufe anfallende Wasserstoff zum Teil zur Deckung des in der Raffinationsstufe und in anderen Umwandlungsverfahren bestehenden Wasserstoffbedarfes dient. Aufgrund des hohen Phenolgehaltes der rohen Kohleöle resultieren bei der Raffination hohe Naphthengehalte, insbesondere Cyclohexan. Im Reforming-Prozeß führt dies zu hohen Benzolgehalten im kohlestämmigen Benzin, so daß ein solches Verfahren für die Herstellung von Kraftstoffen für Otto-Motoren zu unerwünscht hohen Benzolgehalten führt.

    [0004] Zur Abtrennung von Phenolen, allerdings mit anderer Zielsetzung als beim erfindungsgemäßen Verfahren, wird im US-Patent 4 319 981 folgender Weg vorgeschlagen: Abtrennung einer phenolhaltigen Fraktion des Kohleöls und Umwandlung des Phenols und seiner alkylierten Abkömmlinge in ein korrespondierendes Gemisch von Methylarylethern und Wiederzusatz dieses Gemisches zu dem raffinierten und reformierten Kohlebenzin. In einer grundlegenden Arbeit von G. M. Singermann, Gulf Research and Development Co., wurde die Eignung derartig erhaltener Mischungen von Methylarylethern als Kraftstoffzusatz und Oktanverbesserer aufgezeigt (C.A. 95: 153 300j).

    [0005] Ein Zusatz von 5 Vol.-% dieser Methylarylethermischung bewirkt z. B. eine Erhöhung der Research Oktanzahl (ROZ) um 0,6.

    [0006] Die Überführung des Phenolgemisches in ein Ethergemisch wird nach dem genannten US-Patent mit Dimethylsulfat durchgeführt und beinhaltet die Stufen Extraktion mit wäßrigem Natriumhydroxid, Waschen des Extraktes, Entfernen des Waschmittels, Wiederansäuern und Zusatz von Natriumchlorid, um die freien Phenole abzuscheiden, Waschen der die Phenole enthaltenden Phase, Zusatz von wäßrigem Natriumhydroxid und Dimethylsulfat zu der isolierten und gereinigten Phenolmischung, Zusatz von überschüssigem wäßrigen Natriumhydroxid zur Hydrolyse von nicht umgesetztem überschüssigen Dimethylsulfat und zur Beseitigung nicht veretherter Phenole, Abtrennen der Arylmethylether-Phase, Waschen und Aufarbeitung des Reaktionsproduktes durch Destillation.

    [0007] Diese Isolierung und Veretherung der erhaltenen Phenole ist langwierig und materialaufwendig.

    [0008] Demgemäß besteht die Erfindungsaufgabe darin, bei einem Verfahren der eingangs angegebenen Art, die aufwendige Isolierung der phenolischen Verbindungen des Kohleöls zu vermeiden.

    [0009] Diese Aufgabe wird mit der Erfindung gelöst. Sie besteht darin, daß man bei einem Verfahren nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 diesen Nebenstrom mit Dimethylcarbonat als Methylierungsmittel unter methylierenden Bedingungen, aber ohne Zusatz eines Katalysators, behandelt, anschließend die entstandenen Nebenprodukte Methanol und Kohlendioxid entfernt und daß man mindestens einen Teil des so erhaltenen, Anisol sowie verschiedene Methylarylether enthaltenden, Nebenstromes mit mindestens einem Teil des den genannten Weiterbehandlungsstufen unterworfenen Hauptstromes vereinigt.

    [0010] Es ist auch der Zusatz von Dialkylcarbonaten, vorzugsweise Dimethylcarbonat und Diethylcarbonat zu verbleiten oder unverbleiten Benzinen als Kraftstoff für Verbrennungsmaschinen vorgeschlagen worden. Durch diesen Zusatz wird eine Erhöhung der Klopffestigkeit derartiger Benzine angestrebt (EP-OS 0 082 688).

    [0011] Es wurde gefunden, daß man mit einer einfachen, einstufigen Synthese zu den gewünschten Veretherungsprodukten gelangt, indem man Kohleöl oder Fraktionen des Kohleöls mit vorzugsweise Dimethylcarbonat bei Temperaturen von etwa 150 bis 180 °C umsetzt. Die Umsetzung kann im Autoklaven oder auch bei kontinuierlicher Ausgestaltung in einem in eine Gesamtanlage zur Herstellung von Otto-Kraftstoffen aus Kohleöl integrierten Reaktor durchgeführt werden.

    [0012] Als Reaktionsprodukt fällt ein Gemisch der veretherten Phenole mit Methanol nach folgender Reaktionsgleichung an:



    [0013] Das bei Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens als Nebenprodukt anfallende Kohlendioxid kann ohne Schwierigkeiten aus dem Verfahren ausgeschleust werden. Die weitere Aufarbeitung des Reaktionsgemisches der Umsetzung der phenolhaltigen Fraktion mit Dimethylcarbonat verläuft vorzugsweise so, daß in einer Vorlauffraktion bis 65 °C das ebenfalls als Nebenprodukt gebildete Methanol abgetrennt wird.

    [0014] Bei dem in dem erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzten Dimethylcarbonat handelt es sich um ein Großprodukt der chemischen Industrie, das von verschiedenen Herstellern angeboten wird. Die Synthese von Dimethylcarbonat erfolgt beispielsweise nach folgender Gleichung:



    [0015] Nach einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung wird in dem der Methylierung mit Dimethylcarbonat unterworfenen Nebenstrom das als Nebenprodukt enthaltene Methanol belassen. Der nach dem vorliegenden Verfahren erhaltene, Anisol sowie verschiedene Methylarylether sowie ggf. Methanol enthaltende, Nebenstrom eignet sich auch ausgezeichnet als Zumischkomponente für mineralölstämmiges Raffineriebenzin.

    [0016] Die O-Methylierung von Phenol mit Dimethylcarbonat als solche ist bekannt, wobei die in der Literatur beschriebenen Reaktionen in Gegenwart von Katalysatoren wie tertiären Aminen, tertiären Phosphinen oder einem Gemisch von Natriumhydroxid und Kaliumjodid durchgeführt werden.

    [0017] Überraschend wurde gefunden, daß die Umsetzung von mit Phenol und alkylierten Abkömmlingen des Phenols angereicherten Fraktionen aus Kohleöl mit Dimethylcarbonat keine zusätzlichen und bei der anschließenden Aufarbeitung wieder zu entfernenden Katalysatoren benötigt.

    [0018] Das erfindungsgemäße Verfahren beinhaltet eine beträchtliche Entlastung der Refiner- sowie Reformerstufe und führt auch zu einer erheblichen Wasserstoffeinsparung.

    [0019] Die Umsetzung bei dem erfindungsgemäßen Verfahren verläuft in hohen Ausbeuten zu den entsprechenden Ethern, so daß man auf eine Abtrennung nicht methylierter Phenole verzichten kann, wenn das Produkt als Zumischkomponente eingesetzt wird.

    [0020] Das erfindungsgemäße Verfahren wird anhand der folgenden Beispiele weiter erläutert:

    Beispiel 1



    [0021] Aus dem Kohleöl einer in Bottrop als Versuchsanlage betriebenen Kohleverflüssigungsanlage wurde durch fraktionierte Destillation die zwischen 150 bis 220 °C siedende Fraktion isoliert. Die gaschromatographische Analyse auf Phenole ergab folgende Bestandteile:

    200 g dieser Kohleölfraktion wurden mit 72 g Dimethylcarbonat in einem Rührautoklav auf 160 °C erwärmt. Dabei stieg der Druck innerhalb von 4,5 Stunden auf 19 bar. Nach dem Erkalten wurde der Autoklav über eine Gasuhr entspannt. Dieser Vorgang wurde noch zweimal wiederholt. Insgesamt fielen 13,8 1 Gas an (99,6 Vol.-% C02, Gasdichte bei 20 °C 1,842 g/l). Die Auswaage ergab 242 g Flüssigprodukt und 25,3 g gasförmiges Produkt. Das Reaktionsprodukt enthielt noch 1,7 Gew.-% phenolische Substanzen. Es wurde ohne weitere Aufarbeitung der reformierten Fraktion zugesetzt. Der Benzolgehalt dieses Vergaserkraftstoffes betrug 3,6 Gew.-%.

    Beispiel 2



    [0022] Von einem Kohleöl gleicher Herkunft wie nach Beispiel 1 wurde die unterhalb einer Temperatur von 150 °C siedende Fraktion abgetrennt.

    [0023] 2.127 g der Kohleölfraktion im Siedebereich von 150 bis 220 °C und 319 g Dimethylcarbonat wurden in einem Autoklav nach Stickstoffabdeckung unter Rühren auf 185 °C erwärmt. Innerhalb von 10 Stunden stieg dabei der Druck auf 40 bar an, der nach der anschließenden Abkühlung auf 25 °C auf 16 bar abfiel. Der Autoklav wurde über eine Gasuhr entspannt, wobei 91 1 Gas mit 98,6 Vol.-% C02 mit einer Gasdichte (20 °C) von 1,832 g/1 anfielen.

    [0024] Die Auswaage an Flüssigprodukt betrug 2.311 g.

    [0025] Die GC-Analyse ergab, daß

    95,6 Gew.-% Phenol zu Anisol

    75,8 Gew.-% o-Kresol zu o-Kresylmethylether

    83,8 Gew.-% m-Kresol zu m-Kresylmethylether und

    97,0 Gew.-% p-Kresol zu p-Kresylmethylether



    [0026] umgesetzt worden waren.

    Beispiel 3



    [0027] Nachfolgend sind einige Untersuchungsergebnisse von drei Fraktionen von nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltenen veretherten Kohleölen mitgeteilt:



    [0028] In Abmischung von 10 Vol.-% der oben bezeichneten Fraktionen zu handelsüblichem, verbleitem Superkraftstoff wurden folgende Mischoktanzahlen ermittelt:



    [0029] Eine Abmischung von 60 Vol.-% Superkraftstoff (SVK) und 40 Vol.-% eines Pyrolyse-Gesamtbenzins ergab einen Wert der Oxidationsstabilität nach DIN 51 600 von 260 min.

    [0030] Durch Abmischung von jeweils 10 Vol.-% der Fraktionen A bis C zu der oben bezeichneten 60 : 40-Abmischung erhöhte sich die Oxidationsstabilität in allen Fällen auf einen Wert von > 960 min.

    [0031] In Abmischung von 10 Vol.-% Zusatz zu handelsüblichem Superkraftstoff wurden für die drei Fraktionen folgende Werte des Abdampfrückstands ermittelt (DIN 51 600 max. 5 mg/100 ml Abdampfrückstand nach DIN EN 5).



    [0032] Alle Fraktionen A, B, C waren weinbrandfarben, A war heller als C, B war heller als A. Die Fraktionen hatten folgende Dichten:



    [0033] In 10 Vol.-%iger Abmischung mit Superkraftstoff traten bis -25 °C keine Trübungen auf.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung eines flüssigen Vergaserkraftstoffes für Otto-Motoren, bei dem eine durch Kohleverflüssigung erhaltene, kohlestämmige Naphthafraktion durch Destillation aufgeteilt wird in einen Hauptstrom, der einem Refiningsowie einen sich anschließenden Reforming-Prozeß unterworfen wird und einen mit Phenol sowie verschiedenen Alkylphenolen angereicherten Nebenstrom und bei dem, ggf. nach weiterer Isolierung, der die angereicherten Phenole enthaltende Nebenstrom mit einem Methylierungsmittel umgesetzt wird, dadurch gekennzeichnet, daß
    man diesen Nebenstrom mit Dimethylcarbonat als Methylierungsmittel unter methylierenden Bedingungen, aber ohne Zusatz eines Katalysators, behandelt, anschließend die entstandenen Nebenprodukte Methanol und Kohlendioxid entfernt und daß man mindestens einen Teil des so erhaltenen, Anisol sowie verschiedene Methylarylether enthaltenden, Nebenstromes mit mindestens einem Teil des den genannten Weiterbehandlungsstufen unterworfenen Hauptstromes vereinigt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in dem der Methylierung mit Dimethylcarbonat unterworfenen Nebenstrom das als Nebenprodukt entstandene Methanol belassen wird.