(19)
(11) EP 0 197 185 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.10.1986  Patentblatt  1986/42

(21) Anmeldenummer: 85109800.4

(22) Anmeldetag:  05.08.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C23C 28/04, C23C 14/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT FR GB SE

(30) Priorität: 11.04.1985 DE 3512986

(71) Anmelder: KERNFORSCHUNGSZENTRUM KARLSRUHE GMBH
D-76050 Karlsruhe (DE)

(72) Erfinder:
  • Holleck, Helmut, Dr.
    D-7500 Karlsruhe-Waldstadt (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Viellagige, hochverschleissfest Hartstoffschutzschicht für metallische, stark beanspruchte Oberflächen oder Substrate


    (57) Die Erfindung betrifft viellagige, hochverschleißfeste, aus unterschiedlichen Hartstoff-Phasen bestehende Härtstoff-Schutzschicht für metallische, stark beanspruchte Oberflächen oder andere Substrate, bei welcherdie Dicke der Gesamtschutzschicht im Bereich von o, 1 bis 10 µm leigt, und ein Verfahren zur deren Herstellung.
    Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Verschleißschutzschichten mit verbesserter Haftung, Zähigkeit und verschleißfestigkeit vorzustellen. Es sollen Oberflächen oder Substrate von Stoffen mit sehr unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten, wie beispielsweise Molybdän oder ein Hartmetall oder Schnellarbeitsstahl beschichtet werden können ohne wesentliche Einschränkung der gewünschten Schutzschicht-Eigenschaften. Die Aufgabe wird gelöst durch Hartstoff-Schutzschichten, gekennzeichnet durch

    a) sowohl auf der metallischen Oberfläche als auch untereinander fest haftende Einzelschichten oder -lagen oder feinstdisperse Hartstoff-Teilchen-Gemische mit Einzelschichtdicken oder Teilchengrößen im Bereich von 0,5 nm bis 40 nm,

    b) durch eine Summenzahl der Einzelschichten oder einen Anteil innerer Phasengrenzen zwischen 100 und 20 000, im Falle 0,5 nm dicker Einzelschichten oder Teilchengrößen, und

    c) durch in bezug auf das Kirstall-Gitter kohärente oder teilkohärente Phasen-Grenzen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft viellagige, hochverschleißfeste, aus unterschiedlichen Hartstoff-Phasen bestehende Hartstoff-Schutzschicht für metallische, stark beanspruchte Oberflächen oder andere Substrate, bei welcher die Dicke der Gesamtschutzschicht im Bereich von 0,1 bis 10 µm liegt.

    [0002] Hartstoff-Schutzschichten in Form von Einfach- oder Mehrfachschichten, hergestellt in CVD- (Chemical Vapor Deposition) oder PVD-Verfahren (Physical Vapor Deposition) auf Stählen oder Hartmetallen stellen eine der wesentlichen Fortschritte dar im Hinblick auf eine Erhöhung der Verschleißfestigkeit und damit Standzeit von Schneidwerkstoffen oder Verschleißteilen. Die Hartstoffschicht verleiht dabei dem zähen Substrat einen Verschleißschutz durch Erhöhung des Abrasionswiderstandes der Oberfläche, durch Erniedrigung der Reibung und damit der Temperatur sowie durch Verminderung der Diffusion und Adhäsion zwischen Werkstoff und Werkstück (bzw. Span).

    [0003] Die Problematik des zusammengesetzten Werkstoffes liegt in der oftmals ungenügenden Haftung zwischen Grundwerkstoff und Schicht, der mangelnden Zähigkeit der Schicht sowie der mangelnden Wechselfestigkeit. Man hat versucht, diese Problematik durch Mehrfachschichten zu lösen, hat wesentliche Verbesserungen gegenüber Einfachschichten erreicht, die Schwachstellen des Systems Substrat-Schicht aber nicht gänzlich eliminieren können.

    [0004] Mehrlagige Hartstoff-Beschichtungen von Hartmetallen wurden z.B.-in der Zeitschrift für Metallkunde, Band 75, Heft 11 (November 1984), Seiten 874 bis 880, beschrieben. Beispielsweise wurde eine zehnlagige Schutzschicht, bei welcher angrenzend an das Hartmetall eine TiC-, darüber eine Ti(C,N)-Schicht und darüber eine Schichtfolge aus vier Zwischenschichten und vier Keramikschichten auf der Basis von Al2O3 verwendet wurden, erwähnt. An anderer Stelle dieser Veröffentlichung wurden ca. 10µm dicke, mehrlagige Schichten auf der Basis von Titancarbid, Titancarbonitrid und Titannitrid erwähnt. Für ausgewählte Beschichtungstemperaturen von unter 773 K wurden Verfahren der Physical Vapor Deposition (PVD), darunter das reaktive Kathodenzerstäuben (Sputtern) bei Drücken von ≤ 10-2 mbar, mit N2 oder Ar eingestellt, für brauchbar befunden.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Verschleißschutzscnichten mit verbesserter Haftung, Zähigkeit und Verschleißfestigkeit vorzustellen und ein Verfahren zu deren Herstellung zu schaffen. Es sollen Oberflächen oder Substrate von Stoffen mit sehr unterschiedlichen Ausdehnungkoeffizienten, wie beispielsweise Molybdän mit einem sehr niedrigen Ausdehnungskoeffizient, oder ein Hartmetall mit einem mittleren Ausdehnungskoeffizienten oder Schnellarbeitsstahl mit einem hohen Ausdehnungskoeffizienten beschichtet werden können ohne wesentliche Einschränkung der gewünschten Schutzschicht-Eigenschaften.

    [0006] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine viellagige, hochverschleißfeste, aus unterschiedlichen Hartstoff-Phasen bestehende Hartstoff-Schutzschicht für metallische, stark beanspruchte Oberflächen oder Substrate, bei welcher die Dicke der Gesamtschutzschicht im Bereich von 0,1 bis 10 µm liegt, gekennzeichnet durch

    a) sowohl auf der metallischen Oberfläche als auch untereinander fest haftende Einzelschichten oder- lagen oder feinstdisperse Hartstoff-Teilchen-Gemische,mit Einzelschichtdicken oder Teilchengrößen im Bereich von 0,5 nm bis 40 nm,

    b) durch eine Summenzahl der Einzelschichten oder einen Anteil innerer Phasengrenzen zwischen 100 und 20 000, im Falle 0,5 nm dicker Einzelschichten oder Teilchengrößen, und

    c) durch in bezug auf das Kristall-Gitter kohärente oder teilkohärente Phasen-Grenzen.



    [0007] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung viellagiger, hochverschleißfester, aus unterschiedlichen Hartstoff-Phasen bestehenden Hartstoff-Schutzschichten . nach Anspruch 1, bei welchem die Einzelschichten oder -lagen oder die Hartstoff-Teilchen durch Kathodenzerstäubung oder eine andere Physical Vapor Deposition-Methode auf die metallische Oberfläche oder auf das Substrat aufgebracht werden, ist dadurch gekennzeichnet, daß die zu beschichtenden Oberflächen während des gesamten Beschichtungsvorganges relativ zu mindestens zwei Zerstäubungskathoden unterschiedlichen Hartstoffmaterials bewegt werden. Eine andere Version des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß die Beschichtung der Oberfläche oder des Substrats mit Hilfe einer Kathode, bestehend aus mindestens zwei miteinander kohärente oder teilkohärente Phasengrenzen bildenden Hartstoffen, durchgeführt wird.

    [0008] Für beide Versionen des erfindungsgemäßen Verfahrens können Kathoden aus TiC und TiB2 oder TiN und TiB2 oder TiC und TiN und TiB2 verwendet werden.

    [0009] Außerdem können Kathoden-Kombinationen aus TiB2-WC oder TiB2-Ti (C,N) oder TiB2-(Ti,V)C oder TiB2-(Ti,W)C oder (Ti,V)B2- (Ti, V) C oder (Ti,Nb)B 2-(Ti,Nb)C oder JB2-TiN oder VB2-WC oder HfB2-TaC oder ZrB2-TaC oder ZrB2-NbC verwendet werden.

    [0010] Die aufeinanderfolgenden Schichten bzw. das feinstdisperse Gemisch, beispielsweise der Phasen mit teilkohärenten TiC (111) - TiB2 (0001) - Phasengrenzen sind durch den extrem hohen Anteil innerer Phasen- grenzen mit definierter Versetzungsdichte weitgehend spannungsfrei, zäher, besser haftend auf dem Substrat und machen damit das Gesamtsystem verschleißfester als bei bisher üblichen Schutzschichten. Wichtig ist hierbei die Abstimmung der Phasen, die die Schicht aufbauen in der Weise, daß Kohärenzbeziehungen zwischen Netzebenen der jeweiligen Verbindungen möglich sind und diese während des Beschichtungsvorganges realisiert werden. Bei der Kombination TiC/TiB2 sind dies die dichtest gepackten Ebenen (111) für TiC und (0001) für TiB2. Beim Sputtervorgang lassen sich diese Phasengrenzen wegen der günstigen Grenzflächenenergie leicht erhalten. Man läßt z.B. die zu beschichtenden Proben 5, 6, 7 gemäß Figur 1 auf einem Drehteller 1 mit oder ohne Heizung ständig unter zwei Kathoden, eine mit TiC 3, die andere mit TiB2 4 bestückt, während des gesamten Beschichtungsvorganges rotieren. Durch Änderung der Tellerdrehgeschwindigkeit und der Sputterleistung läßt sich die Zusammensetzung und Mikrostruktur der Schicht gezielt einstellen. Man wählt bevorzugt Bedingungen, wei welchen die Phasenanteile von TiC und TiB2 ähnlich sind, und die erzielte Gesamtschichtdicke 3 bis 5 µm beträgt. Die errechnete Teilchengröße (Einzelschichtdicke) liegt je nach Anwendungszweck zwischen 0,5 und 40 nm. Bei den kleineren "Teilchengrößen" lassen sich, wie Röntgenaufnahmen zeigen, die einzelnen Phasen nicht mehr trennen. Man beobachtet eine röntgenographische amorphe Mischschicht, die so stabil ist, daß auch eine Wärmezufuhr bis 1200°C keine Rekristallisation bewirkt. Bei einer Aufnahme der Bruchfläche einer sogenannten Simultanschicht, hergestellt mit Kathoden, bestehend aus beispielsweise TiB2 und TiC gemäß Anspruch 2, erkennt man den gleichmäßigen Aufbau der Schicht ohne Stengelkristalle oder Inhomogenitäten und die gute Haftung. Diese gute Haftung wird auch dokumentiert durch den Vergleich der Ergebnisse, die mit Hilfe des sogenannten Scratchtests erhalten wurden. Dieser relative Haftfestigkeitstest belegt eindrucksvoll den Spannungsabbau in der feindispersen TiC/TiB2-Schicht im Vergleich zu den Einfachschichten von TiC und TiB2. Auch Härteeindrücke in eine TiC-Schicht einerseits und eine feinstdisperse TiC/TiB2-Schicht andererseits machen das unterschiedliche Zähigkeitsverhalten deutlich. Infolge der "Anpassungsfähigkeit" dieser relativ zähen Schicht können als Substrate Stoffe mit sehr unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten gewählt werden.

    [0011] Verschleißtests wurden durchgeführt, entsprechend Figur 2, mit Schneidplättchen aus Schnellarbeitsstahl, unbeschichtet (Kurve 11), TiC; TiB2- und simultan TiC/TiB2-beschichtet (Kurven12 bis14). Die Simultan-TiC/TiB2-Schicht hatte eine rechnerisch ermittelte TiC- bzw. TiB2-Einzelschichtdicke von 2.5 nm und eine Gesamtschichtdicke von 2.9 /um, d.h. theoretisch in der Schicht senkrecht zur Substratoberfläche über 103 teilkohärente TiC/TiB -Grenzflächen.

    [0012] Obwohl Drehbedingungen, Schneidplättchengeometrie und Beschichtungsvorgang nicht optimiert wurden, ergibt sich, wie Figur 2 dokumentiert, eine etwa verdoppelte Standzeit der mit einer feinstdispersen TiC/TiB2-Schicht14 versehenen Schneidplatte im Vergleich mit den einfach beschichteten12 bzw.13.

    [0013] Eine theoretische Betrachtung der Struktur- und Kohärenzbeziehungen der Hartstoffverbindungen ergibt eine noch bessere Anpassung der Grenzflächen, z.B. bei Erzeugung einer feinstdispersen Ti(C,N)/TiB2-Schicht. Dies verdeutlicht Figur 3, in welcher die in der Schicht erhaltenen Grenzflächen schematisch dargestellt sind.

    [0014] Hierbei bedeuten A, D, E dicht gepackte Ti-Ebenen, bei D und E liegen die Atomzentren nicht in der Papierebene. B sind die Borebenen, C die Kohlenstoffebenen bzw. N die Stickstoffebenen im Falle von TiN. Die ausgefüllten und nicht ausgefüllten Kreise sind die Ti-Atome. Die gestrichelte Linie stellt eine Phasengrenze dar.


    Ansprüche

    1. Schneidplatten aus Schnellarbeitsstahl oder Hartmetall wurden fein poliert (Diamantpaste 3 µm), im Ultraschallbad 5 min und mit reinem Alkohol gereinigt und anschließend auf den Substratteller einer Sputteranlage entweder eben oder 45° gekantet (Schneidecke nach oben) gelegt. Der Kessel wurde bis auf 2 x 10-6 mbar evakuiert und anschließend mit hochreinem Argon bis zu einem Druck von 2.0 x 10-2 mbar aufgefüllt. Die Proben wurden 10 min mit einer Leistung von 1000 Watt HF geätzt. Der Argondruck wurdedann auf 1.3 x 10-2 abgesenkt, die Kathode anschließend 1 min mit einer Leistung von 1250 bzw. 800 Watt gereinigt (Sputtern auf die Blende). Der Substratteller wurde mit 1.6 Umdrehungen/Minute gedreht. Von der TiB2-Kathode wurdemit einer Leistung von 1250 Watt, von TiC-Kathode mit 800 Watt, 5 Stunden gesputtert. Es ergab sich eine homogene 4.1 µm dicke Schicht. Dies entspricht bei einer "Einzelschichtdicke von 4.4 nm etwa 103 TiC/TiB2 Grenzflächen. -
     
    2. Gleiche Vorbereitungen wie bei Beispiel 1, Ätzen 10 min mit 500 Watt, Arbeitsdruck 1.2 x 10 2 mbar Argon, TiB2 Sputterleistung 650 Watt, TiC Sputterleistung 500 Watt, Zeit 15 h. Schichtdicke 7 /um, Einzelschichtdicke 2.3 nm,~3 x 103 TiC/TiB2 Grenzflächen,
     
    1. Viellagige, hochverschleißfeste, aus unterschiedlichen Hartstoff-Phasen bestehende Hartstoff-Schutzschicht für metallische, stark beanspruchte Oberflächen oder andere Substrate, bei welcher die Dicke der Gesamtschutzschicht im Bereich von 0,1 bis 10 /um liegt, gekennzeichnet.durch

    a) sowohl auf der metallischen Oberfläche als auch unter-- einander fest haftende Einzelschichten oder -lagen oder feinstdisperse Hartstoff-Teilchen-Gemische mit Einzelschichtdicken oder Teilchengrößen im Bereich von O,5 nm bis 40 nm,

    b) durch eine Summenzahl der Einzelschichten oder einen Anteil innerer Phasengrenzen zwischen 100.und 20 000, im Falle 0,5 nm dicker Einzelschichten oder Teilchengrößen,und

    c) durch in bezug auf das Kristall-Gitter kohärente oder teilkohärente Phasen-Grenzen.


     
    2. Verfahren zur Herstellung viellagiger, hochverschleißfester, aus unterschiedlichen Hartstoff-Phasen bestehenden Hartstoff-Schutzschichten nach Anspruch 1, bei welchem die Einzelschichten oder -lagen oder die Hartstoff-Teilchen durch Kathodenzerstäubung oder eine andere Physical Vapor Deposition-Methode auf die metallische Oberfläche oder auf das Substrat aufgebracht werden,
    dadurch gekennzeichnet, daß die zu beschichtenden Oberflächen während des gesamten Beschichtungsvorganges relativ zu mindestens zwei Zerstäubungskathoden unterschiedlichen Hartstoffmaterials bewegt werden.
     
    3. Verfahren zur Herstellung viellagiger, hochverschleißfester, aus unterschiedlichen Hartstoff-Phasen bestehenden Hartstoff-Schutzschichten nach Anspruch 1, bei welchem die Einzelschichten oder -lagen oder die Hartstoff-Teilchen durch Kathodenzerstäubung oder eine andere Physical Vapor Deposition-Methode auf die metallische Oberfläche oder auf das Substrat aufgebracht werden, dadurch gekennzeichnet, daß
    die Beschichtung der Oberfläche oder des Substrats mit Hilfe einer Kathode, bestehend aus mindestens zwei miteinander kohärente oder teilkohärente Phasengrenzen bildenden Hartstoffen, durchgeführt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
    Kathoden aus TiC und TiB2 oder TiN und TiB2 oder TiC und TiN und TiB2 verwendet werden.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet, daß Kathoden-Kombinationen
    aus TiB2-WC oder TiB2-Ti(C,N) oder TiB2-(Ti,V)C oder TiB2-(Ti,W)C oaer(Ti,V)B2-(Ti,V)C oder (Ti,Nb)B2-(Ti,Nb)C oder VB2-TiN oder VB2-WC oder HfB2-TaC oder ZrB2-TaC oder ZrB2-NbC verwendet werden.
     




    Zeichnung