(19)
(11) EP 0 200 862 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.11.1986  Patentblatt  1986/46

(21) Anmeldenummer: 86102555.9

(22) Anmeldetag:  27.02.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22C 19/05, C22C 30/00, C01B 17/80, C01B 17/88
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 09.03.1985 DE 3508532

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Diekmann, Helmut, Dipl.-Ing.
    D-5068 Odenthal (DE)
  • Pütz, Günter
    D-5090 Leverkusen 1 (DE)
  • Grabowski, Klaus-Peter
    D-5632 Wermelskirchen 2 (DE)
  • Eichenhofer, Kurt Wilhelm, Dr.
    D-5090 Leverkusen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung einer gegen hochkonzentrierte Schwefelsäure und Oleum beständigen Eisen-Chrom-Nickel-Legierung


    (57) Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung einer molybdänfreien chromhaltigen Legierung, die aus

    21 bis 35 Gew.-% Chrom,

    30 bis 70 Gew.-% Eisen,

    2 bis 40 Gew.-% Nickel,

    0 bis 20 Gew.-% Mangan


    besteht, sowie üblichen Begleitelementen wie Kohlenstoff, Silizium, Phosphor, Schwefel, Stickstoff, Aluminium, Kupfer, Vanadium, Titan, Tantal und Niob als Werkstoff für Gegenstände, die gegen Schwefelsäure einer Konzentration oberhalb 96% beständig sind.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung einer molybdänfreien, chromhaltigen Legierung, bestehend aus

    21 bis 35 Gew.-X Chrom,

    30 bis 70 Gew.-% Eisen,

    2 bis 40 Gew.-% Nickel,

    0 bis 20 Gew.-% Mangan


    sowie üblichen Begleitelementen wie Kohlenstoff, Silizium, Phosphor, Schwefel, Stickstoff, Aluminium, Kupfer, Vanadium, Titan, Tantal und Niob als Werkstoff für Gegenstände, die gegen Schwefelsäure einer Konzentration oberhalb 96 % beständig sind.

    [0002] Die Herstellung von Schwefelsäure geschieht im allgemeinen über die Stufe des Schwefeldioxid, aus welchem dann durch Oxidation Schwefeltrioxid gebildet wird, das dann in konzentrierter Schwefelsäure absorbiert wird, wo es mit Wasser unter Bildung weiterer Schwefelsäure reagiert.

    [0003] Wesentliche Operationen bei der Herstellung von Schwefelsäure sind Trocknen, Absorbieren und Kühlen. Bei diesen Operationen liegen die Schwefelsäurekonzentrationen im allgemeinen oberhalb 96 %.

    [0004] Konzentrierte Schwefelsäure und Oleum sind insbesondere im höheren Temperaturbereich ein äußerst aggressives Medium. Es ist daher äußerst wünschenswert, daß alle die Bauteile einer Schwefelsäureherstellungsanlage, wie zum Beispiel Kontakttürme, Wärmeaustauscher, Rohre, Ventile, Pumpen, Verteiler und dergleichen, die mit der Schwefelsäure in Berührung kommen, aus korrosionsbeständigen Materialien bestehen. Als solche Materialien sind derzeit Gußeisen, Ziegel, Kunststoffe sowie korrosionsbeständige Legierungen in Gebrauch.

    [0005] Die verwendeten metallischen Bauteile unterliegen einer beträchtlich schnellen Korrosion. Wenn nicht besondere Vorkehrungen getroffen werden oder wenn sie nicht hoch legiert werden, dann besitzen sie eine beschränkte Lebensdauer.

    [0006] Die hochlegierten Materialien und die Gußeisen machen bei der Verarbeitung Schwierigkeiten, wodurch sich Beschränkungen hinsichtlich der Form der Anlage ergeben und wodurch mehr Flansche, Fittings und Kosten erforderlich sind und sich mehr Stellen möglicher Leckbildungen ergeben.

    [0007] Eine Möglichkeit zur Verringerung der Korrosion ist die Anwendung des anodischen Schutzes. Durch die elektrochemische Bildung eines Oxidfilms kann die Korrosion beträchtlich verringert werden. Somit können rostfreie Stähle auch bei Säuretemperaturen oberhalb 120°C eingesetzt werden.

    [0008] Die Nachteile des anodischen Schutzes sind darin zu sehen, daß dieser nur bei Apparaturen mit einfacher Geometrik anwendbar ist. An speziellen Teilen wie Düsen, Rohrbögen, Flanschen usw. kann daher durch anodischen Schutz die Korrosion nicht vermieden werden. Weiterhin ist im betrieblichen Maßstab ein großer Kontrollaufwand für die Einhaltung der Anodenpotentiale nötig. Im Falle eines Betriebsstillstandes muß die Passivität teilweise wieder neu aufgebaut werden.

    [0009] Dem Einsatz von Tantal zur Herstellung korrosionsresistenter Werkstoffe (Chem. Ind. XXXV/6, 1983, D.F. Lupton: Sondermetalle im chemischen Apparatebau) steht dessen hoher Preis, gegeben durch die geringe Verfügbarkeit, entgegen.

    [0010] In der DE-PS 2 154 126 wird die Verwendung einer Molybdän-haltigen austenitischen Nickellegierung als gegen heiße konzentrierte Schwefelsäure beständiger Werkstoff beschrieben. Aufgrund der schwierigen Verarbeitbarkeit ist der Einsatz jedoch eingegrenzt auf Teile wie Wellen, Lager, Pumpen, Ventile und dergleichen.

    [0011] Aus der DE-OS 3 320 527 sind Silicium-haltige Stähle bekannt. Deren Nachteil ist jedoch in ihrer eingeschränkten Verwertbarkeit aufgrund der erschwerten Handhabbarkeit des Materials zu sehen.

    [0012] Schließlich werden in der europäischen Patentanmeldung 1 30967 4 Werkstoffe für den Einsatz in heißer hochkonzentrierter Schwefelsäure offenbart, von denen aber nur das Alloy 26-1 (Werkstoff Nr. 1.4131, Kurzname X1 CrMo 26 1) unter den geforderten Bedingungen eine gute Korrosionsbeständigkeit zeigt. Nachteilig an derem Werkstroff sind dessen schlechte Verarbeitbarkeit. Es erfordert unter anderem besonders hohe Anforderungen bezüglich der schweißtechnischen Verarbeitung.

    [0013] Es ist also eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein kostengünstiges einfach handhabbares Material als Schwefelsäure-resistenten Werkstoff zur Verfügung zu stellen, welcher nicht die Nachteile der oben beschriebenen Legierungen aufweist.

    [0014] Es wurde nun gefunden, daß chromhaltige Legierungen mit Chromgehalten von 21 bis 35 Gew.-X, die 30 bis 70 Gew.-% Eisen und gegebenenfalls Nickel bis zu 40 Gew.-X enthalten diese Anforderungen in hervorragender Weise erfüllen.

    [0015] Der Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist somit die Verwendung einer chromhaltigen Legierung, bestehend aus

    21 bis 35 Gew.-% Chrom,

    30 bis 70 Gew.-% Eisen,

    2 bis 40 Gew.-% Nickel,

    0 bis 20 Gew.-% Mangan


    sowie üblichen Begleitelementen wie Kohlenstoff, Silizium, Phosphor, Schwefel, Stickstoff, Aluminium, Kupfer, Vanadium, Titan, Tantal und Niob als Werkstoff für Gegenstände, die gegen Schwefelsäure einer Konzentration oberhalb 96 % beständig sind.

    [0016] Eine besonders gute Korrosionsbeständigkeit wird mit Legierungen erreicht, deren Chromgehalt 23 bis 32 Gew.-% beträgt.

    [0017] Als schwefelsäure-resistente Legierungen werden nach dem Stand der Technik solche empfohlen, die Molybdängehalte im Bereich von mindestens 2 Gew.-X aufweisen. Die erfindungsgemäßen Legierungen hingegen sind Molybdän-frei. Diese sind gegenüber den bekannten molybdänhaltigen Legierungen jedoch noch wesentlich verbessert bezüglich ihrer Korrosionsbeständigkeit. Die erfindungsgemäßen Legierungen sind außerdem preisgünstiger als Mo-haltige. Mitverantwortlich für die gute Verarbeitbarkeit der erfindungsgemäßen Legierungen ist ein Gehalt an Nickel.

    [0018] Aus diesen Legierungen hergestellte Werkstoffe zeigen eine ausgesprochen gute Korrosionsbeständigkeit gegen hochkonzentrierte Schwefelsäuren. Gegenstand dieser Erfindung ist somit auch die erfindungsgemäße Verwendung, gemäß der der Werkstoff gegen Schwefelsäure bis zu Konzentrationen von 100, bevorzugt zwischen 98,0 und 99,5 Gew.-X, beständig ist.

    [0019] Überraschenderweise zeigte sich aber auch, daß der Werkstoff gegen Schwefelsäure einer Konzentration von 100 bis 122,5 Gew.-X (Oleum) beständig ist. Auch im Oleum-Bereich ist aufgrund seines überlegenen Korrosionsverhaltens ein Einsatz aus wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Überlegungen empfehlenswert.

    [0020] Von wesentlicher Bedeutung für den Einsatz als Schwefelsäure-resistenter Werkstoff ist neben seinem konzentrationsabhängigen Korrosionsverhalten das ungewöhnliche Temperaturverhalten der erfindungsgemäßen Legierung. Daraus hergestellte Werkstoffe sind gegen Schwefelsäuren von Temperaturen bis 350oC, bevorzugt von 50 bis 250°C, besonders aber von 80 bis 190°C, beständig.

    [0021] Im Sinne dieser Erfindung ist es nicht von Bedeutung, ob die Legeriung in ferritischer, ferritisch-austenitischer oder austenitischer Gefügeform vorliegt.

    [0022] Aufgrund der Summe der Eigenschaften ist die Verwendung der erfindungsgemäßen anderen bekannten Materialien überlegen. Sie eignet sich somit hervorragend zur Herstellung von Apparaten zum Wärmeaustausch, von Rohrleitungen, Pumpen, Pumpenteilen, Armaturen, Flanschen, Filterkörben, von Nebelfiltern, Tropfenabscheidern, Apparaten zur Absorption S03-haltiger Gase bzw. Trocknung von Gasen, soweit Schwefelsäure als Trocknungsmittel verwendet wird, und für Behälter. Die Herstellung der Apparate erfolgt unter Zuhilfenahme bekannter Techniken unter Einsatz artgleicher oder artähnlicher Schweißzusatzwerkstoffe.

    [0023] Im Rahmen der Energiegewinnung bei der Schwefelsäureproduktion werden insbesondere im Bereich der Zwischen-und Endabsorption Temperaturen oberhalb ca. 80°C angestrebt, wobei der Wärmeaustausch der Speisewasservorwärmung oder bei Temperaturen oberhalb 110°C der Erzeugung von Niederdruckdampf dient. Auch hierfür eignen sich die erfindungsgemäßen Werkstoffe sehr gut. Eine weitere Ausführung der erfindungsgemäßen Verwendung besteht somit darin, daß aus der Legierung hergestellte Apparate im Bereich der Zwischen- und Endabsorption von Schwefelsäure-produzierenden Anlagen bei Temperaturen von 80 bis 190°C und Schwefelsäurekonzentrationen von 98,0 bis 99,5 Gew.-% H2S04 eingesetzt werden.

    [0024] Im folgenden wird die Erfindung beispielhaft erläutert, ohne daß darin eine Einschränkung zu sehen ist.

    Beispiel 1



    [0025] Mit Hilfe der Methode der rotierenden Scheibe mit durchgehender Achse bei 2000 U/min wurden verschiedene Werkstoffe bei unterschiedlichen Temperaturen und Begasungsarten auf ihr Korrosionsverhalten in H2S04 99,03 % untersucht (Heitz, E., Loss, C., Zum Mechanismus der Erosionskorrosion in schnell strömenden Flüssigkeiten, Werkstoffe und Korrosion, 24. Jahrgang, Heft 1/73).

    [0026] Die Versuchsdauer betrug 7 Tage.

    [0027] Die Abtragungsraten wurden durch gravimetrische Differenzwägung und Umrechnung auf mmla bestimmt.

    [0028] Die untersuchten Werkstoffe sind der Tab. 1 zu entnehmen, die Ergebnisse des Beispiels 1 sind in der Tab. 2 aufgeführt.






    Beispiel 2



    [0029] In einer Doppelkontaktanlage auf Schwefelbrenner-Basis mit einer Kapazität von 500 tato S03 wurden im Säurekreislauf des Zwischenabsorbers vor Eintritt in den Säurekühler verschiedene Legierungen bei Temperaturen von 125 - 135°C und einer Schwefelsäurekonzentration von 98,5 - 99,5 % eingesetzt.

    [0030] Die Strömungsgeschwindigkeit betrug ca. 1 m/sec, die Versuchsdauer lag bei 42 - 60 d. Die umgewälzte Säuremenge lag bei ca. 250 m3/h.

    [0031] Die Abmessung der rechteckigen Proben betrug 50 x 15 x 3 mm.

    [0032] Die Einzelproben (Schweißverbindung) waren untereinander durch Abstandshalter aus Teflon getrennt und gegen die Rohrwand isoliert.

    [0033] Die Korrosionsbeständigkeit in mm/a wurde durch gravimetrische Wägung und Umrechnung ermittelt.

    [0034] Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle 3 festgehalten.


    Beispiel 3



    [0035] In einer Doppelkontaktanlage auf Schwefelbrenner-Basis mit einer Kapazität von 500 tato S03 wurde ein Rohrstück von 80 cm Länge (44.5 x 1.6 mm Abmessung) aus dem Werkstoff 1.4335 im Bypass des Säurekreislaufs eines als Heißabsorber betriebenen Zwischenabsorbers eingesetzt und 56 Tage bei 125 - 1350C und einer Schwefelsäurekonzentration von 98,5-99,5 % betrieben. Die Strömungsgeschwindigkeit wurde auf ca. 1 m/sec eingestellt.

    [0036] Die produktberührten Innenoberflächen einschließlich der Schweißnähte zeigten keinen nennenswerten Angriff.

    Beispiel 4



    [0037] Nach der in Beispiel 1 beschriebenen Methode der rotierenden Scheibe wurden verschiedene Werkstoffe in Oleum untersucht. Die Versuchsergebnisse sind in Tabelle 4 aufgeführt.


    Beispiel 5



    [0038] Die folgenden Werkstoffe wurden 7 Tage in 99 %iger H2S04 bei verschiedenen Temperaturen gelagert. Dabei ergaben sich folgende Abtragsarten, gemessen in mm/a.


    Beispiel 6



    [0039] Der folgende Werkstoff wurde 7 Tage in 99,5 Xiger H2S04 bei verschiedenen Temperaturen gelagert.

    [0040] Dabei ergaben sich folgende Abtragsarten in mm/a.




    Ansprüche

    1. Verwendung einer molybdänfreien chromhaltigen Legierung, bestehend aus

    21 bis 35 Gew.-% Chrom,

    30 bis 70 Gew.-% Eisen,

    2 bis 40 Gew.-% Nickel,

    0 bis 20 Gew.-X Mangan,


    sowie üblichen Begleitelementen wie Kohlenstoff, Silizium, Phosphor, Schwefel, Stickstoff, Aluminium, Kupfer, Vanadium, Titan, Tantal und Niob als Werkstoff für Gegenstände, die gegen Schwefelsäure einer Konzentration oberhalb 96 % beständig sind.
     
    2. Verwendung der Legierung gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Chromgehalt
    23 bis 32 Gew.-%
    beträgt.
     
    3. Verwendung der Legierung gemäß einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Werkstoff gegen Schwefelsäure bis zu Konzentrationen von 100, bevorzugt zwischen 98,0 und 99,5 Gew.-X, beständig ist.
     
    4. Verwendung der Legierung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Werkstoff gegen Schwefelsäure einer Konzentration von 100 bis 122,5 Gew.-X (Oleum) beständig ist.
     
    5. Verwendung der Legierung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,, daß daraus hergestellte Werkstoffe gegen Schwefelsäuren von Temperaturen bis 350°C, bevorzugt von 50 bis 250°C, besonders aber von 80 bis 190°C beständig sind.
     
    6. Verwendung der Legierung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß sie zur Herstellung von Apparaten zum Wärmeaustausch, von Rohrleitungen, Pumpen, Pumpenteilen, Armaturen, Flanschen, Filterkörben, von Nebelfiltern, Tropfenabscheidern, Apparaten zur Absorption S03-haltiger Gase bzw. Trocknung von Gasen, soweit Schwefelsäure als Trocknungsmittel verwendet wird, und für Behälter eingesetzt wird.
     
    7. Verwendung der Legierung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß daraus hergestellte Apparate im Bereich der Zwischen- und Endabsorption von Schwefelsäure-produzierenden Anlagen bei Temperaturen von 80 bis 190°C und Schwefelsäurekonzentrationen von 98,0 bis 99,5 Gew.-X H2S04 eingesetzt werden.
     





    Recherchenbericht