[0001] Gegenstand der Erfindung ist eine schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionellen
Flüssigkeit, namentlich eine Hydraulikflüssigkeit, die als wesentlichen
Be-standteil ein Brombenzolderivat enthält.
[0002] Chlorierte Aromaten, insbesondere chlorierte Biphenyle, haben in den letzten Jahrzehnten
einen bedeutenden Platz in weiten Bereichen der Technik eingenommen. Besonders die
polychlorierten Biphenyle wurden in großem Umfang als Hydraulikflüssigkeiten, als
Isolationsflüssigkeiten für elektrische Anlagen und als flammhemmende Zusätze für
Kunststoffe und dergleichen eingesetzt. Indessen sind in den letzten Jahren diese
Verbindungen in erheblichen Verruf geraten. Es wurde schwere gesundheits- und umweltschädigende
Wirkungen dieser Produkte festgestellt, wobei katastrophenartige Gefahren möglich
sind, wenn es zu Bränden kommt, da hierbei hochgiftige Dioxine und Dibenzofurane gebildet
werden können. Dies hat dazu geführt, daß die Herstellung oder zumindest die Verwendung
solcher Verbindungen von den staatlichen Aufsichtsorganen zum Teil schon völlig verboten
wurde und zum Teil gravierende Vorschriften erlassen wurden, die die Verwendung dieser
Stoffe einschränken sollen.
[0003] Zur Überwindung dieser Nachteile wird in der europäischen Patentanmeldung Nr. 88
650 vorgeschlagen, als Schmiermittel, die auch als Hydraulikflüssigkeiten eingesetzt
werden können, chlorierte Benzyltoluole und chlorierte Benzylxylole einzusetzen, da
diese Verbindungen schwer entflammbar und oxidationsbeständig und daneben biologisch
abbaubar sein und im Hinblick auf ihr toxisches Verhalten Vorteile aufweisen sollen.
[0004] Die GB-PS 1 504 655 beschreibt elektrische Vorrichtungen, die biologisch leicht abbaubare
dielektrische Flüssigkeiten enthalten, nämlich halogenierte Diphenylmethane, die dadurch
gekennzeichnet sind, daß die Halogensubstituenten und etwaige Alkylsubstituenten nur
in einem der beiden Phenylringe vorliegen, während der andere Phenylring unsubstituiert
sein muß, wobei angegeben ist, daß nur solche halogenierten Diphenylmethane, die eine
unsbustituierte Phenylgruppe aufweisen, leicht biologisch abgebaut werden können,
während die an beiden Phenylresten substituierten Diphenylmethane dem mikrobiologischen
Abbau widerstehen sollen.
[0005] Die ältere deutsche Patentanmeldung 34 02 863 beschreibt bromhaltige Benzyltoluol-Derivate,
die als funktionelle Flüssigkeiten, beispielsweise Hydraulikflüssigkeiten oder Isolationsflüssigkeiten
für elektrische Vorrichtungen eingesetzt werden können und die sich dadurch auszeichnen,
daß sie eine günstige Umweltverträglichkeit besitzen, indem das Benzyltoluolgerüst
im Vergleich zu dem Biphenylgerüst der üblicherweise für diese Zwecke eingesetzten
halogenierten Biphenyle biologisch leichter abbaubar ist.
[0006] Die DE-OS 15 94 505 beschreibt funktionelle Flüssigkeitszubereitungen, die eine größere
Menge eines dihalogenierten Diphenylethers und eine kleinere Menge weiterer Mischungsbestandteile
enthält, die aus halogenierten nie-drigalkyl-substituierten Benzolen, monohalogenierten
Diphenylethern und chlorierten Biphenylen und Mischungen davon ausgewählt sind. Als
halogenierte Niedrigalkylbenzole sind solche mit 1 bis 5 Halogenatomen und 1 bis 4
Kohlenstoffatomen in der Alkylgruppe angegeben, wobei von diesen als kleinerer
Mischungsbestandteil einzusetzenden Verbindungen Dibromethylbenzol bevorzugt scheint.
Über die alleinige Verwendung solcher Verbindungen oder über ihre biologische Abbaubarkeit
ist in dieser Druckschrift nichts gesagt.
[0007] Schließlich offenbart die US-PS 2 257 903 nichtbrennbare flüssige Zubereitungen,
die als Wärmeübertragungsflüssigkeiten, Dielektrika, feuerlöschende Mittel und flammfest
machende Mittel eingesetzt werden können. Diese flüssigen Zubereitungen bestehen im
wesentlichen aus Mischungen von am Kern bromierten Monoethylbenzolen mit einem Bromgehalt
zwischen etwa 2,0 und etwa 3,0 Atomen Brom pro Mol Ethylbenzol. Über die biologische
Abbaubarkeit dieser Materialien finden sich keine Angaben.
[0008] Die aus dem Stand der Technik bekannten funktionellen Flüssigkeiten können nicht
in vollem Umfang befriedigen, weil sie nicht alle kriterien einer schwerentflammbaren
funktionellen Flüssigkeit, namentlich Hydraulikflüssigkeit, erfüllen können, nämlich
wirtschaftliche Herstellung, biologische Abbaubarkeit, geringe Toxizität der Flüssigkeit
oder ihrer Zersetzungsprodukte und dergleichen.
[0009] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, funktionelle Flüssigkeiten
anzugeben, die neben den für das angestrebte Einsatzgebiet technologischen Kriterien
auch die toxikologischen und wirtschaftlichen
Anforderun- gen erfüllen.
[0010] Es hat sich nun überraschenderweise gezeigt, daß eine bestimmte kleine Gruppe von
Brombenzolderivaten nicht nur auf der einen Seite wertvolle technische Eigenschaften
besitzt, sondern andererseits auch nicht die Gefahren und umweltschädigenden Wirkungen
mit sich bringt, die den für funtkionelle Flüssigkeiten eingesetzten vorbekannten
Verbindungen eigen sind, so daß sie sich besonders gut als oder für funktionelle Flüssigkeiten
eignet. Gegenstand der Erfindung ist daher die schwerentflammbare, biologisch abbaubare
funktionelle Flüssigkeit gemäß Hauptanspruch. Die Unteransprüche betreffen besonders
bevorzugte Ausführungsformen dieses Erfindungsgegenstandes.
[0011] Die Erfindung betrifft somit eine schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle
Flüssigkeit, bestehend aus oder enthaltend mindestens ein Brombenzolderivat der allgemeinen
Formel (I)

in der n für eine Zahl mit einem Wert von 1 bis 4 und x für eine Zahl mit einem Wert
von 1 bis 5 stehen.
[0012] Vorzugsweise enthält die funktionelle Flüssigkeit als Brombenzolderivat ein Brombenzolderivat
der allgemeinen Formel (II)

worin x für eine Zahl mit einem Wert von 1 bis 5 steht.
[0013] Die erfindungsgemäß als oder in funktionellen Flüssigkeiten eingesetzten Bromtoluolderivate
können in Form von reinen Verbindungen, in Form von Isomerengemischen oder auch in
Form von Gemischen mit Verbindungen unterschiedlichen Bromierungsgrads eingesetzt
werden, wobei mit Vorteil die Auswahl so erfolgt, daß die eingesetzten Bromtoluolderivate
einen Bromgehalt von etwa 60 Gew.-% aufweisen, um besonders schwer entflammbare funktionelle
Flüssigkeiten zu ergeben, und andererseits innerhalb eines relativ großen Temperaturbereichs
von vorzugsweise -25°C bis 220°C flüssig sind. Die letztere Bedingung läßt sich ohne
weiteres durch die Anwendung von Isomerengemischen erfüllen.
[0014] Mit Vorteil verwendet man erfindungsgemäß als Brombenzolderivat ein bei der Bromierung
von Benzol anfallendes Gemisch von Brombenzolderivaten. Besonders bevorzugt setzt
man solche Gemische von einem oder mehreren Brombenzolderivaten ein, die 1 bis 3 Bromatome
als Kernsubstituenten aufweisen.
[0015] Als überraschend und besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, als Brombenzolderivat
Dibromtoluolderivate einzusetzen, die in Form der reinen Isomeren oder auch in Form
von Isomerengemischen eingesetzt werden können. Die Dibromtoluole haben sich als besonders
gut für funktionelle Flüssigkeiten geeignet erwiesen, da sie einerseits hervorragende
technologische Eigenschaften aufweisen, die für die Anwendung in oder als funktionelle
Flüssigkeiten erforderlich sind, und andererseits ein unerwartet gutes Umweltverhalten
zeigen, d. h. als solche ein sehr geringe Toxizität besitzen, beim Erhitzen keine
giftigen Zersetzungsprodukte, wie hochgiftige Dioxinderivate ergeben und darüber hinaus
leicht biologisch abgebaut werden können. Weiterhin zeigen sie im Hinblick auf ihr
Brandverhalten, ihr Viskositäts-Temperatur-Verhalten, ihre Verträglichkeit mit üblicherweise
eingesetzten Dichtelementmaterialien und im Hinblick auf ihr korrosives Verhalten
vorteilhafte Eigenschaften, die sie für die angestrebte Verwendung besonders gut geeignet
erscheinen lassen. Da gerade bezüglich des überraschenden Umweltverhaltens der erfindungsgemäß
ausgewählten Brombenzolderivate und namentlich der Dibromtoluolderivate dem Stand
der Technik, der eine große Vielzahl von möglichen halogenierten und bromierten Verbindungen
zum Einsatz in oder als funktionelle Flüssigkeiten offenbart, keinerlei Angaben entnommen
werden können, stellt die hier vorgenommene Auswahl eine erhebliche Bereicherung der
Technik dar.
[0016] Mit Vorteil kann man erfindungsgemäß die Brombenzolderivate und insbesondere die
Dibromtoluole in Form des bei der Bromierung von Toluol anfallenden Gemisches einsetzen,
wobei man diese Verbindungen oder auch diese Gemische mit Vorteil auch mit anderen
bromierten Verbindungen kombinieren kann, wie insbesondere Dibromethylbenzol und/oder
Dibromcumol. In dieser Weise wird es namentlich durch die Anwendung von Gemischen
der erfindungsgemäß ausgewählten Verbindungen und den genannten anderen Verbindungen
möglich, die Viskositäts-Temperatur-Eigenschaften der funktionellen Flüssigkeit auf
das Einsatzgebiet anzupassen.
[0017] Neben den Brombenzolderivaten kann die erfindungsgemäße schwerentflammbare, biologisch
abbaubare funktionelle Flüssigkeit noch für solche funktionelle Flüssigkeiten übliche
Additive und Zusätze enthalten, wobei die Brombenzolderivate vorzugsweise in einer
Menge von mindestens 35 Gew.-% vorhanden sind.
[0018] Als Additive und Zusätze dieser Art kann man beispielsweise Korrosionsschutzmittel,
wie Erdalkalisulfonate, Stabilisatoren, wie Aminderivate oder phenolische Produkte,
verschleißmindernde Zusätze, beispielsweise Zinkdialkyldithiophosphate, Säureakzeptoren,
beispielsweise Epoxidverbindungen, Tetraphenylzinn usw., Entschäumer, wie Seifen,
Silicone, Glykole, Phosphatester und dergleichen, Viskositätsindexverbesserer, wie
Polymethacrylate oder Polyisobutylen und dergleichen, einsetzen. Weiterhin können
die erfindungsgemäßen funktionellen Flüssigkeiten mit vielen geeigneten Produkten,
wie beispielsweise Mineralölen, Glykolen etc., modifiziert werden.
[0019] Die erfindungsgemäß eingesetzten Brombenzolderivate, die zum Teil bekannt sind, erhält
man durch an sich bekanntes Bromieren von Benzol bzw. Alkylbenzol mit elementarem
Brom in Gegenwart eines bekannten Halogenierungskatalysators, wie beispielsweise Eisen,
Eisentrichlorid, Eisentribromid oder dergleichen. Dabei kann die Umsetzung bei Zimmertemperatur
durchgeführt werden, wobei jedoch in Abhängigkeit vom jeweiligen Katalysator beispielsweise
auch Temperaturen zwischen -5 und +40°C geeignet sind.
[0020] Das folgende Herstellungsbeispiel dient der Erläuterung der Herstellung des erfindungsgemäß
bevorzugt eingesetzten Dibromtoluols.
Herstellunasbeispiel
[0021] Man erwärmt ein Gemisch aus 174 g Toluol und 4 g Eisenpulver auf 45°C. Dann tropft
man unter Rühren langsam 544,6 g (3,4 Mol) elementares Brom zu und arbeitet nach dem
Anspringen der Reaktion bei 22°C weiter. Nach Beendigung der Zugabe rührt man während
weiterer 30 Minuten bei 45°C, wäscht dann das Reaktionsgemisch mit je 300 ml einer
2,5 %-igen Natriumdisulfitlösung, einer 10 %-igen Natriumhydroxidlösung und Wasser
und trocknet anschließend.
[0022] Man erhält als Rohprodukt ein Gemisch aus

Man destilliert das Gemisch und fängt die bei 103 bis 105°C/2,5 mbar übergehende Fraktion
(265 g) auf, die als Dibromtoluol identifiziert werden kann. Molekulargewicht: 250
Dichte: 1,813 n
20 D: 1,6025 (2,5-Dibromtoluol)
[0023] Es lassen sich gaschromatographisch fünf Isomere unterscheiden, die in Anteilen von
48,6 %, 37,4 %, 3,2 %, 8 % und 2,8 % vorliegen.
[0024] Siedepunkt: Gemisch 236 bis 245°C/1013 mbar (105°C/2,5 mbar) 3,5-Dibromtoluol: F.p.:
38 bis 40°C, Sdp. 246°C/1013 mbar 2,6-Dibromtoluol: Sdp. 243°C/1013 mbar 2,5-Dibromtoluol:
F.p. 5,6°C, Sdp. 236°C/1013 mbar
[0025] Die folgenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung und betreffen
Rezepturen von schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeiten.
B e i s p i e 1 1
[0026] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

B e i s p i e 1 2
[0027] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

B e i s p i e 1 3
[0028] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

B e i s p i e 1 4
[0029] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

B e i s p i e 1 5
[0030] Zusammensetzung einer schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeit:

1. Schwerentflammbare, biologisch abbaubare funktionelle Flüssigkeit bestehend aus
oder enthaltend mindestens ein Brombenzolderivat der allgemeinen Formel (I)

worin n für eine Zahl mit einem Wert von 1 bis 4 und x für eine Zahl mit einem Wert
von 1 bis 5 stehen.
2. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß sie als
Brombenzolderivat mindestens ein Bromtoluolderivat der allgemeinen Formel (II)

worin x für eine Zahl mit einem Wert von 1 bis 5 steht, enthält.
3. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet , daß sie als
Bromtoluolderivat ein bei der Bromierung von Toluol anfallendes Gemisch von Bromtoluolderivaten
enthält.
4. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet , daß sie als
Bromtoluolderivat ein oder mehrere Bromtoluolderivate mit 1 bis 3 Bromatomen am Kern
enthält.
5. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet , daß sie als
Bromtoluolderivat mindestens ein Dibromtoluol enthält.
6. Funktionelle Flüssigkeit nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet , daß sie als
Dibromtoluol ein Gemisch aus mindestens zwei isomeren Dibromtoluolen enthält.
7. Funktionelle Flüssigkeit nach mindestens einem der Ansprüche 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet,
daß sie das Bromtoluolderivat im Gemisch mit Dibromethylbenzol und/oder Dibromcumol
enthält.
8. Funktionelle Flüssigkeit nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet,
daß sie in Form einer Hydraulikflüssigkeit vorliegt, die mindestens 35 % des Bromtoluolderivats
und gegebenenfalls übliche Zusätze für Hydraulikflüssigkeiten enthält.