[0001] Verfahren und Verwendung eines Stahles zur Herstellung von Stahlrohren mit erhöhter
Sauergasbeständigkeit
[0002] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von für den Transport saurer
Gase und/oder öle verwendbaren geschweißten Stahlrohren mit auf der dem sauren Gas
und/oder öl zugewandten Innenseite vorhandenen Druckspannungen sowie die Verwendung
eines Stahles.
[0003] In geschweißten Leitungsrohren werden oft öle und Gase transportiert, die Schwefelwasserstoff
(H2S) enthalten und deshalb mit "sauer" bezeichnet werden. Die H2S-haltigen Medien
führen in den Rohren zu Rissen, die man mit "wasserstoffinduzierter Spannungsrißkorrosion"
bezeichnet. Es wird zwischen den sogenannten HIC-Fehlern (Hydrogen-Induced-Cracking)
und den SCC-Fehlern (Stress-Corrosion-Cracking) unterschieden. Schadensfälle durch
Sauergas und Saueröl sind bereits in den verschiedensten Ländern wenige Wochen nach
Betriebsaufnahme aufgetreten, wobei die Rißbildung besonders neben der Schweißnaht
im unteren Teil des Rohres beobachtet werden konnte. Von diesen Schäden sind sowohl
längsnahtgeschweißte als auch spiralnahtgeschweißte Leitungsrohre betroffen.
[0004] Bekannt ist, vgl. "Stahl und Eisen" 1984, S. 1357 bis 1360, daß für Sauergasleitungen
ein sehr niedriger Schwefelgehalt und ein hoher oxidischer Reinheitsgrad erforderlich
sind, wozu im einzelnen eine pfannenmetallurgische Behandlung, insbesondere eine Calzium-Behandlung
in einer basisch ausgemauerten Pfanne bekannt ist. Bekannt ist es weiterhin, einen
Stahl zur Erzielung bestimmter mechanischer Eigenschaften, insbesondere zur Erzielung
einer gut aufeinander abgestimmten Kombination von Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften
thermomechanisch zu walzen, vgl. "Stahl und Eisen" 1981, S. 483 bis 491 und S. 593
bis 600.
[0005] Aus der US-PS 3 992 231 ist ein Verfahren zum Herstellen von ölfeldrohren mit verbesserten
Sauergaseigenschaften bekannt. Nach diesem bekannten Verfahren werden aus einem Stahl
mit 0,28 bis 0,42 % C, 0,8 bis 1,2 % Cr, 0,6 bis 1,0 % Mo, 0,025 bis 0,05 % Nb, 0,4
bis 1,0 % Mn, 0,2 bis 0,6 % Si, Rest Eisen und übliche unvermeidliche Verunreinigungen
zunächst nahtlose Rohre hergestellt, die nach einem Austenitisierungsglühen abgeschreckt
werden. Zur Erzeugung einer Druckspannung auf der Rohrinnenseite werden die nahtlosen
Rohe darauf in einem Ofen auf eine Temperatur von 540 °C bis unterhalb der Umwandlungstemperatur,
d. h. 690 °C mehrere Stunden erwärmt und anschließend die Rohrinnenwand schnell mit
Wasser abgeschreckt. Bei den nach diesem bekannten Verfahren hergestellten Rohren
handelt es sich um typische ölfeldrohre mit einer Schraubverbindung, wie sie nahtlos
bis ca. 500 mm Durchmesser hergestellt werden können. Großrohre für Fernleitungen
können dagegen verfahrensbedingt nicht nahtlos hergestellt werden. Darüber hinaus
hat ein Stahl der genannten Zusammensetzung eine mangelnde Feldschweißbarkeit zur
Folge, ferner ist die langdauernde Wärmebehandlung, für die entspechend große Wärmeöfen
erforderlich sind, technisch und wirtschaftlich aufwendig.
[0006] Ganz abgesehen davon, wird durch die vorgesehene Wärmebehandlung die Streckgrenze
des hergestellten Rohres erniedrigt, so daß höherwertige Güten nur durch entsprechende
zusätzliche Maßnahmen, wie z. B. erhöhte Legierungszugaben von teuren Legierungselementen
erzielbar sind.
[0007] Bekannt ist ebenfalls aus der DE-OS 34 22 781 ein Verfahren zur Wärmebehandlung einer
bestehenden Rohrleitung, bei dem eine außen um die Rohrleitung gelegte Induktionsspule
und ein kontinuierlich das Rohr durchströmendes Kühlmittel die zur Erzeugung von Druckspannungen
auf der Innenoberfläche notwendige Temperaturverteilung über die Wanddicke aufbauen.
Die Regelung der Temperaturverteilung erfolgt durch eine mechanische Änderung der
Induktionsspulengeometrie (Durchmesser und Teilung), welche wiederum eine Änderung
der magnetischen Flußdichte hervorruft. Mit diesem Verfahren sollen in einem stationären
Prozeß insbesondere die in einer senkecht zur Rohrachse befindlichen Ebene liegenden
Verbindungsrundnähte zwischen zwei Rohren einer Wärmebehandlung unterzogen werden.
Diese, durch den jeweiligen Aufbau eines definierten Beharrungszustandes im zu behandelnden
Bereich stark diskontinuierlichen Verfahrensweise läßt eine kontinuierliche Behandlung
einer schraubenlinienförmigen oder achsparallelen Naht eines geschweißten Rohres einzelnen
Rohres insbesondere während des Fertigungsprozesses nicht zu.
[0008] Zudem ist die vorgesehene kontinuierliche Innendurchströmung mit dem Kühlmedium bei
der Einzelrohrfertigung anlagentechnisch nur sehr aufwendig zu realisieren und durch
einen hohen Bedarf an Kühlmedium und hohen Energieeinsatz gekennzeichnet.
[0009] Nachteilig ist weiterhin, daß bei kontinuierlichem Kühlmitteldurchfluß im Beharrungszustand
neben der magnetischen Flußdichte keine weitere Regelungsmöglichkeit zur Optimierung
der Wärmebehandlung zur Verfügung steht
[0010] Bekannt ist weiterhin aus der DE-PS 27 16 081 die Verwendung eines kontrollierten
Stahls mit einer Streckgrenze von mindestens 40 HB, bestehend aus 0,01 bis 0,13 %
Kohlenstoff, 0,1 bis 1,0 % Silizium, 0,7 bis 2,0 % Mangan, höchstens 0,1 % Gesamtaluminium,
0,004 bis 0,03 % Titan, 0,001 bis 0,009 % Gesamtstickstoff, 0,01 bis 0,10 % Niob,
sowie 0,01 bis 0,15 % Vanadium und/oder 0,05 bis 0,40 % Molybdän bei einem Gesamtgehalt
an Niob und Kohlenstoff von höchstens 0,005 % und mindestens 0,004 % Titannitrid mit
einer Teilchengröße von höchstens 0,02 µm, 0 bis 0,6 % Chrom, 0 bis 1,0 % Kupfer,
0 bis 4,0 % Nickel unter der Bedingung

[0011] Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen, nach einem Glühen
bei höchstens 1.150 °C und einem sich anschließenden Warmwalzen mit einer Querschnittsabnahme
von mindestens 50 % bei einer Temperatur von höchstens 930 °C und einer Endtemperatur
von höchstens 830 °C als Werkstoff für Gegenstände, die wie Rohre für arktische Pipelines
eine hohe Kaltzähigkeit besitzen müssen.
[0012] Zwar sind dort 5 mm dicke und auf beiden Seiten 1 mm geschliffene Proben dieses Stahles
auf Wasserstoffrisse nach einem Eintauchen in eine H2S-Lösung geprüft worden, jedoch
sind aus den Ergebnissen dieser Prüfungen keine Rückschlüsse weder auf eine durch
Wasserstoff induzierte Rißbildung noch auf eine durch Wasserstoff induzierte Spannungsrißkorrosion
im Schweißnahtbereich von geschweißten Rohren, insbesondere spiralnahtgeschweißten
Großrohren zu ziehen, da es sich offenbar um Proben aus dem Band handelt.
[0013] Verschiedene Normen, z. B. die US-Norm NACE Standard TM-02-84, sind ausdrücklich
für die Prüfung von Proben geschaffen worden, die aus geschweißten Rohren entnommen
werden. Hierzu ist in Fig. 1 a ein Querschnitt eines geschweißten Rohres dargestellt,
aus dem Proben 1,2 entnommen werden. In Fig. 1 b ist eine Vergrößerung der Probe 1
aus Fig. la im Querschnitt dargestellt, und zwar sind dort schematisch verschiedene
Rißtypen gezeigt, wobei mit
I Risse entlang der Grenze zwischen Grundmaterial und HAZ,
II HIC ähnliche Risse, SCC-Risse in der HAZ bei Stählen, die noch etwas HIC empfindlich
sind, parallel zur Oberfläche und treppenartig durch die Wand,
III Risse von der geometrischen Kerbe der Nahtüberhöhung ausgehend durch die Rohrwand
bei Q + T behandelten Rohren und
IV Risse - Schwächung der Korngrenzen durch Schweißwärme - entlang der Schweißnaht
bei Stählen mit niedrigem Kohlenstoff- und Niobgehalt,
bezeichnet sind.
[0014] Unter "HAZ" ist dabei die wärmebeeinflußte Zone neben der Schweißnaht (Heat Affected
Zone). zu verstehen. HIC-Fehler können an Proben ohne Spannung und SCC-Fehler an Proben
mit Spannung auftreten.
[0015] Die HIC-Fehler werden gemäß der vorgenannten US-Norm entsprechend der Darstellung
in Fig. 1 c (Probe gemäß Fig. 1 a) definiert als
CSR - "Crack Sensitivity Ratio", Verhältnis der rißbehafteten Fläche zur Probenfläche
in Prozent,
CLR - "Crack Length Ratio", Verhältnis der Rißlänge zur Probenlänge in Prozent und
CTR - "Crack Transverse Ratio", Verhältnis der Rißbreite zur Probenbreite in Prozent,
wobei für die sogenannte Sauergas- bzw. -ölrohre für diese Fehlerarten die Einhaltung
der nachfolgend genannten oberen Grenzwerte an Kleinproben gemäß dem Stand der Technik
gefordert wird:

Werden Kleinproben von 100 mm x 20 mm x Wanddicke von einwandfrei hergestellten, geschweißten
Rohren geprüft, so entsprechen sie den vorgenannten Anforderungen. Werden jedoch ganze
Probenrohrringe in eine Korrosionslösung nach der US-Norm NACE TM-01-77 (National
Assosiation of Corrosion Engineers) gelegt, dann treten gemäß Fig. 1 b Risse im Bereich
der Schweißnaht auf. Diese Risse werden - wie eigene Untersuchungen ergaben - insbesondere
bei Vorliegen von Perlitzeilen im Gefüge durch die hohen Zugspannungen aus dem Schweißprozeß
verursacht. Die Risse lassen sich nach verschiedenen Typen I bis IV gemäß Fig. 1 b
unterscheiden und werden mit SCC (Stress Corrosion Cracking) bezeichnet.
[0016] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art
anzugeben, mittels dessen die Nachteile der Verfahren nach dem Stand der Technik vermieden
werden und mittels dessen geschweißte Stahlrohre mit verbesserter Beständigkeit gegen
Spannungsrißkorrosion, d. h. insbesondere Beständigkeit gegen den Angriff saurer Gase
wie Schwefelwasserstoff, Kohlensäure und saurer Öle für Fernleitungen einfach herstellbar
sind und darüber hinaus eine gute Feldschweißbarkeit aufweisen. Insbesondere liegt
der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, mittels dessen die vorstehend
ausführlich erläuterten Fehler in den feriggestellten, geschweißten Rohren für den
Transport saurer Gase und öle vermieden werden sollen, ohne durch ein solches Verfahren
die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Streckgrenze zu verschlechtern, d.
h. zu erniedrigen.
[0017] Diese Aufgabe wird nach der Erfindung gelöst durch die im Kennzeichen des Anspruches
1 genannten Merkmale.
[0018] Eine Verbesserung des Stahlgefüges durch globulare Einformung der entstehenden Sulfide
wird bevorzugt durch die Ca-Zugabe erreicht. Anstelle oder zusätzlich zu dem Calzium
können Titan, Zirkon und/oder seltene Erden einzeln oder zu mehreren in üblichen Mengen
zugegeben werden.
[0019] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben sich
aus den Unteransprüchen
[0020] Demgemäß wid entweder das Rohr und damit auch die Schweißnaht außen fortlaufend abschnittsweise
mit Hile eines Mittelfrequenz-Ringinduktors - betrieben mit 0,1 bis 5,0 MW - auf die
erforderliche im Vergleich zur Temperatur der Innenseite um mindestens 100 °C höhere
Temperatur von 300 bis 680 °C erwärmt und anschließend mit einem Wasser- oder Luftsprühteller
oder nur der Schweißnahtbereich mit der unmittelbar benachbarten Zone außen mit Hilfe
eines Mittelfrequenz-Linieninduktors - betrieben mit 0,1 bis 5,0 MW - auf eine im
Vergleich zur Temperatur der Innenseite um mindestens 100 °C höhere Temperatur von
300 bis 680 °C erwärmt und anschließend mit Wasser- oder Luftdüsen abgekühlt. In besonderen
Fällen kann die Erwärmung der verschweißten Bandkanten bzw. der Schweißnaht autogen
mit Gas erfolgen.
[0021] Wesentlich ist die Regelung der wechselseitigen Beeinflussung von Wärmeleistung,
behandelter Fläche und Nahtvorschubgeschwindigkeit auf der einen Seite und der von
Wärmeleitfähigkeit, Wärmeübergang und Wärmestrahlung abhängigen Temperaturverteilung
über die Rohrwand sowie der partiellen Wärmeabfuhr bei Nahtvorschubgeschwindigkeit
auf der anderen Seite. Erfindungsgemäß erfolgt diese Regelung so, daß das Produkt
aus Leistungsdichte in Watt pro Quadratmeter und Nahtvorschubgeschwindigkeit in Meter
pro Sekunde einen Grenzwert von 10.000 W/(m x sec) nicht unterschreitet bei einer
von innen erfolgenden partiellen Wasser- oder Lufkühlung von 1 - 2.0000 Litern pro
Meter Rohrlänge.
[0022] Erfindungswesentlich ist weiterhin die Verwendung eines Stahls mit einer Zusammensetzung
nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 2, der thermomechanisch zu einem Band
gewalzt, zu einem Rohr geformt und längsnaht- oder spiralnahtgeschweißt wird, an dessen
Innenoberfläche Druckeigenspannungen aufgebaut werden und ein perlitisch-ferritisches
und/oder bainitisches Gefüge aufweist, für den Transport saurer Gase und/oder öle;
ebenso ist als erfindungswesentlich die Verwendung einnes gemäß Anspruch 6 zusammengesetzten
Stahls zu sehen, der gemäß Anspruch 6 behandelt wird, wobei die Druckeigenspannungen
in der Innenoberfläche des Rohres bis zu mindestens einem Drittel der Rohrwanddicke
aufgebaut werden als Rohre für den Transport saurer Gase und/oder Öle.
[0023] Die Vorteile nach dem erfindungsgemäßen Vorschlag sind insbesondere darin zu sehen,
daß geschweißte Stahlrohre, HF- oder Unter-Pulver-geschweißt, mit durch den Aufbau
einer Druckspannung auf der dem sauren Medium zugewandten Seite von bis zu 30 % der
Streckgrenze bei Verwendung der beanspruchten Stähle erheblich verbesserten Beständigkeit
gegen Spannungsrißkorrosion, d. h. insbesondere Beständigkeit gegen den Angriff saurer
Gase und saurer öle für Fernleitungen herstellbar sind, die darüber hinaus eine gute
Feldschweißbarkeit sowie gute mechanische Eigenschaften aufweisen und technisch einfach
herstellbar sind.
[0024] Die Erfindung ist im folgenden anhand von bevorzugten Ausführungsbeispielen näher
erläutert. Die Zeichnungen stellen dar, in
Fig. la bis c Definition und Darstellung der Rißgrößen, wie zum Stand der Technik
erläutert,
Fig. 2a bis bb eine schematische Darstellung der Wärmebehandlungseinrichtung in zwei
Varianten,
Fig. 3 eine schematische Darstellung der erfindungsgemäßen autogenen Wärmebehandlung,
Fig. 4 Fehlertypen an Rohrproben nach unterschiedlichen Wärmebehandlungen mit Darstellung
der Eigenspannungen in der HAZ
Fig. 5 Eigenschaften eines erfindungsgemäß behandelten HFgeschweißten Rohres,
Fig. 6 Eigenschaften eines erfindungsgemäß behandelten UP-gescweißten Rohres,
Fig. 7 Tabelle Stahl- und Rohrdaten.
[0025] Ein Stahl, der nach dem Abstich mittels einer Kalk-Flußspat-Schlacke und Spülung
mit Argon in der Pfanne behandelt und anschließend abgeschlackt wird, wird weiterhin
zur Erzeugung von Vormaterial mit höchstem Reinheitsgrad mit Calcium in einer Pfanne
homogenisiert. Wie bei der Stahlentschwefelung wird der Stahl schlackenfrei in die
basische Pfanne abgestochen und nach der Zugabe einer synthetischen Schlacke einige
Minuten gespült; nach Zugabe von stückigem CaSi wird die Spülbehandlung fortgesetzt.
[0026] Nach dieser Behandlung weist der Stahl folgende Schmelzanalyse auf:

[0027] Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen.
[0028] Der Stahl wird in einer Stranggießanlage zu Brammen mit einer Abmessung von 200 mm
Dicke und 1.300 mm Breite vergossen und anschließend die auf eine Temperatur von 1.170
bis 1.250 °C wiedererwärmte Bramme thermomechanisch zu einem Stahlband von 11,9 mm
Dicke und 1.300 mm Breite bei einer Walzendtemperatur von 850 bis 910 °C ausgewalzt.
[0029] Die Walzung erfolgt in drei Vorgerüsten, mit einem Stich im ersten und dritten Vorgerüst
und mit 3 bis 5 Stichen reversierend im zweiten Vorgerüst. In der Fertigstaffel wird
kontinuierlich in sieben Gerüsten gewalzt.
[0030] In einem nicht dargestellten Spiralrohrwerk wird das besäumte Stahlband zu einem
Spiralrohr mit einer Abmessung von 609,6 mm x 11,9 mm (API-Werkstoff X 60) eingeformt
und die aneinanderliegenden Kanten des Stahlbandes durch Heftschweißung miteinander
verbunden und dann das Rohr in einer Länge von z. B. 18 m abgetrennt. Auf einem separaten
Schweißstand wird heftgeschweißte Rohr durch doppelseitiges Unter-Pulver-Schweißen
fertiggeschweißt. Zum Schweißen werden Drähte und Schweißpulver mit hohem Reinheitsgrad
und geringer Wasserstoffabgabe verwendet.
[0031] Aus den geschweißten Rohren wurden Kleinproben entnommen und nach dem eingangs beschriebenen
HIC-Prüfverfahren in NACE-Prüflösung geprüft. In allen Fällen wurden mit CLR = 6 %
und CSR = 0,5 % die üblichen Anforderungen mit CLR = 15 % und CSR = 1,5 % sicher erfüllt.
[0032] Nachdem die Prüfung von Kleinproben (HIC-Prüfverfahren) und diejenige von Rohrringen
bekannterweise unterschiedliche Ergebnisse insbesonere wegen der durch das Schweißen
eingebrachten Eigenspannungen aufweist, wurden 300 mm lange Rohrringe in einem Großbehälter
mit den Abmessungen 850 mm x 850 mm x 450 mm einer Schwefelwasserstoff-Belastung in
NACE-Lösung mit einer Angriffsmöglichkeit des Rohres von außen und von innen unterzogen.
Die Oberflächen der Prüfbereiche, etwa 100 mm beidseitig der Schweißnaht sowie etwa
200 mm breit gegenüber der Schweißnaht, wurden entsprechend der Vorschrift für den
HIC-Test an Kleinproben geschliffen, um einen temporär schützenden Einfluß des Zunders
auszuschließen. Zur Simulation des Betriebsdruckes von Rohrleitungen wurden mit Hilfe
eines Gestänges Spannungen im Rohr innen aufgebracht. Im Bereich der Schweißnaht und
gegenüberliegend im Grundmaterial wurden Zugspannungen von 44 % der Mindeststreckgrenze
aufgebracht. Nach 96 Stunden Lagerung der Rohrringe in der NACE-Lösung wurden diese
in den geschliffenen Bereichen ultraschallgeprüft und anschließend metallographisch
untersucht.
[0033] Die Untersuchung ergab im Schweißnahtübergangsbereich zur Rohrinnenseite hin Risse,
die als Kombination von HIC-Fehlern und SCC-Fehlern anzusehen sind.
[0034] Zusätzlich zu diesen Ringversuchen, bei denen die NACE-Lösung von innen und außen
angreifen konnte, wurden weitere Versuche durchgeführt, bei denen die Angriffsmöglichkeit
der Lösung nur vom Rohrinnern gegeben war. Die Aufgabe von Spannungen zur Simulation
eines Innendruckes wurde in der gleichen Weise vorgenommen wie vorher beschrieben,
und zwar jeweils mit 44 % der Mindeststreckgrenze. Wiederum wurden bei Unter-Pulvergeschweißten
Rohren Rißsysteme im Schweißnahtübergangsbereich nach 96 Stunden festgestellt. Zusätzlich
traten im Schweißgut Risse auf.
[0035] Um die als Ursache für das Auftreten der Risse im Schweißgut und in den benachbarten
wärmebeeinflußten Zonen vermuteten Eigenspannungen abzubauen, wurden die Rohe mittels
einer in Fig. 2a dargestellten Einrichtung wärmebehanelt.
[0036] Fig. 2a zeigt dabei ein spiralnahtgeschweißtes Rohr 1, das auf Führungsrollen 2 aufliegt
und mittels weiterer Führungsrollen 3 an der Wärmebehandlungseinrichtung 4 spiralförmig
mit einer Geschwindigkeit von 0,4 m bis 30 m pro Minute vobeigeführt wird. Die Wärmebehandlungseinrichtung
4 besteht zunächst aus einem Mittelfrequenz-Ringinduktor 5, der das Rohr 1 in einer
Breite von 50 mm mit einem Abstand von 50 mm ringförmig umgit und mit etwa 0,1 bis
5,0 MW zur ringförmigen Erwärmung des Rohres 1 auf eine Temperatur von 300 bis 680
°C betrieben wird. Im Innern des Rohres 1 ist axial eine Wasser- oder Luftlanze 6
angeordnet, an deren Kopfende ein Sprühteller 7 im Abstand von 5 bis 500 mm vom Ringinduktor
5 vorgesehen ist, mittels dessen die unmittelbar vorher mit dem Ringinduktor 5 erwärmte
Umfangs-Zone des Rohres 1 durch Wasser oder Luft in einr Menge von 1 bis 2.000 Liter
pro m Rohr besprüht und damit abgekühlt wird.
[0037] In Fig. 2aa ist eine Vorderansicht des um das Rohr 1 angeordneten Mittelfrequenz-Ringinduktors
5 sowie des innerhalb des Rohres 1 angeordneten Sprühtellers 7 schematisch dargestellt.
[0038] In Fig. 2b ist ebenfalls ein spiralnahtgeschweißtes Rohr 1 dargestellt, daß auf Führungsrollen
2 aufliegt und mittels weiterer Führungsrollen 3 an einer anderen Wärmebehandlungseinrichtung
8 spiralförmig, der Schweißnaht 9 folgend mit einer Geschwindigkeit von 0,4 bis 30
m pro Minute vorbeigeführt wird. Die Wärmebehandlungseinrichtung 8 besteht in diesem
Fall aus einem Mittelfrequenz-Linieninduktor 10 - betrieben mit 0,1 bis 5,0 MW - mit
einer Breite von 400 mm, an dem die Schweißnaht 9 vorbeigeführt und dabei auf eine
Temperatur von 300 bis 680 °C erwärmt wird. Im Inneren. des Rohres 1 ist wiederum
axial eine Wasser- oder Luftlanze 6 angeordnet, deren Ende knieförmig zur Rohrinnenoberfläche
abgebogen und am Ende mit Düsenkopf 11 in einer Breite, die etwa der Breite des Linieninduktor
10 entspricht, zum Aufspritzen von Wasser oder Luft in einer Menge von 1 bis 2.000
Liter pro m Rohr auf die Rohrinnenseite versehen ist.
[0039] In Fig. 2bb ist eine Vorderansicht des Rohres 1 mit Linieninduktor 10 und abgebogener
Wasser- oder Luftlanze 6 mit Düsenkopf 11 dargestellt.
[0040] In gleicher Weise wie mit einem Ring- oder Linieninduktor kann das Rohr 1, wie Fig.
3 zeigt, auch autogen mit Gasbrennern 12 links und rechts von der Schweißnaht 13 erwärmt
und anschließend, ähnlich wie in Fig. 2bb, mit einer Wasser- oder Luftbrause 14 abgekühlt
werden. Der Pfeil 15 gibt die Vorschubrichtung des Rohres 1 an.
[0041] In Fig. 4 sind der Aussgangszustand und die nach verschiedenen Verfahren erhaltenen
Werte der Eigenspannungen im Rohrinnern absolut und bezogen auf die Streckgrenze der
behandelten und geprüften spiralnahtgeschweißten Rohe der Abmessung 609,6 x 11,9 mm
aus Werkstoffqualität X 60 in einem Balkendiagramm dargestellt, wobei unterhalb dieses
Balkenndiagrammes zu dem Ausgangszustand (A) und den Verfahren (B), (D), (E), (H)
und (I) schematisch die Proben mit den auftretenden Rißtypen zugeordnet sind. Geprüft
wurden Abschnitte aus Rohren, die wie vorhergehend beschrieben dargestellt bzw. behandelt
waren. Die Rohrabschnitte wurden in H2S-gesättigter Lösung 96 Stunden bei Raumtemperatur
gehalten. Dabei wurde eine Zugspannung von 44 % der gemessenen Streckgrenze (Rp) des
Rohres auf die Rohrinnenseite durch eine Ovalisierung des Rohrabschnittes aufgebracht.
Dieser Ausgangszustand ist in Fig. 4 mit A bezeichnet, wobei aus der zugeordneten
Probendarstellung hervorgeht, daß sowohl in der Schweißnaht als auch in der wärmebeeinflußten
Zone zahlreiche Risse festgestellt wurden.
[0042] In dem Diagramm geben dabei die Balkenhöhen, die Längsspannungs- und die Querspannungswerte
an, gemessen nach dem Zerlegeverfahren.
[0043] Unterhalb des Balkendiagrammes sind für den Anfangszustandes A und für die verschiedenen
Verfahren B bis N wichtige Parameter sowie die Kennzeichnung und die Prüfergebnisse
für die jeweiligen Rohrabschnitte aufgeführt.
[0044] Die Rohre gemäß D und E wurden auf 600 bzw. 700 °C erwärmt und anschließend von außen
mit Wasser gekühlt.
[0045] Zwar werden bei diesem Verfahren die Eigenspannungen vermindert, es treten aber weiterhin
Risse auf, weil auf der Abkühlseite (hier außen) Druck- und auf der Rohrinnenseite
Zugspannungen entstehen.
[0046] Die Rohre gemäß F und G, die auf 600 °C erwärmt und anschließend an Luft abgekühlt
wurden, sind bereits rißfrei und weisen eine verringerte Eigenspannung auf. Lediglich
die Rohre gemäß H und I, die auf 640 °C bzw. 700 °C erwärmt und an Luft abgekühlt
wurden, weisen noch Risse auf.
[0047] Auch ein mit Q + T (quench and Temper) bezeichnetes Verfahren, bei dem das Rohr auf
940 bzw. 950 °C aufgeheizt, mit Wasser von außen abgeschreckt und nachfolgend bei
600 bzw. 640 °C angelassen wird, führt sicher zu einer rißfreien Probe und einem weitgehendden
Abbau der Eigenspannungen.
[0048] Ein Aufbau von Druckeigenspannungen von ca. 20 % der Streckgrenze in der HAZ auf
der dem sauren Medium zugewandten Innenseite des Rohres findet jedoch erst bei den
Verfahren M und N statt, bei welchen mit einer Wasserkühlung von innen mit 1 bis 2.000
Litern pro Meter Rohrlänge sowie mit einer Nahtvorschubgeschwindigkeit von 0,45 Metern
pro Minute unter Einhaltung eines Mindestwertes von 10.000 W/(m x sec) für das Produkt
aus Leistungsdichte und Nahtvorschubgeschwindigkeit eine Temperatur von 600 °C auf
der Außenseite des Rohres erreicht wird, welche um mindestens 100 °C höher ist als
die Temperatur an der Rohrinnenseite. Die Versuche wurden mit abgearbeiteter und nicht
abgearbeiteter Nahtüberhöhung durchgeführt; in beiden Fällen treten keinerlei SCC-Risse
mehr auf.
[0049] Die chemische Zusammensetzung des Stahlbandes, die zugehörigen Abmessungen des daraus
hergestellten Rohes, die gemessenen mechanischen Eigenschaften im Ausgangszustand
sowie nach der Glühung und Kühlung, sind zusammen mit den entsprechenden Gefügebildern
in Fig. 5 dargestellt, in diesem Fall für ein längsnahthf-widerstands-preß-geschweißtes
Rohr.
[0050] In gleicher Weise wie der in Fig. 5 und im vorstehenden Text beschriebene Stahl mit
seiner Herstellung und Behandlung ist der in Fig. 6 näher erläuterte Stahl mit den
ermittelten Eigenschaften für Unter-Pulver-geschweißte Sauergas- und Sauerölrohre
geeignet; in gleicher Weise gilt dies für den in der Tabelle der Fig. 7 beschriebenen
Stahl und für die daraus erstellten sauergasbeständigen Rohre.
Hoesch Aktiengesellschaft
Eberhardstr. 12, 4600 Dortmund 1
[0051] Verfahren und Verwendung eines Stahles zur Herstellung von Stahlrohren mit erhöhter
Sauergasbeständigkeit
1. Verfahren zum Herstellen von für den Transport saurer Gase und/oder öle verwendbaren
geschweißten Stahlrohren mit auf der dem sauren Gas und/oder Öl zugewandten Innenseite
vorhandenen Druckspannungen, gekennzeichnet durch die Kombination folgender Verfahrensschritte:
a) Ein Stahl mit einer Zusammensetzung von

wobei das Verhältnis Ca : S größer als 2,25 und das Produkt Ca x S gleich oder kleiner
0,001 ist, und je nach geforderten Festigkeitskennwerten des fertigen Stahlrohres,
eines oder mehrerer Legierungselemente der folgenden Gruppe:

Rest Eisen und unvermeidliche Verunreinigungen, wird thermomechanisch zu einem Band
mit perlitisch-ferritischem und/oder bainitischem Gefüge gewalzt;
b) das Band wird zu einem Rohr mit einem Verhältnis von Wanddicke zu Durchmesser von
1 zu 25 bis 1 zu 160 eingeformt und die Bandkanten miteinander verschweißt;
c) die dem sauren öl und/oder Gas abgewandte Außenseite des gescweißten Rohres, vorzugsweise
jedoch nur der Schweißnahtbereich in max. 400 mm Breite wird auf eine im Vergleich
zur Temperatur der Innenseite um mindestens 100 °C höhere Temperatur von 300 bis 680
°C, vorzugsweise 550 - 650 °C erwärmt und anschließend von innen mit Wasser oder Luft
in einer Menge von 1 bis 2.000 Liter pro Meter Rohrlänge, vorzugsweise 10 bis 400
Liter pro Meter Rohrlänge abgekühlt bei einem Rohrvorschub in Nahtrichtung während
der Erwärmung und anschließenden Abkühlung von 0,4 bis 30 m/min.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ein Stahl mit

Rest Eisen und unvermeidliche Verunreinigungen eingesetzt wird.
3. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Rohr bzw. der
Schweißnahtbereich induktiv so erwärmt wird, daß das Produkt aus Leistungsdichte und
Vorschubgeschwindigkeit in Nahtrichtung nicht kleiner als 10.000 W/(m x sec) wird.
4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß das Rohr fortlaufend abschnittsweise induktiv erwärmt wird.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet,
daß das Rohr bzw. der Schweißnahtbereich autogen mit Gas so erwärmt wird, daß das
Produkt aus Leistungsdichte und Vorschubgeschwindigkeit in Nahtrichtung nicht kleiner
als 10.000 W/(m x sec) wird.
6. Die Verwendung eines Stahles mit einer Zusammensetzung nach den Ansprüchen 1 und
2, der thermomechanisch zu einem Band gewalzt, zu einem Rohr geformt und längsnaht-
oder spiralnahtgeschweißt wird, an dessen Innenoberfläche Druckeigenspannungen aufgebaut
werden und ein perlitisch-ferritisches und/oder bainitisches Gefüge aufweist, für
den Transport saurer Gase und/oder öle.
7. Die Verwendung eines gemäß Anspruch 6 zusammengesetzten Stahls der gemäß Anspruch
6 behandelt wird, wobei die Druckeigenspannungen in der Innenoberfläche des Rohres
bis zu mindestens einem Drittel der Rohrwanddicke aufgebaut wurden als Rohre für den
Transport saurer Gase und/oder öle.