[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Magnetfeldeinrichtung für eine Anlage zur Beschleunigung
und/oder Speicherung elektrisch geladener Teilchen, insbesondere von Elektronen,
deren Teilchenbahn gekrümmte Abschnitte aufweist, in denen jeweils ein entsprechend
gekrümmter Dipolmagnet angeordnet ist, der supraleitende Wicklungen und eine Zusatzwicklung
enthält und mit dem ein magnetisches Führungsfeld für den Teilchenstrahl zu erzeugen
ist, das schwach fokussierend aufgrund entsprechender Feldgradienten ist. Eine derartige
Einrichtung ist z.B. aus der Veröffentlichung mit dem Titel "Superconducting Racetrack
Electron Storage Ring and Coexistent Injector Microtron for Synchrotron Radiation"
des "Institute for Solid State Physics" of the University of Tokyo, Japan, Sept. 1984,
Ser. B, No. 21, Seiten 1 bis 29 zu entnehmen.
[0002] Mit bekannten kleineren, kreisförmig gestalteten Elektronenbeschleuniger-Anlagen,
die auch als "Microtrons" bezeichnet werden, lassen sich Teilchenenergien bis etwa
100 MeV erreichen. Diese Anlagen können insbesondere auch als sogenannte Rennbahn-(englisch:
"race-track")Microtrons realisiert werden. Die Teilchenbahnen dieses Typs von Beschleuniger-Anlagen
setzen sich dabei aus zwei Halbkreisen mit jeweils einem entsprechenden 180°-Ablenkmagneten
und aus zwei geraden Bahnabschnitten zusammen (vgl. "Nucl.Instr. and Meth.", Vol.
177, 1980, Seiten 411 bis 416, oder Vol. 204, 1982, Seiten 1 bis 20).
[0003] Soll die angestrebte Endenergie der Elektronen von etwa 100 MeV bis 1 GeV gesteigert
werden, so bietet sich bei unveränderten Abmessungen die Erhöhung des Magnetfeldes
an. Derartige Magnetfelder können insbesondere mit supraleitenden Magneten erzeugt
werden.
[0004] Auch die aus der eingangs genannten Veröffentlichung zu entnehmende Elektronenspeicherring-Anlage
weist in ihren gekrümmten Abschnitten Dipolmagnete mit supraleitenden Wicklungen
auf. Dabei wird im allgemeinen vorausgesetzt, daß das im Bereich dieser Magnete erzeugte
Führungsfeld für den Teilchenstrahl schwach fokussierend aufgrund entsprechender Feldgradienten
wirkt. Ein Maß für eine derartige Fokussierung ist der sogenannte Feldindex n, der
allgemein definiert ist als:

wobei r₀ der Radius der Teilchenbahn, B
z0 die senkrecht bezüglich der Teilchenbahn verlaufende Komponente der magnetischen
Induktion und ∂B/∂r der Feldgradient sind (vgl. z.B. R.Kollath: "Teilchenbeschleuniger",
Braunschweig 1955, Seite 23). Im Falle einer schwachen Fokussierung liegt der Feldindex
zwischen etwa 0,3 und 0,7 und insbesondere bei etwa 0,5.
[0005] Eine solche schwache Fokussierung in den gekrümmten Bahnabschnitten wird im allgemeinen
bei bekannten Speicherring-Anlagen durch besondere Formgebungen der Polschuhe eines
die Teilchenbahn umschließenden Eisenjoches des Dipolmagneten sowie gegebenenfalls
durch besondere Zusatzwicklungen erreicht. Auch bei der aus der eingangs genannten
Veröffentlichung zu entnehmenden Speicherring-Anlage weisen die supraleitenden Dipolmagnete
Eisenjoche auf. Diese Joche sind in der Äquatorialebene der Teilchenbahn nach außen
hin durchbrochen, um einen Auslaß und damit eine Nutzung der in den gekrümmten Abschnitten
der Teilchenbahn auftretenden Synchrotronstrahlung zu ermöglichen.
[0006] Abgesehen davon, daß bei der bekannten Speicherring-Anlage die Ausbildung eines
entsprechenden Eisenjoches verhältnismäßig aufwendig ist, ist auch der Beitrag des
Eisenjochs zur magnetischen Flußdichte aufgrund der magnetischen Sättigung des Materials
nach oben hin begrenzt.
[0007] Aufgabe der vorleigenden Erfindung ist es deshalb, die bekannte Magnetfeldeinrichtung
dahingehend zu verbessern, daß auf verhältnismäßig einfache Weise im Bereich ihrer
gekrümmten Dipolspulen die für eine schwache Fokussierung des Teilchenstrahles erforderlichen
Feldgradienten auszubilden sind und der hierfür erforderliche apparative Aufwand begrenzt
ist, ohne daß eine Beschränkung der Größe der magnetischen Induktion aufgrund der
Sättigungsmagnetisierung von Eisen besteht.
[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß jedem zumindest weitgehend
eisenfreien Dipolmagneten eine supraleitende Zusatzwicklung zugeordnet ist, welche
entsprechend gekrümmt ist, welche mit ihrer konvexen Außenseite an den Bereich der
konkaven Innenseiten der gekrümmten Dipolwicklungen zumindest angrenzt und mit welcher
die erforderlichen Feldgradienten im wesentlichen hervorzurufen sind.
[0009] Die Zusatzwicklung jedes Dipolmagneten weist somit eine gekrümmte Form auf, die der
der Dipolwicklungen entspricht. Die damit verbundenen Vorteile sind insbeson dere
darin zu sehen, daß für die Zusatzwicklung dieselben Verfahren zur Herstellung angewandt
werden können wie für die supraleitenden Dipolwicklungen. Entsprechende Verfahren
sind z.B. mit den DE-Patentanmeldungen P 34 44 983.3, P 35 04 211.7 oder P 35 04
223.0 vorgeschlagen. Außerdem ist das von einer gekrümmten Zusatzwicklung eingenommene
magnetfelderfüllte Volumen verhältnismäßig klein, so daß die in ihr zu speichernde
Energie vorteilhaft entsprechend gering ist. Darüber hinaus bleibt im Inneren der
gekrümmten Zusatzspule im Bereich ihres Radiusmittelpunktes hinreichend Platz, um
mechanische Stützstrukturen für die Dipolwicklungen und die Zusatzwicklung anordnen
zu können.
[0010] Vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Magnetfeldeinrichtung gehen aus
den Unteransprüchen hervor.
[0011] Zur weiteren Erläuterung der Erfindung wird auf die Zeichnung Bezug genommen, in
deren Figur 1 eine erfindungsgemäße Magnetfeldeinrichtung als Teil einer Elektronenbeschleuniger-
bzw. Elektronenspeicherring-Anlage angedeutet ist. Figur 2 zeigt schematisch die
supraleitenden Wicklungen einer derartigen Magnetfeldeinrichtung. Dabei sind in den
Figuren übereinstimmende Teile mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
[0012] In Figur 1 ist in Schrägansicht ein gekrümmter Dipolablenkmagnet einer Elektronenbeschleuniger-
bzw. -speicherringanlage in teilweise aufgerissener Darstellung schematisch wiedergegeben.
Der allgemein mit 2 bezeichnete Dipolmagnet ist aufgrund der gekrümmten Teilchenbahn
s ebenfalls gekrümmt und kann insbesondere halbkreisförmig gebogen sein (vgl. z.B.
die eingangs genannte Veröffentlichung). Da insbesondere Endenergien der Elektronen
e⁻ von mehreren 100 MeV angestrebt werden, sind wegen der hierfür erforderlichen
hohen Feldstärken die Wicklungen 3 und 4 des Magneten bevorzugt mit supraleitendem
Material erstellt. Diese Dipolwicklungen 3 und 4, die auch als Hauptwicklungen bezeichnet
werden, sind beiderseits eines längs der Teilchenbahn s verlaufenden Elektronenstrahlrohres
5 in parallelen Ebenen liegend angeordnet und weisen aufgrund ihrer Krümmung jeweils
eine konkave Innenseite 3i bzw. 4i und eine konvexe Außenseite 3a bzw. 4a auf. In
der durch das Strahlrohr 5 bzw. die Teilchenbahn s aufgespannten Äquatorialebene
liegt außerdem gemäß der Erfindung eine supraleitende Zusatzwicklung 7, mit der die
für eine schwache Fokussierung mit Feldindex n zwischen etwa 0,3 und 0,7, insbesondere
von etwa 0,5 erforderlichen Feldgradienten des von den Hauptwicklungen 3 und 4 erzeugten
Dipolfeldes zumindest im wesentlichen hervorzurufen sind. Die deshalb auch als Gradientenwicklung
zu bezeichnende Zusatzwicklung 7 weist dabei eine der Form der Hauptwicklungen 3 und
4 entsprechende gekrümmte Form auf. Dabei grenzt diese Zusatzwicklung 7 mit ihrer
Außenseite 7a an den durch die Innenseiten 3i und 4i der Hauptwicklungen 3 und 4 festgelegten
Bereich zumindest an. Wie insbesondere aus der schematischen Aufsicht der Figur 2
näher hervorgeht, können sich in diesem Bereich vorteilhat die konkaven Innenseiten
3i und 4i der Dipolwicklungen 3 und 4 und die konvexe Außenseite 7a der Zusatzwicklung
7 auch überlappen, d.h., diese Wicklungen haben dann in diesem Bereich einen etwa
gleichen Krümmungsradius r.
[0013] Ferner ist in Figur 1 angedeutet, daß in den von den supraleitenden Hauptwicklungen
3 und 4 jeweils umschlossenen Flächen noch je eine entsprechend gekrümmte supraleitende
Nebenwicklung 8 bzw. 9 vorgesehen werden kann. Da die Leiter der Wicklungen 3, 4,
7 bis 9 aus supraleitendem Material bestehen, ist für diese Wicklungen ein gemeinsames
Kroystaten- oder Heliumgehäuse 11 vorgesehen. Das Gehäuse 11 und damit die in ihm
befindlichen Wicklungen können an einer turmartigen Halterung 12 oder sonstigen Stützvorrichtung
befestigt sein, die vorteilhaft aufgrund der gekrümmten Form der Zusatzwicklung 7
etwa im Mittelpunkt der Krümmungsradien der Wicklungen und somit außerhalb der von
den Wicklungen 3, 4, 7 jeweils eingeschlossenen Flächen angeordnet werden kann. Hiermit
können gegebenenfalls auch Probleme mit Wirbelströmen in der Halterung 12 wesentlich
vermindert werden. Außerdem ist das Gehäuse 11 im Bereich der Äquatorialebene von
der Außenseite des Dipolmagneten
2 her aus Gründen einer ungestörten Herausführung der in dem gekrümmten Bereich der
Teilchenbahn s auftretenden Synchrotronstrahlung nicht durchgehend, sondern quasi
zweigeteilt ausgeführt. Hiermit ist eine schlitzartige Strahlkammer 13 ausgebildet,
die zwischen den konvexen Außenseiten 3a und 4a der Hauptwicklungen hindurch bis an
die Außenseite 7a der supraleitenden Zusatzwicklung 7 heranreicht. Die aus dieser
Strahlkammer tangential austretende Synchrontronstrahlung ist in der Figur durch
gestrichelte Linien 14 angedeutet.
1. Magnetfeldeinrichtung für eine Anlage zur Beschleunigung und/oder Speicherung
elektrisch geladener Teilchen, insbesondere von Elektronen, deren Teilchenbahn gekrümmte
Abschnitte aufweist, in denen jeweils ein entsprechend gekrümmter Dipolmagnet angeordnet
ist, der supraleitende Wicklungen und eine Zusatzwicklung enthält und mit dem ein
magnetisches Führungsfeld für den Teilchenstrahl zu erzeugen ist, das schwach fokussierend
aufgrund entsprechender Feldgradienten ist, dadurch gekennzeichnet, daß jedem zumindest weitgehend eisenfreien Dipolmagneten (2) eine supraleitende
Zusatzwicklung (7) zugeordnet ist, welche
- entsprechend gekrümmt ist,
- mit ihrer konvexen Außenseite (7a) an den Bereich der konkaven Innenseiten (3i,
4i) der gekrümmten Dipolwicklungen (3 bzw. 4) zumindest angrenzt
und
- mit welcher die erforderlichen Feldgradienten im wesentlichen hervorzurufen sind.
2. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Zusatzwicklung (7) in einer zwischen den parallelen Ebenen der Dipolwicklungen
(3, 4) verlaufenden Zwischenebene angeordnet ist.
3. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sich die konvexe Außenseite (7a) der Zusatzwicklung (7) sowie die konkaven Innenseiten
(3i, 4i) der Dipolwicklungen (3, 4) zumindest teilweise überlappen.
4. Mgnetfeldeinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Zusatzwicklung (7) und die Dipolwicklungen (3, 4) in einem gemeinsamen
Kryostatengehäuse (11) befinden.
5. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Zusatzwicklung (7) und die Dipolwicklungen (3, 4) über das Kryostatengehäuse
(11) an einer zentralen turmartigen Halterung (12) befestigt sind.
6. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die turmartige Halterung (12) an der Innenseite des Dipolmagneten (2) außerhalb
der von den Wicklungen (3, 4, 7) jeweils begrenzten Flächen angeordnet ist.
7. Magnetfeldeinrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß zum Auslaß von Synchrontronstrahlung das Kryostatengehäuse (11) im Bereich der
durch die Teilchenbahn (s) festgelegten Mittelebene an seiner Außenseite zu einer
schlitzartigen Strahlkammer (13) ausgebildet ist.
8. Magnetfeldeinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß in den von den Dipolwicklungen (3, 4) eingeschlossenen Flächen jeweils eine
Dipolnebenwicklung (8 bzw. 9) mit supraleitenden Leitern angeordnet ist.