(19)
(11) EP 0 208 163 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.01.1987  Patentblatt  1987/03

(21) Anmeldenummer: 86108071.1

(22) Anmeldetag:  12.06.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4H05H 7/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI

(30) Priorität: 24.06.1985 DE 3522528

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Jahnke, Andreas, Dr.
    D-8550 Forchheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Magnetfeldeinrichtung für eine Anlage zur Beschleunigung und/oder Speicherung elektrisch geladener Teilchen


    (57) Die Magnetfeldeinrichtung für eine Anlage zur Beschleuni­gung und/oder Speicherung elektrisch geladener Teil­chen, insbesondere von Elektronen, weist gekrümmte Ab­schnitte der Teilchenbahn auf, in denen jeweils ein entsprechend gekrümmter Dipolmagnet angeordnet ist, der supraleitende Wicklungen und eine Zusatzwicklung ent­hält und mit dem ein magnetisches Führungsfeld für den Teilchenstrahl zu erzeugen ist, das schwach fokussie­rend aufgrund entsprechender Feldgradienten wirkt. Diese Feldgradienten sollen auch bei hoher magnetischer Flußdichte auf verhältnismäßig einfache Weise hervor­zurufen sein. Erfindungsgemäß ist hierzu vorgesehen, daß jedem zumindest eisenfreien Dipolmagneten (2) eine supraleitende Zusatzwicklung (7) zugeordnet ist, welche entsprechend gekrümmt ist, mit ihrer konvexen Außen­seite (7a) an den Bereich der konkaven Innenseiten (3i, 4i) der gekrümmten Dipolwicklungen (3 bzw. 4) zumindest angrenzt und mit welcher die erforderlichen Feldgradien­ten im wesentlichen hervorzurufen sind.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Magnetfeldeinrich­tung für eine Anlage zur Beschleunigung und/oder Spei­cherung elektrisch geladener Teilchen, insbesondere von Elektronen, deren Teilchenbahn gekrümmte Abschnitte aufweist, in denen jeweils ein entsprechend gekrümmter Dipolmagnet angeordnet ist, der supraleitende Wick­lungen und eine Zusatzwicklung enthält und mit dem ein magnetisches Führungsfeld für den Teilchenstrahl zu erzeugen ist, das schwach fokussierend aufgrund ent­sprechender Feldgradienten ist. Eine derartige Ein­richtung ist z.B. aus der Veröffentlichung mit dem Titel "Superconducting Racetrack Electron Storage Ring and Coexistent Injector Microtron for Synchrotron Radiation" des "Institute for Solid State Physics" of the University of Tokyo, Japan, Sept. 1984, Ser. B, No. 21, Seiten 1 bis 29 zu entnehmen.

    [0002] Mit bekannten kleineren, kreisförmig gestalteten Elek­tronenbeschleuniger-Anlagen, die auch als "Microtrons" bezeichnet werden, lassen sich Teilchenenergien bis etwa 100 MeV erreichen. Diese Anlagen können insbeson­dere auch als sogenannte Rennbahn-(englisch: "race-­track")Microtrons realisiert werden. Die Teilchenbahnen dieses Typs von Beschleuniger-Anlagen setzen sich dabei aus zwei Halbkreisen mit jeweils einem entsprechenden 180°-Ablenkmagneten und aus zwei geraden Bahnabschnitten zusammen (vgl. "Nucl.Instr. and Meth.", Vol. 177, 1980, Seiten 411 bis 416, oder Vol. 204, 1982, Seiten 1 bis 20).

    [0003] Soll die angestrebte Endenergie der Elektronen von etwa 100 MeV bis 1 GeV gesteigert werden, so bietet sich bei unveränderten Abmessungen die Erhöhung des Magnetfeldes an. Derartige Magnetfelder können insbesondere mit supraleitenden Magneten erzeugt werden.

    [0004] Auch die aus der eingangs genannten Veröffentlichung zu entnehmende Elektronenspeicherring-Anlage weist in ihren gekrümmten Abschnitten Dipolmagnete mit supralei­tenden Wicklungen auf. Dabei wird im allgemeinen vor­ausgesetzt, daß das im Bereich dieser Magnete erzeugte Führungsfeld für den Teilchenstrahl schwach fokussierend aufgrund entsprechender Feldgradienten wirkt. Ein Maß für eine derartige Fokussierung ist der sogenannte Feldindex n, der allgemein definiert ist als:

    wobei r₀ der Radius der Teilchenbahn, Bz0 die senkrecht bezüglich der Teilchenbahn verlaufende Komponente der magnetischen Induktion und ∂B/∂r der Feldgradient sind (vgl. z.B. R.Kollath: "Teilchenbeschleuniger", Braunschweig 1955, Seite 23). Im Falle einer schwachen Fokussierung liegt der Feldindex zwischen etwa 0,3 und 0,7 und insbesondere bei etwa 0,5.

    [0005] Eine solche schwache Fokussierung in den gekrümmten Bahnabschnitten wird im allgemeinen bei bekannten Speicherring-Anlagen durch besondere Formgebungen der Polschuhe eines die Teilchenbahn umschließenden Eisen­joches des Dipolmagneten sowie gegebenenfalls durch besondere Zusatzwicklungen erreicht. Auch bei der aus der eingangs genannten Veröffentlichung zu entnehmenden Speicherring-Anlage weisen die supraleitenden Dipol­magnete Eisenjoche auf. Diese Joche sind in der Äquatorialebene der Teilchenbahn nach außen hin durch­brochen, um einen Auslaß und damit eine Nutzung der in den gekrümmten Abschnitten der Teilchenbahn auftreten­den Synchrotronstrahlung zu ermöglichen.

    [0006] Abgesehen davon, daß bei der bekannten Speicherring-­Anlage die Ausbildung eines entsprechenden Eisenjoches verhältnismäßig aufwendig ist, ist auch der Beitrag des Eisenjochs zur magnetischen Flußdichte aufgrund der magnetischen Sättigung des Materials nach oben hin begrenzt.

    [0007] Aufgabe der vorleigenden Erfindung ist es deshalb, die bekannte Magnetfeldeinrichtung dahingehend zu ver­bessern, daß auf verhältnismäßig einfache Weise im Be­reich ihrer gekrümmten Dipolspulen die für eine schwache Fokussierung des Teilchenstrahles erforder­lichen Feldgradienten auszubilden sind und der hierfür erforderliche apparative Aufwand begrenzt ist, ohne daß eine Beschränkung der Größe der magnetischen Induktion aufgrund der Sättigungsmagnetisierung von Eisen be­steht.

    [0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß jedem zumindest weitgehend eisenfreien Dipolmagneten eine supraleitende Zusatzwicklung zugeordnet ist, welche entsprechend gekrümmt ist, welche mit ihrer konvexen Außenseite an den Bereich der konkaven Innen­seiten der gekrümmten Dipolwicklungen zumindest an­grenzt und mit welcher die erforderlichen Feldgradien­ten im wesentlichen hervorzurufen sind.

    [0009] Die Zusatzwicklung jedes Dipolmagneten weist somit eine gekrümmte Form auf, die der der Dipolwicklungen ent­spricht. Die damit verbundenen Vorteile sind insbeson­ dere darin zu sehen, daß für die Zusatzwicklung die­selben Verfahren zur Herstellung angewandt werden können wie für die supraleitenden Dipolwicklungen. Entsprechende Verfahren sind z.B. mit den DE-Patent­anmeldungen P 34 44 983.3, P 35 04 211.7 oder P 35 04 223.0 vorgeschlagen. Außerdem ist das von einer gekrümmten Zusatzwicklung eingenommene magnetfelder­füllte Volumen verhältnismäßig klein, so daß die in ihr zu speichernde Energie vorteilhaft entsprechend gering ist. Darüber hinaus bleibt im Inneren der gekrümmten Zusatzspule im Bereich ihres Radiusmittelpunktes hin­reichend Platz, um mechanische Stützstrukturen für die Dipolwicklungen und die Zusatzwicklung anordnen zu können.

    [0010] Vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Magnetfeldeinrichtung gehen aus den Unteransprüchen hervor.

    [0011] Zur weiteren Erläuterung der Erfindung wird auf die Zeichnung Bezug genommen, in deren Figur 1 eine er­findungsgemäße Magnetfeldeinrichtung als Teil einer Elektronenbeschleuniger- bzw. Elektronenspeicher­ring-Anlage angedeutet ist. Figur 2 zeigt schematisch die supraleitenden Wicklungen einer derartigen Magnet­feldeinrichtung. Dabei sind in den Figuren überein­stimmende Teile mit den gleichen Bezugszeichen ver­sehen.

    [0012] In Figur 1 ist in Schrägansicht ein gekrümmter Dipol­ablenkmagnet einer Elektronenbeschleuniger- bzw. -spei­cherringanlage in teilweise aufgerissener Darstellung schematisch wiedergegeben. Der allgemein mit 2 be­zeichnete Dipolmagnet ist aufgrund der gekrümmten Teil­chenbahn s ebenfalls gekrümmt und kann insbesondere halbkreisförmig gebogen sein (vgl. z.B. die eingangs genannte Veröffentlichung). Da insbesondere End­energien der Elektronen e⁻ von mehreren 100 MeV an­gestrebt werden, sind wegen der hierfür erforder­lichen hohen Feldstärken die Wicklungen 3 und 4 des Magneten bevorzugt mit supraleitendem Material er­stellt. Diese Dipolwicklungen 3 und 4, die auch als Hauptwicklungen bezeichnet werden, sind beiderseits eines längs der Teilchenbahn s verlaufenden Elek­tronenstrahlrohres 5 in parallelen Ebenen liegend angeordnet und weisen aufgrund ihrer Krümmung jeweils eine konkave Innenseite 3i bzw. 4i und eine konvexe Außenseite 3a bzw. 4a auf. In der durch das Strahl­rohr 5 bzw. die Teilchenbahn s aufgespannten Äqua­torialebene liegt außerdem gemäß der Erfindung eine supraleitende Zusatzwicklung 7, mit der die für eine schwache Fokussierung mit Feldindex n zwischen etwa 0,3 und 0,7, insbesondere von etwa 0,5 erforderlichen Feld­gradienten des von den Hauptwicklungen 3 und 4 er­zeugten Dipolfeldes zumindest im wesentlichen hervor­zurufen sind. Die deshalb auch als Gradientenwicklung zu bezeichnende Zusatzwicklung 7 weist dabei eine der Form der Hauptwicklungen 3 und 4 entsprechende ge­krümmte Form auf. Dabei grenzt diese Zusatzwicklung 7 mit ihrer Außenseite 7a an den durch die Innenseiten 3i und 4i der Hauptwicklungen 3 und 4 festgelegten Bereich zumindest an. Wie insbesondere aus der schematischen Aufsicht der Figur 2 näher hervorgeht, können sich in diesem Bereich vorteilhat die konkaven Innenseiten 3i und 4i der Dipolwicklungen 3 und 4 und die konvexe Außenseite 7a der Zusatzwicklung 7 auch überlappen, d.h., diese Wicklungen haben dann in diesem Bereich einen etwa gleichen Krümmungsradius r.

    [0013] Ferner ist in Figur 1 angedeutet, daß in den von den supraleitenden Hauptwicklungen 3 und 4 jeweils um­schlossenen Flächen noch je eine entsprechend gekrümmte supraleitende Nebenwicklung 8 bzw. 9 vorgesehen werden kann. Da die Leiter der Wicklungen 3, 4, 7 bis 9 aus supraleitendem Material bestehen, ist für diese Wick­lungen ein gemeinsames Kroystaten- oder Heliumgehäuse 11 vorgesehen. Das Gehäuse 11 und damit die in ihm befindlichen Wicklungen können an einer turmartigen Halterung 12 oder sonstigen Stützvorrichtung befestigt sein, die vorteilhaft aufgrund der gekrümmten Form der Zusatzwicklung 7 etwa im Mittelpunkt der Krümmungs­radien der Wicklungen und somit außerhalb der von den Wicklungen 3, 4, 7 jeweils eingeschlossenen Flächen angeordnet werden kann. Hiermit können gegebenenfalls auch Probleme mit Wirbelströmen in der Halterung 12 wesentlich vermindert werden. Außerdem ist das Gehäuse 11 im Bereich der Äquatorialebene von der Außenseite des Dipolmagneten 2 her aus Gründen einer ungestörten Herausführung der in dem gekrümmten Bereich der Teil­chenbahn s auftretenden Synchrotronstrahlung nicht durchgehend, sondern quasi zweigeteilt ausgeführt. Hiermit ist eine schlitzartige Strahlkammer 13 ausge­bildet, die zwischen den konvexen Außenseiten 3a und 4a der Hauptwicklungen hindurch bis an die Außenseite 7a der supraleitenden Zusatzwicklung 7 heranreicht. Die aus dieser Strahlkammer tangential austretende Synchron­tronstrahlung ist in der Figur durch gestrichelte Linien 14 angedeutet.


    Ansprüche

    1. Magnetfeldeinrichtung für eine Anlage zur Beschleuni­gung und/oder Speicherung elektrisch geladener Teil­chen, insbesondere von Elektronen, deren Teilchenbahn gekrümmte Abschnitte aufweist, in denen jeweils ein entsprechend gekrümmter Dipolmagnet angeordnet ist, der supraleitende Wicklungen und eine Zusatzwicklung ent­hält und mit dem ein magnetisches Führungsfeld für den Teilchenstrahl zu erzeugen ist, das schwach fokussierend aufgrund entsprechender Feldgradienten ist, dadurch gekennzeichnet, daß jedem zumindest weitgehend eisenfreien Dipolmagneten (2) eine supraleitende Zusatzwicklung (7) zugeordnet ist, welche
    - entsprechend gekrümmt ist,
    - mit ihrer konvexen Außenseite (7a) an den Bereich der konkaven Innenseiten (3i, 4i) der gekrümmten Dipol­wicklungen (3 bzw. 4) zumindest angrenzt
    und
    - mit welcher die erforderlichen Feldgradienten im wesentlichen hervorzurufen sind.
     
    2. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Zu­satzwicklung (7) in einer zwischen den parallelen Ebenen der Dipolwicklungen (3, 4) verlaufenden Zwi­schenebene angeordnet ist.
     
    3. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sich die konvexe Außenseite (7a) der Zusatzwicklung (7) sowie die konkaven Innenseiten (3i, 4i) der Dipolwick­lungen (3, 4) zumindest teilweise überlappen.
     
    4. Mgnetfeldeinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Zusatzwicklung (7) und die Dipolwicklungen (3, 4) in einem gemeinsamen Kryostatengehäuse (11) be­finden.
     
    5. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Zu­satzwicklung (7) und die Dipolwicklungen (3, 4) über das Kryostatengehäuse (11) an einer zentralen turm­artigen Halterung (12) befestigt sind.
     
    6. Magnetfeldeinrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die turmartige Hal­terung (12) an der Innenseite des Dipolmagneten (2) außerhalb der von den Wicklungen (3, 4, 7) jeweils be­grenzten Flächen angeordnet ist.
     
    7. Magnetfeldeinrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß zum Auslaß von Synchrontronstrahlung das Kryostatengehäuse (11) im Bereich der durch die Teilchenbahn (s) festgelegten Mittelebene an seiner Außenseite zu einer schlitzartigen Strahlkammer (13) ausgebildet ist.
     
    8. Magnetfeldeinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß in den von den Dipolwicklungen (3, 4) eingeschlossenen Flächen jeweils eine Dipolnebenwicklung (8 bzw. 9) mit supraleitenden Leitern angeordnet ist.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht