[0001] Die Erfindung betrifft ein Schutzverfahren beim Umhüllen von temperatur- bzw. druckempfindlichen
Stoffen, insbesondere von Explosivstoffen, mit einem Kunststoffmantel unter Verwendung
eines mehrteiligen Formgebungswerkzeugs.
[0002] Bei der Verarbeitung von explosionsgefährlichen Stoffen, die mit einer Umhüllung
aus Kunststoff versehen werden, besteht die Gefahr, daß der Explosivstoff durch den
in weichplastischem Zustand heiß und mit Druck in das Formgebungswerkzeug eingeführten
Kunststoff entzündet wird und ohne kurzzeitigen Abbau des Druckes, einer sogenannten
Verdämmung, zur Explosion gelangt. Bei der Herstellung von Spreng- und Zündschnüren
wird eine Seele, die Explosivstoff enthält und mit einer band- bzw. garnförmigen Umwicklung
versehen ist und als "Rohschnur" bezeichnet wird, mit einer Umhüllung aus Kunststoff
überzogen, um Wasserdichtigkeit zu er reichen. Zu diesem Zweck wird die Rohschnur
durch eine Extruderdüse hindurchgeführt, aus der Kunststoff, z.B. PVC oder Polyäthylen
(PE), herausgedrückt wird, um die Seele koaxial zu umgeben. Die Extrusion erfordert
relativ hohe Drücke und Temperaturen des Kunststoffmaterials. Überschreiten Druck
und/oder Temperatur bestimmte Grenzwerte, beispielsweise durch verminderten oder
unterbrochenen Transport der Rohschnur oder deren Durchmesservergrößerung, dann besteht
die Gefahr, daß das Material der Seele entzündet wird, wodurch es zu Zersetzungen
bzw. Explosionen beim Herstellungsprozeß der Spreng- und Zündschnüre kommen kann.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Schutzverfahren der eingangs genannten
Art anzugeben, das bei Auftreten kritischer Betriebsbedingungen den Maschinenbetrieb
nicht nur unterbricht, sondern auch den Gefahrenzustand unverzüglich beseitigt.
[0004] Die Lösung dieser Aufgabe besteht erfindungsgemäß darin, daß bei Überschreiten kritischer
Werte (Druck, Temperatur) des Kunststoffs am oder in Formgebungswerkzeug die Teile
des Formgebungswerkzeugs durch Hilfsantriebe auseinandergefahren werden und der empfindliche
Stoff aus dem Formgebungswerkzeug entfernt wird.
[0005] Bei dem erfindungsgemäßen Schutzverfahren wird das Formgebungswerkzeug bei Auftreten
einer kritischen Situation auseinandergefahren und gleichzeitig wird der empfindliche
Stoff aus dem Formgebungswerkzeug entfernt. Durch das Auseinanderfahren der Teile
des Formgebungswerkzeugs wird der Druck im Formgebungswerkzeug unverzüglich aufgehoben
und außerdem wird die Temperatur durch das Eintreten von Umgebungsluft herabgesetzt.
Der empfindliche Stoff wird aus dem Formgebungs werkzeug entfernt, so daß es nicht
mehr der Druck- und Temperatureinwirkung des Formgebungswerkzeugs ausgesetzt ist.
[0006] Zweckmäßigerweise wird der Zuführkanal für den Kunststoff zur Umgebung geöffnet
und somit druckenlastet. Dies hat zur Folge, daß der Druck im Zuführkanal beim Auseinanderfahren
der Teile des Formgebungswerkzeugs bereits abgebaut ist, so daß der Kunststoff nicht
unkontrolliert in die Umgebung spritzt.
[0007] Ferner kann beim Überschreiten der kritischen Werte eine Kühlvorrichtung aktiviert
werden, um mit einem Kühlmedium auf das Formgebungswerkzeug einzuwirken.
[0008] Das erfindungsgemäße Schutzverfahren ist vorzugsweise beim Extrudieren einer Kunststoffumhüllung
um eine leicht entzündbare Rohschnur herum anwendbar; das Schutzverfahren kann aber
auch bei Gießverfahren oder Spritzgießverfahren angewendet werden, bei denen leicht
entzündbare Stoff mit einer Kunststoffumhüllung versehen wird. Beim Gieß- oder Spritzgießverfahren
werden beim Auftreten kritischer Situationen die Teile des Formgebungswerkzeugs auseinandergefahren
und der bereits im Formgebungswerkzeug enthaltene empfindliche Stoff wird unverzüglich
ausgestoßen, z.B. mit Hilfe einer Entformungseinrichtung, einer Ausstoßeinrichtung,
einem Auswerfluftstrahl, o.dgl..
[0009] Die Erfindung betrifft ferner eine Vorrichtung zur Durchführung des Schutzverfahrens
bei der Herstellung einer Spreng- oder Zündschnur durch Umhüllen einer Rohschnur aus
druck- bzw. temperaturempfindlichem Material mit Kunststoff. Die Vorrichtung ist dadurch
gekennzeichnet, daß das Formgebungswerkzeug aus einer Extruderdüse besteht, die eine
innere Pinole mit einem Kanal zum Zuführen der Rohschnur und ein das Auslaßende der
Pinole mit radialem Abstand umgebendes Mundstück aufweist, daß in einem zur Extruderdüse
führenden Zuführkanal für den Kunststoff oder an der Extruderdüse mindestens ein
Meßfühler angeordnet ist und daß von dem Meßfühler gesteuerte Hilfsantriebe zum Entfernen
der Pinole und/ oder des Mundstücks vorgesehen sind.
[0010] Beim Auftreten einer kritischen Situation werden Mundstück und Pinole nach entgegengesetzten
Richtungen auseinandergefahren, wodurch die Extruderdüse, die das Formgebungswerkzeug
bildet, in mehrere Teile zerfällt, d.h. funktionell nicht mehr existiert. Der auf
den Kunststoff ausgeübte Formzwang wird beendet, so daß mindestens der auf den Kunststoff
ausgeübte Druck und die auf die Explosivstoffseele einwirkende Verdämmung aufgehoben
werden. Andererseits erfolgt durch das Zurückziehen der genannten Werkzeuge auch
eine unverzügliche Kühlung des Kunststoffes und der Rohschnur. Ferner besteht die
Möglichkeit des Heranführens eines externen Kühlmittels an die Gefahrenstelle.
[0011] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Vorrichtung ist die Pinole längsgeteilt
und es sind weitere Hilfsantriebe zum radialen Auseinanderfahren der Pinolenteile
vorgesehen. Nachdem die Pinole zunächst in Achsrichtung zurückgezogen worden ist,
erfolgt anschließend das radiale Auseinanderfahren der Pinolenteile, so daß der in
der Pinole noch enthaltene Abschnitt der Rohschnur freigelegt und für ein Lösch-
oder Kühlmittel zugänglich wird.
[0012] Zweckmäßigerweise ist eine von dem Meßfühler gesteuerte Trennvorrichtung zum Durchtrennen
der Rohschnur vorge sehen. Diese Trennvorrichtung ist vorteilhaft in Arbeitsrichtung
hinter der Extruderdüse angeordnet, so daß sie den bereits umhüllten Strang durchtrennt,
um das Zurückziehen der noch nicht umhüllten Rohschnur zu ermöglichen.
[0013] Die einzelnen Maßnahmen, die nach dem Ansprechen eines oder mehrerer Meßfühler ausgeführt
werden, müssen nicht notwendigerweise alle gleichzeitig eingeleitet werden. Vielmehr
ist es zweckmäßig, eine Folgesteuerung vorzusehen, um die verschiedenen Maßnahmen
in einer vorbestimmten zeitlichen Folge nacheinander durchzuführen.
[0014] Im folgenden wird unter Bezugnahme auf die einzige Figur der Zeichnung ein Ausführungsbeispiel
der Erfindung näher erläutert.
[0015] In der Zeichnung ist ein Formgebungswerkzeug zum Aufbringen einer aus Kunststoff
bestehenden Umhüllung auf eine Rohschnur aus empfindlichem Gut zusammen mit den erforderlichen
Hilfsantrieben und Schutzeinrichtungen dargestellt.
[0016] Das Formgebungswerkzeug 10 weist einen feststehenden Block 11 auf, der mit einem
seitlichen Zuführblock 12 versehen ist. Durch den Zuführblock 12 führt der Zuführkanal
13 für den für die Ummantelung vorgesehenen Kunststoff, z.B. PVC oder PE, hindurch.
Der Zuführkanal 13 setzt sich im Inneren des Blockes 11 fort und führt hier in einem
Ringkanal 14, dessen innere Begrenzung von der Pinole 15 gebildet wird. Die Pinole
15 ragt vom rückwärtigen Ende des Blockes 11 her in diesen Block hinein. Das vordere
Ende 15a der Pinole 15 ist kegelförmig nach vorne verjüngt und von einem Mundstück
16 umgeben, das an dem Block 11 befestigt ist. Das Mund stück 16 ist mit einer kegelstumpfförmigen
Bohrung 16a versehen, die zusammen mit dem vorderen Ende 15a der Pinole 15 die ringförmige
Extruderdüse 17 bildet. Die Pinole 15 und das Mundstück 16 sind von entgegengesetzten
Seiten her in den Block 11 eingesetzt. Die Pinole 15 weist einen axial durchgehenden
Kanal 15b auf, durch den die mit einer Umhüllung aus Kunststoff zu versehende Rohschnur
18 zugeführt wird. Der Kanal 15b endet am vorderen Ende der Extruderdüse 17 und wird
von dieser ringförmig umgeben.
[0017] Die Rohschnur 18 wird von einer angetriebenen Walzengruppe 20 von einer Vorratsrolle
19 abgezogen und durch den Kanal 15b hindurchgeschoben. Hinter der Extruderdüse 17
ist eine weitere angetriebene Walzengruppe 21 angeordnet, die an dem ummantelten Strang
angreift und diesen einer angetriebenen Aufwickeltrommel 22 zuführt.
[0018] In dem Zuführkanal 13 sind ein Druckmeßfühler 23 und ein Temperaturmeßfühler 24 angeordnet,
deren elektrische Signalleitungen mit einem Steuergerät 25 verbunden sind. Das Steuergerät
25 steuert Hilfsantriebe 26, beispielsweise Kolben/Zylindereinheiten, die das Mundstück
16 in axialer Richtung von dem Block 11 abziehen können, Hilfsantriebe 27 (Kolben/Zylindereinheiten),
die an dem rückwärtigen Ende der Pinole 15 angreifen und diese entgegengesetzt zum
Mundstück 16 aus dem Block 11 herausziehen können, Hilfsantriebe 28,29, von denen
jede an einer der Hälften der längsgeteilten Pinole 15 angreift, um diese Hälften
auseinanderzuziehen, nachdem die Pinole 15 aus dem Block 11 herausgezogen worden ist,
eine zwischen der Extruderdüse 17 und der Walzenanordnung 21 angeordnete Trennvorrichtung
30 zum Durchtrennen des ummantelten Stranges und einen weiteren Hilfsantrieb 31 (Kolben/
Zylindereinheit), der einen Stopfen 32 aus der Wand des Zuführkanals 13 herauszieht.
[0019] Außerdem steuert das Steuergerät 25 eine (nicht dargestellte) Kühlvorrichtung, die
ein Kühlmedium auf die dargestellte Vorrichtung und die Seele 18 leitet.
[0020] Das Steuergerät 25 stellt fest, ob der vom Fühler 23 festgestellte Druckwert und/oder
der vom Fühler 24 festgestellte Temperaturwert jeweils einen kritischen Wert überschreitet.
Wenn dies der Fall ist, wird zunächst der Hilfsantrieb 31 betätigt, um den Stopfen
32 aus dem Zuführkanal 13 herauszuführen und diesen druckmäßig zu entlasten. Außerdem
werden sämtliche Antriebsteile der Vorrichtung abgeschaltet, und die Walzen der Walzenanordnungen
20 und 21 werden auseinandergefahren, so daß sie nicht mehr an der Rohschnur 18 bzw.
an dem ummantelten Explosivstoffstrang angreifen. Dann wird die Trennvorrichtung 30
betätigt, um den Explosivstoffstrang zu durchtrennen. Anschließend werden die Hilfsantriebe
26 und 27 betätigt, um das Mundstück 16 und die Pinole 15 in axialer Richtung, jedoch
entgegengesetzt zueinander, aus dem Block 11 herauszubewegen. Wenn die Pinole 15
den Block 11 verlassen hat, werden die Hilfsantriebe 28 und 29 betätigt, um die beiden
Pinolenhälften der längsgeteilten Pinole 15 radial auseinanderzuziehen. Dadurch wird
die Seele 18 freigelegt. Die Rohschnur 18 wird sodann über Rücklaufvorrichtungen
33 und 34, die zu beiden Seiten der Vorrichtung angeordnet sind, zurückgezogen, wobei
die Trommel 19 in Rückwärtsrichtung angetrieben wird, um den Explosivstoffstrang 18
wieder aufzuwickeln. Während des Rücklaufs wird Kühlmedium gegen die Rohschnur 18
geblasen bzw. gesprüht. Außerdem kann zur Abkühlung des Extruderwerkzeugs eine Wasserkühlung
eingeschaltet werden.
[0021] Bei dem lediglich schematisch dargestellten Ausführungsbeispiel würde die Rücklaufvorrichtung
32 und die Trennvorrichtung 30 das axiale Bewegen des Mundstücks 16 behindern. Bei
einer praktisch ausgeführten Maschine ist der Abstand der beiden genannten Einrichtungen
von dem Mundstück 16 größer, so daß dessen axiale Bewegung nicht behindert wird. Alternativ
können die Rücklaufvorrichtung 33 und die Trennvorrichtung 30 an dem Mundstück 16
befestigt sein, so daß sie dessen axiale Bewegung mitmachen. Im übrigen wird darauf
hingewiesen, daß die Darstellung in der Zeichnung nicht maßstäblich ist, sondern lediglich
dem Verständnis der Erfindung dient.
1. Schutzverfahren beim Umhüllen von temperatur- bzw. druckempfindlichen Stoffen,
insbesondere von Explosivstoffen, mit einem Kunststoffmantel unter Verwendung eines
mehrteiligen Formgebungswerkzeugs,
dadurch gekennzeichnet,
daß beim Überschreiten kritischer Werte (Druck, Temperatur) des Kunststoffs am oder
im Formgebungswerkzeug die Teile des Formgebungswerkzeugs durch Hilfsantriebe auseinandergefahren
werden und der empfindliche Stoff aus dem Formgebungswerkzeug entfernt wird.
2. Schutzverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Zuführungskanal
für den Kunststoff zur Umgebung geöffnet wird.
3. Schutzverfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß eine Kühlvorrichtung
aktiviert wird.
4. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3 bei
der Herstellung einer Spreng- oder Zündschnur durch Umhüllen einer Rohschnur aus druck-
bzw. temperaturempfindlichem Material mit Kunststoff,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Formgebungswerkzeug aus einer Extruderdüse (17) besteht, die eine innere Pinole
(15) mit einem Kanal (15b) zum Zuführen der Rohschnur (18) und ein das Auslaßende
der Pinole (15) mit radialem Abstand umgebendes Mundstück (16) auf weist, daß in
einem zur Extruderdüse (17) führenden Zuführkanal (13) für den Kunststoff oder an
der Extruderdüse (17) mindestens ein Meßfühler (23;24) angeordnet ist und daß von
dem Meßfühler gesteuerte Hilfsantriebe (26;27;29) zum Entfernen der Pinole (15) und/oder
des Mundstücks (16) vorgesehen sind.
15. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Pinole (15) längsgeteilt
ist und daß weitere Hilfsantriebe (28) zum radialen Auseinanderfahren der Pinolenteile
vorgesehen sind.
6. Vorrichtung nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine von dem Meßfühler
(23;24) gesteuerte Trennvorrichtung (30) zum Durchtrennen der Rohschnur (18) vorgesehen
ist.
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß eine
Rücklaufvorrichtung (33,34) zum Zurückziehen der Rohschnur (18) vorgesehen ist.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 4 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der
Zuführkanal (13) durch einen Stopfen (32) begrenzt ist und daß ein von dem Meßfühler
(23;24) gesteuerter Hilfsantrieb (31) zum Entfernen des Stopfens (32) vorgesehen ist.