(19)
(11) EP 0 210 568 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.02.1987  Patentblatt  1987/06

(21) Anmeldenummer: 86109982.8

(22) Anmeldetag:  21.07.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B21C 29/00, B21C 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR LI

(30) Priorität: 02.08.1985 DE 3527864

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Rossmann, Manfred, Dr. Dipl.-Ing.
    D-8000 München 71 (DE)
  • Strigl, Reinhard, Dipl.-Ing.
    D-8000 München 50 (DE)

(74) Vertreter: Schaefer, Gerhard, Dr. 
Linde Aktiengesellschaft Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Strangpressen bzw. Strangziehen


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Strangpressen bzw. Strangziehen, bei dem umzuformendes Material durch eine Matrize gepreßt bzw. gezogen und entstehende Umform­wärme abgeführt wird. Um die Umformwärme auf wirksame Weise ableiten zu können, wird vorgeschlagen, das umzu­formende Material in dessen Bewegungsrichtung vor der Matrize zu kühlen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Strangpressen bzw. Strangziehen, bei dem umzuformendes Material durch eine Matrize gepreßt bzw. gezogen und entstehende Umform­wärme abgeführt wird.
    Das Strangpressen ist ein Umformverfahren zur Herstellung von vollen und hohlen Strängen mit den verschiedenartig­sten, über die Länge gleichbleibenden Querschnittsformen. Ausgangsform bei Metallen ist meist ein zylindrischer Gußblock oder Walzstababschnitt, der aus dem Aufnehmer einer Strangpresse durch eine Matrizenöffnung, die dem Werkstückquerschnitt entspricht, verdrängt wird. Das Strangziehen ist ein Umformverfahrenzur Herstellung von Draht, Rohren und Profilstangen aus gewalzten Voll-­und Hohlsträngen. Diese werden auf Strangziehmaschinen durch eine ortsfeste Ziehmatrize gezogen. Fertigungs­ziel ist ein maßgenaues, oberflächenglattes und dünn­wandiges Halbzeug.

    [0002] Beim Umformen des Blocks oder Bolzens bzw. Stranges in der Matrize in das gewünschte Profil entsteht Umform­wärme. Die Menge an Umformwärme und die Geschwindigkeit ihrer Ableitung sind maßgebliche Faktoren für die Maximal­geschwindigkeit des Preß- bzw. Ziehvorganges und somit für die Leistung der Strangpreß- bzw. Strangziehanlage.

    [0003] Bisher ist es bekannt, daß ein Teil der Umformwärme durch Einleiten von flüssigem Stickstoff in einen Ringkanal zwischen der Matrize und der diese stützenden Druckplatte abgeführt wird. Bei einer anderen Variante wird über eine Flachstrahl- oder Ringdüse von der Ablaufseite her gegen die Matrize flüssiger Stickstoff gesprüht. Die Kühlwirkung derartiger Verfahren ist jedoch begrenzt.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art anzugeben, mit dem die Umform­wärme auf wirksame Weise abgeleitet werden kann.

    [0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das umzuformende Material in dessen Bewegungsrichtung vor der Matrize gekühlt wird.

    [0006] Erfindungsgemäß wird dem umzuformenden Material Wärme an der Stelle innerhalb einer Strangpreß- bzw. Strang­ziehanlage entzogen, an der der größte Teil der Umform­wärme entsteht, das heißt in Bewegungsrichtung des umzu­formenden Materials vor der Matrize. Nach bevorzugten Ausgestaltungen der Erfindung erfolgt die Kühlung des umzuformenden Materials vorteilhafterweise dadurch, daß das umzuformende Material in indirektem Wärmetausch mit einem Kühlmittel gekühlt wird. Es hat sich dabei als vorteilhaft erwiesen, zusätzlich die Matrize an der dem umzuformenden Material zugewandten Stirnfläche zu kühlen.

    [0007] Da die Umformwärme bei bisherigen Verfahren immer von der Druckplatte aus, d.h. in Bewegungsrichtung des umzuformenden Materials nach der Matrize bzw. nach der dem umzuformenden Material zugewandten Stirnfläche der Matrize erfolgte, war die Kühlwirkung dieser Verfahren beschränkt.

    [0008] Dieser Nachteil wird durch das erfindungsgemäße Verfahren beseitigt. Erfindungsgemäß wird durch die Kühlung des umzuformenden Materials an der Stelle, an der der größte Teil der Umformwärme entsteht, ein Aufheizen der Matrize unterdrückt. Zudem wird der Bereich der maximalen Wärme­entwicklung von der Matrize weg verlagert. Dieser Effekt bewirkt ebenfalls, daß die an die Matrize abgegebene Wärme verringert wird.

    [0009] Im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren wird durch das erfindungsgemäße Verfahren eine bessere Verteilung der entstehenden Umformwärme erzielt. Außerdem wird die gesamte Umformwärme vergleichsweise rasch abgeführt. Aufgrund der optimalen Kühlwirkung an der Stelle der maximalen Wärmeentwicklung ist eine größere Preß- bzw. Ziehgeschwindigkeit möglich. Dadurch kann die Leistung einer Strangpreß- bzw. Strangziehanlage gesteigert werden.

    [0010] In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird ein inertes Kühlmittel verwendet wobei das Kühl­mittelnach dem Wärmetausch mit dem umzuformenden Ma­terial in Kontakt mit dem aus der Matrize ablaufenden Strang gebracht wird. Diese Verfahrensweise ermöglicht ein Inertisieren des an die Matrize anschließenden Ab­laufkanals, über den der gepreßte bzw. gezogene Strang die Matrize verläßt.

    [0011] Eine besonders intensive Kühlung und damit eine besonders rasche Abführung der Umformwärme wird in einer bevorzugten Variante der Erfindung erzielt, wenn als Kühlmittel ein tiefkaltes Gas, insbesondere ein verflüssigtes Gas verwen­det wird. Als besonders zweckmäßig hat sich als Kühl­mittel verflüssigter Stickstoff erwiesen.

    [0012] Ein wesentlicher Bestandteil einer Strangpreß- bzw. Strang­ziehanlage ist die Matrize, durch die das umzuformende Material entweder mit Hilfe eines Stempels gepreßt oder mit Hilfe eines Ziehschlittens gezogen wird.

    [0013] In einer Vorrichtung zur Durchführung des erfindungs­gemäßen Verfahrens ist ein Kühlmittelkanal bezüglich der Bewegungsrichtung des umzuformenden Materials vor der Matrize angeordnet, wobei in den Kühlmittelkanal eine Zuleitung und eine Ableitung münden und der Kühl­mittelkanal eine zur Matrizenöffnung koaxiale Öffnung für das umzuformende Material mit einer größeren Quer­schnittsfläche als die Matrizenöffnungsfläche umschließt. Das umzuformende Material tritt durch die vom erfindungs­gemäßen Kühlkanal umschlossene Öffnung hindurch und wird anschließend durch die Matrize, deren Öffnung den Werk­stückquerschnitt bestimmt, gepreßt bzw. gezogen. Der größte Anteil der Umformwärme wird somit in der unmittel­baren Nähe des erfindungsgemäßen Kühlmittelkanals gebil­det und kann von dem im Kühlmittelkanal strömenden Kühl­mittel aufgenommen und abtransportiert werden. Wird der Kühlmittelkanal (bezogen auf die Bewegungsrichtung des umzuformenden Materials) direkt vor der Matrize ange­ordnet, so wird die Matrize einerseits durch indirekten Wärmetausch mit dem Kühlmittel gekühlt und andererseits der Abstand zwischen der dem umzuformenden Material zugewandten Stirnfläche und dem Bereich maximaler Wärmeentwicklung im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren vergrößert. Dadurch ist der Wärmeeintrag in die Matrize geringer.

    [0014] In einer besonders einfach zu fertigenden und eine be­sonders intensive Kühlung der obengenannten Stirnfläche ermöglichen die Ausgestaltung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung wird der Kühlmittelkanal von einer Platte mit einer kanalartigen Aussparung zusammen mit der dem umzuformenden Material zugewandten Stirnfläche der Matrize gebildet.

    [0015] Wird ein in inertes Kühlmittel verwendet, so hat es sich als besonders vorteilhaft erwiesen, wenn das Kühlmittel nach dem indirekten Wärmetausch mit dem umzuformenden Material zur Inertisierung des die Matrize und die zu­gehörige Druckplatte durchsetzenden Strangablaufkanals genutzt wird, durch den der von der Matrize kommende Strang die Strangpreß- bzw. Strangziehvorrichtung ver­läßt.

    [0016] In einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist die Ableitung für das Kühlmittel eine die Druckplatte durchsetzende und in den Strangablaufkanal mündende Stichbohrung.

    [0017] In einer anderen vorteilhaften Variante der Erfindung ist die Ableitung für das Kühlmittel an einer außer­halb des aus Druckplatte und Matrize bestehenden Werk­zeugs angeordnete Leitung angeschlossen, die ihrer­seits direkt oder über Bohrungen in der Druckplatte in den Strangablaufkanal mündet.

    [0018] Im folgenden soll ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand schematischer Figuren erläutert werden.

    [0019] Es zeigen:

    Figur 1 einen schematischen Querschnitt durch eine Strangpreßanlage

    Figur 2 die Verteilung der Temperatur beim Strangpressen.



    [0020] Gemäß Figur 1 soll ein Block 1 durch Strangpressen in einen Werkstückstrang 7 umgeformt werden. Dazu wird der Block 1 in einen Aufnehmer 10 mit Innenbüchse 11 gegeben und mittels einer Preßscheibe 2 von einem Preß­stempel 3 gegen ein Werkzeug gepreßt. Das Werkzeug be­steht im wesentlichen aus einer Druckplatte 5 und einer Matrize 6. Druckplatte 5 und Matrize 6 werden von einem Werkzeughalter 4 aufgenommen. Strang 7 verläßt die Matrize durch einen Strangablaufkanal 14, der durch die Matrize 6, die Druckplatte 5 und den Werkzeugbehälter 4 hindurch­führt.

    [0021] Erfindungsgemäß ist in Bewegungsrichtung des umzuformenden Gutes vor der Matrize 6 ein Kühlmittelkanal 8, 9 ange­ordnet. Im Ausführungsbeispiel wird der Kühlmittelkanal 9 von der mit Bezugszeichen 17 bezeichneten Stirnfläche der Matrize 6 und einer Platte 8 mit einer kanalartigen Aussparung gebildet. Die Platte besitzt eine der Matrizen­öffnung (Maß 12) ähnliche, jedoch größere Öffnung (Maß 13).

    [0022] In den Kühlmittelkanal münden eine Zuleitung 15 für ein Kühlmittel und eine Ableitung 16. Im Ausführungsbeispiel ist die Ableitung 16 für das Kühlmittel eine die Matrize 6 durchsetzende Stichbohrung. Die Stichbohrung mündet im Ausführungsbeispiel in einen Ringkanal 18, der seinerseits über Bohrungen 19 mit dem Strangablaufkanal 14 verbunden ist. Ringkanal 18 und Bohrungen 19 stellen schematisch ein Kühlsystem dar, das herkömmlicherweise zur Abführung der Umformwärme diente. Dieses Kühlsystem kann erfindungs­gemäß weiterverwendet werden und dient nunmehr aber dazu, im Ringkanal erwärmtes, inertes Kühlmittel in den Strang­ablaufkanal 14 zu leiten.
    Erfindungsgemäß ist der Kühlmittelkanal 9 an der Stelle in der Strangpresse angeordnet, an der ohne den Kühl­ mittelkanal der größte Teil der Umformwärme gebildet würde. Hierzu wird auf Fig.2 verwiesen, in der die Verteilung der Temperatur beim adiabatischen Strangpressen mittels Iso­thermen 20 dargestellt ist. Diese Temperaturverteilung vor der schematisch dargestellten Matrize 6 mit Stirn­fläche 17 stellt sich ein, wenn kein Kühlmittelkanal 9 vor der Matrize angeordnet ist. Die Positition des erfin­dungsgemäßen Kühlmittelkanals 9 ist in Figur 2 schematisch angedeutet. Durch das erfindungsgemäß Vorsetzen eines Kühlmittelkanals vor die Matrize 6 wird der Bereich der maximalen Wärmeentwicklung von der Matrize weg verlagert. Außerdem wird die Umformwärme direkt am Ort ihres Ent­stehens abgeführt, so daß die Matrize im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren weitaus weniger aufgeheizt wird. Erfindungsgemäß wird bevorzugt verflüssiger Stickstoff verwendet, der eine besonders intensive Kühlung ermöglicht.

    [0023] Flüssiger Stickstoff wird über Zuleitung 15 in Kanal 9 eingeleitet. Dort verdampft der flüssige Stickstoff in indirektem Wärmetausch mit dem umzuformenden Material. Der durch die Umformwärme verdampfte Stickstoff strömt durch Ableitung 16, Ringkanal 18 sowie Stichbohrungen 19 in den Strangablaufkanal 14. Dort wird vorhandene Luft verdrängt, so daß im Strangablaufkanal eine inerte Atmosphä­re herrscht.

    [0024] Das erfindungsgemäß Verfahren bzw. die erfindungsgemäße Vorrichtung kann zum Strangpressen bzw. Strangziehen aller Metalle und Legierungen dienen. Bevorzugt wird das erfindungsgemäße Strangpreßverfahren jedoch auf das Verpressen schwer verpreßbarer Materialien angewendet.

    [0025] Zusammenfassend ist festzustellen, daß mit dem erfin­dungsgemäßen Verfahren aufgrund der besseren Verteilung der Umformwärme sowie der raschen Ableitung der Umform­wärme eine optimale, intensive Kühlwirkung erzielt wird.

    [0026] Dadurch ist eine Steigerung der Preßgeschwindigkeit (Zieh­geschwindigkeit) und letztlich auch der Leistung der Strangpreß- bzw. Strangziehanlage möglich.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Strangpressen bzw. Strangziehen, bei dem umzuformendes Material durch eine Matrize gepreßt bzw. gezogen und entstehende Umformwärme abgeführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß das umzuformende Material in dessen Bewegungsrichtung vor der Matrize gekühlt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das umzuformende Material in indirektem Wärmetausch mit einem Kühlmittel gekühlt wird.
     
    3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Matrize an der dem umzu­formenden Material zugewandten Stirnfläche gekühlt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein inertes Kühlmittel verwen­det und das Kühlmittel nach dem Wärmetausch mit dem umzuformenden Material in Kontakt mit dem aus der Matrize ablaufenden Strang gebracht wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch ge­kennzeichnet, daß als Kühlmittel ein tiefkaltes Gas, insbesondere ein verflüssigtes Gas verwendet wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Kühlmittel verflüssigter Stickstoff ist.
     
    7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6 mit einer Matrize, dadurch gekennzeichnet, daß ein Kühlmittelkanal (9) bezüg­lich der Bewegungsrichtung des umzuformenden Materials (1) vor der Matrize (6) angeordnet ist, wobei in den Kühlmittelkanal (9) eine Zuleitung (15) und eine Ableitung (16) münden und der Kühlmittelkanal (9) eine zur Matrizenöffnung koaxiale Öffnung für das umzuformende Material (1) mit einer größeren Quer­schnittfläche (13) als die Matrizenöffnungsfläche (12) umschließt.
     
    8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Kühlmittelkanal (9) von einer Platte (8) mit einer kanalartigen Aussparung zusammen mit der dem umzuformenden Material zugewandten Stirnfläche (17) der Matrize (6) gebildet wird.
     
    9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 oder 8 mit einer Druckplatte für die Matrize sowie einem an die Matrize anschließenden Strangablaufkanal, da­durch gekennzeichnet, daß die Ableitung (16) für das Kühlmittel eine die Druckplatte (5) durchsetzende und in den Strangablaufkanal (14) mündende Stichbohrung (18) ist.
     
    10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Ableitung (16) für das Kühl­mittel in eine außerhalb des aus Druckplatte (5) und Matrize (6) bestehenden Werkzeugs angeordnete Leitung angeschlossen ist, die ihrerseits direkt oder über Bohrungen in der Druckplatte (5) in den Strangablaufkanal (14) mündet.
     




    Zeichnung