[0001] Die Erfindung betrifft ein dreibasiges Treibladungspulver, bestehend aus Nitrozellulose
(NC), Nitroglyzerin (NGL) oder einem gleichwirkenden Sprengöl und kristallinem Nitroguanidin
(NIGU), die durch Mischen miteinander, Plastifizieren der NC mittels eines Lösungsmittels,
z. B. Aceton, sowie durch Kneten der Mischung zu festen Treibladungskörpern verarbeitet
werden.
[0002] Dreibasige Treibladungspulver haben gegenüber ein- und zweibasigen Treibladungspulvern
den Vorteil hoher Leistung bei geringer Rohrerosion, Eigenschaften, die vor allem
auf den Gehalt an Nitroguanidin zurückzuführen sind. Dieser kann von 5% bis über 50%
erreichen, wobei für den Bereich zwischen 45 und 53% beispielhaft die Typen M30, M31,
NQ und MNF genannt seien. Diese Treibladungspulver werden entweder diskontinuierlich
in Knetern oder kontinuierlich in Extrudern zu Formkörpern, im letztgenannten Fall
zu Treibladungssträngen,verarbeitet, diese dann zu Körpern geschnitten, aus denen
dann Treibladungen zusammengestellt werden. Die Plastifizierung und damit die Formbarkeit
wird in erster Linie durch den Gehalt an Nitrozellulose bestimmt, die durch das Lösungsmittel,
z. B. Aceton, eine Gelstruktur erhält und die anderen Komponenten einbindet.
[0003] Die mechanische Festigkeit, insbesondere das Sprödheits- verhalten wird maßgeblich
von dem in kristalliner Form eingemischten Nitroguanidin beeinflußt. Dabei hat sich
insbesondere bei tiefen Temperaturen eine erhöhte Neigung zur Kaltversprödung gezeigt,
und zwar auch bei üblichen Anwendungstemperaturen bis minus 40°C.
[0004] Durch die Kaltversprödung ergibt sich beim Beschuß solcher Treibladungspulver, insbesondere
solcher mit hohem NIGU-Anteil,eine sehr ungünstige Innenballistik, die bis zur Unbrauchbarkeit
des Pulvers reicht.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das Versprödungsverhaltenvon dreibasigen
Treibladungspulvern zu verbessern, insbesondere die Kaltversprödung zu reduzieren
bzw. auszuschließen.
[0006] Diese Aufgabe wird bei einem dreibasigen Treibladungspulver des eingangs geschilderten
Aufbaus gelöst durch den Zusatz wenigstens eines organischen Titanats aus der Gruppe
der Monoalkoxy-, Chelat-, Quat- (quatäre), Neoalkoxy-, Cycloheteroatom- oder der koordinierten
Titanate und/oder wenigstens eines organischen Zirkonats aus der Gruppe der Neoalkoxy-Zirkonate
mit einem Anteil S 2%.
[0007] Praktische Untersuchungen an dreibasigen Treibladungspulvern des vorgenannten Aufbaus
haben gezeigt, daß die Kaltversprödung bei Temperaturen bis minus 40°C völlig unterbunden
werden kann und insbesondere bessere Eigenschaften erzielt werden, als sie beispielsweise
durch Optimierung der Kristallform und Kristallgröße des Nitroguanidins oder auch
beispielsweise durch Anlösen der NIGU-Kristalle erreicht werden können. Parallelversuche
an Treibladungspulvern, deren Kaltversprödung durch Zugabe von Polymeren zu verbessern
versucht wurde, führten dazu,daß gleiche Ergebnisse in der Kaltversprödung erst dann
erreicht werden können, wenn das Polymer mit einem Anteil von ca. 5% zugesetzt wurde.
Dabei ergeben sich aber schon bei einem Einsatz an Polymer von mehr als 2% negative
Änderungen im Abbrandverhalten, die bei einem Äquivalent in der Kaltversprödung von
5% sogar zur Unbrauchbarkeit solcher polymergebundener, dreibasiger Treibladungspulver
führen. Hingegen wird durch den erfindungsgemäßen Zusatz an organischen Titanaten
oder Zirkonaten das Abbrandverhalten nicht verschlechtert und die Leistung gegenüber
den "reinen" dreibasigen Treibladungspulvern beibehalten. Auch die chemische Stabilität
des Treibladungspulvers wird in keiner Weise beeinträchtigt. Außerdem hat sich eine
positive Nebenwirkung gezeigt, indem die Erosionswirkung auf die Waffe verringert
wird, was auf Titanoxid-Ablagerungen beim Abbrand zurückzuführen ist. Ursache für
die Verbesserung der Kaltversprödung dürfte die Tatsache sein, daß die Titanate und
Zirkonate für eine bessere Haftung zwischen den plastifizierten Anteilen und den NIGU-Kristallen
verantwortlich sind und dadurch die Struktur, gegebenenfalls auch die Haftung zwischen
den Kristallen stabiler wird.
[0008] Eine nennenswerte und in den meisten Fällen auch ausreichende Verbesserung der Kaltversprödung
ergibt sich aufgrund praktischer Versuche bereits bei einem Anteil an organischem
Titanat und/oder organischem Zirkonat von 0,2 bis 1%,vorzugsweise von 0,2 bis 0,5%.
[0009] Es ist überraschend, daß mit einem derart geringen Zusatz eine nennenswerte Verbesserung
der Kaltversprödng erreicht wird, andererseits wird verständlich, daß durch diese
geringe Menge das Abbrandverhalten und die Leistung des Treibladungspulvers praktisch
nicht beeinflußt wird.
[0010] Wie bereits eingangs angedeutet, werden dreibasige Treibladungspulver im wesentlichen
nach zwei Methoden hergestellt. Bei der ersten Methode werden alkoholfeuchte NC,phlegmatisiertes
NGL oder das gleichwirkende Sprengöl, kristallines NIGU und ein Lösungsmittel, z.
B. Aceton, auf einen diskontinuierlich arbeitenden Kneter aufgegeben, homogenisiert
und plastifiziert, ggfls. die plastifizierte Masse zwischengelagert. Diese Masse wird
dann zu Treibladungssträngen geformt und anschließend zu Körpern geschnitten oder
granuliert. Erfindungsgemäß wird nun dieses Verfahren dahingehend modifiziert, daß
das organische Titanat und / oder Zirkonat unmittelbar oder in Mischung mit dem Lösungsmittel
dem Knetansatz zugegeben wird. Da es sich bei den organischen Titanaten und Zirkonaten
um Flüssigkeiten handelt, lassen sie sich ohne weiteres mit den übrigen Bestandteilen
homogen vermischen bzw. in einer Vormischung mit dem Lösungsmittel zugeben.
[0011] Bei der zweiten Methode, einem kontinuierlichen Verfahren, werden die vorgenannten
Komponenten auf einen Extruder gegeben und kontinuierlich zu Treibladungspulversträngen
geformt. Auch mit diesem Verfahren lassen sich erfindungsgemäß aufgebaute Treibladungspulver
dadurch herstellen, daß das organische Titanat und/oder Zirkonat unmittelbar oder
in Mischung mit dem Lösungsmittel oder in Mischung mit diesem und dem NGL bzw. dem
gleichwirkenden Sprengöl auf den Extruder aufgegeben wird.
[0012] Die Verbesserung in der Kaltversprödung der erfindungsgemäß zusammengesetzten und
hergestellten Treibladungspulver wurde durch Belastung von zylindrischen Probekörpern
in Achsrichtung und quer dazu mittels eines definierten Fallgewichtes mit definierter
Auftreffgeschwindigkeit ähnlich dem Fallhammer-Test zur Messung des mechanischen Entzündungsverhaltens
festgestellt. Die Treibladungskörper wurden bei plus 21°C und minus 40°C mit einem
Fallgewicht von 1kg bei einer Fallhöhe von 0,2 bis 0,5 m belastet.Es wurden Treibladungspulver-Körper
mit 7-Loch-Geometrie untersucht (Durchmesser der Körper 8,6 mm und Länge 19,8 mm bzw.
Durchmesser 8,0 mm und Länge 19,0 mm. Gewicht der Einzelkörper 1,30 g bis 1,45 g).
Aus den bei Erreichen der Grenzbelastung entstehenden Bruchstücken kann man auf das
Kaltversprödungsverhalten schließen. Dreibasige Treibladungspulver üblichen Aufbaus,
auch solche mit optimierter NIGU-Kristallform und -größe und Original-Vergleichspulver
zeigen bei Erreichen der Grenzbelastung Bruchstücke unterschiedlicher Größe und Geometrie
mit insbesondere großem Feinanteil und dünnwandigen Stegen, während erfindungsgemäß
zusammengesetzte Treibladungspulver bei der gleichen Grenzbelastung nicht zu Bruch
gingen, ja nicht einmal Rißbildungen zeigten. Zur weiteren Beurteilung dienten auch
Untersuchungen in der ballistischen Bombe mit speziellen Einbauten.
[0013] Neben der Verbesserung im Kaltversprödungsverhalten konnte durch Lagerungsversuche
bei 90°C festgestellt werden, daß auch der Gewichtsverlust, der ein Maß für die chemische
Stabilität des Treibladungspulvers ist, sehr gering war. Der Gewichtsverlust bewegte
sich bei allen untersuchten Proben mit einem Zusatz zwischen 0,2 bis 0,5% an Titanat
in etwa gleichen Grenzen und er war überraschenderweise geringer als beim "reinen"
Treibladungspulver, woraus zu schließen ist, daß die Zugabe organischer Titanate bzw.
Zirkonate die chemische Stabilität sogar etwas verbessert, wohingegen durch Zusatz
von Polymeren bis zu 2% ein nennenswert höherer Gewichtsverlust eintritt.
[0014] In den nachfolgenden Tabellen sind einige typische Beispiele für dreibasige Treibladungspulver
mit verschiedenen Zusätzen wiedergegeben, bei denen die oben genannten Eigenschaften
beobachtet werden konnten.

1. Deibasiges Treibladungspulver, bestehend aus Nitrozellulose (NC), Nitroglyzerin
(NGL) oder einem gleichwirkenden Sprengöl und kristallinem Nitroguanidin (NIGU), die
durch Mischen miteinander und Plastifizieren der NC mittels eines Lösungsmittels,
z. B. Aceton, sowie durch Kneten der Mischung zu festen Treibladungskörpern verarbeitet
werden,
gekennzeichnet durch
den Zusatz wenigstens eines organischen Titanats aus der Gruppe der Monoalkoxy-, Chelat-,
Quat-, (quatäre), Neoalkoxy-, Cycloheteroatom- oder der koordinierten Titanate und/oder
wenigstens eines organischen Zirkonats aus der Gruppe der Neoalkoxy-Zirkonate mit
einem Anteil von 5 2%.
2. Treibladungspulver nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen Anteil an organischem
Titanat und/oder organischem Zirkonat von 0,2 bis 1,0%, vorzugsweise von o,2 bis 0,5%.
3. Verfahren zur Herstellung eines dreibasigen Treibladungspulvers nach Anspruch 1
oder 2, wobei alkoholfeuchte NC, phlegmatisiertes NGL oder das gleichwirkende Sprengöl,
kristallines NIGU und ein Lösungsmittel, z. B. Aceton, auf einen diskontinuierlich
arbeitenden Kneter aufgegeben und homogenisiert werden, die plastifizierte Masse zwischengelagert
und danach zu einem Treibladungskörper geformt wird, dadurch gekennzeichnet, daß das
organische Titanat und/oder Zirkonat unmittelbar oder in Mischung mit dem Lösungsmittel
dem Knetansatz zugegeben wird.
4. Verfahren zur Herstellung eines dreibasigen Treibladungspulvers nach Anspruch 1
oder 2, wobei alkoholfeuchte NC, phlegmatisierte NGL oder das gleichwirkende Sprengöl,
kristallines NIGU und ein Lösungsmittel, z.B. Aceton, einem Extruder aufgegeben und
kontinuierlich zu einem Treibladungsstrang geformt werden, dadurch gekennzeichnet,
daß das organische Titanat und/oder Zirkonat unmittelbar oder in Mischung mit dem
Lösungsmittel oder in Mischung mit diesem und dem NGL bzw. dem gleichwirkenden Sprengöl
auf den Extruder aufgegeben wird.