(19)
(11) EP 0 218 208 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.04.1987  Patentblatt  1987/16

(21) Anmeldenummer: 86113652.1

(22) Anmeldetag:  02.10.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C10M 123/02
// (C10M123/02, 113:08, 117:04, 117:06), C10N10:02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 05.10.1985 DE 3535713

(71) Anmelder: Texaco Services Deutschland GmbH
D-20459 Hamburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Grasshoff, Hans Dieter
    D-2000 Hamburg 60 (DE)
  • Maak, Herbert
    D-2105 Seevetal 2 (DE)

(74) Vertreter: Schupfner, Gerhard D. et al
Patentanwälte Müller, Schupfner & Gauger Postfach 17 53
D-21236 Buchholz
D-21236 Buchholz (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Schmierfett für hohe Anwendungstemperaturen


    (57) Es werden Schmierfette mit einem komplexen Verdicker­system bereitgestellt, das aus einer Lithiumseife einer Hydroxyfettsäure, einem Alkalisalz der Borsäure und einem Dilithiumsalz einer Dicarbonsäure mit verzweig­ter Alkylkette besteht, und die Schmiermittel für hohe Anwendungstemperaturen geeignet macht.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Schmierfett für hohe Anwendungstemperaturen, das Grundöl, 1 bis 35 Gew.-% bezogen auf den Gesamtschmierfettan­satz eines konsistenzgebenden komplexen Verdickersy­stems enthaltend Lithiumseifen von Hydroxyfettsäuren und Alkaliborate, und übliche Zusatzstoffe enthält.

    [0002] Schmierfette sind in vielen Anwendungsfällen Schmier­ölen durch ihre plastische Beschaffenheit überlegen. So bieten sie den Vorteil, Machinenkonstruktionen einfacher zu gestalten, weil die bei Verwendung von Schmierölen notwendige völlige Abdichtung der Wälz­lager entfällt. Sie selbst schützen Wälzlager durch Bildung eines Polsters vor Schmutz und Wasser. Quali­tativ hochwertige Schmierfette erreichen heute nicht selten die Lebensdauer der Wälzlager, d.h. eine Nach­schmierung erübrigt sich, sofern die maximal zulässi­ge Gebrauchstemperatur des Schmierfettes nicht über schritten wird.

    [0003] Von den einzelnen Schmierfett-Typen sind insbesondere Aluminium-, Calcium-, Natrium- und Lithiumseifenfette bekannt geworden. Lithiumseifenfette werden seit vie­len Jahren in großem Umfange eingesetzt. Ihre weite Verbreitung rührt daher, daß sie wesentliche Vorzüge von Calcium- und Natriumseifenfetten vereinigen. Das heißt, sie weisen gute Wasserbeständigkeit auf und können bei Tropfpunkten von etwa 200°C bis zu Betriebs­temperaturen von 120°C bis 150°C verwendet werden.

    [0004] Aufgrund technischen Fortschritts sind jedoch heute oft Temperaturen zu beherrschen, die zumindest kurzfristig weit über den oben genannten oberen Einsatztemperatur­bereich der konventionellen Lithiumseifenfette liegen.

    [0005] Es hat sich beispielsweise gezeigt, daß bei der Schmie­rung von Radlagern einiger Pkw-Typen die Temperaturbe­ständigkeit der bekannten Schmierfette nicht mehr aus­reicht.

    [0006] Besonders bei Fahrzeugen, die mit in der Nähe der Rad­lager angebrachten Scheibenbremsen ausgerüstet sind, hat man auf Gebirgsstrecken, die häufiges Abbremsen er­fordern, Lagertemperaturen von 180°C bis 200°C gemes­sen. Bei Verwendung von Lithiumseifenfetten herkömmli­cher Art besteht in solchen Fällen die Gefahr, daß die Schmierfette bei dieser Beanspruchung aus den Lagern auslaufen und unter Umständen die Scheibenbremsen ver­schmieren.

    [0007] Ein weiteres Beispiel ist die Schmierung von Heißluft­ventilatoren. Auch hier können Temperaturen von 150°C bis 200°C erreicht werden.

    [0008] Der technischen Entwicklung folgend hat man seit gerau­mer Zeit sogenannte Lithiumkomplexfette entwickelt, die in ihrer Temperaturbeständigkeit die konventionellen Lithiumseifenfette, die meist aus der Lithiumseife der 12-Hydroxystearinsäure als Verdicker bestehen, über­treffen.

    [0009] In der Patentschriften DE 22 64 263 C 3 und DE 24 25 161 C 2 werden Schmierfette beschrieben, die bei Tropfpunk­ten bis zu 278°C den oberen Gebrauchstemperaturbereich deutlich erhöhen. Dies wurde im wesentlichen durch Zu­satz eines Lithiumsalzes der Borsäure, z.B. Dilithiumtetraborat erreicht.

    [0010] Die Offenlegungsschrift EP 0 096 919 A1 beschreibt ein Schmierfett mit hohem Tropfpunkt (>260°C), dessen höhe­re Temperaturbeanspruchbarkeit auch auf Zusatz von Li­thiumsalzen der Borsäure zurückzuführen ist. Zur Ver­besserung des Druckaufnahmevermögens werden weitere Salze der Borsäure (Alkali-, Erdmetall-, Zinkverbin­dungen) zugegeben.

    [0011] Schmierfette mit hohen Tropfpunkten nach der Patent­schrift US 4 376 060 enthalten ebenfalls Lithiumsalze der Borsäure, die während des Herstellungsprozesses in Gegenwart von mehrwertigen Alkoholen (Glyzerin) gebildet werden. Darüber hinaus wird nach dieser Patentschrift zusätzlich zu einer Hydroxyfettsäure mit hohem Molge­wicht (12-Hydroxystearinsäure) eine weitere Hydroxy­fettsäure mit niedrigem Molgewicht zugegeben.

    [0012] Die Offenlegungsschrift DE 30 29 750 A1 beschreibt ein Lithiumkomplexseifenfett, dessen Verdicker aus einer Fettsäure mit 12 bis 24 Kohlenstoffatomen (Stearinsäu­re) und einer Dicarbonsäure mit 4 bis 12 Kohlenstoff­atomen (Sebazinsäure/Azelainsäure) besteht. Es werden Tropfpunkte bis zu 264°C erzielt.

    [0013] Nach der Patentschrift DE 21 57 207 C2 werden hochtrop­fende Schmierfette erhalten, wenn man eine Lithiumkom­plexseife aus Hydroxyfettsäure mit 12 bis 24 Kohlen­stoffatomen, einem Lithiumsalz einer zweiten Hydroxy­carbonsäure mit 3 bis 14 Kohlenstoffatomen, einem Di­lithiumsalz einer Dicarbonsäure mit 4 bis 12 Kohlen­stoffatomen oder einem Monolithiumsalz der Borsäure herstellt.

    [0014] Die Patentschrift US 3 985 662 beschreibt hochtropfen­de Lithiumkomplexfette mit Tropfpunkten bis über 300°C, die ein Verdickersystem enthalten, bestehend aus Lithi­umseifen von epoxysubstituierten und/oder äthylenisch ungesättigten Fettsuauren, in Kombination mit anderen Li­thiumseifen, Dilithiumsalzen geradkettiger Dicarbonsäu­ren sowie auch Lithiumsalzen hydroxysubstituierter aro­matischer Säuren.

    [0015] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Schmierfette bereitzustellen, die über den Stand der Technik hinaus­gehende Gebrauchstemperaturen aufweisen.

    [0016] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das Verdickersystem aus

    (a) einer Lithiumseife einer Hydroxyfettsäure mit 12 bis 24 Kohlenstoffatomen,

    (b) einem Alkalisalz der Borsäure und

    (c) einem Dilithiumsalz einer Dicarbonsäure mit ver­zweigter Alkylkette mit insgesamt 5 bis 14 Kohlen­stoffatomen, davon 4 bis 10 Kohlenstoffatome in der Kette,

    besteht.

    [0017] Überraschenderweise wurde gefunden, daß die Schmier­fette gemäß der Erfindung sich durch hervorragende thermische Stabilität auszeichnen und bekannte Hoch­temperatur-Schmierfette des Marktes in ihren Hochtem­peratureigenschaften übertreffen. Mit Tropfpunkten von überwiegend 300°C und höher sind die erfindungsgemäßen Schmierfette bei Verwendung geeigneter Grundöle bis zu Temperaturen von 280°C in Wälzlagern einsetzbar.

    [0018] Die Lebensdauer der Schmierfette bei derartig hohen Temperaturen ist dabei von dem Verdicker, der Lithium­ komplexseife sowie auch von dem verwendeten Grundöl und den Zusatzstoffen, in erster Linie den Antioxidantien, abhängig.

    [0019] Die verbesserten Eigenschaften der erfindungsgemäßen Schmierfette lassen sich darauf zurückführen, daß mit der verzweigten Dicarbonsäure eine Komponente gefunden wurde, die das Verdickersystem gemäß DE-PS 22 64 263, bestehend aus der Lithiumseife einer Hydroxystearinsäu­re in Kombination mit Lithiumtetraborat, insbesondere im Temperaturgebiet zwischen 200°C und 300°C deutlich stabilisiert. Das erfindungsgemäße Schmierfett ist in diesem Bereich erheblich konsistenter.

    [0020] Üblicherweise setzen sich Schmierfette aus drei Haupt­komponenten zusammen:
    der flüssigen Phase, dem Grundöl,
    dem Verdickungsmittel und
    den Zusatzstoffen.

    [0021] Die handelsüblichen Schmierfette enthalten normalerwei­se naphthensiche oder paraffinische Mineralöle als Grund­öle, deren Raffinationsgrad von der Art der Anwendung der Schmierfette zwischen mäßig bis stark raffiniert ausgewählt werden kann.

    [0022] Für den hier vorgesehenen Einsatzzweck werden insbeson­dere hochausraffinierte Mineralöle verwendet, wobei die Raffination des aus der Destillation des rohen Mineral­öls entstammenden Schmieröldestillates nach drei unter­schiedlichen Verfahren vorgenommen werden kann, um un­erwünschte, der Qualität des Schmieröles abträgliche Stoffe weitgehend zu entfernen. Es sind dies das her­kömmliche Schwefelsäureverfahren (Säureraffination), die Extraktion mit selektiven Lösungsmitteln (Solvent­ raffination) oder die katalytische Hydrierung (hydrie­rende Raffination). Oftmals wird auch eine Kombination dieser Verfahren angewendet. Zur Verbesserung der Käl­teeigenschaften werden die Schmieröle meist auch noch einer Entparaffinierung unterzogen, um hochschmelzende Paraffine zu entfernen. Die Raffinationsverfahren für Mineralöle sind in Ullmanns Encyklopedie der techni­schen Chemie, 4. Auflage, Band 20, Seiten 484 ff be­schrieben.

    [0023] Wegen der für Schmierfette gemäß dieser Erfindung vor­gesehenen Anwendungsgebiete im Bereich sehr hoher Tem­peraturen ist zur Verlängerung der Lebensdauer der Schmierfette vorteilhaft, statt der beschriebenen Mi­neralöle synthetische Grundöle einzusetzen. Bevorzugt werden Poly-alpha-olefine, Alkylbenzole und Carbonsäure­ester für diesen Zweck verwendet. Es können jedoch bei­spielsweise auch Polyalkylenglykole, Silicone, haloge­nierte Kohlenwasserstoffe oder Polyphenyläther verwen­det werden.

    [0024] Geeignete Alkylbenzole stammen aus den bekannten Synthe­sen nach Friedel-Crafts durch Alkylierung von Benzol mit Alkylchloriden oder Olefinen (Ullmann, 4. Auflage, Band 14, Seiten 672 ff). Als Rohstoff zur Herstellung von Poly­merisatölen dienen alpha-Olefine, die durch Äthylen-­Oligomerisation oder durch Cracken von Paraffinen nach unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden (Ullmann, 4. Auflage, Band 14, Seiten 664 ff). Im nächsten Schritt werden diese alpha-Olefine polymerisiert und hydriert ("Synthetic Poly-alpha-olefin Lubricants Today and To­morrow", M. Campen, J.F. Kendrick, A.D. Markin, und Ullmann, 4. Auflage, Band 20, Seiten 505 ff).

    [0025] Als Carbonsäureester werden einfache oder auch komplexe Ester verwendet, wie in Ullmann, 4. Auflage, Band 20, Seiten 514 ff. beschrieben.

    [0026] Als Zusatzstoffe werden den Schmierfetten Wirkstoffe zugegeben, die beispeilsweise die Oxidationsbeständig­keit und den Korrosionsschutz der Schmierfette ver­bessern. Schmierfähigkeitsverbesserer, Antiwearaddi­tive und Hochdruckzusätze sind ebenfalls übliche Zu­satzstoffe.

    [0027] Für den Einsatz der Schmierfette bei hohen Tempera­turen sind vornehmlich Antioxidantien wichtig, die die Oxidation eines Schmierfettes möglichst weit hin­auszögern. Als Oxidationsverzögerer für den Hochtem­peraturbereich haben sich beispielsweise ein polymeres 1,2-Dihydro-2,2,4-trimethylchinolin der allgemeinen Formel

    oder p,p-Dioctyldiphenylamin der Formel

    bewährt.

    [0028] Darüberhinaus werden Zusätze zur Verhinderung von Lager­korrosion zugegeben, wie zum Beispiel Calciumdinonyl­naphthalinsulfonat der Formel

    und ein Metalldeaktivator, wie beispielsweise Natriummer­caphtobenzthiazol der Formel

    zur Verhinderung der Korrosion von Kupfer- und Kupferle­gierungen, die künftig in Wälzlagern (Käfige) Anwendung finden.

    [0029] Entscheidend für die thermische Stabilität eines Schmier­fettes ist das Verdickersystem. Erfindungsgemäß wird eine Lithiumkomplexseife eingesetzt die aus einer Hydroxyfett­säure mit 10 mit 30 Kohlenstoffatomen, beispielsweise 9-Hydroxystearinsäure, 10-Hydroxystearinsäure oder 12-­Hydroxystearinsäure, 10-Hydroxypalmitinsäure und 12-Hy­droxybehensäure, hergestellt wurde.Das Lithium-12-hydroxy­stearat wird bevorzugt. Zur Herstellung kann eine 12-Hy­droxystearinsäure verwendet werden, die durch Spaltung und Hydrierung von Rizinusöl erhalten wurde und geringe Anteile weiterer Fettsäuren enthält. Anstelle der freien Hydroxyfettsäure(n) kann man auch von ihrem Glyzerid, z.B. 12-Hydroxystearin, ausgehen. Besonders zweckmäßig ist die Verwendung von Estern der Hydroxyfettsäuren mit niederen Alkoholen, wie Methanol, Äthanol, Propanolen und Butano­len, da - wie sich gezeigt hat und bereits in DE 22 64 263 C3 beschrieben - dr Tropfpunkt bei Verwendung dieser Ester - bei sonst gleicher Zusammensetzung - höher liegt als bei Verwendung beispielsweise der freien Hydroxyfettsäure.

    [0030] Als Alkaliboratkomponente des Verdickersystems der er­findungsgemäßen Schmierfette wird bevorzugt ein Lithium­salz der Borsäure eingesetzt, welches entweder aus Bor­säure oder - besser - aus Borsäureestern wie z.B. Bor­säure-tributylester, durch Reaktion mit Lithiumhydroxid in situ während des Herstellungsprozesses hergestellt oder als Lithiumsalz vor oder während des Herstellungs­prozesses zugegeben wird. Vorzugsweise wird dem Schmier­fett Dilithiumtetraborat zugesetzt. Es kann gegebenen­falls als Kristallwasser enthaltendes Hydrat eingesetzt werden. Es hat sich im Rahmen der Entwicklungsarbeiten jedoch gezeigt, daß man anstelle eines Lithiumsalzes der Borsäure auch ein Natriumsalz der Borsäure, beispielswei­se Dinatriumtetraborat verwenden kann. Entscheidend für die Komplexbildung ist offensichtlich die Anwesenheit eines Borates.

    [0031] Gemäß der Erfindung enthält das Verdickersystem als drit­te Komponente das Dilithiumsalz einer verzweigtkettigen Dicarbonsüare, vorzugsweise 3-tert.-Butyl-adipinsäure der Formel



    [0032] Das Dilithiumsalz dieser Säure verleiht den Schmierfet­ten der vorliegenden Erfindung überraschenderweise eine hohe thermische Stabilität, die bei ansonsten gleicher Zusammensetzung des Schmierfettes mit Dilithiumsalzen geradkettiger Dicarbonsäuren wie im Beispiel Adipinsäu­re, Azelainsäure oder Sebazinsäure nicht erreichbar ist. Weitergehende Versuche haben gezeigt, daß beispielsweise auch unter Verwendung von Methylbernisteinsäure und Tri­methyladipinsäure Schmierfette erhalten werden, die in ihren Hochtemperatureigenschaften den bisher bekannten Lithiumkomplexfetten überlegen sind. Tetrapropenylbern­steinsäure, 2,2- oder 2,4- oder 3,3-Dimethylglutarsäure sind ebenso geeignet wie ein unter dem Namen Isosebazin­säure im Handel befindliches Gemisch aus 75 % 2-Äthyl­korksäure, 15 % Diäthyladipinsäure und 10 % Sebazinsäu­re (siehe Ullmann, Band 10, Seiten 138/139).

    [0033] Die überragenden Eigenschaften der erfindungsgemäßen Schmierfette werden in den Beispielen dargelegt. Zum Nachweis ihrer Vorzüge insbesondere im Hochtemperatur­bereich im Vergleich zu marktgängigen Produkten wurde nicht nur ihr Tropfpunkt herangezogen, sondern auch die physikalisch-dynamischen Eigenschaften in Wälzla­gern. Sie wurden vornehmlich auf der FE9-Prüfmaschine der Firma Kugelfischer FAG vorgenommen. Mit Hilfe dieser Prüfmaschine ermittelt man die mittlere Lebensdauer von Schmierfetten unter definierten Bedingungen, wie beschrie­ben von Dr. E. Kleinlein, Kugelfischer FAG: "Testing of the Grease Life Especially at Elevated Temperatures" und H.D.Graßhoff/H.Maak in "Modern Techniques in European Grease Testing", NLGI Spokesman, April 1985, Seiten 20 bis 27.

    [0034] Das in der FE9-Prüfmaschine (die unter DIN 51 821 zur Normung vorgesehen ist) eingebaute Prüflager wird mit einer bestimmten Menge (2 g) des zu prüfenden Fettes gefüllt. Bei einer durch Heizung erzeugten Prüftempe­ratur wird das gefettete Lager in den folgenden Beispie­len mit einer Drehzahl von 6000 min⁻¹ und einer axial gerichteten Prüfkraft von 1,5 kN betrieben. Über eine längere Laufzeit ändern sich die Schmierverhältnisse, beispielsweise durch Oxidation des Fettes oder durch Auslaufen des Fettes infolge der hohen Temperatur. Dies führt zum Ansteigen des Antriebsmoments. Ein Lageraus­fall liegt dann vor, wenn das Lager langfristig zum An­trieb ein Vielfaches des Beharrungsmoments benötigt. Die Beanspruchungsdauer entspricht der Fettgebrauchs­dauer. Die mittlere Fettgebrauchsdauer (mittlere Lebens­dauer L 50) in Stunden wird aus der statistischen Aus­wirkung von mindestens 5 Prüfungen unter gleichen Bedin­gungen mit Hilfe des Weibull-Diagramms ermittelt. Die Versuche wurden in Schrägkugellagern Typ 7206 B vorge­nommen.

    [0035] Alle in den Beispielen genannten Versuchsansätze wurden wie folgt durchgeführt:

    [0036] In einen geeigneten Rührwerksbehälter wird für einen 100 kg Ansatz die den Beispielen entsprechende Menge 12-Hydroxystearinsäure bzw. des Methylesters der 12-Hy­droxystearinsäure zusammen mit der jeweils zur Anwendung kommenden Dicarbonsäuren und ein Drittel des für den An­satz errechneten Grundöles eingewogen und auf 85°C er­hitzt. Bei dieser Temperatur erfolgt die Verseifung mit der zur Neutralisation der Komponenten notwendigen Menge Lithiumhydroxid. Nach Steigerung der Temperatur auf 115°C erfolgt die Zugabe des Alkaliborates, gelöst in Wasser. Wird ein Lithiumsalz der Borsäure während des Herstel­lungsprozesses gebildet, neutralisiert man die Borsäure zusammen mit den Fettsäuren. Nach Entwässerung des An­satzes wird die Temperatur in etwa einer Stunde auf 245°C gebracht. Bei 150°C gibt man ein weiteres Drittel des Grundöles zu und beim Erreichen der Endtemperatur das restliche Drittel. Der Ansatz wird eine weitere Stunde zur Komplexbildung vei dieser Temperatur belassen und anschließend abgekühlt. Bei 100°C erfolgt die Zugabe von Additiven (Antioxidantien, Korrosionsschutz, Antiwear­additive usw.). Nach weiterer Abkühlung des Ansatzes auf 50°C erfolgt eine Homogenisierung mittels der Korund­scheibenmühle. Zum Schluß wird das Schmierfett noch ent­lüftet.

    [0037] Als Additive werden in den Beispielen die folgende Kom­bination von Zusatzstoffen eingesetzt:
    1,5 Teile p,p-Dioctyldiphenylamin Oxidationsschutz
    1,5 Teile Alkyldiphenylamin Oxidationsschutz
    0,5 Teile Alkylphenyl-α-naphtylamin Oxidationsschutz
    0,25 Teil Benzotriazol Metalldeaktivator



    [0038] Aus diesen Beispielen ist ersichtlich, daß bei Verwendung der 3-tert.-Butyladipinsäure Eigenschaften erzielt werden, die nicht annähernd mit den Schmierfetten erreicht werden, die unter Verwendung von geradkettigen Dicarbonsäuren her­gestellt wurden.

    [0039] Das Schmierfett gemäß der Erfindung (Beispiel 2) liegt mit einem Tropfpunkt von über 300°C selbst bei 200°C noch in der Konsistenzklasse 2.

    [0040] Die Konsistenzklassen sind von dem National Lubricating Grease Institute (NLGI) in den Vereinigten Staaten einge­führt worden und werden heute weltweit zur Klassifizie­rung der Schmierfette hinsichtlich ihrer Konsistenz ver­wendet. Sie sind ebenfalls nach DIN 51 818 standardisiert.

    [0041] Für das Beispiel 2 bedeutet die Konsistenzklasse 2 einen Bereich von 265 bis 295 mm/10, den ein genormter Konus unter standardisierten Bedingungen nach ISO 2137 in ein Schmierfett eindringt. Je konsistenter das Schmierfett, um so höher die Konsistenzklasse. Die Vergleichsansätze sind, wie aus der Tabelle zu ersehen ist, mit Werten von 00, 0 und 1 wesentlich weicher.

    [0042] Für den praktischen Einsatz in Wälzlagern ist eine mög­lichst geringe Erweichung bei hohen Temperaturen von Be­deutung, um ein Auslaufen eines Schmierfettes zu vermei­den.

    [0043] Aus den Werten der Ruhpenetration und Walkpenetration nach ISO 2137 ist zu ersehen, daß die Konsistenz der Schmierfette der Beispiele 1 bis 4 bei +25°C, der Stan­dardtemperatur, annähernd gleich ist.

    [0044] Bei Prüfung der Schmierfette unter physikalisch-dyna­mischen Bedingungen, also praxisnahen Bedingungen, zeigt sich das Schmierfett gemäß der Erfindung (Beispiel 2) in seiner Laufzeit in Wälzlagern bei 150°C und 200°C den Vergleichsfetten ebenfalls überlegen. Zur Prüfung der Lebensdauer der Schmierfette wurde die FE 9 Prüfmaschine der Firma Kugelfischer FAG herangezogen. Die Teste wur­den - wie bereits erwähnt - mit einer Drehzahl von 6000 min⁻¹ und einer Belastung von 1,5 kN in Schrägkugella­gern Typ 7206 B vorgenommen.



    [0045] Die Beispiele 5 und 6 zeigen Schmierfette, bei denen sich die Lithiumsalze der Borsäure während der Herstellung der Fette, wie in der Verfahrensbeschreibung geschildert, ge­bildet haben. Die Menge Lithiumhydroxid im Beispiel 5 wur­de auf Monolithiumborat berechnet, im Beispiel 6 auf Tri­lithiumborat. Die mittlere Lebensdauer beider Fette ist, wie aus den Daten zu ersehen, annähernd gleich hoch. Noch etwas bessere Ergebnisse werden erreicht, wenn man Di­lithiumtetraborat den Fetten während der Herstellung - wie beschrieben - zugibt (Beispiele 7 und 8).



    [0046] In den Schmierfetten der Beispiel 9, 10, 11 wurden unter­schiedliche Dicarbonsäuren mit verzweigter Kohlenstoff­kette eingesetzt. Ein Vergleich der L50 Werte (mittlere Lebensdauer) dieser Schmierfette mit den L50 Werten der Beispiele 1,3 und 4 beweist die vorn getroffene Aussage, daß man bei Verwendung von verzweigtkettigen Dicarbon­säuren in Schmierfetten weitaus höhere Laufleistungen erzielt als mit dem Stand der Technik entsprechenden Schmierfetten unter Verwendung von geradkettigen Di­carbonsäuren.



    [0047] Die Beispiele 12 und 13 zeigen, daß nicht nur die Lithiumsalze der Borsäure sondern auch die Natriumsalze der Borsäure die Komplexbildung ermöglichen, erkannbar während der Her­stellung durch Konsistenzanstieg bei hohen Temperaturen. Wird jedoch kein Borat eingesetzt (Beispiel 14), erhält man zwar ein Schmierfett mit relativ hohem Tropfpunkt. Eine Komplexbildung findet jedoch nicht statt. Das Schmier­fett fällt in der Konsistenz entsprechend weich aus und ist für die Verwendung in Wälzlagern bei hohen Tempera­turen nicht geeignet.


    Ansprüche

    1. Schmierfett für hohe Anwendungstemperaturen, das Grund­öl, 1 bis 35 Gew.-% bezogen auf den Gesamtschmierfett­ansatz eines konsistenzgebenden komplexen Verdicker­systems enthaltend Lithiumseifen von Hydroxyfettsäuren und Alkaliborate, und übliche Zusatzstoffe enthält,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Verdickersystem besteht aus

    (a) einer Lithiumseife einer Hydroxyfettsäure mit 12 bis 24 Kohlenstoffatomen,

    (b) einem Alkalisalz der Borsäure und

    (c) einem Dilithiumsalz einer Dicarbonsäure mit ver­zweigter Alkylkette mit insgesamt 5 bis 14 Kohlen­stoffatomen, davon 4 bis 10 Kohlenstoffatome in der Kette.


     
    2. Schmierfett nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Gewichtsverhältnis von Hydroxyfettsäure zu Dicarbonsäure 1 bis 5 : 1 beträgt.
     
    3. Schmierfett nach Anspruch 1 oder Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß es ein Alkalisalz der Borsäure enthält, welches ent­weder aus Borsäure oder Borsäureestern durch Reaktion mit einem Alkalihydroxid während des Herstelllungspro­zesses in-situ gebildet wird oder direkt als Alkalisalz während des Herstellungsprozesses zugegeben wird.
     
    4. Schmierfett nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Alkalisalz der Borsäure zur Hydroxyfettsäure und der Dicarbonsäure in einem Gewichtsverhältnis von 0,03 bis 1 : 10 steht.
     
    5. Schmierfett nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Hydroxyfettsäure 12-Hydroxystearin­säure eingesetzt wird.
     
    6. Schmierfett nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Dicarbonsäure 3-tert-Butyl­adipinsäure eingesetzt wird.
     
    7. Schmierfett nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Alkalisalz der Borsäure Dili­thiumtetraborat eingesetzt wird.
     
    8. Schmierfett nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß hochausraffinierte Mineralöle und insbesondere syn­thetische Grundöle eingesetzt werden.
     
    9. Schmierfett nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Lithiumseife einer Hydroxyfettsäure einge­setzt wird, die aus einem Ester der Hydroxyfettsäure mit Alkohol mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen oder Glyzerin hergestellt wurde.