[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Anfahren einer Stranggießanlage
mit mehreren Strängen, insbesondere zum Angießen von Stahlschmelze aus einem Zwischengefäß,
in mehrere Stranggießkokillen mittels regelbarer Ausgußverschlüsse, wobei ein Sollfüllstand
der Schmelze innerhalb einer Meßstrecke liegt, und die sich bildenden Stränge von
einem Strangabzugsaggregat mit gleicher Geschwindigkeit abgezogen werden.
[0002] Es ist bereits vorgeschlagen worden (DE 34 32 611 A1), daß bei am Zwischengefäß zum
Angießen geöffneten Ausgußverschlüssen der in jeder Kokille über den Kaltstrangköpfen
ansteigende Istfüllstand an einer im unteren Bereich der Meßstrecke liegen den Signalebene
die Drosselung seines Ausgußverschlusses zum Egalisieren aller Istfüllstände und danach
die Einschaltung des Strangabzugsaggregates bewirkt, die bei ausgebliebener Egalisierung
spätestens an einer unterhalb des Sollfüllstandes liegenden, zweiten Signalebene durch
den am ersten dort ankommenden Istfüllstand vollzogen wird. Dadurch soll das mit gleicher
Abzugsgeschwindigkeit durchgeführte Angießen mit einfachen Verfahrensschritten, insbesondere
bezüglich der Betriebssicherheit verbessert werden.
[0003] Vorliegende Erfindung ist eine Weiterentwicklung eines innerhalb einer Füllstandsmeßstrecke
von Kokillen durch zwei Signalebenen über Ausgußverschlüsse bei gleichbleibender Abzugsgeschwindigkeit
gesteuerten Angießverfahrens.
[0004] Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe ist im wesentlichen in der Straffung des
Angießens durch Verkürzung der Angießzeit mit vereinfachten Verfahrensschritten zu
sehen.
[0005] Zur Lösung der gestellten Aufgabe ist im wesentlichen vorgesehen, daß die Einschaltung
des Strangabzugsaggregates nach Erreichen einer innerhalb der Meßstrecke liegenden
unteren Signalebene durch die Istfüllstände aller Kokillen oder durch den zuerst zu
einer oberen, innerhalb der Meßstrecke liegenden, Signalebene gelangenden Istfüllstand
erfolgt und jeder Istfüllstand ab der unteren Signalebene entlang einer vorgegebenen
Aufsteigekurve in den Sollfüllstand hineingeregelt wird.
[0006] Auf diese Weise kann der Istfüllstand jeder Kokille auf separatem Weg zügig in die
normale Zuflußregelung des Sollfüllstandes überführt werden, bei zweckvoller Einschaltung
des Strangabzugsaggregates in einem die Abzugssicherheit der Stränge gewährleisteten
Füllhöhenabschnitt der Kokillen zwischen der unteren und der oberen Signalebene der
Meßstrecke. Dementsprechend reagiert der Abzugsantrieb auf das, was beim Aufsteigen
der Istfüllstände in den Kokillen zuerst geschieht. Entweder er schaltet ein beim
Überschreiten der unteren Signalebene durch den letzten Istfüllstand oder, falls dies
nicht zutrifft, sobald der erste Istfüllstand die obere Signalebene erreicht hat.
Nach vollzogener Einschaltung des Abzugsantriebes schließen die Ausgußverschlüsse
derjenigen Kokillen automatisch, deren Istfüllstand noch unterhalb der unteren Signalebene
liegt.
[0007] Für ein besonders zügiges und dennoch betriebssicheres Angießen wird weiter erfindungsgemäß
vorgeschlagen, die an der unteren Signalebene einsetzende Regelung der Ausgußverschlüsse
entlang der Aufsteigekurve in einem Bereich über der Einfriergrenze der Schmelze in
den Ausgußverschlüssen einerseits und unterhalb der Schwappgrenze der Schmelze am
Kokillenrand beim Übergang in die Regelung in den Sollfüllstand andererseits stattfinden
zu lassen. Bei einem solchen Vorgehen läuft zum einen der Übergang von einer durch
rasche Änderungen des Durchflußquerschnittes an den Ausgußverschlüssen definierten
Regelung entlang der Aufsteigekurve in eine dazu verhältnismäßig träge Regelung am
Sollfüllstand mit relativ ruhig bleibendem Kokillen-Badspiegel ab, zum anderen wird
in den Ausgußverschlüssen auftretenden, den Gießstrahl behindernden Einfrierungen
weitgehend entgegengewirkt.
[0008] Letzterem dient ferner das Angießen mit zunächst nur bis zu 50 % geöffneten Ausgußverschlüssen,
von denen vorteilhaft die von der Füllstelle des Zwischengefäßes entferntesten bzw.
zu den äußeren Kokillen gehörenden Ausgußverschlüsse geringer gedrosselt sind als
die der inneren Kokillen. Damit ist den in den Außenbezirken einer Stranggießanlage
bzw. eines Zwischengefäßes herrschenden niedrigeren Temperaturen der Schmelze wirkungsvoll
Rechnung getragen.
[0009] Zudem besteht die Möglichkeit, die Ausgußverschlüsse beim Angießen nachhinkender
Istfüllstände unterhalb der unteren Signalebene, d.h. vor der Regelung längs der Aufsteigekurve,
kurzzeitig voll zu öffnen, um Einfrieransätze fortzuspülen.
[0010] Die Erfindung ist nachstehend anhand der Zeichnung erläutert.
[0011] Es zeigen:
Fig. 1 schematisch eine Stranggießanlage mit Kokillen in einer Angießposition sowie
Fig. 2
und 3 mögliche Angießabläufe in graphischer Darstellung.
[0012] Aus einer Gießpfanne 1 wird gemäß Fig. 1 über einen regelbaren Ausgußverschluß 2
Stahlschmelze einem Zwischengefäß 3 zugeführt, das seinerseits drei Ausgußverschlüsse
4 in Form von Schieberverschlüssen hat, die den Zufluß der Schmelze durch Gießrohre
5 hindurch in Stranggießkokillen A, B, C regeln. Hierzu ist jeder Ausgußverschluß
4 mit einem Stellglied 6 mechanisch gekoppelt, dessen jeweilige Betriebsposition von
einem Stellungsmesser 7 festgehalten wird. Die Gießrohre 5 ragen mit ihren freien
Enden in die Kokillen A, B, C hinein, deren für den Normalbetrieb eingestellter Sollfüllstand
8 innerhalb einer Meßstrecke 9 einer jeder Kokille A, B, C zugeordneten, aus Sender
10 und Empfänger 11 bestehenden Füllstandsmeßeinrichtung liegt.
[0013] Den Kokillen A, B, C nachgeordnet ist eine, der Vereinfachung wegen nicht dargestellte,
Sekundärkühleinrichtung sowie ein den Kaltsträngen 18 gemeinsames Strangabzugsaggregat,
das Treibrollen 12, einen Abzugsantrieb 13, einen Antriebsregler 14 und einen Abzugsgeschwindigkeitsmesser
15 aufweist. Letzterer gibt seine Meßwerte zum einen an den Antriebsregler 14 und
zum anderen an einen Prozessor 16, der außerdem die Meßwerte der den Öffnungsgrad
der Ausgußverschlüsse 4 kontrollierenden Stellungsmesser 7 und der Empfänger 11 der
Füllstandsmeßeinrichtungen 10, 11 empfängt und verarbeitet. Die erhaltenen Daten gehen
an einen im Prozessor 16 integrierten Steuerrechner 17, der entsprechende Steuerbefehle
an die Stellglieder 6 der Ausgußverschlüsse 4 und an den Antriebsregler 14 des Strangabzugsaggregates
12 bis 15 gibt. Dort ist die Abzugsgeschwindigkeit als Konstante festgelegt, d.h.
die in den Kokillen A, B, C gebildeten Kaltstränge 18 werden durch das gemeinsame
Strangabzugsaggregat 12 bis 15 mit gleichbleibender Geschwindigkeit abgezogen, was
besagt, daß der für die Kokillen A, B, C vorgesehene Sollfüllstand 8 allein von der
Zuflußseite her mittels der Ausgußverschlüsse 4 geregelt wird. Dazu werden die Ausgußverschlüsse
4 im normalen Gießbetrieb auf Sollfüllstand 8 in einer Drosselstellung gehalten, die
sowohl ein Auf- als auch ein Zusteuern ermöglicht.
[0014] Für das Angießen, wofür die Kaltstränge 18 in die Kokillen A, B, C eingefahren und
der Abzugsantrieb 13 abgeschaltet werden, ist die Meßstrecke 9 mit einer unteren Signalebene
21 und einer oberen Signalebene 22 ausgestattet, die zum Steuern der Ausgußverschlüsse
4 und des Abzugsantriebes 13 dienen. Das Gießen beginnt mit dem Auffahren der Ausgußverschlüsse
4, so daß sich über den Kaltstrangköpfen 19 Istfüllstände 20 in den Kokillen A, B,
C bilden, die jedoch selten auf gleichem Niveau stehen.
[0015] Im einzelnen werden beim Angießen zunächst die Ausgußverschlüsse 4 nur teilweise,
vorzugsweise zu etwa 35 %, keinesfalls aber voll geöffnet. Dadurch ergeben sich für
die Ausgußverschlüsse 4 Regelreserven sowohl in Schließ- als auch in Öffnungsrichtung,
die es erlauben, jeden in den Kokillen A, B, C aufsteigenden Istfüllstand 20 (vgl.
Fig. 2) von der unteren Signalebene 21 aus bis zum Sollfüllstand 8 entlang einer vorgegebenen
Aufsteigekurve 40 aufsteigen zu lassen, die den Betriebsverhältnissen der jeweiligen
Anlage durch entsprechende Programmierung des Prozessors 16 angepaßt ist.
[0016] Das Kriterium der Aufsteigekurve 40, welche die Füllgeschwindigkeit der Kokillen
A, B, C beim Angießen bestimmt, liegt darin, niemals so flach zu sein, als daß die
Einfriergrenze der Stahlschmelze in den Ausgußverschlüssen 4 unterschritten, und nicht
so steil zu sein, als daß die obere Schwappgrenze am Kokillenrand überschritten wird.
Die Regelung jedes Ausgußverschlusses 4 nach der Aufsteigekurve 40 setzt, wie angeführt,
an der unteren Signalebene 21 ein und wird durch den in den korrespondierenden Kokillen
A, B, C aufsteigenden Istfüllstand 20 ausgelöst. Überschreitet beim Aufsteigen der
letzte aller Istfüllstände A20, B20 oder C20 die untere Signalebene 21, dann schaltet
der Steuerrechner 17 des Prozessors 16 den Abzugsantrieb 13 des gemeinsamen Abzugsaggregates
13 bis 15 für die Kaltstränge 18 ein. Danach vollzieht sich der Aufstieg der Istfüllstände
A20, B20, C20 unabhängig voneinander weiterhin auf der Basis gleicher Kriterien und
folglich graphisch parallelen Aufsteigekurven 40 bis zum Einschwingen in den für den
normalen Gießbetrieb eingestellten Sollfüllstand 8. Würde dabei das Einschwingen übermäßige
Impulse durch einen zu schnell aufsteigenden Istfüllstand 20 erhalten, wäre ein Überschwappen
über den Kokillenrand gegeben. Ist beim Angießen ein Istfüllstand 20 einer Kokille
A, B oder C bereits an der oberen Signalebene 22 angekommen, während sich andere noch
unterhalb der unteren Signalebene 21 befinden, ergehen für die Ausgußverschlüsse 4
der in besagter Weise zurückgebliebenen Istfüllstände 20 Schließbefehle.
[0017] Für die in Fig. 1 eingezeichneten Istfüllstände 20 gilt die Graphik nach Fig. 2.
Danach hat der Istfüllstand 20 der Kokille C nach gleichzeitigem gedrosseltem Öffnen
aller Ausgußverschlüsse 4 zum Angießbeginn als erster in der Zeit Ct die untere Signalebene
21 erreicht, wobei der für die Kokille C zuständige Ausgußverschluß 4 die Regelung
des Schmelzzulaufes gemäß der ausgelegten Aufsteigekurve 40 übernimmt. In Folge passieren
die Istfüllstände 20 der Kokillen B und A nacheinander in den Zeiten Bt und At die
Signalebene 21 und bewirken dort die Regelung gemäß der Aufsteigekurve 40. Keiner
der Istfüllstände 20 ist nennenswert zurückgeblieben. Der Istfüllstand A20 erreicht
die untere Signalebene 21 noch bevor der Istfüllstand C20 zur oberen Signalebene 22
aufgeschlossen hat, so daß der Startbefehl für den Abzugsantrieb 13 vom Istfüllstand
A20 ausgeht.
[0018] Anders beim Beispiel nach Fig. 3, wo der Istfüllstand A20 -an der oberen Signalebene
22 angekommen ist und der Istfüllstand B 20 die untere Signalebene 21 überschritten
hat, aber unterhalb welcher der Istfüllstand C20 hinterherhinkt. Bei dieser Konstellation
der Istfüllstände wird der Abzugsantrieb 13-an der oberen Signalebene 22 vom Istfüllstand
A20 gestartet und gleichzeitig der Ausgußverschluß 4 des nicht über die untere Signalebene
21 angestiegenen Istfüllstandes C20 geschlossen.
Bezugszeichenliste:
[0019]
1 Gießpfanne
2 Ausgußverschluß
3 Zwischengefäß
4 Ausgußverschlüsse
5 Gießrohre
6 Stellglieder
7 Stellungsmesser
8 Sollfüllstand
9 Meßstrecke
10 Sender } Füllstandsmeßeinrichtung 11 Empfänger
12 Treibrollen
13 Abzugsantrieb
14 Antriebsregler } Strangabzugsaggregat
15 Abzugsgeschwindigkeitsmesser
16 Prozessor
17 Steuerrechner
18 Kaltstränge
19 Kaltstrangköpfe
20 Istfüllstand
21 untere Signalebene
22 obere Signalebene
40 Aufsteigekurve
A Stranggießkokille
B Stranggießkokille
C Stranggießkokille
1. Verfahren zum Anfahren einer Stranggießanlage mit mehreren Strängen, insbesondere
zum Angießen von Stahlschmelze aus einem Zwischengefäß (3), in mehrere Stranggießkokillen
(A, B, C) mittels regelbarer Ausgußverschlüsse (4), wobei ein Sollfüllstand (8) der
Schmelze innerhalb einer Meßstrecke (9) liegt und die sich bildenden Stränge von einem
Strangabzugsaggregat (12 bis 15) mit gleicher Geschwindigkeit abgezogen werden, dadurch
gekennzeichnet, daß die Einschaltung des Strangabzugsaggregates (12 bis 15) nach Erreichen
einer innerhalb der Meßstrecke (9) liegenden unteren Signalebene (21) durch die Istfüllstände
(20) aller Kokillen (A, B, C) oder durch den zuerst zu einer oberen innerhalb der
Meßstrecke (9) liegenden Signalebene (22) gelangenden Istfüllstand (20) erfolgt und
jeder Istfüllstand (20) ab der unteren Signalebene (21) entlang einer vorgegebenen
Aufsteigekurve (40) in den Sollfüllstand (8) hineingeregelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die an der unteren Signalebene
(21) einsetzende Regelung der Ausgußverschlüsse (4) entlang der Aufsteigekurve (40)
in einem Bereich über der Einfriergrenze der Schmelze in den Ausgußverschlüssen (4)
einerseits und unterhalb der Schwappgrenze der Schmelze am Kokillenrand beim Übergang
in die Regelung in den Sollfüllstand andererseits erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausgußverschlüsse
(4) zunächst nur bis zu 50 % geöffnet werden, wobei vorzugsweise die zu den äußeren
bzw. den von der Füllstelle des Zwischengefäßes (3) entfernter liegenden Kokillen
(A und C) gehörenden Ausgußverschlüsse (4) geringer gedrosselt sind als die zu den
inneren bzw. den an der Füllstelle des Zwischengefäßes (3) näher liegenden Kokillen
(B) gehörenden Ausgußverschlüssen (4).
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausgußverschlüsse
(4) beim Angießen nachhinkender Istfüllstände (C20) unterhalb der unteren Signalebene
(21), d.h. vor der Regelung längs der Ansteigekurve
(40), kurzzeitig voll geöffnet werden.