(19)
(11) EP 0 223 208 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.05.1987  Patentblatt  1987/22

(21) Anmeldenummer: 86115792.3

(22) Anmeldetag:  13.11.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4F04D 27/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 13.11.1985 DE 3540285

(71) Anmelder: MAN Gutehoffnungshütte Aktiengesellschaft
46122 Oberhausen (DE)

(72) Erfinder:
  • Blotenberg, Wilfried, Dipl.-Ing.
    D-4220 Dinslaken (DE)

(74) Vertreter: Glawe, Delfs, Moll & Partner 
Patentanwälte Postfach 26 01 62
80058 München
80058 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren und Einrichtung zum Regeln von Turbokompressoren


    (57) Bei der Pumpgrenzregelung von Turbokompressoren wird der Verstärkungsfaktor der das Regelsignal für ein Abblaseven­til (21) liefernden Reglers (19) entsprechend der zum jeweiligen Arbeitspunkt gehörenden Steigung der Abblaselinie variiert.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Regeln von Turbo­kompressoren zum Verhindern des Pumpens, von der im Ober­begriff des Anspruchs 1 angegebenen Art, sowie eine Ein­richtung zur Durchführung des Verfahrens

    [0002] Als Pumpen bezeichnet man bei Kompressoren das stoßweise oder periodische Rückströmen von Fördermedium von der Druck- zur Saugseite. Dieser Zustand tritt z.B. bei zu hohem Enddruck bzw. Enddruck/Saugdruck-Verhältnis und/oder zu niedrigem Durchsatz ein. Im Kennfeld kann deshalb eine Pumpgrenzlinie eindeutig definiert werden, die das Kenn­feld in den stabilen und instabilen Bereich teilt. Die Pumpgrenzlinie ist in der Regel gekrümmt, d.h. sie hat in verschiedenen Bereichen des Kennfeldes unterschiedliche Steigungen. In der häufig verwendeten Kennfelddarstellung mit Durchsatz und Druck als Koordinaten z.B., verläuft die Pumpgrenzlinie bei steigendem Druck flacher. Für andere mögliche Kennfelddarstellungen mit Leitschaufelstellung, Drehzahl, Förderhöhe des Kompressors oder dgl. gilt ent­sprechendes.

    [0003] Um Kompressoren vor dem Pumpen zu schützen, wird in einem Sicherheitsabstand parallel zur Pumpgrenzlinie eine Abblase­linie definert, und bei Annäherung des momentanen Arbeits­punktes an die Abblaselinie wird ein Abblaseventil mehr oder weniger geöffnet, so daß der Istwert einer Regelgröße, ins­besondere des Druchsatzes, einen anhand der Abblaselinie und der Führungsgröße, insbesondere des Enddrucks, ermittelten Sollwert nich übersteigt. Es gibt auch Regelungen, bei de­nen der Durchsatz als Führungsgröße zur Bildung des Soll­werts dient und der Enddruck die auf den Sollwert zu regeln­de Regelgröße ist.

    [0004] Der gekrümmte Verlauf der Abblaselinie hat zur Folge, daß eine vorgegebene Änderung der Führungsgröße an verschiedenen Stellen der Abblaselinie unterschiedlich große Änderungen des Sollwerts für die Regelgröße zur Folge hat. Dies wirkt sich als unterschiedlich starke Verstärkung im Regelkreis aus.

    [0005] Pumpgrenzergler sind Sicherheitsregler und werden in der Regel so aktiviert, daß sie nahe der Stabilitätsgrenze ar­beiten, um einen bestmöglichen Kompressorschutz zu gewähr­leisten. Die Lage der Stabilitätsgrenze wird sehr stark von der Gesamtverstärkung des Regelkreises beeinflußt. Eine hohe Gesamtverstärkung führt am ehesten zu Instabilität.

    [0006] Der Verstärkungsfaktor des eigentlichen Reglers wird deshalb so eingestellt, daß er zusammen mit der sich aus der Stei­gung der Abblaselinie ergebenden Verstärkung noch zu einer innerhalb der Stabilitätsgrenze liegenden Gesamtverstärkung führt. Hierbei ist selbstverständlich auf den Bereich der Abblaselinie abzustellen, in welchem die höchste Verstärkung wirksam ist. In anderen Bereichen der Abblaselinie, zu denen auch die häufigsten Arbeitsbereiche gehören können, ist der Regelkreis dann nicht optimal justiert. Der stark ge­krümmte Verlauf der Abblaselinie hat deshalb zur Folge, daß ein Pumpgrenzregler mit festeingestellten Regelparametern in weiten Arbeitsbereichen nicht optimal justiert ist.

    [0007] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren der eingangs ge­nannten Art und eine Einrichtung zu seiner Durchfürung zu schaffen, mit dem eine Anpassung des Regelverhaltens an die Erfordernisse in den verschiedenen Bereichen des Kennfeldes möglich ist.

    [0008] Die Lösung der Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben. Die Un­teransprüche beziehen sich auf vorteilhafte weitere Ausge­staltungen.

    [0009] Die Erfindung beruht auf dem Grundgedanken, die Auswirkungen der sich entsprechend der Führungsgröße ändernden Steigung der gekrümmten Abblaselinie auf die Gesamtverstärkung des Regelkreises durch eine entsprechend gegenläufige Änderung des Verstärkungsfaktors des Reglers auszugleichen, so daß sich im gesamten Arbeitsbereich eine weitgehend konstante Gesamtverstärkung des Regelkreises ergibt. Dieses Grund­prinzip kann aber auch durch Umschaltung zwischen zwei oder wenigen unterschiedlichen Werten des Verstärkungsfak­tors des Reglers approximiert werden.

    [0010] Ausführungsformen der Erfindung werden im folgenden anhand der Zeichnungen näher erläutert. Es zeigt:

    Fig. 1 ein vereinfachtes Schema einer Einrichtung zur Re­gelung eines Turbokompressors zum Verhindern des Pumpens;

    Fig. 2 schematisch den Verlauf der pumpgrenzlinie und Ab­blaselinie im Kennfeld des Kompressors;

    Fig. 3 eine Teil einer vereinfachten Ausführungsform der Regeleinrichtung;

    Fig. 4 ein Detail einer weiteren Ausführungsform der Re­geleinrichtung.



    [0011] Gemäß Fig. 1 wird im Saugstutzen 1 eines Kompressors K durch Meßfühler 3,5 der Druck vor und hinter einer Drossel­blende gemessen, woraus ein Meßumformer 7 den Istwert für den saugseitigen Kompressordurchsatz V bildet. Am Kompres­sorausgang erfaßt ein Meßfühler 9 den Istwert des Enddruckes P, der über einen Meßumformer 11 in einen Rechner 13 eingege­ben wird. Der Rechner 13 ist mit einem Speicher 15 verbun­den, in welchem der Verlauf der Abblaselinie A in dem durch P und V gegebenen Kompressorkennfeld abgespeichert ist. Aus dem Istwert von P und der Abblaselinie ermittelt der Rech­ner 13 einen Sollwert für den Durchsatz V. Ist- und Sollwert werden in einem Differenzglied 17 verglichen und die Dif­ferenz als Eingangssignal einem Regler 19 zugeführt, der ein Proportional-Integral- und/oder Differentialverhalten aufweisen kann und dessen Ausgenassignal eine Stellgröße für ein vom Kompressoraustritt abzweigendes Abblaseventil 21 oder ein zum Saugstutzen zurückführendes Umblaseventil lie­fert.

    [0012] Wie in Fig. 2 dargestellt, verläuft im Kompressorkennfeld, welches durch den Durchsatz V als Abszisse und den Enddruck P (oder auch das Enddruck/Saugdruck-Verhältnis) als Ordinate gegeben ist, die Pumpgrenzlinie PG und die in einem Sicher­heitsabstand rechts davon verlaufende Abblaselinie A jeweils gekrümmt. Dies hat zur Folge, daß eine bestimmte Änderung Δ P des als Führungsgröße diendenden Enddrucks unterschiedlich großen Änderungen Δ V bzw. Δ Vʹ des Sollwertes für den Durchsatz entsprechen. Da der als Sollwertgeber dienende Speicher 15 mit dem Rechner 13 Teil des Regelkreises ist, wirken sich diese Unterschiede als Änderungen in der Ge­samtverstärkung des Regelkreises aus, falls der Regler 19 einen konstanten Verstärkungsfaktor hat. In Fig. 2 ent­spricht der Steile untere Verlauf der Abblaselinie A einer kleinen Verstärkung und der flache obere Verlauf einer hohen Verstärkung. Wird dagegen, was ebenfalls bekannt ist, die Rolle von Führungs- und Regelgröße vertauscht und der Durchsatz V als Führungsgröße zur Bestimmung eines Soll­wertes des Enddrucks P verwendet, dann kehren sich die Verhältnisse um und die Verstärkung ist im steilen Teil der Abblaselinie Groß und im flachen Teil klein.

    [0013] Die Gesamtverstärkung des Regelkreises ist die Summe der sich aus der Steigung der Abblaselinie ergebenden Ver­stärkung und dem Verstärkungsfaktor des Reglers 19 plus der sogenannten Streckenverstärkung, d.h. den durch die Regelstrecke, insbesondere dem Kompressor und dem Ab­blaseventil vorgegebenen Verstärkungsfaktoren. Um eine möglichst in allen Bereichen konstante Verstärkung zu erzielen, wird deshalb erfindungsgemäß der Verstärkungs­faktor im Regler 19 geändert. Bei der Ausführungsform nach Fig. 1 ist im Speicher 15 außer dem Verlauf der Abblaselinie A auch der Verlauf der Steigung S der Ab­blaselinie A als Funktion vorgegeben. Der Rechner 13 er­ mittelt für jeden Istwert der Führungsgröße P den zugehö­rigen Wert der Steigung der Abblaselinie und erzeugt ein entsprechendes Steurersignal, welches einem Steuereingang des Reglers 19 zugeführt und dort eine entsprechende Ände­rung des Verstärkungsfaktors des Reglers 19 bewirkt.

    [0014] Anstatt den jeweiligen Wert der Steigung der Abblaselinie A aus dem Speicher 15 abzurufen, kann der Rechner 13 auch aus den zu verschiedenen Werten von P gehörenden Werten der Abblaselinie A deren Steigung ausrechnen.

    [0015] Bei der vereinfachten Ausführungsform nach Fig. 3 wird der Istwert von P nicht einem Rechner, sondern einem einfachen Funktionsgeber 23 zugeführt, welcher jedem Istwert von P einen Sollwert für V entsprechend einem vorgegebenen, der Abblaselinie entsprechenden Zusammenhang fest zuordnet. Außerdem wird der Istwert von P einem zweiten Funktionsge­ber 25 zugeführt, welcher jedem Istwert von P einen ent­sprechenden Wert für die Steigung der Abblaselinie fest zuordnet, der dann als Steuersignal dem Regler 19 zum Steuern des Verstärkungsfaktors zugeführt wird.

    [0016] Bei der Ausführungsform nach Fig. 4 wird der Istwert von P ebenfalls dem Funktionsgeber 23 und außerdem einem Kom­parator 27 zugeführt, der den Istwert von P mit vorgegebe­ nen oberen und unteren Granzwerten Pmax, P min vergleicht. Solange sich der Istwert von P innerhalb dieser Grenze befindet, bleibt der Verstärkungsfaktor des Reglers 19 unverändert. Bei Überschreiten von Pmax oder Unterschrei­ten von Pmin wird der Verstärkungsfaktor des Reglers 19 um einen fest vorgegebenen Wert erhöht bzw. er­niedrigt. Dies entspricht einer Approximation des gekrümm­ten Verlaufes der Abblaselinie durch drei Geradenabschnitte mit unterschiedlicher Steigung, wobei der mittlere Geraden­abschnitt zwischen den Grenzwerten Pmin, Pmax verläuft. Bei einer noch einfacheren Ausführungsform, die einer Approximation der Abblaselinie durch nur zwei Geradenab­schnitte entspricht wird je nach Über- oder Unterschrei­ten eines einzigen Grenzwertes der Verstärkungsfaktor zwi­schen zwei Werten umgesteuert.

    [0017] Auch bei der Ausführungsform nach Fig. 1 ist es möglich, den gekrümmten Verlauf der Abblaselinie bzw. ihrer Stei­gung durch Geradenabschnitte anzunähern, wobei im Speicher 15 lediglich die Koordinaten der Knickpunkte der Geradenab­schnitte festgelegt zu sein brauchen, aus denen dann der Rechner 13 den Verlauf des Geradenabschnittes bzw. seine Steigung ermitteln kann. Auch kann die Abblaselinie im Speicher 15 nicht durch eine Wertetabelle, sondern durch eine mathematische Funktion vorgegeben sein. Entsprechend kann bei der Ausführungsform nach Fig. 3 im Funktionsgeber 25 ein durch zwei oder mehr Geradenabschnitte approximierter Verlauf der Abblaselinie vorgegeben sein.

    [0018] Selbstverständlich ist die beschriebene Funtionsweise nicht an die gewählte Kennfelddarstellung mit den Koordinaten Enddruck un Volumenstrom gebunden, sondern ist sinngemäß auch an jede andere, dem Fachmann geläufige Kennfelddar­stellung anpaßbar.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Regeln eines Turbokompressors zum Verhin­dern des Pumpens,
    bei dem die Istwerte einer Führungsgröße, insbesondere des Enddruckes, und einer Regelgröße, insbesondere des Durchsatzes, die zusammen die Lage des Arbeitspunktes im Kompressorkennfeld definieren, laufend erfaßt werden, aus der Führungsgröße und einer im Kennfeld vorgegebenen Abblaselinie ein Sollwert für die Regelgröße gebildet wird, und anhand von Soll- und Istwert der Regelgröße über einen Regler ein Stellsignal für Abblasventil erzeugt wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Verstär­kungsfaktor des Reglers in Abhängigkeit vom Istwert der Führungsgröße derart verändert wird, daß der Einfluß der in Abhängigkeit von der Führungsgröße unterschiedlichen Steigung der Abblaselinie auf die Gesamtverstärkung des Regelkreises mindesterns annähernd kompensiert wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß der Verstärkungsfaktor des Reglers mindestens annähernd umgekehrt proportional zu dem zum je­weiligen Istwert der Führungsgröße gehörenden Wert der Steigung der Abblaselinie gesteuert wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß bei Approximation der Abblaselinie durch Geradenabschnitte der Verstärkungsfaktor des Reg­lers zwischen verschiedenen diskreten Werten umgeschaltet wird, wenn der Istwert der Führungsgröße vorgegebene Grenzwerte über- oder unterschreitet.
     
    4. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit Meßfühlern für Führungs- und Regelgröße, einem von der Führungsgröße beaufschlagten, vorgegebene Daten für die Abblaselinie enthaltenden Funk­tionsgeber zur Erzeugung des Sollwertes der Regelgröße, einem mit Ist- und Sollwert der Regelgröße beaufschlagten Differenzglied, einem von dessen Ausgangssignal beaufschlag­ten Regler und einem vom Regler gesteuerten Abblaseventil, dadurch gekennzeichnet, daß der Regler (19) einen Steuereingang zum Verändern seines Verstärkungsfaktors auf­weist und daß der Meßfühler (9) für die Führungsgröße an einen Signalgeber (13,25,27) mit vorgegebenen, der Stei­gung der Abblaselinie zugeordneten Daten angeschlossen ist, und daß der Ausgang des Signalgebers (13,25,27) mit dem Steuereingang des Reglers (19) verbunden ist.
     
    5. Einrichtung nach Anspruch 4, dadurchgekenn­zeichnet, daß in dem Signalgeber (13,15) eine die Steigung der Abblaseline in Abhängigkeit von der Führungsgröße wiedergebende Wertefolge vorgegeben ist.
     
    6. Einrichtung nach Anspruch 4, dadurchgekenn­zeichnet, daß im Signalgaber (27) Grenzwerte Pmax, Pmin für die Führungsgröße vorgegeben sind und daß der Signalgeber (27) Umschaltsignale zum stufen­weisen Ändern des Regelfaktors des Reglers (19) bei Un­terschreiten bzw. Überschreiten der Grenzwerte erzeugt.
     
    7. Einrichtung nach Anspruch 1, dadurchgekenn­zeichnet, daß der Verstärkungsfaktor des Reglers durch wahlweises Aufschalten eines dem Reglereingang vorgeschalteten Verstärkers steuerbar ist und das Aus­gangssignal des Signalgebers das Aufschalten des Ver­stärkers steuert.
     




    Zeichnung