(19)
(11) EP 0 223 301 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.05.1987  Patentblatt  1987/22

(21) Anmeldenummer: 86201972.6

(22) Anmeldetag:  12.11.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D02G 3/48, D02J 1/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI LU

(30) Priorität: 20.11.1985 CH 4944/85

(71) Anmelder: VISCOSUISSE SA
6020 Emmenbrücke (CH)

(72) Erfinder:
  • Schaffner, Paul
    CH-6010 Kriens (CH)
  • Lang, Bruno
    CH-6275 Ballwil (CH)

(74) Vertreter: Herrmann, Peter Johannes 
c/o Rhône-Poulenc Viscosuisse SA Patentabteilung IB
6021 Emmenbrücke
6021 Emmenbrücke (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
     
    Bemerkungen:
    Ein Antrag gemäss Regel 88 EPÜ auf Berichtigung der Beschreibung liegt vor. Über diesen Antrag wird im Laufe des Verfahrens vor der Prüfungsabteilung eine Entscheidung getroffen werden (Richtlinien für die Prüfung im EPA, A-V, 2.2).
     


    (54) Verfahren zur Herstellung eines Schussfadens aus Polyester-POY


    (57) In einem Verfahren zur Herstellung eines hitzebehandelten, rauhen Fadens aus Polyester-POY wird dieser zuerst verzwirnt und anschliessend kontinuierlich bei 130 bis 250°C 20 bis 55 % relaxiert und getempert. Der auf diese Weise hergestellte schiebfeste Faden mit einer Bruchdehnung von 150 bis 350 %, einem Thermoschrumpf von + 6 bis -6 kann ohne Vorbehandlung als Schussgarn für Reifenkordgewebe verwendet werden.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines hitzebehandelten, rauhen Fadens aus Polyester-POY, vorzugsweise als Schussfaden für ein Reifenkordgewebe, sowie einen nach dem Verfahren hergestellten Polyesterfaden.

    [0002] Als Ausgangsmaterial für das erfindungsgemässe Verfahren dient ein Poiyester-POY, hergestellt auf der Basis eines mindestens zu 90 % Polyethylenterephthalats, . mit einem Titer von 50-300 dtex und 20-50 Fibrillen.

    [0003] Fahrzeugreifen bekannter Bauart bestehen in den wesentlichen Teilen aus einem Festigkeitsträger in der Form von Fäden aus Kunstfasern, die in Form eines Kordgewebes in Gummi eingebettet sind. Die äussere Erscheinung und insbesondere die Lauffläche werden durch den Gummi bestimmt.

    [0004] Damit solche Reifen mit einem Kordgewebe aus Kunstfasern gute Laufeigenschaften und eine lange Lebensdauer haben, müssen unter anderem zwei wichtige Bedingungen erfüllt sein: Der Reifen muss in seiner Form sehr gleichmässig sein, und er muss im Gebrauch, auch bei erhöhter Geschwindigkeit, seine Dimensionsstabilität möglichst behalten. Das setzt voraus, dass die Karkassekordfäden bei der Reifenherstellung möglichst gleichmässig gespreizt und verteilt werden. Insbesondere dürfen die Schussfäden dabei nicht störenden Widerstand entgegensetzen.

    [0005] Um dies zu erreichen sind Verfahren bekannt, bei denen die Karkassekordfäden in geordneter Fadenschar direkt in den Gummi kalandriert werden oder der Gewebeschuss vor dem Kalandrieren zwischen den Kordkettfäden durchgeschnitten wird. Beide Verfahren sind bezüglich Zuverlässigkeit nicht leicht zu kontrollieren.

    [0006] Andere Verfahren bestehen darin, dass die Reifenkordgewebe mit leicht dehnbarem Schuss hergestellt werden.

    [0007] Solche Schussgarne bestehen entweder aus Polyester oder Nylon POY-Filamentgarnen, die durch weitgehendes Ausschrumpfen sehr hohe Dehnungswerte erreichen. Durch zusätzliche Baumwollstapelgarn-Umzwirnung kann eine für die Verarbeitung erforderliche Anfangsfestigkeit sowie ausreichende Schiebefestigkeit und Hitzebeständigkeit erreicht werden. Ein entscheidender Nachteil dieser Garne liegt jedoch darin, dass sie, durch die nie ganz gleiche BW-Umzwirnung entlang ihres Fadens, schwankende Anfangsfestigkeiten aufweisen, die sich dann später auf eine gleichmässige Karkassekordspreizung im Reifen negativ auswirken.

    [0008] Andere Reifenkordgewebe sind bekannt, bei welchen die Schussfäden aus POY-Polyesterfilamenten bestehen, welche zur Fixierung bzw. zur Reduktion des Schrumpfes einer zusätzlichen Hitzebehandlung unter bestimmter Spannung auf entsprechenden Gamträgern unterzogen und zur Verhinderung des Rutschens bzw. Gleitens zwischen den Kettfäden mit einem Gummilatex vorbehandelt bzw. mit Baumwollfäden umzwirnt werden (DE-A-27 48 747). Die Relaxation entspricht lediglich dem durch die Bewicklung möglichen Anteil. Bei dem bekannten Schussgarn wird die Reibungsstabilität durch einen Latexmantel bewirkt. Die Zerreissdehnung wird mit 80 bis 250 % angegeben.

    [0009] Das bekannte Verfahren weist mehrere Nachteile auf. Die Wärmebehandlung erfolgt, zur Vermeidung übermässiger Schrumpfung, unter einer bestimmten Fadenzugkraft. Die dabei resultierenden Kräfte belasten den Faden innerhalb der Bewicklung unterschiedlich in seinem empfindlichsten Zustand, wodurch es zu Schrumpf-und Spannungsdifferenzen kommen kann.

    [0010] Bei hochtemperaturimprägnierten Geweben ("240°C) mit den bekannten Schussfilamenten von weniger als 100 % Restreissdehnung, zerreissen häufig die Schussfäden wenn der Reifenrohling durch Expansion in seine erforderliche Form gebracht wird.

    [0011] Ein weiterer Nachteil ist die Verwendung eines Gummilatex zur Verhinderung des Gleitens der Schussfäden entlang der Längsseiten der Kettfäden, wodurch ein zusätzlicher Verfahrensschritt erforderlich ist, welcher die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens nachteilig beeinflusst.

    [0012] Ein weiterer beachtlicher Nachteil der Verwendung von Latices ist der beim Weben entstehende Abrieb. Der Abrieb besteht aus elektrisch geladenen Gummiteilchen, welche nur schwer und aufwendig zu entfernen sind und zu Weblaufstörungen führen können.

    [0013] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung eines Polyester-Fadens zu schaffen, welcher eine rauhe, schiebefeste Oberfläche, einen Sekantenmodul von 0 bis 50 %, einen Anfangsmodul >4 cN/tex. hohe Zerreissdehnung, armen Schrumpf und gute Adhäsion ohne Verwendung von haftvermitteinden Gummilatices, aufweist. Ein solcher Schussfaden soll besonders den hohen thermischen und mechanischen Belastungen beim Imprägnieren, Kalandrieren und späteren Verarbeiten zu Fahrzeugreifen genügen.

    [0014] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass der Schussfaden in einem ersten Verfahrensschritt mit 40 bis 200 U/m gezwirnt wird und in einem zweiten Verfahrensschritt der gezwirnte Faden kontinuierlich während von 0,1 bis 60 s und bei einer Temperatur von 130 bis 250°C 22 bis 55 % relaxiert und getempert wird.

    [0015] Ein bei 40 bis 200 Umdrehungen pro Meter gezwirnter Faden hat die vorteilhafte Eigenschaft der Rauhigkeit, welche bisher nur mit einer Latexbehandlung erzielt werden konnte. Der auf diese Weise gezwirnte Faden wird praktisch nur bei prozessbedingter Vorspannkraft während 0,1 bis 60 s, insbesondere während 0,1 bis 30 s, bevorzugt während ca. 0,2 s in einem vertikalen oder horizontalen Heizschacht bei mehr als t30°C. insbesondere bei 130 bis 250°C, bevorzugt bei ca. 230°C temperiert. Die kurze Temperierzeit hat den Vorteil, dass bei relativ hohen Temperaturen optimale Eigenschaften der Schussfäden ohne die bekannten Nachteile erhalten werden.

    [0016] Es ist zweckmässig, als Schussfaden ein POY-Garn zu verwenden. Besonders vorteilhaft ist eine - schockartige Temperaturbehandlung, da dadurch eine minimale Schädigung der Fasern erfolgt und bester Fadenschluss und eine schiebefeste Oberfläche erreicht werden. Im Bedarfsfall kann zusätzlich eine gummifreundliche Behandlung beispielsweise auf Basis Epoxid oder lsocyanat erfolgen.

    [0017] Durch eine spannungslose bzw. mit gesteuerter Voreilung durchgeführte thermische Behandlung wird eine gezielte Relaxation erreicht, wodurch der Faden eine texturierte Struktur erhält.

    [0018] Es ist zweckmässig die thermische Behandlung mittels eines Konvektions-oder Kontaktheizers vorzunehmen. Zudem ist es möglich, durch zusätzliche thermische Nachbehandlungen den Fixiergrad zu erhöhen.

    [0019] Die Bruchdehnung des Schussfadens liegt zwischen 150 und 350 %. Im allgemeinen werden besonders gute Ergebnisse mit einer Bruchdehnung von etwa 300 % erhalten. Dieser Bereich hat sich bei extremer Belastung, etwa bei der Gewebeheissverstreckung mit Temperaturen über 240°C, als zweckmässig erwiesen.

    [0020] In Verbindung mit der Bruchdehnung ist ein Thermoschrumpf von +6 bis -6, bei 160°C und 0,025 cN/tex Fadenzugkraft, insbesondere ein Sekantenmodul von 0 bis 50 %, eine Reversibilitätsgrenze von 0,2 bis 0,6 cN/dtex und ein Anfangsmodul von 4 bis 10 cN/dtex am zweckmässigsten.

    [0021] Als ein Sekantenmodul wird eine vom Titer unabhängige Faden-Messgrösse bezeichnet. Der Sekantenmodul ist definiert durch die Steigung einer Strecke innerhalb der Kraft-Dehnungskurve im Fliessbereich eines Fadens begrenzt zwischen 10 + 30 % Dehnung. Die Verlängerung der Strecke bis zu theoretisch 100 % Dehnung und Parallelverschiebung der resultierenden Geraden durch den Nullpunkt des Koordinatensystems, führt zu einer theoretischen Kraft bei 100 % theoretischer Dehnung. Der Sekantenmodul definiert diesen Punkt als prozentualen Anteil der effektiven Reisskraft (WO 84/02357).

    [0022] Die Reversibilitätsgrenze bezeichnet den Uebergang vom reversiblen in den irreversiblen Dehnungsbereich.

    [0023] Die Reissfestigkeit des Fadens liegt im Bereich von 0,6 bis 2 cN/dtex und genügt den Beanspruchungen der unter üblichen Reifenproduktionsbedingungen verarbeiteten Karkassengewebe.

    [0024] Durch die Fibrillen mit unregelmässiger Krümmung wird eine leichte Kräuselung hervorgerufen, welche zur latexfreien Kettfadenfixierung im Karkassengewebe beiträgt.

    [0025] Ein verdrehungsfreier Schussfaden hat den Vorteil, dass keine Laufschwierigkeiten beim Canettieren und Verweben auftreten. Es ist vorteilhaft, zu den gegebenen Drehungen das Material zusätzlich zu verwirbeln oder ausschliesslich zu verwirbeln. Die Verwirbelungspunkte bzw. die Knotenzahl pro Meter sind dabei auf 10 bis 120 zu beschränken, um den richtigen, kompakten Fadenschluss zu erhalten, der die Dipaufnahme beim Imprägnieren in richtigen Grenzen hält.

    [0026] Die Erfindung soll anhand eines Beispieles näher erläutert werden.

    Beispiel



    [0027] Ein POY-Polyester dtex 190 f 36 produziert bei einer Spinngeschwindigkeit von > 3000 m/min wird auf 100 t/m aufgezwirnt und anschliessend mit 100 % Voreilung gegenüber der Aufspulung durch ein auf 230°C beheizten Konvektionstrockner geführt. Anstelle eines Konvektionstrockners ist auch ein Kontakttrockner geeignet.

    [0028] Das daraus resultierende Garn hat einen Titer von -385 dtex. Sein Anfangsmodul beträgt 6,25 cN/tex, seine Reversibilitätsgrenze liegt bei 0,4 cN/tex und seine Bruchdehnung bei 285 %.

    [0029] Die Ergebnisse des erfindungsgemäss hergestellten Fadens sind nachstehend tabellarisch zusammengefasst.




    Ansprüche

    I. Verfahren zur Herstellung eines hitzebehandelten, rauhen Fadens aus Polyester-POY, vorzugsweise als Schussfaden für ein Reifenkordgewebe, dadurch gekennzeichnet, dass der Faden in einem ersten Verfahrensschritt mit 40 bis 200 U/m gezwirnt wird und in einem zweiten Verfahrensschritt der gezwirnte Faden kontinuierlich während 0,1 bis 60 s bei einer Temperatur von 10 bis 250°C 20 bis 55 % relaxiert und getempert wird.
     
    2. Verfahren nach den Ansprüchen I und 2, dadurch gekennzeihnet, dass die thermische Behanddlung - schockartig durchgeführt wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen I und 2, dadurh gekennzeichnet, dass die thermische Behandlung spannungslos oder mit gesteuerter Voreilung durchgeführt wird.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen I bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die thermische Behandlung mittels eines Konvektions-oder Kontaktheizerers durchgeführt wird.
     
    5. Faden hergestellt nach dem Verfahren gemäss den Ansprüchen I bis 4, dadurch gekennzeichnet,, dass der Faden gleichzeitig folgenden Bedingungen genügt: dass die Oberfläche des adens rauh und - schiebefest ist, eeine Bruchdehnung von 150 bis 350 %, einen Thermoschrumpf von +6 bis -6 %, einen Sekanenmodul von 0 bis 50 %, eine Reversibilitätsgrenze von 0,2 bis 0,6 cN/dtex und einen Anfangsmodul von 4 bis 10 cN/dex aufweist.
     
    6. Faden nach Anspruch 5, gekennzeichnet durch eine Reissfestigkeit von 0,6 bis 3 cN/dtex.
     
    7. Faden nach den Ansprüchen 5 und 6, gekennzeichnet durch Fibrillen mit unregelmässigen Verkrümmungen.
     
    8. Faden nach den Ansprüchen 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Faden verdrehungsfrei ist.
     
    9. Faden nach den Ansprüchen 6 bis 8, gekennzeichnet durch einen kompakten Fadenschluss mit 100 bis 500 U/m und/oder einer Verwirbelungsintensität von 10 bis 100 Verwirbelungspunkten pro Meter.
     





    Recherchenbericht