(19)
(11) EP 0 228 001 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.07.1987  Patentblatt  1987/28

(21) Anmeldenummer: 86117283.1

(22) Anmeldetag:  11.12.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4E04B 1/70
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB GR IT LI NL SE

(30) Priorität: 30.12.1985 DD 285727

(71) Anmelder: Bauakademie der Deutschen Demokratischen Republik
DDR-1125 Berlin (DD)

(72) Erfinder:
  • Hübler, Manfred, Dr. Ing.
    DDR-1280 Bernau (DD)
  • Friese, Peter, Dr. rer. nat.
    DDR-1183 Berlin (DD)
  • Krüger, Klaus, Dipl.-Jur.
    DDR-1120 Berlin (DD)

(74) Vertreter: Puchberger, Rolf, Dipl. Ing. et al
Patentanwälte, Dipl. Ing. Georg Puchberger Dipl. Ing. Rolf Puchberger Dipl. Ing. Peter Puchberger Singerstrasse 13 Postfach 55
1010 Wien
1010 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Entsalzung, Trockenlegung und Trockenhaltung von Mauerwerk


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entsalzung, Trokkenlegung und Trockenhaltung von Mauerwerk unter Verwendung von im oder am Mauerwerk angeordneten Elektroden. Die Elektroden aus Eisen werden mit dem Mauerwerk über eine oder mehrere Mörtelbrücken verbunden, die in Abhängigkeit vom Feuchtigkeits- und Salzgehalt des Mauerwerks zusammengesetzt werden. Zwischen den Elektroden und dem Mauerwerk wird genügend freier Raum gelassen zur Aufnahme der sich in ihm ablagernden löslichen Salze und Eisenoxide. Diese werden nach der Entsalzung mechanisch und mit Wasserspülung entfernt. Der freie Raum zwischen Elektroden und Mauerwerk wird nach der Entsalzung mit einer Lösung aus Bariumhydroxid neutralisiert. Zwischen den Elektroden und einem System von Erderstäben wird während der Entsalzung eine möglichst hohe und nach der Entsalzung eine für die Errichtung einer elektrokinetischen Dauersperre ausreichende Gleichspannung angelegt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entsalzung, Trockenlegung und Trockenhaltung von Mauerwerk. Dies ist oft eine notwendige Voraussetzung zur vollständigen Sanierung von Altbauten, in denen aus dem Boden Wasser aufsteigt, das lösliche Salze ins Mauerwerk transportiert und in der Verdunstungszone anreichert.

    [0002] Es ist oft versucht worden, feuchtes Mauerwerk mit elektroosmotischem Verfahren und Vorrichtungen zu trocknen. Das erfolgte mit wechelndem Erfolg, so daß die Anwendung dieser Verfahren und Vorrichtungen in der Fachliteratur bis heute umstritten ist.

    [0003] Eine Ursache hierfür wird darin gesehen, daß nach Anwendungelektroosmotischer Verfahren und Vorrichtungen die bauschädlichen und teilweise stark hygroskopischen Salze im Mauerwerk verbleiben. Diese bewirken eine hygroskopische Restfeuchte, die bei hohen Salzkonzentrationen bis 8 % betragen kann, und begünstigen das erneute Aufsteigen des Wassers im Mauerwerk. In der DD - PS 200 398 wird vorgeschlagen, die aktive elektroosmotische Trocknung mit einer vorhergehenden Entsalzung des Mauerwerks zu verbinden. Diese Erfindung hat jedoch den Nachteil, daß korrosionsfeste Elektroden aus Graphit oder platiniertem Titan eingesetzt werden. Um deren Wiederverwendung zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, diese teuren Elektroden nach der Entsalzung durch billigere zu ersetzen, doch hat sich gezeigt, daß die Elektroden auch nach der Entsalzung einer starken Korrosion unterliegen. Bei Elektroden aus Eisen vergrößert sich ihr Volumen infolge der anodischen Oxidation um ein Vielfaches, wodurch die Elektroden aus dem Mauerwerk gedrückt und die elektrokinetische Dauersperre unterbrochen werden kann.

    [0004] Ein Nachteil, den alle bekannten elektroosmotischen Verfahren zur Entsalzung von Mauerwerk aufweisen, besteht darin, daß sie nicht an die Salzkonzentrationen unterschiedlicher Zusammensetzung und an den unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalt im Mauerwerk angepaßt sind. Nach den DE - OS 3430449 und 3430450 lassen sich nur anodisch gebildete Chloridhydrate aus dem Mauerwerk austragen. Die im Mauerwerk auch anzutreffenden löslichen Sulfate werden nicht ausreichend berückeichtigt. Diese Sulfationen werden wie die Chloridionen an der Anode angereichert und können in größeren Mengen den Entsalzungsprozeß stören. Eine Anpassung an den Feuchtigkeitsgehalt im Mauerwerk ist erwünscht, um zu verhindern, daß das Mauerwerk vor Beendigung des Entsalzungsprozesses austrocknet und den Entsalzuageprozeß unterbricht.

    [0005] Ziel der Erfindung ist ein Verfahren, mit dem ein Mauerwerk, in dem Wasser aufsteigt, auf einfache Weise entsalzt und trockengelegt und dauerhaft trockengehalten werden kann.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu finden, mit dem ein nässegeschädigtes Mauerwerk mit beliebigem Feuchtigkeits- und Salzgehalt erst entsalzt, dann trockengelegt und anschließend trockengehalten wird, ohne das die Elektroden ausgewechselt werden müssen und ohne daß dieser Prozeß durch vorzeitige Austrocknung oder durch die sich an der Elektrode abgelagerten Salze und Eisenoxide unterbrochen wird. Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß zwischen die in bekannter Weise im oder am Mauerwerk angeordneten Elektroden, vorzugsweise aus Eisen, und dem Mauerwerk eine oder mehrere in Abhängigkeit vom gemessenen Feuchtigkeits-und Salzgehalt des Mauerwerks zusammengesetzte Mörtelbrücken gebracht werden, die die Elektroden mit dem Mauerwerk verbinden, aber so, daß zwischen Elektroden und Mauerwerk genügend Platz bleibt, um die sich an den Elektroden abgelagerten löslichen Salze und Eisenoxide aufzunehmen.

    [0007] Die Erfindung geht unter anderem von der Erkenntnis aus, daß die Richtung der Wasserströmung im Mauerwerk ausschließlich durch das Vorzeichen des Zeta-Potentiales bestimmt wird. Dieses resultiert aus der Ausbildung einer Doppelschicht elektrisch geladener Ionen an der Phasengrenze Festkörper zur Flüssigkeit. Die Ladungsträger in unmittelbarer Nähe des Festkörpers werden durch Ionen kompensiert, die sich in einer starren und in einer diffusen Doppelschicht befinden. Das an der Grenze zwischen starrer und diffuser Doppelschicht gemessene Potential wird Zeta-Potential genannt. Sein Vorzeichen und seine Größe sind einerseits von der Struktur und der chemischen Zusammensetzung des Festkörpers, also des Mauerwerks, abhängig und andererseits von den Eigenschaften der angrenzenden Flüssigkeit. Bei einem negativen Zeta-Potential bewegt sich die Flüssigkeit in Richtung Kathode, ein positives Zeta-Potential bewirkt eine Flüssigkeitsbewegung in Richtung Anode. Im Ziegelmauerwerk kommen mit großer Sicherheit negative Zeta-Potentiale vor. Die im oder am Mauerwerk angeordneten Elektroden werden in diesem Falle als Anode geschaltet, die Erdelektroden als Kathoden.

    [0008] Bei einem geringen Feuchtigkeitsgehalt von weniger als 8 % im Mauerwerk besteht die Gefahr, daß das Mauerwerk an der Anode vor Abschluß der Entsalzung austrocknet. Aus diesem Grunde werden dem Mörtel erfindungsmäß Zusätze beigemischt, die das Zeta-Potential klein halten und ein vorzeitiges elektrokinetisches Abströmen des Wassers aus dem Anodenraum verhindern.

    [0009] Diese Zusätze können Calcium- oder Bariumsalze sein. Dieser Effekt kann erfindungsgemäß durch Beimischung kationenaktiver Tenside, wie Cetyltrimethylammoniumbromid, noch verstärkt werden, denn durch sie wird das Vorzeichen des Zeta-Potentials umgekehrt und dies verursacht eine schwache Wasseretrömung in Richtung Anode, wodurch die Entsalzung gefördert wird.

    [0010] Bei einem hohen Chloridgehalt des Mauerwerks wird dem Mörtel erfindugsgemäß Graphidpulver beigemischt, in dessen Anwesenheit Chloridionen zu elementarem Chlor entladen werden. Enthält das feuchte Mauerwerk einen hohen Anteil Sulfate, so wird dem Mörtel erfindungsgemäß ein hoher Anteil von Bariumkarbonat oder Barytocalcid beigegeben, die die Sulfationen als schwerlösliches Bariumsulfat binden.

    [0011] Die über die Mörtelbrücken mit dem Mauerwerk verbundenen Elektroden werden untereinander elektrisch leitend verbunden, und gegen ein System von Erderstäben wird unter Beachtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes eine möglichst hohe Gleichspannung angelegt. Diese wird so lange aufrechterhalten, bis die Stromstärke auf einen konstanten Grenzwert abgesunken ist und damit anzeigt, daß die Entsalzung abgeschlossen ist. Anschließend werden die sich in den Anodenräumen angesammelten Salze und Eisenoxide mechanisch und durch Ausspülen mit Wasser entfernt, sodann werden die Anodenräume mit einer Lösung aus Bariumhydroxid neutralisiert. Erforderlichenfalls werden dabei beschädigte Mörtelbrücken erneuert. Anschließend wird wieder eine Gleichspannung angelegt, so daß die Elektroden nun als elektrokinetische Dauersperre gegen aufsteigende Feuchtigkeit wirken.

    [0012] Die Erfindung soll nachstehend an einigen Ausführungsbeispielen erläutert werden:

    [0013] Es soll ein Gebäude gegen aufsteigende Feuchtigkeit saniert werden, dessen Mauerwerk weniger als 8 % Wasser, 1 x 1o-4 Mol/g Chlorid und wenig Sulfat enthält.

    [0014] In der Verdrmatuagazone werden in das Mauerwerk zur Aufnahme der zylindrischen Elektroden in Abständen von etwa 4o cm Aussparungen eingebracht, deren Volumen etwa 5 mal größer ist als das der Elektroden aus Eisen. Die Elektroden werden in den Aussparungen durch zwei Mörtelbrücken folgender Zusammensetzungen in Masseprozent abgestützt:

    o, 5 % Calciumchlorid

    4o % Graphitpulver


    der Rest ist zur Hälfte Calciumcarbonat und Calciumhydroxid.

    [0015] Unter den Elektroden sind zwischen den Mörtelbrücken flüssigkeitsundurchlässige Rinnen angeordnet, welche die abtropfenden Salzlösungen nach außen abführen. Nach der Entsalzung, die durch ein Absinken der Stromstärke auf einen konstanten Wert angezeigt wird, werden nach Abklemmung der Spannungsquelle die sich im Anodenraum angesammelten Salze und Eisenoxide entfernt, und dann wird der Anodenraum mit einer Lösung aus Bariumhydroxid neutralisiert. Danach wird wieder eine Gleichspannung angelegt, um durch eine elektrokinetische Dauersperre ein Wiederansteigen des Wassers zu verhindern.

    [0016] Enthält das Mauerwerk 5 bis 8 % Wasser, 5 x 1o-5 Mol/g Chlorid und 5 x 1o-5 Mol/g lösliche Sulfate, so wird folgende Mörtelzusammensetzung in Masseprozent gewählt:

    [0017] 

    Bei einem Mauerwerk mit 15 % Wasser, 4 x 1o-6 Mol/g Chlorid und 1 x 10-4 Mol/g lösliches Sulfat wird Mörtel aus

    zusammengesetzt.

    [0018] Bei diesen Ausführungsbeispielen wurde zur Entsalzung eine Gleichspannung von 5o V und zur Errichtung der elektrokinetischen Dauersperre eine Gleichspannung von 1o V angelegt.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Entsalzung, Trockenlegung und Trockenhaltung von Mauerwerk unter Verwendung von im oder am Mauerwerk angeordneten Elektroden, dadurch gekennzeichnet, daß die Elektroden mit dem Mauerwerk über eine oder mehere Mörtelbrücken verbunden werden, die in Abhängigkeit vom Feuchtigkeits- und Salzgehalt des Mauerwerks zusammengesetzt werden, daß zwischen den Elektroden und dem Mauerwerk genügend freier Raum gelassen wird zur Aufnahme der sich in ihm abgelagernden löslichen Salze und Eisenoxide, daß diese Salze und Eisenoxide nach der Entsalzung mechanisch und durch Wasserspülung entfernt werden, daß der freie Raum zwischen Elektroden und Mauerwerk nach der Entsalzung mit einer Lösung aus Bariumhydroxid neutralisiert wird und daß zwischen den Elektroden und einem System von Erderstäben während der Entsalzung eine möglichst hohe und nach der Entsalzung eine für die Errichtung einer elektrokinetischen Dauersperre ausreichende Gleichspannung angelegt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei einem Feuchtigkeitsgehalt von weniger als 8 % im Mauerwerk dem Mörtel bis zu 1 Masseprozent Zusätze von löslichen Calcium- und Bariumsalzen beigemischt werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei einem Feuchtigkeitsgehalt von weniger als 5 % im Mauerwerk dem Mörtel bis zu 1 Masseprozent eines kationenaktiven Tensides, wie Cetyltrimethylammoniumbromid, beigemischt werden.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei einem hohen Chloridgehalt von 5 x 10-5 Mol/g im Mauerwerk dem Mörtel bis zu 8o Messeprozent Graphitpulver beigemischt werden.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei einem hohen Sulfatgehalt von 5 x 1o-5 Mol/g im Mauerwerk dem Mörtel bis zu 4o Masseprozent Bariumkarbonat oder Barytocalcid beigemischt werden.