(19)
(11) EP 0 229 586 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.07.1987  Patentblatt  1987/30

(21) Anmeldenummer: 86730190.5

(22) Anmeldetag:  20.11.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21C 5/00, C21C 5/28
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE FR GB IT LU NL SE

(30) Priorität: 16.01.1986 DE 3601337

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Rommerswinkel, Heinrich-Wilhelm, Dr.-Ing.
    D-4330 Mülheim/Ruhr (DE)

(74) Vertreter: Meissner, Peter E., Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 33 01 30
D-14171 Berlin
D-14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung hochlegierter Stähle im Sauerstoffblaskonverter


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung hochlegierter Stähle, insbesondere mit hohen Legierungsgehalten an sauerstoffaffinen Elementen, wie Chrom und Mangan, im Sauerstoffblaskonverter. Um ein Verfahren anzugeben, mit dem im Sauerstoffblaskonverter hochlegierte Stähle, insbesondere Stähle mit hohen Gehalten an Legierungselementen, deren Sauerstoffaffinität größer ist als die des Eisens, ohne Schwierigkeiten und ohne Abbrandverluste während des Frischprozesses hergestellt werden kann, wird vorgeschlagen, daß in einer ersten Herstellungsstufe der aus Eisenträgern und Schlackebildnern bestehende Einsatz durch Sauerstoffblasen unter der sich bildenden basischen Schlacke entkohlt, entphosphort und entschwefelt und auf Abstichtemperatur erhitzt wird, daß die Stahlschmelze unter Zurückhaltung der Konverterschlacke ab gestochen und während des Abstiches desoxidiert und legiert und mit neuen Schlackenbildnern, wie Kalk, Flußspat und ggf. Tonerde, eine hochbasische Schlacke erzeugt wird, wobei die mindestens zur Desoxidation verwendete Menge an Reaktionsmitteln, insbesondere Silizium, höcher ist als zur Erzielung der vorgeschriebenen Zusammensetzung notwendig und die Menge der Legierungsmittel nach der für den Aufschmelzvorgang vorhandenen Wärmemengenreserve der Schmelze bestimmt wird, und in einer zweiten Stufe die Schemlze in einen Sauerstoffblaskonverter gefüllt und auf einem gewünschten Gehalt wenigstens eines Desoxidationsmittels und die notwendige Endtemperatur fertiggeblasen wird, ggf. unter Zugabe weiterer, zur Erzeugung der Endanalyse notwendiger Legierungsmittel.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung hochlegierter Stähle, insbesondere Stähle mit hohen Legierungsgehalten an sauerstoffaffinen Elementen, wie Chrom und Mangan, im basischen Sauerstoffblaskonverter.

    [0002] Es ist bekannt, daß bei der Stahlherstellung unter Anwendung von Sauerstoff alle Begleit- und Legierungselemente des Eisens, die eine höhere Affinität zum Sauerstoff haben als das Eisen selbst, bei der Entkohlung und Entphosphorungsbehandlung weitgehend verschlacken. Der Herstellung hochlegierter Stähle, insbesondere Stähle mit hohen Gehalten an Chrom und Mangan, sind daher im Sauerstoffaufblaskonverter wirtschaftliche Grenzen wegen der hohen Abbrandverluste der Legierungselemente gezogen. Stähle mit Chromgehalten über 3 % und Mangangehalten über 2 % werden daher bevorzugt im Elektroofen oder im AOD-Konverter hergestellt. Es ist zwar bereits bekanntgeworden, s. DE-AS 19 53 888 oder DE-AS 22 53 480, mit Chrom legierte Stahlschmelzen unter Anwendung von Sauerstoff herzustellen. Hierzu bedarf es jedoch einer Beeinflussung der Sauerstoffaktivität in der Schmelze, beispielsweise durch Beimischen von Verdünnungsgasen zum Sauerstoff oder zur Einhaltung bestimmter Entkohlungsgeschwindigkeiten.

    [0003] Die dazu erforderlichen Maßnahmen und Einrichtungen sind aber überaus kompliziert und aufwendig, da sie eine fortlaufende Kontrolle des Entkohlungsvorganges und eine entsprechende Änderung des dem Sauerstoff beigemischten Inertgasanteiles voraussetzen. Außerdem wird die Produktivität einer Anlage durch den verzögerten Reaktionsablauf negativ betroffen.

    [0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, mit dem im Sauerstoffblaskonverter hochlegierte Stähle, insbesondere Stähle mit hohen Gehalten an Legierungselementen, deren Sauerstoffaffinität größer ist als die des Eisens, ohne Schwierigkeiten und ohne Abbrandverluste während des Frischprozesses hergestellt werden können.

    [0005] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen Maßnahmen gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen enthalten.

    [0006] Das erfindungsgemäße Verfahren gliedert sich also in zwei Herstellungs- bzw. Verfahrensstufen des Konverterbetriebes mit den folgend angegebenen metallurgischen Schritten:

    [0007] Der Einsatz aus Eisenträgern, wie Schrott und Roheisen sowie Schlackenbildnern wird im Konverter nach den üblichen Regeln der Blasstahlerzeugung behandelt, d.h. entkohlt und unter basischer Schlacke entphosphort und entschwefelt. Die Abstichtemperatur der Schmelze wird in den für die Blasstahlerzeugung normalen Grenzen gehalten.
    Diese Schmelze wird in eine Pfanne konverterschlackenfrei abgestochen. Während des Abstichs wird die Schmelze desoxidiert und legiert. Gleichzeitig wird durch neuerliche Zusätze von Schlackenkomponenten, wie Kalk, Flußspat und ggf. Tonerde, eine hochbasische Schlacke erzeugt.
    Die Menge der Legierung richtet sich nach der für die Aufschmelzung nutzbaren Wärmemenge der Schmelze. Die Zugabe von Reaktionsmitteln zur Desoxidation bzw. Legierungseinstellung der Schmelze erfolgt gezielt in der Weise, daß die Konzentrationen an Silizium bzw. Aluminium in bestimmter Höhe über den Werten der Spezifikation der Sollanalyse liegen.

    [0008] Die so desoxidierte und legierte Schmelze wird erneut in einen Konverter, der frei von oxidierender Schlacke ist, chargiert.

    [0009] Für den Fall, daß die Wärmemenge der Schmelze nicht ausreicht, die insgesamt geforderten Legierungsmengen beim Abstich aufzuschmelzen, können die Legierungsmittel in unbeschränkter Höhe zu diesem Zeitpunkt in den Konverter chargiert werden. Für den Fall ist vorzugsweise ein bodenspülender Konverter einzusetzen, so daß eine hinreichende Badbewegung gewährleistet ist. Die Schmelze wird nun erneut mit Sauerstoff gezielt geblasen in der Weise, daß der in der Spezifikation zulässige Wert für das Reaktionsmittel, insbesondere Silizium, nach Möglichkeit nicht unterschritten wird. Dadurch ist gesichert, daß die weniger sauerstoffaffinen Elemente, wie z.B. Chrom und Mangan etc., in der Schmelze nicht abbrennen. In dem seltenen Fall, daß die Schmelze ausschließlich durch Aluminium desoxidiert ist, ist in entsprechender Weise zu verfahren.
    Die gewünschte Temperatursteigerung der Schmelze läßt sich durch Verbrennen der Reaktionsmittel, also insbesondere Silizium und Aluminium, bei entsprechend überhöhter Konzentration sehr präzise in kürzester Zeit erreichen.
    Das Mitchargieren der beim Abstich erzeugten, hochbasischen Schlacke führt zur Neutralisation der bei der Verbrennung der Reaktionsmittel anfallenden sauer wirkenden Oxide. So wird verhindert, daß anderenfalls die saure Schlacke die gegebenenfalls vorhandenen phosphathaltigen Schlackenanbackungen im Konverter angreift und sich möglicherweise mit Phosphaten anreichert. Die Phosphate würden nämlich durch das desoxidierende Bad reduziert und damit einen unerwünschten Phosphoranstieg in der Schmelze bewirken. Zusätzlich wird der Konverterverschleiß vermindert.
    Die endgültige Einstellung der geforderten Zusammensetzung der Schmelze, insbesondere der an der Reaktion beteiligten Elemente, erfolgt beim Abstich oder bei der nachfolgenden Pfannenbehandlung.

    [0010] Bei Schmelzen, die eine kombinierte Silizium-Aluminium-Desoxidation erfordern, ist es wegen der höheren Sauerstoffaffinität des Aluminium gegenüber dem Silizium notwendig, die Aluminium-Desoxidation beim zweiten Abstich durchzuführen.

    [0011] Vorteile des Verfahrens sind:

    1. Durch die Aufteilung des Verfahrens in zwei Stufen werden die Abstichtemperaturen selbst bei höheren Legierungsgehalten und temperaturaufwendiger Nachbehandlung der Schmelze in vertretbaren Grenzen gehalten.

    2. Niedrige Phosphorgehalte können ohne Schwierigkeiten eingehalten werden, obwohl die sonst zur Auflösung größerer Legierungsmittelmengen notwendigen hohen Temperaturen und die Gegenwart von sauerstoffaffinen Stoffen in hoher Konzentration der Einstellung niedriger Phosphorgehalte entgegenstehen oder nur unter Inkaufnahme hoher Abbrandverluste dieser Legierungselemente möglich ist.



    [0012] Anhand eines Ausführungsbeispieles soll die Erfindung näher erläutert werden.

    Beispiel



    [0013] Es ist ein Stahl mit folgender Analyse zu erzeugen:


    1. Stufe Blasen



    [0014] 185 t Stahlroheisen (4,3 % C, 0,52 % Si, 0,34 % Mn, 0,090 % P, 0,025 % S) mit einer Temperatur von 1350 °C,
    35 t Schrott und 10 t Kalk werden in einen basisch zugestellten Sauerstoffblaskonverter chargiert und mit 10 500 Nm³ Sauerstoff zu einem Vormetall folgender Zusammensetzung gefrischt:


    1. Abstich



    [0015] Das Vormaterial wird schlackenfrei in eine Umfüllpfanne abgestochen unter gleichzeitiger Zugabe von 8,0 t FeCr (0,1 % C, 80 % Cr) 3,5 t FeSi (75 % Si), 4,0 t Kalk und 0,5 t Flußspat.

    [0016] Nach beendetem Abstich befinden sich in der Umfüllpfanne ca. 208 t Rohstahl folgender Zusammensetzung:


    2. Stufe Blasen



    [0017] Der Inhalt der Umfüllpfanne wird komplett - einschließlich Schlacke -in den Sauerstoffblaskonverter zurückgefüllt. Bei gleichzeitigem Bodenspülen mit mindestens 10 Nm³/min Spülgasdurchsatz erfolgt die Zugabe von 20 t FeCr (0,1 % C, 80 % Cr) und 5 t Kalk.

    [0018] Mittels 1700 Nm³ Sauerstoff wird das überschüssige Silizium verschlackt. Die entstandene Wärme dient zum Aufschmelzen des Ferrochroms und bewirkt eine Temperaturerhöhung des Rohstahls auf 1645 °C.

    [0019] Das Metall hat jetzt folgende Zusammensetzung:


    2. Abstich



    [0020] Der zweite Abstich erfolgt schlackenfrei in eine Stahlgießpfanne unter Zugabe von
    1400 kg FeMn affine (1 % C, 82 % Mn)
    300 kg FeSi (75 % Si) und 250 kg Al

    [0021] Der fertige Stahl in der Gießpfanne hat folgende Zusammensetzung:




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung hochlegierter Stähle, insbesondere mit hohen Legierungsgehalten an sauerstoffaffinen Elementen, wie Chrom und Mangan, im Sauerstoffblaskonverter,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß in einer ersten Herstellungsstufe der aus Eisenträgern und Schlackebildnern bestehende Einsatz durch Sauerstoffblasen unter der sich bildenden basischen Schlacke entkohlt, entphosphort und entschwefelt und auf Abstichtemperatur erhitzt wird, daß die Stahlschmelze unter Zurückhaltung der Konverterschlacke abgestochen und während des Abstiches desoxidiert und legiert und mit neuen Schlackenbildnern, wie Kalk, Flußspat und ggf. Tonerde, eine hochbasische Schlacke erzeugt wird, wobei die mindestens zur Desoxidation verwendete Menge an Reaktionsmitteln, insbesondere Silizium, höher ist als zur Erzielung der vorgeschriebenen Zusammensetzung notwendig und die Menge der Legierungsmittel nach der für den Aufschmelzvorgang vorhandenen Wärmemengenreserve der Schmelze bestimmt wird,
    und in einer zweiten Stufe die Schmelze in einen Sauerstoffblaskonver gefüllt und auf einem gewünschten Gehalt wenigstens eines Desoxidationsmittels und die notwendige Endtemperatur fertiggeblasen wird, ggf. unter Zugabe weiterer, zur Erzeugung der Endanalyse notwendiger Legierungsmittel.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die zweite Herstellungsstufe in einem Sauerstoffblaskonverter mit Bodenspüleinrichtung zur Erzielung einer Schmelzbadbewegung durchgeführt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der über der normalen, zur Desoxidation oder Analyseneinstellung notwendigen Menge liegende Satz an Reaktionsmitteln -in bezug auf ihren exothermen Reaktionsablauf - nach der Menge der in der zweiten Stufe zuzusetzenden Legierungsmittelmenge bestimmt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß bei Silizium-Aluminium-beruhigten Schmelzen die zur Desoxidation und Analyseneinstellung notwendige Aluminiummenge der Stahlschmelze beim Abstich nach der zweiten Herstellungsstufe zugegeben wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß in der ersten Herstellungsstufe bei Verwendung von Silizium als Reaktionsmittel die während des Abstiches zugegebene Menge bis zum 5fachen der normalen Desoxidationsmittelmenge beträgt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß bei der zweiten Herstellungsstufe die Schmelze mit der Schlacke der Abstichbehandlung in den Sauerstoffblaskonverter gefüllt wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Legierungsmittel während der zweiten Stufe portionsweise zugesetzt werden.