[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung hochlegierter Stähle,
insbesondere Stähle mit hohen Legierungsgehalten an sauerstoffaffinen Elementen, wie
Chrom und Mangan, im basischen Sauerstoffblaskonverter.
[0002] Es ist bekannt, daß bei der Stahlherstellung unter Anwendung von Sauerstoff alle
Begleit- und Legierungselemente des Eisens, die eine höhere Affinität zum Sauerstoff
haben als das Eisen selbst, bei der Entkohlung und Entphosphorungsbehandlung weitgehend
verschlacken. Der Herstellung hochlegierter Stähle, insbesondere Stähle mit hohen
Gehalten an Chrom und Mangan, sind daher im Sauerstoffaufblaskonverter wirtschaftliche
Grenzen wegen der hohen Abbrandverluste der Legierungselemente gezogen. Stähle mit
Chromgehalten über 3 % und Mangangehalten über 2 % werden daher bevorzugt im Elektroofen
oder im AOD-Konverter hergestellt. Es ist zwar bereits bekanntgeworden, s. DE-AS 19
53 888 oder DE-AS 22 53 480, mit Chrom legierte Stahlschmelzen unter Anwendung von
Sauerstoff herzustellen. Hierzu bedarf es jedoch einer Beeinflussung der Sauerstoffaktivität
in der Schmelze, beispielsweise durch Beimischen von Verdünnungsgasen zum Sauerstoff
oder zur Einhaltung bestimmter Entkohlungsgeschwindigkeiten.
[0003] Die dazu erforderlichen Maßnahmen und Einrichtungen sind aber überaus kompliziert
und aufwendig, da sie eine fortlaufende Kontrolle des Entkohlungsvorganges und eine
entsprechende Änderung des dem Sauerstoff beigemischten Inertgasanteiles voraussetzen.
Außerdem wird die Produktivität einer Anlage durch den verzögerten Reaktionsablauf
negativ betroffen.
[0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, mit dem
im Sauerstoffblaskonverter hochlegierte Stähle, insbesondere Stähle mit hohen Gehalten
an Legierungselementen, deren Sauerstoffaffinität größer ist als die des Eisens, ohne
Schwierigkeiten und ohne Abbrandverluste während des Frischprozesses hergestellt werden
können.
[0005] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruches
1 angegebenen Maßnahmen gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in
den Unteransprüchen enthalten.
[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren gliedert sich also in zwei Herstellungs- bzw. Verfahrensstufen
des Konverterbetriebes mit den folgend angegebenen metallurgischen Schritten:
[0007] Der Einsatz aus Eisenträgern, wie Schrott und Roheisen sowie Schlackenbildnern wird
im Konverter nach den üblichen Regeln der Blasstahlerzeugung behandelt, d.h. entkohlt
und unter basischer Schlacke entphosphort und entschwefelt. Die Abstichtemperatur
der Schmelze wird in den für die Blasstahlerzeugung normalen Grenzen gehalten.
Diese Schmelze wird in eine Pfanne konverterschlackenfrei abgestochen. Während des
Abstichs wird die Schmelze desoxidiert und legiert. Gleichzeitig wird durch neuerliche
Zusätze von Schlackenkomponenten, wie Kalk, Flußspat und ggf. Tonerde, eine hochbasische
Schlacke erzeugt.
Die Menge der Legierung richtet sich nach der für die Aufschmelzung nutzbaren Wärmemenge
der Schmelze. Die Zugabe von Reaktionsmitteln zur Desoxidation bzw. Legierungseinstellung
der Schmelze erfolgt gezielt in der Weise, daß die Konzentrationen an Silizium bzw.
Aluminium in bestimmter Höhe über den Werten der Spezifikation der Sollanalyse liegen.
[0008] Die so desoxidierte und legierte Schmelze wird erneut in einen Konverter, der frei
von oxidierender Schlacke ist, chargiert.
[0009] Für den Fall, daß die Wärmemenge der Schmelze nicht ausreicht, die insgesamt geforderten
Legierungsmengen beim Abstich aufzuschmelzen, können die Legierungsmittel in unbeschränkter
Höhe zu diesem Zeitpunkt in den Konverter chargiert werden. Für den Fall ist vorzugsweise
ein bodenspülender Konverter einzusetzen, so daß eine hinreichende Badbewegung gewährleistet
ist. Die Schmelze wird nun erneut mit Sauerstoff
gezielt geblasen in der Weise, daß der in der Spezifikation zulässige Wert für das
Reaktionsmittel, insbesondere Silizium, nach Möglichkeit nicht unterschritten wird.
Dadurch ist gesichert, daß die weniger sauerstoffaffinen Elemente, wie z.B. Chrom
und Mangan etc., in der Schmelze nicht abbrennen. In dem seltenen Fall, daß die Schmelze
ausschließlich durch Aluminium desoxidiert ist, ist in entsprechender Weise zu verfahren.
Die gewünschte Temperatursteigerung der Schmelze läßt sich durch Verbrennen der Reaktionsmittel,
also insbesondere Silizium und Aluminium, bei entsprechend überhöhter Konzentration
sehr präzise in kürzester Zeit erreichen.
Das Mitchargieren der beim Abstich erzeugten, hochbasischen Schlacke führt zur Neutralisation
der bei der Verbrennung der Reaktionsmittel anfallenden sauer wirkenden Oxide. So
wird verhindert, daß anderenfalls die saure Schlacke die gegebenenfalls vorhandenen
phosphathaltigen Schlackenanbackungen im Konverter angreift und sich möglicherweise
mit Phosphaten anreichert. Die Phosphate würden nämlich durch das desoxidierende Bad
reduziert und damit einen unerwünschten Phosphoranstieg in der Schmelze bewirken.
Zusätzlich wird der Konverterverschleiß vermindert.
Die endgültige Einstellung der geforderten Zusammensetzung der Schmelze, insbesondere
der an der Reaktion beteiligten Elemente, erfolgt beim Abstich oder bei der nachfolgenden
Pfannenbehandlung.
[0010] Bei Schmelzen, die eine kombinierte Silizium-Aluminium-Desoxidation erfordern, ist
es wegen der höheren Sauerstoffaffinität des Aluminium gegenüber dem Silizium notwendig,
die Aluminium-Desoxidation beim zweiten Abstich durchzuführen.
[0011] Vorteile des Verfahrens sind:
1. Durch die Aufteilung des Verfahrens in zwei Stufen werden die Abstichtemperaturen
selbst bei höheren Legierungsgehalten und temperaturaufwendiger Nachbehandlung der
Schmelze in vertretbaren Grenzen gehalten.
2. Niedrige Phosphorgehalte können ohne Schwierigkeiten eingehalten werden, obwohl
die sonst zur Auflösung größerer Legierungsmittelmengen notwendigen hohen Temperaturen
und die Gegenwart von sauerstoffaffinen Stoffen in hoher Konzentration der Einstellung
niedriger Phosphorgehalte entgegenstehen oder nur unter Inkaufnahme hoher Abbrandverluste
dieser Legierungselemente möglich ist.
[0012] Anhand eines Ausführungsbeispieles soll die Erfindung näher erläutert werden.
Beispiel
[0013] Es ist ein Stahl mit folgender Analyse zu erzeugen:

1. Stufe Blasen
[0014] 185 t Stahlroheisen (4,3 % C, 0,52 % Si, 0,34 % Mn, 0,090 % P, 0,025 % S) mit einer
Temperatur von 1350 °C,
35 t Schrott und 10 t Kalk werden in einen basisch zugestellten Sauerstoffblaskonverter
chargiert und mit 10 500 Nm³ Sauerstoff zu einem Vormetall folgender Zusammensetzung
gefrischt:

1. Abstich
[0015] Das Vormaterial wird schlackenfrei in eine Umfüllpfanne abgestochen unter gleichzeitiger
Zugabe von 8,0 t FeCr (0,1 % C, 80 % Cr) 3,5 t FeSi (75 % Si), 4,0 t Kalk und 0,5
t Flußspat.
[0016] Nach beendetem Abstich befinden sich in der Umfüllpfanne ca. 208 t Rohstahl folgender
Zusammensetzung:

2. Stufe Blasen
[0017] Der Inhalt der Umfüllpfanne wird komplett - einschließlich Schlacke -in den Sauerstoffblaskonverter
zurückgefüllt. Bei gleichzeitigem Bodenspülen mit mindestens 10 Nm³/min Spülgasdurchsatz
erfolgt die Zugabe von 20 t FeCr (0,1 % C, 80 % Cr) und 5 t Kalk.
[0018] Mittels 1700 Nm³ Sauerstoff wird das überschüssige Silizium verschlackt. Die entstandene
Wärme dient zum Aufschmelzen des Ferrochroms und bewirkt eine Temperaturerhöhung des
Rohstahls auf 1645 °C.
[0019] Das Metall hat jetzt folgende Zusammensetzung:

2. Abstich
[0020] Der zweite Abstich erfolgt schlackenfrei in eine
Stahlgießpfanne unter Zugabe von
1400 kg FeMn affine (1 % C, 82 % Mn)
300 kg FeSi (75 % Si) und 250 kg Al
[0021] Der fertige Stahl in der Gießpfanne hat folgende Zusammensetzung:
1. Verfahren zur Herstellung hochlegierter Stähle, insbesondere mit hohen Legierungsgehalten
an sauerstoffaffinen Elementen, wie Chrom und Mangan, im Sauerstoffblaskonverter,
dadurch gekennzeichnet,
daß in einer ersten Herstellungsstufe der aus Eisenträgern und Schlackebildnern bestehende
Einsatz durch Sauerstoffblasen unter der sich bildenden basischen Schlacke entkohlt,
entphosphort und entschwefelt und auf Abstichtemperatur erhitzt wird, daß die Stahlschmelze
unter Zurückhaltung der Konverterschlacke abgestochen und während des Abstiches desoxidiert
und legiert und mit neuen Schlackenbildnern, wie Kalk, Flußspat und ggf. Tonerde,
eine hochbasische Schlacke erzeugt wird, wobei die mindestens zur Desoxidation verwendete
Menge an Reaktionsmitteln, insbesondere Silizium, höher ist als zur Erzielung der
vorgeschriebenen Zusammensetzung notwendig und die Menge der Legierungsmittel nach
der für den Aufschmelzvorgang vorhandenen Wärmemengenreserve der Schmelze bestimmt
wird,
und in einer zweiten Stufe die Schmelze in einen Sauerstoffblaskonver gefüllt und
auf einem gewünschten Gehalt wenigstens eines Desoxidationsmittels und die notwendige
Endtemperatur fertiggeblasen wird, ggf. unter Zugabe weiterer, zur Erzeugung der Endanalyse
notwendiger Legierungsmittel.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zweite Herstellungsstufe in einem Sauerstoffblaskonverter mit Bodenspüleinrichtung
zur Erzielung einer Schmelzbadbewegung durchgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der über der normalen, zur Desoxidation oder Analyseneinstellung notwendigen Menge
liegende Satz an Reaktionsmitteln -in bezug auf ihren exothermen Reaktionsablauf -
nach der Menge der in der zweiten Stufe zuzusetzenden Legierungsmittelmenge bestimmt
wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß bei Silizium-Aluminium-beruhigten Schmelzen die zur Desoxidation und Analyseneinstellung
notwendige Aluminiummenge der Stahlschmelze beim Abstich nach der zweiten Herstellungsstufe
zugegeben wird.
5. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß in der ersten Herstellungsstufe bei Verwendung von Silizium als Reaktionsmittel
die während des Abstiches zugegebene Menge bis zum 5fachen der normalen Desoxidationsmittelmenge
beträgt.
6. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß bei der zweiten Herstellungsstufe die Schmelze mit der Schlacke der Abstichbehandlung
in den Sauerstoffblaskonverter gefüllt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Legierungsmittel während der zweiten Stufe portionsweise zugesetzt werden.