(19)
(11) EP 0 232 772 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.08.1987  Patentblatt  1987/34

(21) Anmeldenummer: 87100949.4

(22) Anmeldetag:  23.01.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22C 1/00, B22F 9/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB

(30) Priorität: 05.02.1986 DE 3603549

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Schultz, Ludwig, Dr. Dipl.-Phys.
    D-8526 Bubenreuth (DE)
  • Hellstern, Egon, Dipl.-Phys.
    D-8500 Nürnberg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung eines pulverförmigen amorphen Materials unter Vornahme eines Mahlprozesses


    (57) Mit dem Verfahren ist ein pulverförmiges amorphes Mate­rial herzustellen, wobei mindestens zwei pulverförmige Ausgangskomponenten mittels eines Mahlprozesses mecha­nisch legiert werden. Um eine mechanisch nicht-zu­legierbare Bor-Komponente dennoch zulegieren zu können, ist erfindungsgemäß vorgesehen, daß den Ausgangs­komponenten eine pulverförmige Bor-Komponente bei­gemischt wird, daß dann dieses Pulvergemisch dem Mahl­prozeß unterzogen wird, wobei eine amorphe Legierungs­komponente aus den Ausgangskomponenten mit ein- oder angelagerten feinen Partikeln der Bor-Komponente aus­gebildet wird, und daß schließlich das so entstandene Mischpulver einer Glühbehandlung unterhalb der Kristallisationstemperatur der amorphen Legierungs­komponente zum Eindiffundieren des Bors in die amorphe Legierungskomponente ausgesetzt wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Her­stellung eines pulverförmigen amorphen Materials, bei dem mindestens zwei pulverförmige, zumindest zum Teil kristalline Ausgangskomponenten mittels eines Mahl­prozesses mechanisch legiert werden. Ein derartiges Verfahren zur Herstellung einer amorphen Legierung ist z.B. in der Veröffentlichung "Applied Physics Letters", Vol. 43, No. 1, 1.12.1983, Seiten 1017 bis 1019 be­schrieben.

    [0002] Amorphe, auch als "metallische Gläser" oder "glasartige Metalle" bezeichnete Materialien sind seit längerem allgemein bekannt (vgl. z.B. "Zeitschrift für Metall­kunde", Bd. 69, 1978, Heft 4, Seiten 212 bis 220, oder "Elektrotechnik und Maschinenbau", 97. Jg., Sept. 1980, Heft 9, Seiten 378 bis 385). Bei diesen Materialien handelt es sich im allgemeinen um spezielle Legie­rungen, die aus mindestens zwei vorbestimmten, auch als Legierungskomponenten bezeichneten Ausgangselementen oder -verbindungen mittels besonderer Verfahren her­zustellen sind. Entsprechend ihrer Zusammensetzung wer­den diese Legierungen anhand des Periodensystems der Elemente im allgemeinen in zwei Klassen aufgeteilt:

    1. Metall-Metalloid-Systeme, wobei als Metall Elemente wie Fe, Co, Ni, Cr, Mo, Zr, Ti usw. und als Metalloid B, Si, C, N, P, Ge usw. in Frage kommen.

    2. Metall-Metall-Systeme, bei denen das erste Metall­element aus der Gruppe der späten Übergangsmetalle wie z.B. Fe, Ni, Co, Cu usw. und das zweite Element aus der Gruppe der frühen Übergangselemente wie Zr, Ti, Nb usw. oder aus der Gruppe der Seltenen Erden oder Actiniden zu entnehmen ist.



    [0003] Derartige amorphe Legierungen weisen anstelle eines kristallinen ein glasartiges, amorphes Gefüge auf und besitzen eine Reihe von außergewöhnlichen Eigen­schaften bzw. Eigenschaftskombinationen wie z.B. hoher Verschleiß oder Korrosionsbeständigkeit, große Härte und Zugfestigkeit bei gleichzeitig guter Duktilität sowie gegebenenfalls besondere magnetische Eigen­schaften. Außerdem lassen sich über den Umweg des amorphen Zustandes mikrokristalline Materialien mit interessanten Eigenschaften herstellen (vgl. z.B. DE-PS 28 34 425).

    [0004] Ein seit längerem bekanntes Verfahren zur industriellen Herstellung neuer Werkstoffe ist das sogenannte "mecha­nische Legieren" (vgl. z.B. "Metallurgical Trans­actions", Vol. 5, August 1974, Seiten 1929 bis 1934, oder "Scientific American", Vol. 234, 1976, Seiten 40 bis 48). Bei diesem Verfahren werden Pulver der Aus­gangselemente oder -verbindungen der gewünschten Legie­rung gemeinsam in einer Kugelmühle zu einem Mischpulver gemahlen. Der Mahlprozeß wird dabei solange durchge­führt, bis eine homogene Legierung der beteiligten Komponenten entstanden ist.

    [0005] Aus der eingangs genannten Veröffentlichung (Appl.Phys. Lett.) ist es nun bekannt, dieses Verfahren des mecha­nischen Legierens auch zur Herstellung amorpher Metalle der vorstehend aufgeführten zweiten Klasse und ins­besondere von Übergangsmetall-Übergangsmetall-Systemen in Pulverform vorzusehen. Dementsprechend konnten z.B. Pulver aus amorphem NiNb hergestellt werden. Die durch mechanisches Legieren hergestellten amorphen Metalle entsprechen im allgemeinen in ihren Eigenschaften denen, die durch das sogenannte Schmelzspinnverfahren (englisch: melt spinning) erzeugt werden (vgl. auch z.B. die genannten Veröffentlichungen "Z.Metallkde." und "E.u.M."). Allerdings kann der Konzentrations­bereich, in dem Glasbildung erfolgt, weit größer als beim Schmelzspinnverfahren sein. Außerdem ist das Ver­fahren des mechanischen Legierens sehr kostengünstig, und die entsprechenden Pulver haben eine sehr saubere Oberfläche und damit eine sehr gute Reaktivität, die z.B. bei Sinterprozessen, aber auch bei katalytischen Anwendungen vorteilhaft ist.

    [0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es nun, das ein­gangs genannte Verfahren dahingehend auszugestalten, daß mit ihm auch amorphe Metall-Metalloid-Systeme, die Bor als das Metalloid enthalten, unter Anwendung des Verfahrens des mechanischen Legierens hergestellt werden können.

    [0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst,
    - daß den Pulvern aus den Ausgangskomponenten eine pulverförmige Bor-Komponente aus elementarem Bor oder aus einer Bor-Verbindung oder -Legierung bei­gemischt wird,
    - daß dann dieses Pulvergemisch dem Mahlprozeß unter­zogen wird, wobei eine amorphe Legierungskomponente aus den Ausgangskomponenten mit ein- oder angelager­ten feinen Partikeln der Bor-Komponente ausgebildet wird,
    und
    - daß schließlich das so entstandene Mischpulver einer Glühbehandlung unterhalb der Kristallisationstempe­ratur der amorphen Legierungskomponente zum Ein­diffundieren des Bors in die amorphe Legierungs­ komponente ausgesetzt wird.

    [0008] Bei der Erfindung wird von der bekannten Tatsache aus­gegangen, daß die Anwendung des Verfahrens des mecha­nischen Legieren in bekannter Weise bei Verwendung von Bor-Pulvern nicht zum Erfolg führt. Es hat sich nämlich gezeigt, daß Bor aufgrund seiner großen Härte mecha­nisch nicht legierbar ist. Die mit der Erfindung ver­bundenen Vorteile sind somit insbesondere darin zu sehen, daß es trotz dieser Schwierigkeiten möglich ist, amorphe Materialien aus speziellen Metall-Metalloid-­Systemen herzustellen, wobei den pulverförmigen Aus­gangskomponenten auch Bor-Pulver zugemischt und das Verfahren des mechanischen Legierens eingesetzt werden kann. Die Metall-Metalloid-Systeme zeichnen sich dabei gegenüber Metall-Metall-Systemen z.B. durch eine weit höhere Härte, aber auch durch ihre besonderen magne­tischen und korrosiven Eigenschaften aus, so daß ihnen hinsichtlich ihrer technischen Anwendungsmöglichkeiten besondere Bedeutung zukommt.

    [0009] Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Ver­fahrens gehen aus den Unteransprüchen hervor.

    [0010] Die Erfindung wird nachfolgend noch weiter anhand der Herstellung von amorphem Pulver aus einer besonderen Metall-Metall-Bor(M₁M₂B)-Legierung erläutert.

    [0011] Bei diesem Legierungstyp können für M₁ und M₂ ganz all­gemein die pulverförmigen Ausgangskomponenten in elemen­tarer Form oder in Form von Legierungen oder Verbin­dungen vorgesehen werden, deren Legierung M₁, M₂ durch das bekannte mechanische Legieren in amorpher Form zu erhalten ist. Bei M₁ und M₂ kann es sich insbesondere um Übergangsmetalle wie Fe und Zr handeln. Dementspre­chend sei als Ausführungsbeispiel ein metallisches Glas aus einer ternären Legierung FeZrB angenommen.

    [0012] Zur Herstellung von amorphem Pulver aus dieser Legie­rung werden zunächst Pulver der beiden Ausgangskompo­nenten Fe und Zr sowie B-Pulver zusammen mit gehärteten Stahlkugeln in einen geeigneten Mahlbecher gegeben, wo­bei das Mengenverhältnis der drei Pulversorten dieses Pulvergemisches durch die vorbestimmte resultierende atomare Konzentration des aus diesen Pulvern herzustel­lenden Materials bestimmt ist. Dabei werden für das amorphe Pulver der Zusammensetzung (Fe1-xZrx)1-yBy vor­teilhaft Anteile (in Atom-%) der drei Komponenten mit 20 ≦ x ≦ 80 und mit 4 ≦ y ≦ 30 gewählt. So kann bei­spielsweise ein Gewichtsverhältnis der drei elementaren Pulver vorgesehen werden, das nach dem Legieren der Zusammensetzung Fe₆₀Zr₂₀B₂₀ entspricht. Die Größe der einzelnen Pulver kann zwar beliebig sein; jedoch ist eine ähnliche Größenverteilung der beiden beteiligten Ausgangskomponenten in einem Bereich zwischen 5 µm und 1 mm, vorzugsweise zwischen 50 µm und 0,5 mm zweck­mäßig. Außerdem sollte das B-Pulver möglichst fein sein, wobei vorteilhaft eine Größe der Pulverpartikel unter 10 µm, vorzugsweise unter 1 µm gewählt wird. Dabei kann es sich um weitgehend amorphes B-Pulver han­deln. Die drei Pulver mit entsprechenden Pulverpartikel­größen werden in eine Planetenkugelmühle (Marke Fritsch: Typ "Pulverisette-5") gegeben, deren bei­spielsweise 100 Stahlkugeln Durchmesser von jeweils mm aufweisen. Mit einer Variation des Kugeldurch­messers und der Kugelanzahl läßt sich dabei die Mahl­intensität beliebig beeinflussen. Auch die Mahlge­schwindigkeit und das Verhältnis der Stahlkugeln zur Pulvermenge sind weitere Parameter, die die zu einer Amorphisierung notwendige Mahldauer bestimmen. Um eine Oberflächenoxidation der Teilchen zu verhindern, wird der aus Stahl bestehende Mahlbehälter der Mühle unter Schutzgas, beispielsweise unter Argon, gehalten und erst nach Beendigung des Mahlprozesses wieder geöffnet. Während des Mahlprozesses bilden sich zunächst fein ge­schichtete Pulverkörner, die aus Fe- und Zr-Schichten bestehen. Dabei werden die B-Teilchen sowohl an den Fe/Zr-Grenzflächen, als auch in den elementaren Metallen eingelagert. Mit fortschreitender Mahldauer wird diese Schichtstruktur immer feiner, bis am Ende des Mahlprozesses nach etwa 10 bis 30 Stunden amorphes FeZr vorliegt, in oder an dessen Pulverteilchen B-Teil­chen ein- bzw. angelagert sind. Die einzelnen Pulver­teilchen dieses so entstandenen Mischpulvers haben da­bei einen Durchmesser von etwa 10 bis 200 µm.

    [0013] Das so einmal gebildete amorphe FeZr-Material, das eine Legierungskomponente der herzustellenden ternären Le­gierung darstellt, verfügt über eine gute thermische Stabilität, so daß eine Glühung bei Temperaturen bis 600°C nicht zu einer Kristallisation führt. Dementspre­chend wird also das so erzeugte Mischpulver einer Glüh­behandlung unterhalb der Kristallisationstemperatur der amorphen Legierungskomponente FeZr aus den beiden Aus­gangskomponenten Fe und Zr einige Stunden lang unterzo­gen. Nach etwa 4 Stunden bei 600°C sind die B-Atome in das amorphe FeZr hineindiffundiert, wobei sich amorphes Fe₆₀Zr₂₀B₂₀ gebildet hat. Die Amorphizität dieses so gebildeten Pulvers läßt sich durch Röntgenuntersuchun­gen nachweisen.

    [0014] Das so erfindungsgemäß hergestellte Pulver eines Metall-Metalloid-Systems kann dann noch durch Kom­paktierung und gegebenenfalls in weiteren Formgebungs­schritten in bekannter Weise zu einem Körper oder Werk­stück mit der gewünschten Form und Abmessung weiter­verarbeitet werden. Dieser Körper weist dabei die für das amorphe Material charakteristischen Eigenschaften wie z.B. große Festigkeit bei hohen Temperaturen auf.

    [0015] Das anhand des vorstehend beschriebenen Ausführungs­beispieles erläuterte erfindungsgemäße Verfahren ist beschränkt auf Legierungen, die aus drei oder mehr Komponenten bzw. Elementen bestehen. Dabei müssen mindestens zwei der metallischen Komponenten durch mechanisches Legieren amorphisierbar sein. Hierzu sollte die eine Ausgangskomponente M₁ ein spätes Übergangsmetall wie z.B. Fe, Ni, Co, Cu, Au, Re, Cr, Mn und die zweite Ausgangskomponente M₂ ein frühes Über­gangsmetall wie z.B. Zr, Ti, Hf, W, Nb, V, Mo oder ein Seltene-Erden-Metall oder ein Actiniden-Metall sein. Das für das erfindungsgemäße Verfahren vorgesehene Bor braucht nicht immer nur in elementarer Form vorgesehen zu sein, sondern kann gegebenenfalls auch partiell durch ein anderes Metalloid wie Si, P, C, Ge ersetzt werden. Aus thermodynamischen Gründen werden die Metalloid-Komponenten vorteilhafterweise in elemen­tarer Form zugegeben, wobei das Bor auch in amorpher Form vorliegen kann. In speziellen Fällen lassen sich jedoch diese Elemente auch in Form von Legierungen oder Verbindungen wie z.B. als intermetallische Phasen Fe₂B oder FeB hinzufügen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung eines pulverförmigen amorphen Materials, bei dem mindestens zwei pulver­förmige, zunächst zumindest zum Teil kristalline Aus­gangskomponenten mittels eines Mahlprozesses mecha­nisch legiert werden, dadurch gekenn­zeichnet,
    - daß den Pulvern aus den Ausgangskomponenten eine pulverförmige Bor-Komponente aus elementarem Bor oder aus einer Bor-Verbindung oder -Legierung bei­gemischt wird,
    - daß dann dieses Pulvergemisch dem Mahlprozeß unter­zogen wird, wobei eine amorphe Legierungskomponente aus den Ausgangskomponenten mit ein- oder ange­lagerten feinen Partikeln der Bor-Komponente aus­gebildet wird,
    und
    - daß schließlich das so entstandene Mischpulver einer Glühbehandlung unterhalb der Kristallisationstempe­ratur der amorphen Legierungskomponente zum Ein­diffundieren des Bors in die amorphe Legierungskompo­nente ausgesetzt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß Ausgangskomponenten ge­wählt werden, mit denen ein amorphes Metall-Metall-­System zu bilden ist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch ge­kennzeichnet, daß als erste Ausgangs­komponente ein Metall aus der Gruppe der späten Übergangsmetalle im Periodensystem gewählt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß als zweite Aus­ gangskomponente ein Metall aus der Gruppe der frühen Übergangsmetalle oder der Seltenen Erden oder der Actiniden im Periodensystem gewählt wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, da­durch gekennzeichnet, daß von Aus­gangskomponenten mit Teilchengrößen zwischen 5 µm und 1 mm, vorzugsweise zwischen 50 µm und 0,5 mm aus­gegangen wird.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, da­durch gekennzeichnet, daß eine pulverförmige Bor-Komponente mit Teilchengrößen unter 10 µm, vorzugsweise unter 1 µm beigemischt wird.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, da­durch gekennzeichnet, daß als Ausgangskomponenten Fe und Zr vorgesehen werden, wobei die in Atom-% zu messenden An­teile der Komponenten in dem amorphen Pulver der Zu­sammensetzung (Fe1-xZrx)1-yBy den Beziehungen genügen:
    20 ≦ x ≦ 80;
    4 ≦ y ≦ 30.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, daß das Pulvergemisch aus den Ausgangskomponenten und der B-Komponente minde­stens 10, vorzugsweise zwischen 10 und 30 Stunden lang gemahlen wird.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß eine Glühbehand­lung zwischen etwa 500°C und 600°C vorgenommen wird.
     





    Recherchenbericht