[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines pulverförmigen
amorphen Materials, bei dem mindestens zwei pulverförmige, zumindest zum Teil kristalline
Ausgangskomponenten mittels eines Mahlprozesses mechanisch legiert werden. Ein derartiges
Verfahren zur Herstellung einer amorphen Legierung ist z.B. in der Veröffentlichung
"Applied Physics Letters", Vol. 43, No. 1, 1.12.1983, Seiten 1017 bis 1019 beschrieben.
[0002] Amorphe, auch als "metallische Gläser" oder "glasartige Metalle" bezeichnete Materialien
sind seit längerem allgemein bekannt (vgl. z.B. "Zeitschrift für Metallkunde", Bd.
69, 1978, Heft 4, Seiten 212 bis 220, oder "Elektrotechnik und Maschinenbau", 97.
Jg., Sept. 1980, Heft 9, Seiten 378 bis 385). Bei diesen Materialien handelt es sich
im allgemeinen um spezielle Legierungen, die aus mindestens zwei vorbestimmten, auch
als Legierungskomponenten bezeichneten Ausgangselementen oder -verbindungen mittels
besonderer Verfahren herzustellen sind. Entsprechend ihrer Zusammensetzung werden
diese Legierungen anhand des Periodensystems der Elemente im allgemeinen in zwei Klassen
aufgeteilt:
1. Metall-Metalloid-Systeme, wobei als Metall Elemente wie Fe, Co, Ni, Cr, Mo, Zr,
Ti usw. und als Metalloid B, Si, C, N, P, Ge usw. in Frage kommen.
2. Metall-Metall-Systeme, bei denen das erste Metallelement aus der Gruppe der späten
Übergangsmetalle wie z.B. Fe, Ni, Co, Cu usw. und das zweite Element aus der Gruppe
der frühen Übergangselemente wie Zr, Ti, Nb usw. oder aus der Gruppe der Seltenen
Erden oder Actiniden zu entnehmen ist.
[0003] Derartige amorphe Legierungen weisen anstelle eines kristallinen ein glasartiges,
amorphes Gefüge auf und besitzen eine Reihe von außergewöhnlichen Eigenschaften bzw.
Eigenschaftskombinationen wie z.B. hoher Verschleiß oder Korrosionsbeständigkeit,
große Härte und Zugfestigkeit bei gleichzeitig guter Duktilität sowie gegebenenfalls
besondere magnetische Eigenschaften. Außerdem lassen sich über den Umweg des amorphen
Zustandes mikrokristalline Materialien mit interessanten Eigenschaften herstellen
(vgl. z.B. DE-PS 28 34 425).
[0004] Ein seit längerem bekanntes Verfahren zur industriellen Herstellung neuer Werkstoffe
ist das sogenannte "mechanische Legieren" (vgl. z.B. "Metallurgical Transactions",
Vol. 5, August 1974, Seiten 1929 bis 1934, oder "Scientific American", Vol. 234, 1976,
Seiten 40 bis 48). Bei diesem Verfahren werden Pulver der Ausgangselemente oder -verbindungen
der gewünschten Legierung gemeinsam in einer Kugelmühle zu einem Mischpulver gemahlen.
Der Mahlprozeß wird dabei solange durchgeführt, bis eine homogene Legierung der beteiligten
Komponenten entstanden ist.
[0005] Aus der eingangs genannten Veröffentlichung (Appl.Phys. Lett.) ist es nun bekannt,
dieses Verfahren des mechanischen Legierens auch zur Herstellung amorpher Metalle
der vorstehend aufgeführten zweiten Klasse und insbesondere von Übergangsmetall-Übergangsmetall-Systemen
in Pulverform vorzusehen. Dementsprechend konnten z.B. Pulver aus amorphem NiNb hergestellt
werden. Die durch mechanisches Legieren hergestellten amorphen Metalle entsprechen
im allgemeinen in ihren Eigenschaften denen, die durch das sogenannte Schmelzspinnverfahren
(englisch: melt spinning) erzeugt werden (vgl. auch z.B. die genannten Veröffentlichungen
"Z.Metallkde." und "E.u.M."). Allerdings kann der Konzentrationsbereich, in dem Glasbildung
erfolgt, weit größer als beim Schmelzspinnverfahren sein. Außerdem ist das Verfahren
des mechanischen Legierens sehr kostengünstig, und die entsprechenden Pulver haben
eine sehr saubere Oberfläche und damit eine sehr gute Reaktivität, die z.B. bei Sinterprozessen,
aber auch bei katalytischen Anwendungen vorteilhaft ist.
[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es nun, das eingangs genannte Verfahren dahingehend
auszugestalten, daß mit ihm auch amorphe Metall-Metalloid-Systeme, die Bor als das
Metalloid enthalten, unter Anwendung des Verfahrens des mechanischen Legierens hergestellt
werden können.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst,
- daß den Pulvern aus den Ausgangskomponenten eine pulverförmige Bor-Komponente aus
elementarem Bor oder aus einer Bor-Verbindung oder -Legierung beigemischt wird,
- daß dann dieses Pulvergemisch dem Mahlprozeß unterzogen wird, wobei eine amorphe
Legierungskomponente aus den Ausgangskomponenten mit ein- oder angelagerten feinen
Partikeln der Bor-Komponente ausgebildet wird,
und
- daß schließlich das so entstandene Mischpulver einer Glühbehandlung unterhalb der
Kristallisationstemperatur der amorphen Legierungskomponente zum Eindiffundieren
des Bors in die amorphe Legierungs komponente ausgesetzt wird.
[0008] Bei der Erfindung wird von der bekannten Tatsache ausgegangen, daß die Anwendung
des Verfahrens des mechanischen Legieren in bekannter Weise bei Verwendung von Bor-Pulvern
nicht zum Erfolg führt. Es hat sich nämlich gezeigt, daß Bor aufgrund seiner großen
Härte mechanisch nicht legierbar ist. Die mit der Erfindung verbundenen Vorteile
sind somit insbesondere darin zu sehen, daß es trotz dieser Schwierigkeiten möglich
ist, amorphe Materialien aus speziellen Metall-Metalloid-Systemen herzustellen, wobei
den pulverförmigen Ausgangskomponenten auch Bor-Pulver zugemischt und das Verfahren
des mechanischen Legierens eingesetzt werden kann. Die Metall-Metalloid-Systeme zeichnen
sich dabei gegenüber Metall-Metall-Systemen z.B. durch eine weit höhere Härte, aber
auch durch ihre besonderen magnetischen und korrosiven Eigenschaften aus, so daß
ihnen hinsichtlich ihrer technischen Anwendungsmöglichkeiten besondere Bedeutung zukommt.
[0009] Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens gehen aus den Unteransprüchen
hervor.
[0010] Die Erfindung wird nachfolgend noch weiter anhand der Herstellung von amorphem Pulver
aus einer besonderen Metall-Metall-Bor(M₁M₂B)-Legierung erläutert.
[0011] Bei diesem Legierungstyp können für M₁ und M₂ ganz allgemein die pulverförmigen
Ausgangskomponenten in elementarer Form oder in Form von Legierungen oder Verbindungen
vorgesehen werden, deren Legierung M₁, M₂ durch das bekannte mechanische Legieren
in amorpher Form zu erhalten ist. Bei M₁ und M₂ kann es sich insbesondere um Übergangsmetalle
wie Fe und Zr handeln. Dementsprechend sei als Ausführungsbeispiel ein metallisches
Glas aus einer ternären Legierung FeZrB angenommen.
[0012] Zur Herstellung von amorphem Pulver aus dieser Legierung werden zunächst Pulver
der beiden Ausgangskomponenten Fe und Zr sowie B-Pulver zusammen mit gehärteten Stahlkugeln
in einen geeigneten Mahlbecher gegeben, wobei das Mengenverhältnis der drei Pulversorten
dieses Pulvergemisches durch die vorbestimmte resultierende atomare Konzentration
des aus diesen Pulvern herzustellenden Materials bestimmt ist. Dabei werden für das
amorphe Pulver der Zusammensetzung (Fe
1-xZr
x)
1-yB
y vorteilhaft Anteile (in Atom-%) der drei Komponenten mit 20 ≦ x ≦ 80 und mit 4 ≦
y ≦ 30 gewählt. So kann beispielsweise ein Gewichtsverhältnis der drei elementaren
Pulver vorgesehen werden, das nach dem Legieren der Zusammensetzung Fe₆₀Zr₂₀B₂₀ entspricht.
Die Größe der einzelnen Pulver kann zwar beliebig sein; jedoch ist eine ähnliche Größenverteilung
der beiden beteiligten Ausgangskomponenten in einem Bereich zwischen 5 µm und 1 mm,
vorzugsweise zwischen 50 µm und 0,5 mm zweckmäßig. Außerdem sollte das B-Pulver möglichst
fein sein, wobei vorteilhaft eine Größe der Pulverpartikel unter 10 µm, vorzugsweise
unter 1 µm gewählt wird. Dabei kann es sich um weitgehend amorphes B-Pulver handeln.
Die drei Pulver mit entsprechenden Pulverpartikelgrößen werden in eine Planetenkugelmühle
(Marke Fritsch: Typ "Pulverisette-5") gegeben, deren beispielsweise 100 Stahlkugeln
Durchmesser von jeweils mm aufweisen. Mit einer Variation des Kugeldurchmessers und
der Kugelanzahl läßt sich dabei die Mahlintensität beliebig beeinflussen. Auch die
Mahlgeschwindigkeit und das Verhältnis der Stahlkugeln zur Pulvermenge sind weitere
Parameter, die die zu einer Amorphisierung notwendige Mahldauer bestimmen. Um eine
Oberflächenoxidation der Teilchen zu verhindern, wird der aus Stahl bestehende Mahlbehälter
der Mühle unter Schutzgas, beispielsweise unter Argon, gehalten und erst nach Beendigung
des Mahlprozesses wieder geöffnet. Während des Mahlprozesses bilden sich zunächst
fein geschichtete Pulverkörner, die aus Fe- und Zr-Schichten bestehen. Dabei werden
die B-Teilchen sowohl an den Fe/Zr-Grenzflächen, als auch in den elementaren Metallen
eingelagert. Mit fortschreitender Mahldauer wird diese Schichtstruktur immer feiner,
bis am Ende des Mahlprozesses nach etwa 10 bis 30 Stunden amorphes FeZr vorliegt,
in oder an dessen Pulverteilchen B-Teilchen ein- bzw. angelagert sind. Die einzelnen
Pulverteilchen dieses so entstandenen Mischpulvers haben dabei einen Durchmesser
von etwa 10 bis 200 µm.
[0013] Das so einmal gebildete amorphe FeZr-Material, das eine Legierungskomponente der
herzustellenden ternären Legierung darstellt, verfügt über eine gute thermische Stabilität,
so daß eine Glühung bei Temperaturen bis 600°C nicht zu einer Kristallisation führt.
Dementsprechend wird also das so erzeugte Mischpulver einer Glühbehandlung unterhalb
der Kristallisationstemperatur der amorphen Legierungskomponente FeZr aus den beiden
Ausgangskomponenten Fe und Zr einige Stunden lang unterzogen. Nach etwa 4 Stunden
bei 600°C sind die B-Atome in das amorphe FeZr hineindiffundiert, wobei sich amorphes
Fe₆₀Zr₂₀B₂₀ gebildet hat. Die Amorphizität dieses so gebildeten Pulvers läßt sich
durch Röntgenuntersuchungen nachweisen.
[0014] Das so erfindungsgemäß hergestellte Pulver eines Metall-Metalloid-Systems kann dann
noch durch Kompaktierung und gegebenenfalls in weiteren Formgebungsschritten in
bekannter Weise zu einem Körper oder Werkstück mit der gewünschten Form und Abmessung
weiterverarbeitet werden. Dieser Körper weist dabei die für das amorphe Material
charakteristischen Eigenschaften wie z.B. große Festigkeit bei hohen Temperaturen
auf.
[0015] Das anhand des vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispieles erläuterte erfindungsgemäße
Verfahren ist beschränkt auf Legierungen, die aus drei oder mehr Komponenten bzw.
Elementen bestehen. Dabei müssen mindestens zwei der metallischen Komponenten durch
mechanisches Legieren amorphisierbar sein. Hierzu sollte die eine Ausgangskomponente
M₁ ein spätes Übergangsmetall wie z.B. Fe, Ni, Co, Cu, Au, Re, Cr, Mn und die zweite
Ausgangskomponente M₂ ein frühes Übergangsmetall wie z.B. Zr, Ti, Hf, W, Nb, V, Mo
oder ein Seltene-Erden-Metall oder ein Actiniden-Metall sein. Das für das erfindungsgemäße
Verfahren vorgesehene Bor braucht nicht immer nur in elementarer Form vorgesehen zu
sein, sondern kann gegebenenfalls auch partiell durch ein anderes Metalloid wie Si,
P, C, Ge ersetzt werden. Aus thermodynamischen Gründen werden die Metalloid-Komponenten
vorteilhafterweise in elementarer Form zugegeben, wobei das Bor auch in amorpher
Form vorliegen kann. In speziellen Fällen lassen sich jedoch diese Elemente auch in
Form von Legierungen oder Verbindungen wie z.B. als intermetallische Phasen Fe₂B oder
FeB hinzufügen.
1. Verfahren zur Herstellung eines pulverförmigen amorphen Materials, bei dem mindestens
zwei pulverförmige, zunächst zumindest zum Teil kristalline Ausgangskomponenten
mittels eines Mahlprozesses mechanisch legiert werden, dadurch gekennzeichnet,
- daß den Pulvern aus den Ausgangskomponenten eine pulverförmige Bor-Komponente aus
elementarem Bor oder aus einer Bor-Verbindung oder -Legierung beigemischt wird,
- daß dann dieses Pulvergemisch dem Mahlprozeß unterzogen wird, wobei eine amorphe
Legierungskomponente aus den Ausgangskomponenten mit ein- oder angelagerten feinen
Partikeln der Bor-Komponente ausgebildet wird,
und
- daß schließlich das so entstandene Mischpulver einer Glühbehandlung unterhalb der
Kristallisationstemperatur der amorphen Legierungskomponente zum Eindiffundieren
des Bors in die amorphe Legierungskomponente ausgesetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Ausgangskomponenten gewählt werden, mit denen ein amorphes Metall-Metall-System
zu bilden ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß als erste Ausgangskomponente ein Metall aus der Gruppe der späten Übergangsmetalle
im Periodensystem gewählt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß als zweite Aus gangskomponente ein Metall aus der Gruppe der frühen Übergangsmetalle
oder der Seltenen Erden oder der Actiniden im Periodensystem gewählt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß von Ausgangskomponenten mit Teilchengrößen zwischen 5 µm und 1 mm, vorzugsweise
zwischen 50 µm und 0,5 mm ausgegangen wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine pulverförmige Bor-Komponente mit Teilchengrößen unter 10 µm, vorzugsweise
unter 1 µm beigemischt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß als Ausgangskomponenten Fe und Zr vorgesehen werden, wobei die in Atom-% zu
messenden Anteile der Komponenten in dem amorphen Pulver der Zusammensetzung (Fe1-xZrx)1-yBy den Beziehungen genügen:
20 ≦ x ≦ 80;
4 ≦ y ≦ 30.
8. Verfahren nach Anspruch 7, daß das Pulvergemisch aus den Ausgangskomponenten und
der B-Komponente mindestens 10, vorzugsweise zwischen 10 und 30 Stunden lang gemahlen
wird.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß eine Glühbehandlung zwischen etwa 500°C und 600°C vorgenommen wird.